Ausgleich von Steuernachteilen bei begrenztem Realsplitting

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

11. 05. 2005


Aktenzeichen

XII ZR 108/02


Leitsatz des Gerichts

Auf den Anspruch auf Freistellung von Steuernachteilen, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten infolge seiner Zustimmung zum begrenzten Realsplitting entstehen können, ist die Vorschrift des § 1585 b Abs. 3 BGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (im Anschluß an das Senatsurteil vom 9. Oktober 1985 - IVb ZR 39/84 - FamRZ 1985, 1232).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats - Senat für Familiensachen I - des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 25. April 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Ausgleich steuerlicher Nachteile der Klägerin infolge der Inanspruchnahme des sog. begrenzten Realsplittings durch den Beklagten.

Mit Urteil vom 20. Oktober 1992 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 360 DM zu zahlen. Für das Steuerjahr 1993 nahm der Beklagte mit Zustimmung der Klägerin das sog. begrenzte Realsplitting in Anspruch und setzte insgesamt 17.280 DM als Sonderausgaben für Unterhaltsleistungen ab. Auf der Grundlage dieser Unterhaltsleistungen wurde mit Bescheid vom 9. Februar 1998 zu Lasten der beschäftigungslosen Klägerin für das Jahr 1993 eine darauf entfallende Steuerschuld in Höhe von 2.273 DM (Einkommensteuer) und in Höhe von 204,50 DM (Kirchensteuer) zuzüglich einer Zinsverpflichtung in Höhe von 374 DM, mithin von insgesamt 2.851,50 DM festgesetzt.

Mit ihrer im Juni 2001 eingegangenen und nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe am 4. Oktober 2001 zugestellten Klage begehrt die Klägerin Freistellung von der gegen sie festgesetzten Steuer. Amtsgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.


I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Saarbrücken 2002, 227 veröffentlicht ist, hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, weil es von der in FamRZ 2000, 888 veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg abweicht, das die Vorschrift des § 1585 b Abs. 3 BGB auf den Ausgleichsanspruch des Unterhaltsberechtigten angewandt hat. Zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung hat das Berufungsgericht ausgeführt:

§ 1585 b Abs. 3 BGB beschränke den rückständigen Unterhaltsanspruch auf ein Jahr vor Rechtshängigkeit, weil die Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich darauf gerichtet sei, die Mittel für den laufenden Lebensbedarf des Berechtigten zur Verfügung zu stellen. Der Schuldner solle zugleich vor Härten geschützt werden, die sich aus der Inanspruchnahme für eine Zeit ergeben, in der er sich auf seine Unterhaltsverpflichtung noch nicht einzurichten brauchte. Der Ausgleichsanspruch nach Zustimmung zum sogenannten begrenzten Realsplitting diene demgegenüber nicht der Befriedigung von Lebensbedürfnissen in einer bestimmten Zeit, sondern solle gewährleisten, daß dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der ihm abverlangten Zustimmungserklärung keine Nachteile entstehen. Es handele sich um einen Anspruch eigener Art, der aus Billigkeitsgründen geboten sei, damit die Zustimmung zum sogenannten begrenzten Realsplitting für den Berechtigten zumutbar werde. § 1585 b Abs. 3 BGB sei deswegen auf diesen Anspruch weder unmittelbar noch sinngemäß anzuwenden.

Der Anspruch sei auch nicht verwirkt, weil es jedenfalls an dem insoweit erforderlichen Umstandsmoment fehle. Anhaltspunkte, die einen entsprechenden Vertrauenstatbestand für den Beklagten belegen könnten, habe der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht aufgezeigt. Allein der Umstand, daß der Steuerbescheid erst rund vier Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ergangen sei und die Klägerin ihre Klage erst weitere rund drei Jahre nach Erlaß des Steuerbescheides erhoben habe, könne einen solchen Vertrauenstatbestand nicht begründen. Das gelte jedenfalls deswegen, weil der Beklagte erst durch das vorgerichtliche Schreiben der Klägerin vom 2. April 2001 Kenntnis von dem Steuerbescheid erlangt habe.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung stand.


II.

1. Der Senat hat bereits entschieden, daß der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Ausgleich des Steuernachteils, der ihm aufgrund seiner Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG erwächst, ein Anspruch eigener Art ist, auf den § 1585 b Abs. 3 BGB weder unmittelbar noch sinngemäß anzuwenden ist (Senatsurteil vom 9. Oktober 1985 - IVb ZR 39/84 - FamRZ 1985, 1232, 1233).

