Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters bezüglich schadhaftem Überlaufgitter an einem Swimmingpool

Gericht

LG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

08. 03. 2005


Aktenzeichen

11 S 81/04


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist in dem Umfang begründet, in dem ihr das Amtsgericht stattgegeben hat. ...

Die vom Amtsgericht zuerkannte Minderung des Reisepreises um 30 % mit der Folge, dass die Beklagte über vorgerichtlich gezahlte 121,- EUR noch 240,80 EUR zu zahlen hat, ist der Höhe nach mit Rücksicht auf das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Der Kläger wurde nicht nur unstreitig in einem anderen als dem gebuchten Hotel untergebracht, was für sich allein schon einen empfindlichen Mangel begründet. Die Reiseleiterin und Gäste, die ebenso wie der Kläger von der durch Überbuchung veranlassten Leistungsänderung betroffen waren, haben übereinstimmend bestätigt, dass die Entfernung zum Strand größer war als bei dem gebuchten Hotel. Das Amtsgericht hat darin mit Recht einen aus der Sicht des Urlaubers nicht unerheblichen Nachteil gesehen.

Ferner befand sich eine Großbaustelle neben der Hotelanlage. Eine ins Gewicht fallende Lärmbelästigung ist allerdings nicht bestätigt worden. ...

Insgesamt hat die von der Buchung abweichende Unterbringung in Verbindung mit den lagebedingten Nachteilen jedoch genügend Gewicht, um die vom Amtsgericht vorgenommene Bemessung der Minderungsquote zu rechtfertigen.

Die vom Amtsgericht wegen des Unfalls des Klägers zuerkannten Schadensersatzansprüche sind mit Rücksicht auf das Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls begründet.

Der Kläger hat bewiesen, dass ein schadhaftes Überlaufgitter am Swimmingpool für seinen Unfall ursächlich war. ...

Besonders Gewicht kommt den Bekundungen der Zeugin D. zu. Sie sind inhaltlich glaubhaft. Auch Bedenken gegen die persönliche Glaubwürdigkeit der Zeugin sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich nicht der Eindruck einer bei ihr bestehenden Tendenz ergeben, besonders günstig für den Kläger auszusagen. Die Zeugin hat vielmehr auf ein nach ihrer Meinung vorliegendes eigenes Verschulden des Klägers hingewiesen, weil er stark alkoholisiert beim Herumalbern mit einem anderen Hotelgast in das Gitter getreten sei.

Dieser Teil ihrer Bekundungen ändert indessen nichts daran, dass von einem schadhaften Zustand des Gitters an der betreffenden Stelle als Unfallursache auszugehen ist. Nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugen T. und Ta. waren tatsächlich einige Überlaufgitter defekt. An einem von ihnen stand ein Gartenstuhl. Das legt die Annahme nahe, dass so das Betreten des Gitters an einer schadhaften Stelle verhindert werden sollte. Der Zeugin D. fiel nicht zu Beginn, aber irgendwann in der Mitte des Aufenthaltes auf, dass sogar an mehreren Stellen Stühle zur Absicherung aufgestellt waren.

Unter diesen Umständen spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Gitter auch an der Stelle, an der sich der Kläger verletzte, schadhaft war. Auch bei Berücksichtigung der Aussage der Zeugin D. über ein Herumalbern des Klägers in alkoholisiertem Zustand gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass er mit diesem Verhalten ein an sich ausreichend stabiles und ordnungsgemäß befestigtes Gitter einer stärkeren Belastung aussetzte, als derjenigen, die ein solches Gitter an sich hätte aushalten müssen, und dass er allein deshalb an der betreffenden Stelle einbrach und sich verletzte. ...

Mit dem Anscheinsbeweis für den schadhaften Zustand des Gitters als Unfallursache ist der ebenfalls nicht entkräftete Anscheinsbeweis für eine zumindest dem Leistungsträger, wenn nicht sogar einem vor Ort tätigen Mitarbeiter der Beklagten zur Last fallende schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erbracht. Es ist davon auszugehen, dass die schadhafte Stelle, an der sich der Kläger verletzte, nicht ordnungsgemäß abgesichert war, obwohl ein schadhafter und die Gefahr des Einbrechens begründender Zustand des Gitters bekannt war oder jedenfalls bei gehöriger Sorgfalt hätte erkannt werden müssen.

