Rechtserhaltende Benutzung durch titelmäßige Verwendung des Zeichens
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
06. 10. 2005
Aktenzeichen
I ZB 20/03
Der Umstand allein, dass die Marke lediglich auf einer ganz geringen Anzahl von Waren - hier: zehn jährlich bzw. monatlich erscheinenden Druckschriften - angebracht wird, lässt dann nicht auf eine Scheinbenutzung schließen, wenn es für die Waren nur einen sehr speziellen Abnehmerkreis gibt. Der Umstand, dass die mit der Marke gekennzeichnete Ware unentgeltlich abgegeben wird, steht der Annahme einer rechtlich relevanten Benutzung der Marke nur dann entgegen, wenn die Abgabe keinen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit aufweist.
Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss
des 33. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts
vom 24. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 €
festgesetzt.
Gründe:
I. Gegen die Eintragung der von der Markeninhaberin am 9. Dezember
1992 für die Dienstleistungen "Marktforschung, Meinungsforschung, Sozialforschung"
angemeldeten Wortmarke Nr. 2 913 956
GALLUP
hat die Widersprechende aus ihrer für die Bundesrepublik Deutschland mit dem
Zeitrang vom 15. Februar 1947 für die Waren "Imprimés et écrits, ainsi que
périodiques et rapports concernant l´étude de l´opinion publique, ainsi que les
problèmes sociaux, économiques, politiques, statistiques, religieux, techniques
et hygiéniques, de même que des sujets d´art, d´horticulture, d´agriculture et de
sylviculture, d´ élevage, de pêche et relatifs à l´étude du marché et de la publicité"
international registrierten Wortmarke Nr. 2R 132 442
GALLUP
Widerspruch eingelegt. Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung
der Widerspruchsmarke bestritten. Außerdem hat sie geltend gemacht,
eine Bekanntheit des Zeichens "GALLUP" zum Zeitpunkt der Anmeldung der
Streitmarke sei allein auf ihre jahrzehntelange Tätigkeit als Vertretung von
GALLUP zurückzuführen.
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die Löschung der Streitmarke angeordnet.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin hat zur Zurückweisung
des Widerspruchs geführt (BPatGE 47, 101).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Widersprechende
ihr Löschungsbegehren weiter. Die Markeninhaberin beantragt, die Rechtsbeschwerde
zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat den Widerspruch für unbegründet erachtet
und hierzu ausgeführt:
Soweit der Widerspruch auf § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Kollision der
eingetragenen Marke mit einer älteren Marke) gestützt sei, habe die Widersprechende
die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke auf die Nichtbenutzungseinrede
der Markeninhaberin hin nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sei zwar zu
entnehmen, dass diese auch auf eigenes Risiko Meinungsumfragen durchführe,
nicht aber, dass sie für die entsprechenden Druckwerke das Zeichen "GALLUP"
nach Art einer Marke verwendet habe. Die unentgeltliche Verteilung der
Zeitschrift "THE GALLUP REVIEW" an die Kunden des Unternehmens stelle
aber keine Markenbenutzung im geschäftlichen Verkehr dar, und für die jährlich
bzw. monatlich erscheinenden Sammlungen von Umfrageergebnissen in "The
Gallup Poll - Public Opinion" und "The Gallup Poll - Monthly Magazine" könne
eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Soweit der Widerspruch durch das Ankreuzen des entsprechenden Feldes
im amtlichen Formblatt auch auf § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Agentenmarke)
gestützt sei, hätte er durch die Geschäftsherrin erfolgen müssen. Die erst
im Jahr 1994 als deutsche Konzerntochter gegründete Widersprechende sei
zwar Inhaberin der Widerspruchsmarke, nicht aber Geschäftsherrin eines Agentenverhältnisses mit der Markeninhaberin. Selbst wenn sie von ihrer Konzernmutter
als Geschäftsherrin zur Anspruchsgeltendmachung ermächtigt wäre,
müsste diese Inhaberin der Widerspruchsmarke gewesen sein; dafür sei aber
nichts dargetan.
III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das
Bundespatentgericht hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke
zu Unrecht als nicht ausreichend glaubhaft gemacht angesehen.
1. Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das Bundespatentgericht habe
dadurch, dass es über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entschieden
habe, gegen das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs sowie
gegen § 69 Nr. 3 MarkenG verstoßen.
a) Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung war nicht wegen des
Antrags einer der Beteiligten geboten (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Die Markeninhaberin
hatte ihren diesbezüglichen Antrag nur hilfsweise für den Fall gestellt, dass
ihren sonstigen Anträgen nicht entsprochen werden sollte. Dieser Fall ist nicht
eingetreten; denn das Bundespatentgericht hat der Beschwerde der Markeninhaberin
stattgegeben. Die Widersprechende hatte keinen Antrag auf mündliche
Verhandlung gestellt.
b) Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter
dem Gesichtspunkt der Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 MarkenG) erforderlich, weil
das Bundespatentgericht die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke
abweichend von der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts
beurteilt hat.
aa) Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen
grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung. Unter dem Gesichtspunkt
der Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 MarkenG) zwingend geboten ist eine mündliche
Verhandlung allein dann, wenn die tatsächlichen und/oder rechtlichen Fragen
des Falles nicht anders sachgerecht erörtert werden können (vgl. Ingerl/
Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 69 Rdn. 9). Dementsprechend ist die Anordnung
einer mündlichen Verhandlung nicht immer schon dann unabdingbar, wenn das
Bundespatentgericht mit seiner Beschwerdeentscheidung von der Auffassung
abweicht, die das Deutsche Patent- und Markenamt in der angefochtenen Entscheidung
vertreten hat (vgl. BGH, Beschl. v. 20.1.2000 - I ZB 50/97, GRUR
2000, 894 = WRP 2000, 1166 - Micro-PUR). Ebensowenig gibt der Umstand,
dass sich die Parteien im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert haben,
für sich genommen Anlass zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
bb) Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung hat auch nicht den
Anspruch der Widersprechenden auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt.
Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines
gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem der rechtlichen
Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und zu der Rechtslage zu
äußern. Dazu gehört es, dass die Beteiligten bei Anwendung der von ihnen zu
verlangenden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag und auf
welche rechtlichen Gesichtspunkte es ankommen kann (BVerfGE 86, 133,
144 f.; BVerfG NJW-RR 1996, 253, 254). Dagegen verlangt das Gebot rechtlichen
Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor
dem Erlass seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; denn ein
Verfahrensbeteiligter muss schon von sich aus alle vertretbaren rechtlichen
Gesichtspunkte in Betracht ziehen (vgl. BVerfGE 74, 1, 5; 86, 133, 145; BVerfG
NJW-RR 1996, 253, 254; BGH GRUR 2000, 894 - Micro-PUR). Dementsprechend
musste die Widersprechende im Streitfall damit rechnen, dass die Beurteilung
der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke ebenso wie
bereits bei der Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Mittelpunkt
der Beschwerdeentscheidung stehen würde. Das Bundespatentgericht
brauchte zur Wahrung des rechtlichen Gehörs auch nicht vorab darauf hinzuweisen,
dass es den Streitfall anders beurteilte als das Deutsche Patent- und
Markenamt (vgl. BVerfGE 74, 1, 5; BVerfG NJW-RR 1996, 253, 254).
Dem Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nur dann hinreichend
Rechnung getragen, wenn das Gericht erst nach einer angemessenen Frist
entscheidet, innerhalb deren für die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Äußerung
in der Sache besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.1996 - I ZB 8/96,
GRUR 1997, 223, 224 = WRP 1997, 560 - Ceco; Beschl. v. 1.2.2000
- X ZB 27/98, GRUR 2000, 597, 598 = WRP 2000, 642 - Kupfer-Nickel-
Legierung). Dies war vorliegend aber der Fall. Das Bundespatentgericht hatte
mit Schreiben vom 23. Januar 2003 darauf hingewiesen, dass es beabsichtigte,
nach Ablauf eines Monats zur mündlichen Verhandlung zu laden oder in der
Sache abschließend zu entscheiden.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigt der Umstand,
dass die Markeninhaberin ihre Beschwerde nicht begründet hatte, keine
gegenteilige Beurteilung. Das Bundespatentgericht hatte bereits in seinem
Schreiben vom 23. Januar 2003 - mehr als fünf Monate vor dem Erlass seiner
mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Entscheidung - ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass nach Ablauf eines Monats eine abschließende Entscheidung
in der Sache ergehen könnte. Die Widersprechende durfte daher keineswegs
darauf vertrauen, dass sie spätestens in einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit
haben würde, ergänzend vorzutragen und Rechtsausführungen zu machen
(vgl. dazu BGH, Beschl. v. 28.8.2003 - I ZB 5/00, GRUR 2003, 1067
= WRP 2003, 1444 - BachBlüten Ohrkerze).
