§ 539 BGB a.F. kann nicht analog auf einen Mietzinsrückstand angewandt werden
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
19. 10. 2005
Aktenzeichen
XII ZR 224/03
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Naumburg vom 4. November 2003 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht von der Beklagten rückständige
Miete für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 aus einem am
15. September 1992 zwischen der Beklagten, die damals als K. -I.
Warenhandelsgesellschaft mbH firmierte, und dem damaligen Eigentümer des
Mietobjekts abgeschlossenen Mietvertrag über Gewerberäume. Dieser verkaufte
das Mietobjekt an eine GbR, deren Gesellschafter der Ehemann der Klägerin
und die Eigentümergemeinschaft "A. S. ", bestehend aus dem Ehemann
der Klägerin und der T. -GmbH (ab 10. März 1995: T.
-AG), waren. Zur Sicherung eines am 30. Januar 1995 aufgenommenen
Kredits trat die GbR die Mietzinsansprüche gegen die Beklagte an die I.
bank (im Folgenden: I. Bank) ab. Im Jahr 1998 zahlte die
Beklagte an die I. Bank auf die vereinbarte Miete von 207.879,55 DM nur
90.675,70 DM.
Mit Vertrag vom 28. September 1998 trat die Eigentümergemeinschaft
"A. S. ", vertreten durch den Ehemann der Klägerin, unter Hinweis
darauf, dass die bereits erfolgte Abtretung an die I. Bank bei einem Verkauf des
Objekts an die Klägerin demnächst aufgehoben werde, und weiteren Hinweis
auf bestehende Mietrückstände von ca. 90.000 DM sämtliche Mietzinsansprüche
aus dem Mietvertrag an die Klägerin ab.
Nachdem mit Beschluss des Amtsgerichts vom 8. Dezember 1998 auf
Betreiben der I. Bank die Zwangsverwaltung des Mietgrundstücks angeordnet
worden war, zahlte die Beklagte ab 1. Januar 1999 bis zur Aufhebung der
Zwangsverwaltung am 14. September 2000 an den Zwangsverwalter im Jahr
1999 eine um 15 % und danach bis September 2000 eine in unterschiedlicher
Höhe gekürzte Miete.
Die I. Bank teilte der Generalbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben
vom 9. Oktober 2000 mit, dass sie "per 14.9.2000 (Aufhebung der Zwangsverwaltung
durch das Gericht)" keine Rechte aus der Abtretung der Mietforderungen
mehr herleite. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2000 bestätigte sie diese
Erklärung gegenüber den Bevollmächtigten der Klägerin.
Die Klägerin, die mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Mai 2000 das Mietgrundstück
erworben hatte und am 7. März 2001 als Eigentümerin im Grundbuch
eingetragen worden ist, forderte die Beklagte, vertreten durch ihren Ehemann,
mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 und 20. November 2001 zur Zah-
lung der mit der Klage geltend gemachten behaupteten rückständigen Miete
auf.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin
blieb ohne Erfolg. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt
die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung
des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
Die Klägerin habe durch die widerspruchslose Hinnahme der gekürzten
Miete über einen längeren Zeitraum ihr Nachforderungsrecht auf die volle Miete
gemäß § 539 BGB a.F. analog "verwirkt". Die Partner eines Mietverhältnisses
könnten in der Regel davon ausgehen, dass laufend zu erfüllende Ansprüche
zeitnah geltend gemacht würden. Deshalb sei es - zumindest für die Zeit vor
Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 1. September 2001 - herrschende
Meinung gewesen, dass der Mieter in analoger Anwendung des § 539 BGB
a.F. sein Recht zur Minderung verliere, wenn er den Mietzins vorbehaltlos und
ungemindert über einen Zeitraum von sechs Monaten gezahlt habe. Die Gewährleistungsrechte
seien dann für die Vergangenheit und die Zukunft ausgeschlossen
gewesen, ohne dass es eines weiteren Vertrauenstatbestands auf
Seiten des Vermieters bedurft hätte. Diese Grundsätze seien spiegelbildlich
auch auf den hier vorliegenden Fall anzuwenden, in dem der Vermieter über
einen längeren Zeitraum widerspruchslos die restliche Miete nicht verlange. Ob
für den Verlust des Nachforderungsrechts ebenfalls eine Frist von sechs Monaten
ausreichend sei, bedürfe für den vorliegenden Fall keiner abschließenden
Entscheidung. Die Beklagte habe ab Januar 1998 den Mietzins nicht mehr in
voller Höhe gezahlt. Die erste dokumentierte Reaktion der Vermieterseite sei
das Schreiben des Zwangsverwalters vom 20. Januar 2000 gewesen. Unabhängig
davon, ob es sich bei diesem Schreiben überhaupt um eine Aufforderung
zur Zahlung des Mietrückstandes handele, sei eine Frist von zwei Jahren
jedenfalls ausreichend. Ein Nachforderungsanspruch sei somit im Januar 2000
"verwirkt" gewesen.
Dies gelte auch für die weiter bis Dezember 2000 geltend gemachten
Nachforderungen. Denn ein einmal verwirktes Forderungsrecht könne jedenfalls
so lange nicht geltend gemacht werden, wie sich an den Umständen nichts verändert
habe. Ebenso wie das Minderungsrecht des Mieters auch für die nach
Eintritt der Verwirkung entstehenden, künftigen Mietzinsansprüche ausgeschlossen
sei, könne auch ein Nachforderungsrecht des Vermieters nicht neu
entstehen. Der Anspruch sei vielmehr insgesamt "verwirkt".
