Verjährung der Anwaltshaftung
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
23. 06. 2005
Aktenzeichen
IX ZR 197/01
Zum Verjährungsbeginn der Anwaltshaftung im Falle eines rechtlich umstrittenen Rücktritts vom Vertrag, der (günstigere) Schadensersatzansprüche ausschließt.
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Urteile des
23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Juli 2001 und der Zivilkammer
27 des Landgerichts Berlin vom 5. Januar 1999 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dem
Streithelfer der Kläger werden die durch die Nebenintervention
verursachten Kosten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger nehmen die Beklagten, die damals Gesellschafter der mit
einem Beratungsmandat der Kläger betrauten Rechtsanwaltssozietät
Dr. K. und Partner waren, auf Schadensersatz wegen anwaltlicher
Pflichtverletzung in Anspruch.
Die Kläger verkauften mit notarieller Urkunde vom 19. Dezember 1991
ein ihnen in zwei Erbengemeinschaften gehörendes Grundstück zum Preis von
7.804.800 DM an die I. GmbH. Der Kaufpreis
war in zwei Raten aufzubringen, deren erste in Höhe von 2.341.440 DM vierzehn
Tage nach Beurkundung des Kaufvertrages auf einem Anderkonto der
Urkundsnotarin zu hinterlegen war. Für den Fall des Zahlungsverzuges stand
den Klägern ein vertragliches Rücktrittsrecht (Ziff. III. 3 der Vertragsurkunde)
zu.
Nachdem die Käuferin die erste Rate zum vereinbarten Termin nicht gezahlt
hatte, erklärten die Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 1992, den Kaufvertrag
unter Bezug auf Ziffer III. 3 der Vertragsurkunde mit sofortiger Wirkung
zu kündigen und Anspruch auf "verlorenen Gewinn" zu erheben. Die Käuferin
zahlte hierauf am 18. Februar 1992 einen Betrag von 1.000.000 DM als Teil
der ersten Kaufpreisrate auf das Notaranderkonto ein. Als weitere Zahlungen
ausblieben, erklärten die Kläger mit Schreiben vom 30. April 1992 abermals,
gemäß den kaufvertraglichen Regelungen von dem Vertrag zurückzutreten und
Anspruch auf "verlorenen Gewinn" zu erheben.
Im Auftrag sämtlicher Kläger stellte sodann der mit den Beklagten in Sozietät
verbundene Rechtsanwalt und Notar S. durch ein Schreiben an die
Käuferin vom 3. Juni 1992 klar, daß die schriftlichen Erklärungen der Kläger
vom 20. Januar und 30. April 1992 als Ausübung des vertraglichen Rücktrittsrechts
zu verstehen seien. Nach Eintragung der Auflassungsvormerkung für die
Käuferin am 18. Dezember 1992 geriet daraufhin die Durchführung des Kaufvertrags
ins Stocken.
Die Kläger und die Käuferin stritten in der Folge um die Wirksamkeit des
Rücktritts vom 3. Juni 1992. Nach Abweisung ihrer Feststellungsklage in erster
Instanz setzten die Kläger der Käuferin eine Nachfrist zur Hinterlegung des
gesamten Kaufpreises und erklärten erneut den Rücktritt vom Vertrag, falls die
Käuferin nicht rechtzeitig zahle. Mit Schreiben vom 7. September 1993 wiederholte
der Beklagte zu 2 die Rücktrittserklärung und forderte die Käuferin auf,
für die eingetragene Vormerkung Zug um Zug gegen Freigabe des hinterlegten
Teilkaufpreises die Löschung zu bewilligen. Ein entsprechendes Berufungsurteil
zwischen den Kaufvertragsparteien erging zugunsten der Kläger am
22. Juni 1994 auf den gestellten Hilfsantrag. Die Kosten dieses Rechtsstreits
hatte die Käuferin zu tragen. Dieses Berufungsurteil erlangte Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 29. August 1994 gab der Beklagte zu 2 für die Kläger
von dem hinterlegten Kaufpreisteil 855.998,92 DM nebst sämtlichen aufgelaufenen
Zinsen frei. Auf Anraten des Beklagten zu 2 gaben die Kläger am
25. April 1995 auch den zuletzt noch auf dem Notaranderkonto verbliebenen
Restbetrag frei, nachdem die Käuferin hiervon die Verwendung der erteilten
Löschungsbewilligung abhängig gemacht hatte.
