Keine Geldentschädigung für Tatjana Gsell

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

01. 02. 2006


Aktenzeichen

9 O 17806/05


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz geltend.

Die Beklagte verlegt mehrere Zeitschriften, unter anderem die ... . Im Rahmen der Berichterstattung der über die Klägerin wurde diese in den Zeitschriften der Beklagten mehrmals als "Busenwitwe" bezeichnet, unter anderem in der ... vom 31.12.2004, 27.11.2004 und vom 07.08.2004.

Die Klägerin ist der Auffassung, dies stelle einen schweren Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.

Die Klägerin hat daher beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 10.000,00 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.09.2005 sowie weitere vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 389, 65 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.09.2005 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, es fehle an einer schwerwiegenden Rechtsverletzung, da die Klägerin selbst sich entsprechend in die Öffentlichkeit begeben habe. Ferner fehle es an einem schweren Verschulden der Beklagten, da das Landgericht Berlin diese Bezeichnung nicht beanstandet habe, ehe das Kammergericht eine von der Klägerin beantragte Unterlassungsverfügung erlassen habe.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 823 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zu.

1. Es kann dahinstehen, ob die Bezeichnung "Busenwitwe" die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, wovon das Kammergericht in seiner Entscheidung vom 14.04.2005 (10 U 226/04) ausging. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung ist jedenfalls nicht so schwerwiegend, dass die den Ersatz immateriellen Schadens rechtfertigen würde.

a) Die Kammer verkennt nicht, dass sich die Schwere des Eingriffs insbesondere aus der wiederholten Bezeichnung als " Busenwitwe " ergeben könnte. Hier wird die Klägerin ungewollt mit einem "Etikett" versehen, welches darauf ausgelegt ist, in der Öffentlichkeit eine feste Verbindung zwischen dem Begriff "Busenwitwe" und der Klägerin herzustellen.

b) Die Klägerin geht jedoch selbst offensiv mit ihrem Körper an die Öffentlichkeit. Das Kammergericht hat in seiner Entscheidung unterstellt, dass die in der ... vom 18. /19. September 2004 ("Die Busen-Lady zieht blank") und in der Zeitschrift ... abgedruckten Fotos, auf denen die Klägerin ihren Körper zur Schau stellt, mit Wissen und Wollen der Klägerin veröffentlicht worden sind. Dem ist die Klägerin auch im vorliegenden Verfahren nicht entgegen getreten. Vielmehr hat sie dargelegt, es sei ihr überlassen, wie sie sich in der Öffentlichkeit vermarkte. Unstreitig hat sich die Klägerin auch für die Ausgabe Februar 2006 der Zeitschrift ... für Aktaufnahmen zur Verfügung gestellt. Dabei wird sie auch mit den folgenden Worten zitiert: "Ich liebe meinen Körper, finde ihn schön und ästhetisch. Deshalb wollte ich ihn auch einmal zeigen. Und auch, damit endlich das Gerede aufhört, ich sei überall operiert. Ich habe mir nur den Busen vergrössern lassen, trotzdem sieht er ganz natürlich aus. Ansonsten ist alles an meinem Körper original ... ." Da die Klägerin somit unbestritten ihren Körper und dabei auch ihren Busen zu ihrer öffentlichen "Vermarktung" benutzt, kann die Kammer in der Bezeichnung Busenwitwe keine so schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung erkennen, dass ein Ausgleich immateriellen Schadens gerechtfertigt wäre. Derjenige, der sich mit einem bestimmten Aspekt seiner Persönlichkeit in die Öffentlichkeit bringt, kann sich nicht dagegen wenden, dass ihn die Öffentlichkeit so sieht (vgl. OLG München, 18 U 1835/05 vom 05.04.2005).

2. Auch ein schweres Verschulden, welches den Ersatz immateriellen Schadens rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Die Kammer hat mit Urteil vom 15.12.2004, Az. 9 O 19910/04 die Bezeichnung "Busenmacher-Witwe" für zulässig gehalten, ebenso das OLG München in seiner Entscheidung vom 05.04.2005, Az. 18 U 1835/05. Der hier streitgegenständliche Begriff der Busenwitwe wurde vom Landgericht Berlin mit Urteil vom 26.10.2004, Az. 27 O 731/04, ebenfalls für zulässig gehalten. Erst das Kammergericht untersagte mit Urteil vom 14.04.2005, Az. 10 U 226/04, die Verwendung dieses Begriffs. Hieran hat sich die Beklagte unstreitig gehalten. Zu den Zeitpunkten, als die Beklagte den hier umstrittenen Begriff "Busenwitwe" verwendete, lagen ihr also lediglich drei Entscheidungen von Kollegialgerichten vor, die diesen oder einen ähnlichen Begriff für zulässig erklärten. Daher kann in der Verwendung dieses Begriffs bis zur Entscheidung des Kammergerichts kein schweres Verschulden der Beklagten gesehen werden.

Rechtsgebiete

Presserecht