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 23. März 1983 - IVb ZR 369/81 - FamRZ 1983, 576, vom 26. September 1984 - IVb ZR 30/83 - FamRZ 1984, 1211 und vom 9. Oktober 1985 aaO) kann der unterhaltspflichtige Ehegatte die Zustimmung des anderen zum sog. begrenzten Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG regelmäßig nur Zug um Zug gegen eine bindende Erklärung verlangen, durch die er sich zur Freistellung des unterhaltsberechtigten Ehegatten von der Steuerschuld verpflichtet, die diesem als Folge der Besteuerung der erhaltenen Unterhaltszahlungen erwächst. Die diesbezüglichen Verpflichtungen beider Seiten sind Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden gesetzlichen Unterhaltsrechtsverhältnisses.

§ 1585 b Abs. 3 BGB schränkt die Forderung von Unterhalt für eine mehr als ein Jahr zurückliegende Zeit sowie von entsprechenden Erfüllungssurrogaten ein, weil die Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich darauf gerichtet ist, die Mittel für den laufenden Lebensbedarf des Berechtigten zur Verfügung zu stellen. Auch soll der Schuldner vor Härten geschützt werden, die sich aus der Inanspruchnahme für eine Zeit ergeben, in der er sich auf eine Unterhaltsverpflichtung nicht einzurichten brauchte. Der Ausgleichsanspruch nach Zustimmung zum begrenzten Realsplitting dient demgegenüber nicht der Befriedigung von Lebensbedürfnissen in einer bestimmten Zeit, sondern soll gewährleisten, daß dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der ihm abverlangten Zustimmungserklärung keine Nachteile entstehen, wozu auch Nachteile beim Bezug öffentlicher Hilfen gehören (vgl. Senatsurteil vom 23. März 1983 aaO). Es handelt sich um einen Anspruch eigener Art, der - anders als der Unterhaltsanspruch - nicht davon abhängt, daß der Unterhaltspflichtige leistungsfähig und der Berechtigte unterhaltsbedürftig ist. Er beruht auch nicht darauf, daß der Schuldner früher seine Unterhaltsverpflichtung nicht oder nicht gehörig erfüllt hätte. Vielmehr ist er aus Billigkeitsgründen geschuldet, damit die Zustimmung zum begrenzten Realsplitting für den Berechtigten zumutbar ist. Der Unterhaltsverpflichtete, der das Realsplitting in Anspruch nimmt, kann und muß sich von vornherein auf den späteren Ausgleich der steuerlichen Nachteile des Berechtigten einstellen. Die besondere Verwirkungsvorschrift des § 1585 b Abs. 3 BGB ist auf diesen Anspruch deswegen weder unmittelbar noch sinngemäß anzuwenden (Senatsurteil vom 9. Oktober 1985 aaO; Göppinger/Wax/Kodal Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1139; Weinreich/Klein Kompaktkommentar Familienrecht § 1585 b Rdn. 15).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

2. Der Einschränkung des § 1585 b Abs. 3 BGB für die Durchsetzung von Unterhaltsforderungen, die länger als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit fällig wurden, liegen Rechtsgedanken zugrunde, die sich auf das Unterhaltsrecht beschränken. Das Gesetz will eine dergestalt verspätete Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs dadurch sanktionieren, daß sie nur unter einer erschwerenden Voraussetzung durchgreifen kann. Dem Wesen nach handelt es sich um eine Ausformung des Rechtsinstituts der Verwirkung, die an eine "illoyal verspätete Geltendmachung" des Rechts nachteilige Folgen für den Rechtsinhaber knüpft (vgl. dazu auch BGHZ 84, 280, 283 und Senatsurteil vom 13. Januar 1988 - IVb ZR 7/87 - FamRZ 1988, 370, 372 f.). Der Gläubiger soll dadurch veranlaßt werden, seinen Unterhaltsanspruch zeitnah zu verwirklichen, auch damit nicht beim Schuldner eine übergroße Schuldenlast anwächst (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 1. Juli 1987 - IVb ZR 74/86 - FamRZ 1987, 1014, 1015). Das Gesetz bringt auch in weiteren Regelungen zum Ausdruck, daß Unterhaltsforderungen für eine mehr als ein Jahr zurückliegende Zeit mit einer besonderen Schwäche behaftet sind (Senatsurteil BGHZ 105, 250, 256 = FamRZ 1989, 150, 152 f. unter Hinweis auf die Vorschriften der §§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB und 850 d Abs. 1 Satz 4 ZPO). Auch § 1585 b Abs. 2 BGB, wonach Unterhalt für die Vergangenheit erst von der Zeit an gefordert werden kann, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist, beruht auf dem Gedanken, daß Unterhalt seinem Wesen nach zur Bestreitung des laufenden Lebensbedarfs dient und die Befriedigung der Bedürfnisse einer zurückliegenden Zeit an sich nicht möglich ist, so daß grundsätzlich keine Notwendigkeit besteht, darauf beruhende Ansprüche fortdauern zu lassen. Zugleich soll der Unterhaltspflichtige durch diese Vorschrift vor Härten geschützt werden, die sich aus einer Inanspruchnahme für eine Zeit ergeben können, in der er noch nicht mit dem Unterhaltsanspruch rechnen mußte (Senatsurteil vom 29. April 1992 - XII ZR 105/91 - FamRZ 1992, 920, 921). Um einen solchermaßen begrenzten Unterhaltsanspruch handelt es sich bei dem Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Ausgleich des Steuernachteils infolge seiner Zustimmung zum begrenzten Realsplitting hingegen nicht.

