Keine Verpflichtung zum Antreten eines gebuchten Fluges oder einer Teilstrecke

Gericht

AG Köln


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

05. 01. 2005


Aktenzeichen

117 C 269/04


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 340,32 EUR aus § 323 Abs. l BGB. Die Beklagte hat die ihr auf Grund des zwischen den Parteien geschlossenen Beförderungsvertrages, der gemäß § 631 BGB als Werkvertrag zu qualifizieren ist, obliegenden Verpflichtungen, diesen am 27.5.2004 um 10:40 Uhr von Dresden nach Frankfurt a.M. und am 19.7.2004 um 18:05 Uhr von Dresden nach Frankfurt zu transportieren, nicht erfüllt. Der Fristsetzung bedarf es entgegen § 323 BGB zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht, da die Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat.

Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Beförderung gemäß Ziff. 3.3.1 Satz 4 ihrer Beförderungsbedingungen zu verweigern. Denn diese Regelung stellt einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 BGB dar. Gemäß § 649 BGB ist der Besteller jeder Zeit berechtigt, den Werkvertrag zu kündigen. Auch eine Teilkündigung ist zulässig. Diese ist lediglich unzulässig, wenn sie dem Unternehmer deshalb unzumutbar ist, weil die ihm verbleibende Werkleistung wegen der Teilkündigung in ihrer Mangelfreiheit gefährdet wird. Die Beklagte ist ohne weiteres zur Erbringung der ihr obliegenden Verpflichtungen in der Lage, auch wenn ein Fluggast den Hin- oder Rückflug nicht in Anspruch nimmt. Die erbrachte Leistung ist hiervon hinsichtlich ihrer möglichen Mangelfreiheit nicht berührt.

Dieses Kündigungsrecht muss unangetastet bleiben (Staudinger / Peters, BGB [13. Aufl.] § 649 Rn. 15). Eine Beschneidung des Kündigungsrechts stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden gemäß § 307 Abs. 2 BGB dar (BGH, NJW 1999, 3261). Dies gilt auch für den Ausschluss eines Teilkündigungsrechts (Staudinger / Löwisch, BGB [13. Aufl.] § 308 Rn. 20). Die Argumente der Beklagten vermögen nicht zu überzeugen. Auch wenn ein Kunde einen Hinflug antritt, hingegen den Rückflug verfallen ließe, stellte sich dasselbe Problem für die Beklagte. Es ist gerichtsbekannt, dass die Beklagte ebenso wie andere Fluggesellschaften Überbuchungen bewusst deshalb in Kauf nimmt, weil Flüge vielfach storniert und umgebucht werden. Es ist ihr daher möglich, Umbuchungen bzw. auch das Verfallenlassen von Flügen in ihre Kalkulation aufzunehmen. Hinzu kommt, dass ihr ein wirtschaftlicher Nachteil hierdurch nicht entsteht, weil es ihr unbenommen ist, im Fall des Buchens eines günstigen Hin- und Rückflugs die Erstattung des hälftigen Flugpreises bei Inanspruchnahme nur eines Fluges auszuschließen. Es besteht keine Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 642 BGB des Kunden insoweit, dass dieser verpflichtet wäre, einen gebuchten Flug anzutreten.

Es stellt hingegen einen nicht hinzunehmenden Eingriff in die Entschließungsfreiheit des Vertragspartners dar, diesen zum Antritt der Hinreise zu verpflichten. Hinzu kommt, dass es mannigfache Gründe gibt, die dazu führen können, dass eine Hinreise nicht angetreten wird. ...

Der Beklagten entsteht keinerlei Nachteil dadurch, dass ein Fluggast einen Flug verfallen lässt. Der Nachteil entsteht vielmehr dem Fluggast, der unter Umständen keine anteilige Rückerstattung des Tickets verlangen kann. Ihm über diesen wirtschaftlichen Nachteil hinaus die vertraglich vereinbarte hälftige Leistung zu verweigern, ist als unangemessene Benachteiligung anzusehen.

Rechtsgebiete

Reiserecht