Allerdings ist es grundsätzlich sinnvoll, einen im Verfahren bislang noch
nicht näher behandelten Widerspruchsgrund, dessen Erörterung dem Bundespatentgericht - wie vorliegend seine Ausführungen in dem mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss zeigen - als erheblich erscheint, zum Gegenstand einer mündlichen Verhandlung zu machen.
2. Das Bundespatentgericht hat jedoch dadurch, dass es seine Entscheidung
ohne rechtlichen Hinweis auf den weder vom Deutschen Patent- und Mar-
kenamt noch von den Verfahrensbeteiligten angesprochenen Widerspruchsgrund
des § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Agentenmarke) gestützt hat, die Verfahrensrechte
der Widersprechenden verletzt und gegen das Gebot der Gewährung
rechtlichen Gehörs verstoßen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus
Art. 103 Abs. 1 GG erfordert - wie bereits ausgeführt wurde (vgl. zu vorstehend
1. b) bb)) - insbesondere, dass die Beteiligten bei Anwendung der von
ihnen zu verlangenden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag
und auf welche rechtlichen Gesichtspunkte es ankommen kann. Für die
Parteien war es überraschend, dass das Bundespatentgericht angenommen
hat, der Angriff der Widersprechenden gegen die Streitmarke sei im Hinblick auf
den Widerspruchsgrund des § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründet. Die Frage,
ob die Entscheidung des Bundespatentgerichts auf dem in dieser Hinsicht gegebenen
Verfahrensmangel beruht, braucht jedoch nicht entschieden zu werden,
weil der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Beschluss jedenfalls aus
den zu nachstehend 3. dargestellten Gründen keinen Bestand hat.
3. Das Bundespatentgericht hat den Widerspruchsgrund des § 42 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG (Kollision der eingetragenen Marke mit einer älteren Marke) zu
Unrecht verneint.
a) Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung der länger
als fünf Jahre eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten (§ 116 Abs. 1 i.V.
mit § 43 Abs. 1, § 115 Abs. 2 MarkenG). Das Bundespatentgericht hat eine
rechtserhaltende Benutzung während der letzten fünf Jahre vor seiner Entscheidung
nicht als glaubhaft gemacht angesehen. Es ist dabei zu Recht davon
ausgegangen, dass die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nach
§ 43 Abs. 1 MarkenG - abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Grundsatz, dass der
Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen ist - dem Beibringungs- und Ver-
handlungsgrundsatz unterliegt (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96,
GRUR 1998, 938, 939 = WRP 1998, 993 - DRAGON).
b) Anders als im Verletzungsverfahren und im Löschungsverfahren ist die
rechtserhaltende Benutzung in den Fällen des § 43 MarkenG nicht gemäß
§ 286 ZPO voll zu beweisen, sondern lediglich i.S. des § 294 ZPO glaubhaft zu
machen. Der insoweit zu führende Nachweis ist bereits dann als erbracht anzusehen,
wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des behaupteten
Sachverhalts spricht (vgl. BGHZ 156, 139, 142 m.w.N.). Davon bleibt
unberührt, dass in dieser Hinsicht der Widersprechende die Verantwortung für
die vollständige Glaubhaftmachung trägt und verbleibende Zweifel zu seinen
Lasten gehen (vgl. BPatG GRUR 1996, 981, 982 - ESTAVITAL, m.w.N.; Ingerl/
Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 43 Rdn. 26).
c) Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion
- die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie
eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und
Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss
symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die
Marke verliehenen Rechte dienen. Die Frage, ob die Benutzung der Marke
ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können,
dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere
Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt
angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren
oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren
oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die
Häufigkeit der Benutzung der Marke (EuGH, Urt. v. 11.3.2003 -Rs. C-40/01,
Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 Rdn. 43 - Ansul/Ajax).
d) An diesem Maßstab gemessen hat das Bundespatentgericht die
rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu Unrecht als nicht hinreichend
glaubhaft gemacht angesehen.
aa) Die Widersprechende hat sich zur Glaubhaftmachung der Benutzung
der Widerspruchsmarke u.a. auf die jährlich bzw. monatlich erscheinenden
Sammlungen von Umfrageergebnissen in den Druckschriften "The Gallup Poll
- Public Opinion" und "The Gallup Poll - Monthly Magazine" gestützt. Das Bundespatentgericht ist insoweit mit Recht davon ausgegangen, dass eine titelmäßige
Verwendung eines Zeichens für seine rechtserhaltende Benutzung genügen
kann (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 171/00, GRUR 2003, 440, 441 =
WRP 2003, 644 - Winnetous Rückkehr; Ingerl/Rohnke aaO § 26 Rdn. 35). Das
ist hier hinsichtlich der in Rede stehenden Druckschriften der Fall. Der Verkehr
versteht "GALLUP" als Herkunftshinweis auch zur Unterscheidung der so betitelten
Druckschriften von Druckschriften anderer Unternehmen. Es besteht im
Übrigen kein Anlass zu zweifeln, dass die Widersprechende der Benutzung ihrer
Marke durch ihre Konzernmutter gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG zugestimmt
hat.
Seiner Annahme, eine ernsthafte Benutzung sei deshalb nicht gegeben,
weil die beiden Druckschriften in Deutschland lediglich von zehn Bibliotheken
regelmäßig bezogen würden, kann nicht zugestimmt werden. Hierbei bleibt unberücksichtigt, dass es für die betreffenden Druckschriften nach der Natur der
Sache nur einen sehr speziellen Abnehmerkreis gibt. Es kann deshalb aus der
geringen Auflage nicht auf eine bloße Scheinbenutzung geschlossen werden.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch, dass die
beiden Zeitschriften nach der von der Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen
Versicherung ihrer Operation Managerin über die ISBN-Nummer in
Buchhandlungen zu erhalten sind.
bb) Nicht entschieden zu werden braucht die Frage, ob die rechtserhaltende
Benutzung der Widerspruchsmarke im maßgeblichen Zeitraum allein
schon im Hinblick auf die zu vorstehend aa) dargestellten Umstände zu bejahen
wäre. Es kommt nämlich noch hinzu, dass sich die Widersprechende zur
Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke des Weiteren insbesondere
auf den Titel der Zeitschrift "THE GALLUP REVIEW" bezogen hat.
Das Bundespatentgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass auch insoweit
keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke
vorliegt. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung kann aber nicht mit der vom Bundespatentgericht gegebenen Begründung verneint werden, die unentgeltliche
Verteilung einer Kundenzeitschrift an aktuelle und potentielle Unternehmenskunden
stelle keine Markenbenutzung im geschäftlichen Verkehr dar. Für die
Beurteilung einer rechtlich relevanten Benutzung einer Marke im geschäftlichen
Verkehr kommt es in der Regel nicht darauf an, ob die so gekennzeichnete Ware
gegen Entgelt vertrieben wird. Eine davon abweichende Sicht käme nur dann
in Betracht, wenn der unentgeltliche Vertrieb keinen Bezug zu einer geschäftlichen
Tätigkeit aufwiese und sonach allenfalls "symbolischen" Charakter hätte.
Davon kann bei einer an 500 aktuelle oder potentielle Kunden gerichteten Direktwerbung
schon deshalb keine Rede sein, weil die von den umworbenen
Kunden akquirierten Aufträge zu Meinungsumfragen jeweils einen erheblichen
Umfang haben. Es kommt hinzu, dass das werbende Unternehmen eine auch
international nicht unbedeutende Stellung auf dem Gebiet der Meinungsforschung
hat.
4. Auf die vom Bundespatentgericht zum Widerspruchsgrund des § 42
Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Agentenmarke) aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es
sonach nicht mehr an.
IV. Danach war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache
zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht
zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr zurückzuverweisen.
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Bornkamm
Pokrant
Schaffert
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen