Keine Verkehrssicherungspflicht bei regennassem Boden im Eingangsbereich eines Hotels

Gericht

LG Duisburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

18. 11. 2004


Aktenzeichen

4 O 228/04


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche aus dem Unfallgeschehen vom 21.10.2003 zu.

1. Es besteht zunächst kein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus § 651 f Abs.1 BGB, denn es fehlt an dem für den bezeichneten Schadensersatzanspruch erforderlichen Reisemangel im Sinne des § 651c Abs.1 BGB. Ein Fehler der Reise im Sinne der genannten Vorschrift liegt dann vor, wenn eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung nicht oder nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht wird und dies aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters stammt (Palandt/ Sprau, [62. Aufl.], § 651c BGB, Rn. 2 m. w.N.). Damit werden grundsätzlich alle nicht in der Person des Reisenden liegenden Umstände, die die Gesamtreise oder Einzelleistungen stören, von § 651 c BGB erfasst. Ein Reisemangel kann auch darin liegen, dass von der Einrichtung des von dem Reiseveranstalter ausgewählten Hotels eine Gefahr für die Sicherheit des Reisenden ausgeht, mit der dieser nach dem Vertrag nicht zu rechnen braucht (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993,315; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 19.9.2001-16 U 195/00, zit. nach Juris). Die Anforderungen dürfen jedoch nicht überspannt werden. Keinen Reisemangel stellen Unfälle dar, die nicht reisespezifisch sind, mit deren Auftreten auch im privaten Alltag gerechnet werden muss, beispielsweise: Stürze im Schwimmbadbereich (OLG Frankfurt a.M., a.a.O.), Stürze auf nach Reinigungsarbeiten feuchten Treppen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.12.2000 - 6 U 55/00), Stürze auf regennassen Fliesen im Außenbereich (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 24.10.2002 - 16 U 52/02).

Nach diesen Grundsätzen ist der Unfall vom 21.10.2003, auch wenn man den Vortrag der Klägerin zu Grunde legt, ihrem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen und stellt keinen Reisemangel dar. Bei einem Sturz im Eingangsbereich einer Hotelhalle, wo der Fußboden nach Regenfällen nass und glitschig ist, stellen sich die Gefahren für den Reisenden nicht anders dar, als wenn er sich in seiner Heimat nach einem Regenfall im Eingangsbereich eines öffentlichen Gebäudes aufhält. Auch hier wird erwartet, dass sich das Publikum in vernünftiger Weise auf erkennbare Gefahren einstellt (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 671 f.; OLG Koblenz, NJW-RR 1996, 670). Entgegen ihrer Ansicht musste die Klägerin damit rechnen, dass der Fußboden in der Nähe ihres Platzes nass war. Sie räumt selbst ein, dass sie bemerkt hatte, dass es draußen zu regnen begonnen hatte. Ausweislich der von ihr gefertigten Handskizze saß sie an dem Tisch, der der Eingangstür am nächsten lag. Wer von draußen hereinkam und zum Tresen, zur Toilette oder zum Restaurantbereich wollte, musste in unmittelbarer Nähe ihres Sitzplatzes vorbeigehen. Es lag daher nicht fern, dass von draußen eintretende Gäste die Nässe auch noch bis in die Nähe des Sitzplatzes der Klägerin trugen.

Auch wenn man unterstellt, dass die Wasserlache oder Pfütze, auf der die Klägerin ausgerutscht ist, nicht von von draußen hereinkommenden Personen stammt, sondern dass Wasser durch die offen stehende Eingangstür und unter der provisorischen Wand hindurch in die Eingangshalle geflossen ist, ergibt sich nichts anderes. In diesem Fall müsste ja - wenn man wieder die Handskizze der Klägerin (...) zu Grunde legt - die gesamte Sitzgruppe, in der sie mit ihren Begleitern saß, in einer Wasser- lache gestanden haben, was ihr nicht verborgen geblieben sein kann.

Unerheblich ist auch, ob und in welcher Weise die Rollo- Wand zum Boden hin abgedichtet war und ob dies den geltenden Bauvorschriften entsprach. Zwar ist anerkannt, dass ein Reiseveranstalter, der ein Hotel unter Vertrag nimmt, sich zuvor vergewissern muss, das es nicht nur den gewünschten und angebotenen Komfort, sondern auch ausreichenden Sicherheitsstandard bietet. Insbesondere hat er für die regelmäßige Kontrolle der unter Vertrag genommenen Unterkünfte sachkundige Personen einzusetzen, und zwar zur Feststellung von Sicherheitsrisiken, die sich bei genauerem Hinsehen jedermann offenbaren (BGHZ 103, 298,304). Die maßgebliche Beurteilung des Inhalts von Sicherheitspflichten, die im Zusammenhang mit der Beschaffenheit einer Hotelunterkunft besteht, muss darauf ausgerichtet sein, ob über einen reinen Funktionsmangel hinaus unter Berücksichtigung des Erfordernisses einer zumutbaren Erkennbarkeit ein naheliegendes Sicherheitsrisiko für den Hotelgast anzunehmen ist und ob zur Abwendung dieses Risikos Schutzmaßnahmen geboten sind (LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 1.12.1994 - 2 - 21 0307/94, zit. nach juris).

Hier hieße es, die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters zu überspannen, wollte man von ihm verlangen, dass er etwaige Mängel in der Abdichtung der Rollowand zum Boden hin als Sicherheitsrisiko für den Hotelgast erkennt und beseitigt. Starke und lang anhaltende Regenfälle sind auf der wegen ihres sonnigen Wetters bei den Feriengästen beliebten Insel Mallorca eher selten, so dass es sich jedenfalls unter Sicherheitsaspekten nicht aufdrängte, die Dichtigkeit einer ohnehin nur provisorischen Wand besonders zu überprüfen.

Schließlich kann auch aus dem von der Klägerin behaupteten Umstand, dass drei bis vier Tage vor dem Unfall schon einmal Regenwasser in die Eingangshalle gelaufen sein soll, nicht geschlossen werden, dass die Beklagte ihre reisevertraglichen Sicherheitspflichten verletzt hat. Die Klägerin behauptet nicht, dass dieser Vorfall der Beklagten gemeldet worden wäre oder sie auf andere Weise davon Kenntnis gehabt hätte.

Im Rahmen der von der Reiseleitung vor Ort in regelmäßigen Abständen durchzuführenden Überprüfung des Vertragshotels wäre diese Schwachstelle auch nicht notwendigerweise entdeckt worden, da die Reiseleitung dann schon an einem Tag mit ähnlich starken Regenfällen vor Ort hätte sein müssen.

2. Die Klägerin kann den Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens auch nicht aus § 823 Abs.1 BGB wegen Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht verlangen. Zwar trifft den Reiseveranstalter eine Verkehrssicherungspflicht bei Vorbereitung und Durchführung der von ihm veranstalteten Reisen, die sich auch auf die Auswahl und Kontrolle der Leistungsträger erstreckt (BGHZ 103, 298, 304, OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993,315). Für die deliktsrechtliche Haftung des Reiseveranstalters wegen Verletzung seiner Verkehrssicherungspflichten ist aber maßgeblich, welche vertraglichen Verpflichtungen er gegenüber dem Reisenden hat. Da die Beklagte aus den dargestellten Gründen aus dem Reisevertrag nicht verpflichtet war, Schutzmaßnahmen gegen die auf Grund eindringenden Regenwassers entstehende Glätte zu treffen, haftet sie auch nicht aus Deliktsrecht.

Soweit die Klägerin Rechtsprechung zu der Frage zitiert, welche Pflichten einen Gastwirt in Bezug auf Glätte und Nässe in den Gasträumen treffen, verkennt sie, dass der Beklagten als Reiseveranstalterin nicht die Pflichten eines Hoteliers oder Gastwirts obliegen. Sie trifft vielmehr eine Pflicht bei der Auswahl und Überwachung des Leistungsträgers. Diese geht aber nicht so weit, täglich die Reinigungs- und Putzarbeiten in ihren Vertragshotels zu überwachen, um feststellen zu können, ob der Fußboden der Eingangshalle bei Regen in ausreichenden Abständen trocken gewischt wird. Es ist weder ersichtlich, noch von der Klägerin vorgetragen, ob die Beklagte bei der Auswahl des Leistungsträgers bzw. bei turnusmäßigen Kontrollen Zweifel an der Zuverlässigkeit ihres Leistungsträgers hätte haben müssen.

Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht einmal eine Verkehrssicherheitspflichtverletzung des Hotelbetreibers. Es bleibt unklar, wie lange der Boden im Eingangsbereich schon regennass war, als die Klägerin dort zu Fall kam. Eine Verkehrssicherungspflicht geht sicherlich nicht dahin, jeden Tropfen aufzuwischen, unmittelbar nachdem er zu Boden gefallen ist. 3. Eine Haftung der Beklagten für ein Verschulden des Hotelbetreibers gemäß § 831 BGB scheidet darüber hinaus auch deswegen aus, weil dieser mangels Weisungsgebundenheit nicht Verrichtungsgehilfe des Reiseveranstalters ist (BGH, a.a.O.). ...

Rechtsgebiete

Reiserecht