Ein nach § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden des Klägers an dem Unfall ist nicht festzustellen. Die Zeugin D. hat zwar das von ihr bekundete Herumalbern des angetrunkenen Klägers mit einem anderen Hotelgast als Mitverschulden gewertet. Dem vermag sich die Kammer aber nicht anzuschließen. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass speziell durch ein insoweit ungewöhnliches und als schuldhafte Obliegenheitsverletzung zu wertendes Verhalten des Klägers eine Gefahrenlage entstand, die bei einem normalen Betreten des Gitters im Zusammenhang mit der Benutzung des Schwimmbades nicht bestanden hätte.

Das Amtsgericht hat zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten bejaht, gemäß § 651 f Abs. 2 BGB eine Entschädigung wegen entgangenen Urlaubsgenusses für die letzten drei Tage des Aufenthaltes zu leisten. Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger im Innenverhältnis zu der Zeugin D. ermächtigt ist, auch den auf sie entfallenden Entschädigungsbetrag im eigenen Namen geltend zu machen und insoweit Auszahlung an sich selbst zu verlangen. Die Beklagte hat dies nicht in Frage gestellt.

Bezüglich der Verletzung selbst und der Folgen, die sie für den Kläger in der letzten Zeit des Urlaubs hatte, ergeben sich aus den Bekundungen der Reiseleiterin keine ernsthaften Bedenken gegen die Beweiskraft der Aussage der Zeugin D. darüber, dass der Fuß tatsächlich eingegipst wurde, der Kläger an Schmerzen litt und auf dem Zimmer blieb, wo er von ihr versorgt wurde. Soweit die Reiseleiterin hier etwas anders lautende Informationen wiedergegeben hat, die von anderen nicht als Zeugen benannten Personen - der Hotelärztin, einer Putzfrau, Animateuren im Hotel- stammen sollen und die Verletzungsfolgen milder erscheinen lassen, entziehen sich die betreffenden Angaben einer Nachprüfung.

Bezüglich der Höhe des Entschädigungsbetrages nach § 651 f Abs. 2 BGB folgt die Kammer der Auffassung des Amtsgerichts und nimmt auf die betreffenden Ausführungen des amtsgerichtlichen Urteils Bezug. (Anm. d. Red.: Das Amtsgericht hatte insoweit 1.500,- EUR zugesprochen.)

Dem Kläger steht nach § 253 Abs.2 BGB auch ein Schmerzensgeld zu. Dass das Amtsgericht dieses Schmerzensgeld mit 2.000,- EUR bemessen hat, ist angesichts der Schwere und Schmerzhaftigkeit der Verletzung und ihrer Folgen nicht zu beanstanden.

Kein vernünftiger Zweifel besteht daran, dass die nach Rückkehr des Klägers aus dem Urlaub eingeleitete stationäre Behandlung vom 20. bis zum 29.6.2003 mit Operation vom 23.6.2003 durch den Unfall vom 16.6.2003 veranlasst war. Diese Operation bezog sich laut Arztbericht vom 29.6.2003 ... auf eine Fraktur des Außenknöchels links, im Gelenkbereich eines langen Röhrenknochens. Die Behandlung war mit der Entlassung des Klägers nicht abgeschlossen. Dass Arbeitsfähigkeit des Klägers erst wieder seit dem 28.8.2003 bestand und Spätfolgen zu befürchten sind, ist ebenfalls glaubhaft.

Dadurch rechtfertigt sich auch die Entscheidung, mit der das Amtsgericht die Verpflichtung der Beklagten festgestellt hat, auch künftig entstehende materielle und immaterielle Schäden des Klägers aus dem Unfall zu ersetzen, soweit die betreffenden Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Die Berufung war nach allem als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht