Haftung eines Reisebüro-Geschäftsführers für die unterlassene Weiterleitung des treuhänderisch erhaltenen Reisepreises
Gericht
LG Düsseldorf
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
18. 11. 2004
Aktenzeichen
1 O 749/03
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin macht gegen den Beklagten, den Geschäftsführer der D. M. C. W. Reisebüro GmbH, Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung geltend, weil dieser nach ihrer Ansicht Kundenzahlungen veruntreut habe.
Die Klägerin ist eine Schifffahrtgesellschaft, zu der das Kreuzfahrtschiff "D." gehört. Die P. D. Reederei GmbH & Co. KG (im Folgenden: D. R.) ist Vertragsreeder der Klägerin. Der Beklagte war Geschäftsführer der D. M. C. W. Reisebüro GmbH (im Folgenden: D. M. C.).
Die D. M. C. buchte per Fax vom 18.5.2001 für ihre Kunden R. eine Reise auf der "D." für die Zeit vom 16. bis 29.9.2001 ... Durch Gewährung eines Rabatts verminderte sich der Preis schließlich auf 14.314,40 DM ... .
Die D. M. C. zahlte hierauf insgesamt 1.459.80 DM, so dass noch ein Restbetrag von 12.855,60 DM (= 6.572,96 EUR) offen steht.
Die Kunden der D. M. C. haben den vollen Reisepreis an diese gezahlt. Die D. M. C. fiel in Konkurs. Das Geld ist nicht mehr vorhanden und nicht an die Klägerin weitergeleitet worden.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte ihr gegenüber hafte, da er zwar in Folge einer Inkassovollmacht befugt gewesen sei, den Reisepreis einzuziehen. Er habe jedoch gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er diese Gelder nicht an die Klägerin abführte. Die D. M. C. sei gemäß §§ 84 ff. HGB als Abschlussvertreterin der Klägerin tätig geworden. Zudem ergebe sich ein Anspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG. ...
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Aktivlegitimation der Klägerin nicht nachvollziehbar sei. Er ist ferner der Ansicht, dass er keine Gelder veruntreut habe. Auf Grund der Insolvenz habe die D. M. C. die Rechnung nicht mehr begleichen können. ...
Auszüge aus den Gründen:
I. Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 823 BGB, 266 StGB zu.
1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Zwar sind die Reisebestätigungen im Briefkopf mit ,,D. R." bezeichnet und weisen ferner im unteren Teil auf eine "P. D. R. GmbH & Co" hin. Im Text wird jedoch klargestellt, dass der Reisepreis des Kunden auf das Konto der "Schifffahrtgesellschaft MS ,,D." GmbH & Co" gezahlt werden soll und die Buchungsbestätigung und Rechnungslegung im Namen und Auftrag dieser Schifffahrtgesellschaft erfolgen. Damit war für die Firma des Beklagten klar, dass Vertragsbeziehungen zwischen dem Kunden nur mit der Klägerin zustande kommen sollten, zumal nur die Zahlung auf das Konto der Klägerin die Kunden zur Teilnahme an der Reise berechtigten. Da es sowohl für die Firma des Beklagten als auch für deren Kunden unerheblich war, wer konkret der Vertragspartner der Reise wird, jedenfalls soweit der Vertragspartner dem "Hause 'D.'" zuzuordnen ist, ist die Vertragsbeziehung nach den Regeln des "Geschäfts für den, den es angeht" mit der Klägerin zustande gekommen.
Soweit die staatsanwaltlichen Ermittlungen von der D.R. in Gang gesetzt wurden, rechtfertigt dies eine andere Beurteilung nicht, da dies auf die tatsächliche Vertragsbeziehung keinen Einfluss hat und auch nicht als Indiz dazu führt, dass die Vertragsbeziehung zur Klägerin hinfällig wird. Denn in dem genannten Schreiben weist die D.R. ausdrücklich auf eine Reise auf der "D." hin und bezieht sich darauf, dass die Firma des Beklagten den Reisepreis an die Klägerin habe abführen müssen.
2. Der Beklagte haftet der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB persönlich für den Schaden, der dadurch entstanden ist, dass er den Reisepreis entgegen des Kundenauftrags und den Zahlungsbestimmungen der Klägerin nicht an diese weitergeleitet hat. Der Firma des Beklagten obliegt eine besondere Vermögensbetreuungspflicht dann, wenn er mit dem Reiseunternehmen in Vertragsbeziehungen steht, die auf eine gewisse Dauer angelegt sind (vgl. BGHSt 12, 207 ff.). Eine andauernde Geschäftsbeziehung ist angesichts des Schreibens der D.R. vom 18.9.2003 ... als gegeben anzusehen. Denn in diesem Schreiben spricht die D.R. von einem Treuerabatt von 2 %. Insoweit ist davon auszugehen, dass ein Treuerabatt begrifflich nur im Rahmen einer bereits länger bestehenden Geschäftsbeziehung gewährt wird. Der Beklagte, beziehungsweise die von ihm geführte GmbH (im Folgenden einheitlich als Beklagter bezeichnet, soweit nicht Differenzierungen kenntlich gemacht werden) war verpflichtet, die ausschließlich zur Bezahlung der bei der Klägerin gebuchten Reise vereinnahmten Gelder auch an diese weiterzuleiten. Ohne eine entsprechende Weiterleitung waren die Kunden des Reisebüros grundsätzlich nicht berechtigt, an der Reise teilzunehmen. Wenn im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden muss, dass die Kunden gleichwohl die Reise haben durchführen können (z.B., weil sie den Nachweis der Zahlung an das Reisebüro bei Reiseantritt haben dokumentieren können), so hat die Firma des Beklagten in der Person des Beklagten zwar durch eine Verletzung der den Kunden gegenüber bestehenden Vermögensbetreuungspflicht (da es sich um zweckgebundene Gelder handelte) diesen keinen Schaden zugeführt. Vielmehr ist der Schaden durch die Verletzung der der Firma des Beklagten obliegenden Verpflichtungen bei der Klägerin entstanden, da diese für die Durchführung der Reise nicht das vereinbarte Entgelt erhalten hat.
Nach Abschluss des Vertrages zwischen Unternehmer und Kunden zieht der Inhaber des Reisebüros die Gelder für den Unternehmer ein. Von diesem Zeitpunkt an verletzt er daher die Vermögensbetreuungspflicht für den Unternehmer, wenn er unberechtigt über die Gelder verfügt (vgl. BGHSt 12, 207, 209). Gleiches gilt, wenn Kundengelder abredewidrig für eigene Zwecke verbraucht werden, ohne dass eine Rückzahlung an den Kunden erfolgt (vgl. BGH, Wistra 1999,339 ff.).
Diese Erwägungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Der Beklagte hat die eingehenden Kundengelder für den laufenden Geschäftsbetrieb verwandt. Eine andere Verwendung der Gelder ist nicht ersichtlich und auch vom Beklagten nicht substantiiert vorgetragen worden. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und den bestehenden Geschäftsbeziehungen hätte der Beklagte, beziehungsweise die von ihm geführte GmbH diese Gelder jedoch als Reisepreis der Klägerin zur Verfügung stellen müssen, um sicherzustellen, dass die Kunden der GmbH gegenüber der Klägerin auch die von diesen geplante Reise durchführen konnten. Lediglich der im Reisepreis für seine Tätigkeit, beziehungsweise die seiner GmbH, enthaltene Provisionsanteil konnte und durfte der Beklagte für sich und seine privaten oder geschäftlichen Verbindlichkeiten nutzen. Diese Provision hat die Klägerin jedoch bereits in Abzug gebracht ....
3. Der Beklagte ist deshalb unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlungen und der verdienten Provision verpflichtet, der Klägerin den Betrag von 6.572,96 EUR nebst Zinsen zu erstatten. ...
Im Übrigen ist die Klage abzuweisen, da die Klägerin eine Mahnung nach Verzugseintritt hinsichtlich des Beklagten und die vorgerichtlichen Auslagen nicht näher und substantiiert dargelegt hat. ...
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