Zwar hat der Senat inzwischen entschieden, daß gegenüber dem Anspruch eines unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten auf Erstattung der ihm als Folge des begrenzten steuerlichen Realsplittings erwachsenden steuerlichen Nachteile grundsätzlich nicht mit Gegenforderungen aufgerechnet werden kann (Senatsurteil vom 29. Januar 1997 - XII ZR 221/95 - FamRZ 1997, 544, 545 f.). Dabei hat sich der Senat allerdings entscheidend auf den Zweck des § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO und die Entwicklung dieser Vorschrift gestützt. Danach erfaßt die Regelung entgegen dem Wortlaut (Unterhalts-"Renten") generell Unterhalts-"Forderungen", die im Rahmen oder aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung geschuldet werden, und damit auch einmalig zu zahlende Unterhaltsbeträge. Denn auch diese sind dazu bestimmt, dem Berechtigten die zu seinem Lebensunterhalt bestimmten Mittel - unverkürzt und rechtzeitig - zukommen zu lassen.

Der Senat hat insoweit für den Ausgleichsanspruch aus dem begrenzten Realsplitting auf dessen (auch) unterhaltsrechtlichen Charakter abgestellt. Denn die Ausgleichsverpflichtung dient dem Zweck, dem Unterhaltsberechtigten durch die Ausgleichung der mit dem begrenzten Realsplitting für ihn verbundenen Belastung den ihm zustehenden Nettounterhalt im Ergebnis ungeschmälert zu sichern. Wegen der damit erzielten Sicherung des Unterhalts ist der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Erstattung der infolge des begrenzten Realsplittings entstehenden Steuerlast von dem weiten Geltungsbereich des § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO umfasst (Senatsurteil vom 29. Januar 1997 aaO). Der Ausgleichsanspruch sichert also den Unterhaltsanspruch des Berechtigten und genießt den gleichen Schutz wie dieser, ohne indessen selbst ein Unterhaltsanspruch zu sein. Deswegen hat der Senat daran festgehalten, daß die Verpflichtung des ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Zustimmung zum begrenzten Realsplitting gegen Ausgleich der ihm hierdurch gegebenenfalls erwachsenden steuerlichen Nachteile "auf einer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Rahmen des zwischen geschiedenen Ehegatten bestehenden gesetzlichen Unterhaltsrechtsverhältnisses" beruht (Senatsurteile vom 9. Oktober 1985 aaO, vom 29. Januar 1997 aaO, 546 und vom 29. April 1998 - XII ZR 266/96 - FamRZ 1998, 953, 954). Der Ausgleichsanspruch dient nicht der Befriedigung des laufenden Lebensunterhalts, denn dieser ist bereits gezahlt, sondern gleicht lediglich aus Gründen von Treu und Glauben einen konkret entstehenden Nachteil des Unterhaltsberechtigten im Hinblick auf den mindestens gleich hohen Vorteil beim Unterhaltspflichtigen aus. Auf diesen Anspruch ist § 1585 b Abs. 3 BGB deswegen nicht unmittelbar anwendbar.

3. Entgegen anderen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamburg FamRZ 2000, 888, 889; Heiß/Born/Linderer Unterhaltsrecht Stand Juli 2004 43. Kap. Rdn. 25 a; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 4. Aufl. § 1585 b Rdn. 4; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 71) ist § 1585 b Abs. 3 BGB auf diesen Ausgleichsanspruch auch nicht analog anwendbar.

