Schauspieler Speck: Rechtsmissbräuchlicher Gegendarstellungsversuch mit Halbwahrheiten

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

18. 01. 2006


Aktenzeichen

9 O 23489/05


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Entgegnung im Rahmen einer Gegendarstellung ist unzulässig, wenn sie die Ausgangsmitteilung nicht negiert, sondern das Bestreiten sich auf Tatsachen bezieht, welche in dieser nicht enthalten sind.

  2. Die Entgegnung ist auch unzulässig, wenn der Gegendarstellende sich mit ihr in offenkundigen Widerspruch zu eigenen Äußerungen setzt, die er anderweitig verbreitet hat.

  3. Eine Entgegnung ist irreführend, wenn sie mit „Halbwahrheiten“ erwidert. Dies ist dann der Fall, wenn sie den Eindruck erweckt, die angegriffene Behauptung sei „völlig aus der Luft“ gegriffen, obwohl lediglich Details des angegriffenen Sachverhalts tatsächlich bestritten werden können.

Tenor

  1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger ist Schauspieler. Er wurde durch das Landgericht Dortmund wegen Betrugs im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften zu einer Haftstrafe von 34 Monaten verurteilt. Durch die Immobiliengeschäfte wurde auch das Ehepaar ... geschädigt. In Bezug auf das Ehepaar ... hat der Kläger in einem Interview mit der Zeitschrift "..." erklärt, die moralische Last sein Leben lang tragen zu werden.

Die Beklagte verlegt die Zeitschrift ... . In der Ausgabe Nr. ... veröffentlichte sie einen Artikel mit der Überschrift "Die schwere Schuld". Darin heißt es: "Als die ...-Reporterin den Namen ... erwähnt, schießen ihr Tränen in die Augen. Sie sagt: "Ich möchte nicht darüber reden. Davon wird mit mein Mann auch nicht wieder lebendig." Ferner heißt es: "Ihr Mann ..., damals 54, nahm sich das Leben, weil ihm die Bank mit einer Zwangsversteigerung seiner Seegrundstücke (Wert ca. 1 Mio. Euro) drohte, die er als Sicherheit in die Pleite gegangene Immobiliengesellschaft des Schauspielers ..., 45, eingebracht hatte."

Der Kläger beantragt:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - auferlegt, in dem gleichen Teil der Zeitung ..., in der der Artikel "Die schwere Schuld" erschienen ist, mit gleicher Schrift und unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch die entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftgröße wie "Die schwere Schuld" in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer ohne Einschaltungen und Weglassungen die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

Gegendarstellung

In der Zeitschrift ... berichteten Sie unter der Überschrift "Die schwere Schuld" auf Seite ... über mich. Zunächst heißt es dort in Bezug auf Frau ...:

"Als die ...-Reporterin den Namen ... erwähnt, schießen ihr Tränen in die Augen. Sie sagt: ,Ich möchte nicht darüber reden. Davon wird mein Mann auch nicht wieder lebendig.'"

Hierzu stelle ich fest:

Frau ... hat nach eigenen Angaben überhaupt kein Interview mit der ... über meine Person geführt.

Weiterhin heißt es in dem Artikel:

"Ihr Mann ..., damals 54, nahm sich das Leben, weil ihm die Bank mit einer Zwangsversteigerung seiner Seegrundstücke (Wert ca. 1 Mio. Euro) drohte, die er als Sicherheit in die Pleite gegangene Immobiliengesellschaft

des Schauspielers ..., 43, eingebracht hatte."

Hierzu stelle ich fest:

Ich war weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der in der Berichterstattung gemeinten Immobiliengesellschaft .... Der weiter durch die Passage erweckte Eindruck, ich sei verantwortlich für den Tod des Herrn ..., ist falsch.

Berlin, den 13. Dezember 2005.

...

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 20.12.2005 entschieden, dass über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mündlich zu verhandeln ist.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch aus Art. 10 BayPrG auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung zu.

1) Die in der Gegendarstellung angegriffene Behauptung, Frau ... habe der ... ein Interview gegeben, wird in dem Artikel so nicht aufgestellt. Vielmehr führt der Artikel aus, dass Frau ... über die Angelegenheit nicht reden wollte. Damit kommt schon in dem Artikel zum Ausdruck, dass kein Interview gegeben wurde. Die Kammer verkennt nicht, dass eine in der Erstmitteilung wiedergegebene Äußerung eines Dritten von diesem zulässigerweise mit der Gegendarstellung, die Äußerung sei nicht erfolgt, in Abrede genommen werden kann (vgl. OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 1179). Der Antrag des Klägers geht jedoch darüber hinaus. Er negiert nicht, dass Frau ... gegenüber der ... eine entsprechende Äußerung abgegeben hat, sondern bestreitet, dass ein Interview gegeben wurde. Dies wird, wie ausgeführt, in dem Artikel jedoch auch nicht behauptet.

2) Im übrigen ist die Gegendarstellung irreführend. Es steht fest, dass der Antragsteller vom Landgericht Dortmund wegen Betrugs im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften verurteilt wurde. Ferner hat der Antragsteller bereits 2004 in einem Interview mit der Zeitschrift ... erklärt, zu Recht verurteilt worden zu sein. Die moralische Last werde er sein Leben lang tragen. Mit der beantragten Gegendarstellung setzt sich der Kläger zu diesen offenkundigen Tatsachen und zu eigenen Äußerungen in Widerspruch. Er erweckt den Eindruck, er habe mit Immobiliengeschäften und dem Tod des Herrn ... überhaupt nichts zu tun. Dieser Eindruck ist zumindest irreführend. Selbst wenn die Ausführung im Artikel, es handele sich um die die "Immobiliengesellschaft des Schauspielers ... " falsch ist, so darf dennoch nicht mit einer Halbwahrheit geantwortet werden (vgl. OLG München NJW-RR 1999, 386 und NJW-RR 2000, 319). Insoweit überschreitet der Kläger mit seinem Antrag die Grenze des Rechtsmissbrauchs.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Rechtsgebiete

Presserecht