Im Kostenfestsetzungsverfahren der Beklagten und ihrer Sozien gegen
die Kläger erhoben diese, anwaltlich vertreten durch ihren Streithelfer, mit
Schriftsatz vom 23. Juni 1995 Einwendungen gegen den Festsetzungsbeschluß
mit dem Vorwurf fehlerhafter Beratung durch die Sozietät der Beklagten.
Mit Schreiben vom 1. August 1995 erklärte der Beklagte zu 2 daraufhin
das Mandat für beendet.
Die Kläger verlangen unter Behauptung zwischenzeitlich eingetretener
Verringerung des Grundstückswerts Schadensersatz wegen anwaltlicher Fehlberatung.
Dieser Anspruch ist mit der am 31. Juli 1998 beim Landgericht eingegangenen
und am 28. August 1998 zugestellten Klage rechtshängig gemacht
worden. Dem für sie tätig gewesenen Beklagten zu 2 und seinen Sozien
werfen die Kläger vor, erfolgversprechende Schadensersatzansprüche gegen
die Käuferin vereitelt zu haben, indem sie auf das vertragliche Rücktrittsrecht
festgelegt worden seien, anstatt nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung
gemäß § 326 BGB a.F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend zu machen.
Hilfsweise haben sich die Kläger darauf gestützt, daß der Beklagte zu 2
ohne rechtlich zureichende Gründe den hinterlegten Teilkaufpreis auf dem Notaranderkonto
freigegeben bzw. freizugeben angeraten habe. Dadurch sei es
ihnen nicht einmal möglich gewesen, die Kosten des gewonnenen Vorprozesses
von insgesamt 319.879,31 DM zuzüglich Zinsen von der Käuferin beizutreiben.
In den Vorinstanzen hatte die Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsen
Erfolg. Mit ihrer Revision beantragen die Beklagten weiterhin, die Klage
insgesamt abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Die Klage ist nach dem festgestellten Streitverhältnis
(§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.) wegen Anspruchsverjährung (§ 222 Abs. 1
BGB a.F.) abzuweisen.
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagten hätten erkennen können,
daß es den Klägern in erster Linie darum gegangen sei, Ansprüche auf
Ersatz ihres Nichterfüllungsschadens durchzusetzen. Daran seien die Kläger
endgültig erst durch das Anwaltsschreiben vom 3. Juni 1992 gehindert worden.
Denn die mit Schreiben vom 20. Januar und 30. April 1992 abgegebenen Erklärungen
hätten noch keinen wirksamen Rücktritt dargestellt. Bei pflichtgemäßem
Vorgehen der beauftragten Rechtsanwälte hätten die Kläger ihren Schadensersatzanspruch
in Höhe des von der Käuferin hinterlegten Kaufpreisteils
durchsetzen können. Der Klaganspruch sei auch nicht verjährt. Zwar sei die
Primärverjährung eingetreten. Die Rechtsanwälte hätten es aber unterlassen,
die Kläger rechtzeitig auf mögliche Regreßansprüche und deren drohende Verjährung
hinzuweisen. Dadurch sei die dreijährige Sekundärverjährung in Lauf
gesetzt worden. Diese habe begonnen, als der Beklagte zu 2 mit Schreiben
vom 1. August 1995 das Mandat ohne den gebotenen Hinweis auf die Verjährungsfrist
beendet hätte. Diese Sekundärverjährung sei durch die im vorliegenden
Verfahren erhobene Klage noch rechtzeitig unterbrochen worden.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Etwaige Schadensersatzansprüche
der Kläger aus dem hauptsächlichen Klagegrund sind nach den unangegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts verjährt.
1. Die Verjährung richtet sich im Streitfall für den Hauptanspruch nach
§ 51 BRAO in der vor dem 9. September 1994 geltenden Fassung. Nach dieser
Bestimmung verjähren Schadensersatzansprüche aus einem Anwaltsvertrag in
drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens
jedoch in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrags. Hat der Anwalt
vor Ablauf der Verjährung des Primäranspruchs begründeten Anlaß zu prüfen,
ob er seine Auftraggeber durch einen Fehler geschädigt hat, und muß er dabei
eine durch seinen Fehler eingetretene Schädigung erkennen, so entsteht die
Verpflichtung, auf die Möglichkeit der eigenen Haftung sowie auf die kurze Verjährungsfrist
des § 51 BRAO a.F. hinzuweisen. Diese sekundäre Pflicht ist verletzt,
wenn der Rechtsanwalt den gebotenen Hinweis vor Eintritt der Primärverjährung
oder vor Mandatsbeendigung, falls diese vor Ablauf der Primärverjährung
erfolgt, nicht erteilt hat. Versäumt der haftpflichtige Anwalt dies schuldhaft,
steht dem Geschädigten ein Sekundäranspruch zu, der sich darauf richtet, so
gestellt zu werden, als wäre die Verjährung des primären Schadensersatzanspruchs
nicht eingetreten (vgl. BGHZ 94, 380, 385 f; BGH, Urt. v.
14. November 1991 - IX ZR 31/91, WM 1992, 579, 581; v. 9. Dezember 1999
- IX ZR 129/99, WM 2000, 959, 960; v. 12. Februar 2004 - IX ZR 246/02,
BGH-Report 2004, 809, 811). Davon ist auch das Berufungsgericht zutreffend
ausgegangen.
2. Das Berufungsgericht hat jedoch fehlerhaft die Ansicht vertreten, daß
die Sekundärverjährung hier erst durch das Mandatsbeendigungsschreiben
vom 1. August 1995 in Lauf gesetzt worden ist. Es hat dabei verkannt, daß es
auf den Zeitpunkt der Mandatsbeendigung nur dann ankommt, wenn der Primäranspruch
zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt ist. Die Primärverjährung
des seiner Entscheidung zugrundeliegenden Hauptanspruchs der Klage ist
aber nach seinen eigenen Feststellungen schon Anfang Juni 1995 eingetreten.
Schadensbegründend war im Streitfall das Anwaltsschreiben vom 3. Juni 1992,
mit dem die Käufer wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sind. Die am
31. Juli 1998 beim Landgericht anhängig gewordene und demnächst zugestellte
Klage konnte daher die Anfang Juni 1998 abgelaufene Sekundärverjährung
nicht mehr unterbrechen.
a) Die Verjährung des vertraglichen Schadensersatzanspruchs beginnt,
wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach entstanden ist, mag seine
Höhe auch noch nicht beziffert werden können. Das trifft zu, sobald durch die
Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der
Vermögenslage eingetreten ist, ohne daß feststehen muß, ob der Schaden bestehenbleibt
und damit endgültig wird, oder ob mit der nicht fernliegenden Möglichkeit
weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei
verständiger Würdigung zu rechnen ist. Ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges,
mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, so ist
ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so daß eine Verjährungsfrist nicht in
Lauf gesetzt wird (BGHZ 119, 69, 70 f; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 aaO).
Besteht der Pflichtverstoß des Rechtsanwalts darin, daß durch die Ausübung
eines vertraglichen Gestaltungsrechts andere, sonst erfolgversprechende
Ansprüche dauerhaft vereitelt werden, so entsteht der Schaden bereits mit
der Ausübung des Gestaltungsrechts, weil sich bereits dadurch die Vermögenslage
des Auftraggebers endgültig verschlechtert hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.
Februar 1985 - VI ZR 144/83, WM 1985, 1038, 1040; v. 24. Januar 2002
- IX ZR 228/00, WM 2002, 1073, 1076). Im vorliegenden Fall ist der Schaden
der Kläger durch die im Anwaltsschreiben vom 3. Juni 1992 enthaltene Klar-
stellung eingetreten, welche die Kläger auf die Ausübung des vertraglichen
Rücktrittsrechts festgelegt hat.
Die Revisionserwiderung versucht ohne Erfolg, den Verjährungsbeginn
bei Zugang des Anwaltsschreibens vom 3. Juni 1992 auf den 7. September
1993 zu verlagern, als der Beklagte zu 2 die Rücktrittserklärung für die Kläger
wiederholte. Das anwaltliche Klarstellungsschreiben vom 3. Juni 1992 aus der
Sozietät der Beklagten war nicht mangels Rücktrittsgrundes wirkungslos. Das
angefochtene Urteil läßt im Ergebnis erkennen, daß das Berufungsgericht vom
Vorliegen eines Rücktrittsgrundes ausgegangen ist. Das deckt sich mit der tatrichterlichen
Vertragsauslegung des rechtskräftigen Berufungsurteils im Vorprozeß,
die das Kammergericht ersichtlich übernommen hat. Diese Auslegung
läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Es hat auch keinen Einfluß auf den Verjährungsbeginn, daß sich für die Kläger die unvorhersehbare Möglichkeit bot, den
Schaden durch das unrichtige Urteil des Kreisgerichts vom 19. Januar 1993 zu
heilen. Der Schaden einer nachteiligen, rechtlich umstrittenen Gestaltungserklärung
entsteht nicht erst dann, wenn ihre Wirksamkeit rechtskräftig feststeht.
Die spätere Chance, die nachteiligen Folgen der gewollten Gestaltung zu beseitigen,
ist verjährungsrechtlich unerheblich.
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß durch Ausübung
des vertraglichen Rücktrittsrechts Ansprüche der Kläger auf Schadensersatz
wegen Nichterfüllung gemäß § 326 BGB a.F. endgültig vereitelt worden
sind. Durch wirksamen Rücktritt wird das vertragliche Leistungsverhältnis in ein
Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Die ursprünglichen vertraglichen
Leistungspflichten können nicht mehr durchgesetzt werden, weshalb eine
Nachfristsetzung ebenso ausscheidet wie ein Schadensersatzanspruch wegen
Nichterfüllung (vgl. BGH, Urt. v. 17. Januar 1979 - VIII ZR 304/77, NJW 1979,
762; v. 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878 unter 2. a; v. 6. Juli 1988
- VIII ZR 256/87, NJW 1988, 2877 unter 3. b, aa).
c) Ungeachtet der Tatsache, daß das Anwaltsschreiben vom 3. Juni
1992 keine ausdrückliche Rücktrittserklärung enthält, ist dadurch das Wahlrecht
der Kläger zugunsten des Rücktritts ausgeübt worden. Dies hat das Berufungsgericht
in tatrichterlicher Auslegung rechtsfehlerfrei einer Zusammenschau
mit den Schreiben der Kläger vom 20. Januar und 30. April 1992 entnommen.
In diesen Parteischreiben war eine bindende Rücktrittserklärung
noch nicht enthalten. Denn dadurch, daß die Kläger ihre Kündigung und Rücktrittserklärung
an das damit unvereinbare Verlangen nach "Schadensersatz
wegen verlorenen Gewinns" gekoppelt haben, ist zunächst in Frage gestellt
worden, ob es ihrem Willen entsprach, den Grundstückskaufvertrag dauerhaft
und unwiderruflich in ein Rückgewährschuldverhältnis umzuwandeln und auf
diese Weise die Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung
auszuschließen. Dem rechtlichen Laien sind die Wirkungen des Rücktritts häufig
nicht vollständig bewußt. Er ist deshalb grundsätzlich vor unbeabsichtigten,
nachteiligen Folgen dadurch zu schützen, daß seine Erklärung nur dann als
Rücktritt ausgelegt wird, wenn sie eindeutig zu erkennen gibt, er habe ein ausschließliches
Interesse daran, Leistungen des Schuldners nicht mehr entgegennehmen
zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 6. Juli 1988 - VIII ZR 256/87,
NJW 1988, 2877 unter 3. b, bb). Dies war hier wegen des Schadensersatzverlangens
in den Parteischreiben zunächst nicht der Fall (vgl. BGH, Urt. v.
10. Februar 1982 - VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279, 1280 unter II. 2. c; v.
24. Juni 1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878 unter 2. b). Dem steht nicht entgegen,
daß die Kläger hier nach § 326 BGB a.F. auch noch keinen Schadens-
ersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen konnten, weil in ihren Schreiben
vom 20. Januar und 30. April 1992 der Käuferin keine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung
gesetzt worden ist. Die allgemeine, dem Schutz des Erklärenden
dienende Regel, daß von mehreren möglichen, vom Wortlaut der Erklärung
umfaßten Inhalten, die teils wirksam und teils unwirksam sind, der wirksame
gelten soll, würde hier der Vertragspartei zum Nachteil gereichen, die
von der Leistungsstörung betroffen ist, und findet deshalb bei zweifelhafter
Ausübung des Rechts zum Rücktritt vom Vertrag entgegen der Ansicht der Revision
keine Anwendung. Es fehlt insoweit auch jeder Grund, einen Gläubiger,
der sich auf ein vertragliches Rücktrittsrecht beruft, gegenüber demjenigen
schlechter zu stellen, der zwischen dem gesetzlichen Rücktrittsrecht und dem
Schadensersatz gemäß § 326 BGB a.F. wählen kann.
Die vorstehenden Auslegungsgrundsätze gelten selbst dann, wenn die
Kündigungs- oder Rücktrittserklärung durch einen Rechtsanwalt abgegeben
oder bestätigt wird (BGH, Urt. v. 10. Februar 1982 und 24. Juni 1988, jeweils
aaO). Diesem muß allerdings grundsätzlich abverlangt werden, daß er die
Wortwahl seiner Erklärung nach Abwägung der Vor- und Nachteile der zur
Auswahl stehenden Vorgehensweisen trifft. Hat er sich danach eindeutig für
den Rücktritt entschieden, so muß sich sein Mandant daran festhalten lassen.
Nimmt - wie hier - der Rechtsanwalt auf schriftliche Erklärungen seiner Auftraggeber,
welche nach dem Wortsinn als Rücktrittserklärungen verstanden
werden können, ausdrücklich Bezug und erklärt, daß dadurch von dem
Rücktrittsrecht ordnungsgemäß Gebrauch gemacht worden ist, so sind die
Auftraggeber an diese Klarstellung gebunden. Durch das Anwaltsschreiben
vom 3. Juni 1992 sind die Kläger auf die Rücktrittserklärung festgelegt worden.
In dem Anwaltsschreiben ist von einem Verlangen nach Schadensersatz keine
Rede mehr, weshalb Zweifel an dem klargestellten Rücktrittswillen der Kläger
weshalb Zweifel an dem klargestellten Rücktrittswillen der Kläger aus Rechtsgründen
hier nicht mehr bestehen konnten.
d) Die Auslegungserklärung in dem Anwaltsschreiben vom 3. Juni 1992
war für die Kläger verbindlich.
aa) Die dem Rechtsanwalt erteilte Prozeßvollmacht ermächtigt diesen
grundsätzlich zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen materiellrechtlichen
Inhalts, soweit diese vom Streitgegenstand umfaßt und dem Prozeßziel
dienlich sind. Der Prozeßbevollmächtigte ist unter diesen Voraussetzungen
regelmäßig befugt, im Namen des Mandanten den Rücktritt von einem
Vertrag zu erklärten (vgl. RGZ 50, 138, 143 f; BGHZ 31, 206, 209; Stein/
Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 81 Rn. 10; MünchKomm-ZPO/v. Mettenheim § 81
Rn. 8). Die gleiche Befugnis besitzt der vorprozessual beauftragte Anwalt, sofern
die Vertretung des Mandanten gegenüber der anderen Vertragspartei sowie
die Erklärung des Rücktritts vom Auftrag umfaßt sind. Im vorliegenden Verfahren
war die Sozietät der Beklagten beauftragt, gegenüber der Käuferin die
Interessen der Kläger bestmöglich durchzusetzen. Dies schloß die Vertretung
nach außen und die Klarstellung der bereits abgegebenen Parteierklärungen
ein.
bb) Die Auslegungsbefugnis des handelnden Rechtsanwalts hat zu einem
wirksamen Rücktritt geführt, weil die in dem Klägerschreiben vom
20. Januar und 30. April 1992 enthaltenen Erklärungen auch ohne persönliche
Mitwirkung des Klägers zu 5 rechtswirksam abgegeben worden sind. Unter
Hinweis auf die fehlende Unterschrift des Klägers zu 5 haben die Beklagten in
den Vorinstanzen bestritten, daß dieser aufgrund der dem Kläger zu 4 am
18. November 1991 erteilten Vollmacht wirksam bei den schriftlichen Parteierklärungen
vom 20. Januar und 30. April 1992 vertreten werden konnte. Da Miterben
nur gemeinschaftlich handeln können, wäre der Rücktritt ohne Mitwirkung
des Klägers zu 5 unwirksam gewesen (§ 2038 Abs. 1 Satz 1, § 2040
Abs. 1 BGB). Dieses Bestreiten ist jedoch durch die vom Kläger zu 5 in notarieller
Urkunde am 24. März 1992 den anderen Miterben erteilte Generalvollmacht
ausgeräumt. Auf die Auslegung der älteren Vollmacht kommt es nicht
mehr an.
Die verbindliche Inhaltsbestimmung einer schwebend unwirksamen Erklärung
des Klägers zu 5 setzt schließlich voraus, daß die Beklagten auch
durch diesen anwaltlich beauftragt und bevollmächtigt worden sind. Das ergibt
sich gleichfalls aus der Generalvollmacht vom 24. März 1992.
III.
Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht in Teilen aus anderen Gründen
als richtig (§ 563 ZPO a.F.), sondern ist vollen Umfangs nach § 564 Abs. 1
ZPO a.F. aufzuheben. Denn der Hilfsanspruch der Kläger wegen Nichtbeitreibbarkeit
ihrer Vorprozeßkosten ist infolge der nach den §§ 51 BRAO a.F., 51b
BRAO n.F. eingetretenen Verjährung gleichfalls unbegründet.
Bei diesem Ausfall mag es sich zumindest bei den Kosten der ersten
Instanz um einen selbständigen Schaden gehandelt haben, der nicht zusammen
mit dem Rücktrittsschaden der Kläger verjährte. Die möglichen Pflichtverletzungen
des Beklagten zu 2 in dieser Hinsicht fallen in die Monate August
1994 und März 1995 durch Freigabe der restlichen Kaufgelder vom Notaranderkonto.
Spätestens im April 1995 war der Schaden der Kläger mit Auszahlung
der letzten Mittel von dem Notaranderkonto an die Käuferin oder ihre Zessionarin
eingetreten, weil damit die zuvor nach § 406 BGB in Frage kommende
Aufrechnungsmöglichkeit (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19. Oktober 1988 - IVb ZR
70/87, WM 1988, 1834, 1836; v. 17. November 1999 - XII ZR 281/97, NJW
2000, 948, 950; MünchKomm-BGB/Schlüter, 4. Aufl. § 387 BGB Rn. 34;
Schmitz, MDR 1989, 582; kritisch: Staudinger/Gursky, BGB 13. Bearb. 2000
§ 387 Rn. 89) wegfiel. Insoweit war die Primärverjährung jedenfalls im April
1998 eingetreten. Einen Anlaß zur Prüfung ihrer Haftpflicht hatten die Beklagten
und ihre Sozien bis zur Mandatsbeendigung Anfang August 1995 in diesem
Punkte nicht. Auch die materiellen Einwendungen der Kläger vom 23. Juni
1995 im Schriftsatz ihres Streithelfers bezogen sich nur auf den Hauptanspruch.
Ein verjährungsrechtlicher Sekundäranspruch der Kläger ist mithin in
bezug auf ihren Hilfsanspruch nicht entstanden. Die am 31. Juli 1998 eingereichte
Klage konnte auch wegen des Hilfsanspruchs die eingetretene Verjährung
nicht mehr rechtzeitig unterbrechen.
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