Die Vorschrift des § 1585 b Abs. 3 BGB beinhaltet nach einhelliger Auffassung eine spezielle Ausformung des allgemeinen Verwirkungsgrundsatzes (Senatsurteil vom 5. Oktober 1988 aaO). Liegen die Voraussetzungen dieses besonderen Anwendungsbereichs der Verwirkung nicht vor, verbleibt es deswegen bei der Anwendbarkeit des aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgenden allgemeinen Verwirkungsgrundsatzes als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (Senatsurteil BGHZ 84, 280, 281 ff.; BGHZ 105, 290, 298). Damit fehlt es auch an einer Regelungslücke für eine analoge Anwendung des § 1585 b Abs. 3 BGB (so im Ergebnis auch Göppinger/Wax/Kodal aaO Rdn. 1139; Weinreich/Klein aaO Rdn. 15).

4. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Verwirkung des Ausgleichsanspruchs der Klägerin abgelehnt.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Verwirkung eines Rechts nach den Grundsätzen von Treu und Glauben neben einem Zeitmoment zusätzlich immer auch ein Umstandsmoment voraus (BGH Urteil vom 4. Februar 2004 - VIII ZR 171/03 - WuM 2004, 198; Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - XII ZR 20/99 - NJ 2002, 38; BGHZ 146, 217, 220 f. = ZIP 2001, 670; Urteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94 - NJW-RR 1996, 994; Beschluß vom 23. Februar 1989 - BLw 11/88 - NJW-RR 1989, 768 und Senatsurteil BGHZ 103, 62, 70 f. = NJW 1988, 1137). Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzung der Verwirkung in der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung verneint. Dabei hat es den Sachverhalt erschöpfend gewürdigt und weder gegen Denkgesetze noch gegen sonstige Erfahrungssätze verstoßen. Auch geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, daß der Beklagte für einen Vertrauenstatbestand im Rahmen des Umstandsmoments der Verwirkung darlegungs- und beweisbelastet ist. Seine Feststellungen, wonach es an einem ausdrücklichen Vortrag hierzu fehlt, werden von der Revision nicht in zulässiger Weise angegriffen.

Die Voraussetzungen der Verwirkung können auch nicht allein aus dem erheblichen Zeitablauf hergeleitet werden, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat. Die Zeitdauer von der Zustimmung der Klägerin zum begrenzten Realsplitting bis zum Zugang des Steuerbescheides vom 9. Februar 1998 kann eine Verwirkung des Ausgleichsanspruchs schon deswegen nicht begründen, weil der Beklagte in dieser Zeit noch mit einem Rückgriff rechnen musste. Zwar hätte die Klägerin ihre Zustimmung zum begrenzten Realsplitting schon seinerzeit von einer Freistellung von entstehenden steuerlichen Belastungen abhängig machen dürfen. Die unbedingte Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting konnte der Beklagte ohne Hinzutreten weiterer Umstände aber nicht als Verzicht auf einen Ausgleich steuerlicher Nachteile auffassen. Denn ein Rückgriff war für die Klägerin ohnehin erst mit Erlass des Steuerbescheids möglich, weil ihre Steuerlast zuvor noch nicht endgültig feststand.

Aber auch in den folgenden mehr als drei Jahren bis zum Eingang der Klageschrift im Juni 2001 konnte sich auf seiten des Beklagten kein schutzwürdiges Vertrauen auf einen unterbleibenden Rückgriff bilden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte erst mit Schreiben vom 2. April 2001 Kenntnis von dem an die Klägerin gerichteten Steuerbescheid erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte er nicht davon ausgehen, daß für die Klägerin keine Steuerlast entstehen werde. Denn ihre Steuerpflicht beruht allein auf den Unterhaltsleistungen, die der Beklagte von seiner Steuerlast abgesetzt hatte. Mit Kenntnis dieser Beträge war für den Beklagten die entstehende Steuerpflicht der Klägerin erkennbar. Er konnte sich deswegen auf den künftigen Rückgriff einstellen, indem er einen Teil seines steuerlichen Vorteils für den Ausgleich der steuerlichen Nachteile der Klägerin zurücklegte. Wie in Kenntnis dieser Tatsachen ein Vertrauenstatbestand des Beklagten entstehen konnte, er werde nicht (mehr) von der Klägerin auf Ausgleich in Anspruch genommen, ist vom Beklagten nicht konkret dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Sein Vortrag, er habe nicht mehr damit gerechnet, wegen des lang zurückliegenden Steuerjahres noch belastet zu werden, ist im Hinblick darauf nicht hinreichend substantiiert. Insbesondere läßt er nicht erkennen, ab wann und aus welchem Anlaß er trotz fehlender Kenntnis von dem Steuerbescheid der Klägerin im Vertrauen auf einen unterbleibenden Rückgriff eigene steuerliche Vorteile verbraucht hat.

Vorinstanzen

OLG Saarbrücken; AG Saarlouis

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht; Steuerrecht

Normen

BGB § 1585 b Abs. 3