Verjährung von Renten aus Vertragsverletzung
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
18. 10. 2005
Aktenzeichen
VI ZR 312/04
Renten wegen Vermehrung der Bedürfnisse (hier: regelmäßige Pflege eines erkrankten Kindes) sind wiederkehrende Leistungen, für die die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. gilt, auch wenn der Anspruch nicht aus § 843 BGB, sondern aus einem anderen Rechtsgrund (hier: Behandlungsvertrag mit einem Arzt) hergeleitet wird.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision
in dem Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
München in Augsburg vom 18. November 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97
Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 127.750 €
Gründe:
1. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen ärztlicher Behandlungsfehler
hinsichtlich der Geburt ihrer 1987 schwer behindert geborenen und 1999 verstorbenen
Tochter auf Zahlung von Pflegemehraufwand für den Zeitraum 1988
bis 1994 in Höhe von 127.750 € in Anspruch. Die Klage ist im Oktober 2002
eingereicht worden.
Das Landgericht hat der Klage durch Grundurteil stattgegeben. Das Berufungsgericht
hat sie auf die Berufung des Beklagten wegen Verjährung (§ 197
BGB a.F.) abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet
sich die Beschwerde der Klägerin.
2. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil sie nicht aufzeigt,
dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, das Berufungsgericht habe zu
Unrecht angenommen, bei dem Pflegemehraufwand handele es sich um wiederkehrende
Leistungen i.S. des § 197 BGB a.F.. Solche kämen allenfalls in
Betracht, soweit § 843 Abs. 1 BGB die Anspruchsgrundlage darstelle, was hier
wegen § 843 Abs. 3 BGB nicht zutreffe, nicht aber, soweit sich die Ansprüche
- wie hier - auch aus Vertrag herleiteten. Die Frage sei von grundsätzlicher
Bedeutung; im Übrigen sei die Revision auch zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung zuzulassen.
Dem ist nicht zu folgen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Bundesgerichtshof
bereits entschieden. Das Berufungsurteil lässt danach keinen
die Zulassung rechtfertigenden Rechtsfehler erkennen.
Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen sind solche, die
von vornherein und ihrer Natur nach auf Leistungen gerichtet sind, die nicht
einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind
(BGHZ 146, 228, 232). Es muss sich um eine Verbindlichkeit handeln, die nur
in den fortlaufenden Leistungen besteht und darin ihre charakteristische Erscheinung
hat (BGHZ 28, 144, 148; 146, 228, 232). Der Anspruch muss seine
charakteristische Erscheinung in der fortlaufenden Leistung haben und von
vornherein und seiner Natur nach auf Zahlungen gerichtet sein, die nicht einmal,
sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGHZ
98, 174, 182). Vom Rechtsgrund einer Leistung hängt ihre Einbeziehung unter
die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 197 BGB im Allgemeinen
nicht ab (BGHZ 28, 144, 148).
Danach handelt es sich bei einem Mehraufwand für die regelmäßige
Pflege eines erkrankten Kindes um regelmäßig wiederkehrende Leistungen,
auch wenn der Anspruch nicht aus § 843 BGB, sondern aus Vertrag und den
§§ 249 ff. BGB hergeleitet wird. Denn die Pflege ist regelmäßig im Laufe der
Zeit zu erbringen und der dadurch bewirkte Schaden entsteht mit jeder einzelnen
Pflegeleistung. Entsprechendes gilt für den Ersatzanspruch. Mit einer
Klage auf Ersatz des Pflegemehraufwandes kann deshalb, soweit sie künftige
Leistungen betrifft, regelmäßig nicht die Zahlung einer den künftigen Aufwand
abdeckenden Geldsumme verlangt werden; vielmehr ist - wie beim Unterhaltsanspruch
- auf künftige Rentenleistung zu klagen (§ 258 ZPO).
Die Nichtzulassungsbeschwerde geht von einem falschen Ansatz aus,
wenn sie darauf abstellt, dass jetzt, nach dem Tod des Kindes, sinnvoller weise
nur auf einen Gesamtbetrag geklagt werden kann. Darin liegt lediglich die
Geltendmachung von Rückständen der wiederkehrenden Leistung. Und eben
dafür gilt die besondere Verjährungsfrist des § 197 ZPO a.F., der das übermäßige
Anwachsen von Schulden, die aus den regelmäßigen Einkünften des
Schuldners zu tilgen sind, verhindern soll (BGHZ 28, 144, 148 ff.; 103, 160,
169).
Dem entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass zu den
wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 197 BGB auch Rückstände auf
monatliche Renten nach § 843 BGB gehören und dass für diejenigen, die ihre
Grundlage in § 338 ZGB haben oder nach dem Recht der DDR auf vertraglicher
Schadensersatzpflicht beruhen, nichts anderes gelten kann (Senatsurteil
vom 30. Mai 2000 - VI ZR 300/99 - VersR 1999, 1116, 1117).
Müller
Wellner
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