Eine Neuentstehung komme in Anlehnung an die Senatsentscheidung
vom 26. Februar 2003 (- XII ZR 66/01 - NJW-RR 2003, 727, 728) zudem erst ab
dem Zeitpunkt in Betracht, in dem ein auf Seiten des Mieters bestehender Vertrauenstatbestand
wieder entfallen sei. Dafür reiche ein einfaches Aufforderungsschreiben
des Vermieters zur Zahlung nicht aus. Vielmehr sei zu fordern,
dass der Vermieter den Mieter mit der Zahlung des vollen Mietzinses in Verzug
setze, dem Mieter die gerichtliche Geltendmachung androhe und im Falle der
Nichtzahlung zeitnah die gerichtliche Geltendmachung auch betreibe. Dies sei
hier jedenfalls bis Dezember 2000 nicht geschehen, so dass auch diese Ansprüche
verwirkt seien.
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage, unter welchen
konkreten Voraussetzungen ein Nachforderungsrecht des Vermieters auf
Zahlung rückständiger Miete verwirkt werden bzw. nachträglich wieder aufleben
kann, zugelassen.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung
nicht in allen Punkten stand.
1. Das Berufungsurteil leidet allerdings entgegen der Annahme der Revision
nicht an einem Verfahrensmangel. Zwar enthält es keine wörtliche Wiedergabe
der Berufungsanträge. Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch, daß
die Klägerin mit der Berufung ihren unveränderten Sachantrag gegen das ihre
Klage abweisende erstinstanzliche Urteil weiterverfolgt. Das genügt den Anforderungen
des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO (BGHZ 154, 99, 100 f.).
2. Das Berufungsgericht ist auch entgegen der Annahme der Revisionserwiderung
in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen,
daß die Klägerin aufgrund des Abtretungsvertrages vom 28. September
1998 berechtigt ist, Mietnachforderungen auch für die Zeit vor deren
deren Rückübertragung von der I. Bank an die GbR am 9. Oktober 2000 geltend
zu machen. Die Auslegung der Erklärung der I. Bank dahin, dass sie bezüglich
sämtlicher offenen Mietforderungen (und nicht etwa nur solcher, die
nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung entstanden sind) keine Rechte aus
der Abtretung mehr herleite, begegnet keinen Bedenken.
16 3. Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die Ansicht des Berufungsgerichts,
§ 539 BGB a.F. könne analog auf rückständige Mietzinsansprüche
des Vermieters angewandt werden, die aus einer über längere Zeit widerspruchslos
hingenommenen Kürzung der Miete herrühren (gegen Analogie:
Wichert ZMR 2000, 65, 68; Kandelhard NZM 2005, 43 ff.; Kraemer in
Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III
Rdn. 1367; Blank/Börstinghaus Miete 2. Aufl. § 536 Rdn. 77; für Analogie: OLG
Hamburg WuM 1999, 281; Ventsch/Storm NZM 2003, 577, 579 f.; differenzierend:
Timme NZM 2003, 508, 509).
Die Klägerin hat nicht bereits dadurch, dass sie über einen längeren Zeitraum
einen Mietabzug der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, ihren
Anspruch auf rückständige Miete gemäß § 539 BGB a.F. analog verwirkt.
Die ständige Rechtsprechung und überwiegende Kommentarliteratur haben
zwar bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni
2001 (BGBl. I S. 1149) am 1. September 2001 angenommen, dass der Mieter
das Recht zur Mietminderung wegen eines nachträglich eingetretenen oder ihm
bekannt gewordenen Mangels der Mietsache in entsprechender Anwendung
des § 539 BGB a.F. verliert, wenn er die Miete ungekürzt über einen längeren
Zeitraum und ohne Vorbehalt weiter zahlt. Dabei wurde eine Frist von sechs
Monaten im Regelfall als "längerer Zeitraum" angesehen (vgl. hierzu: BGHZ
155, 380, 385 m.w.N.). Diese für die neue Gesetzeslage vom Bundesgerichts-
hof aufgegebene Rechtsprechung (BGHZ aaO; Senatsbeschluß vom 16. Februar
2005 - XII ZR 24/02 - DWW 2005, 153) kann jedoch auch für die Zeit vor
Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes nicht auf die Nachforderungsansprüche
des Vermieters, der die Kürzung der Miete über längere Zeit widerspruchslos
hingenommen hat, übertragen werden.
19 Insoweit fehlt es schon an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen
Regelungslücke (vgl. dazu BGHZ 155, 380, 389; 149, 165, 174). Das Gesetz
enthält mit der Verjährungsvorschrift des § 197 BGB eine Regelung für den
Fall, dass der Vermieter seine Ansprüche auf Miete längere Zeit nicht geltend
macht. Die Fälle, in denen ausnahmsweise bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist
die Nachforderung von Miete infolge längeren Zeitablaufs und weiterer vertrauensbildender
Umstände nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist, werden
von dem aus § 242 BGB entwickelten Rechtsinstitut der Verwirkung erfasst.
Eine analoge Anwendung des § 539 BGB a.F. kommt auch deshalb nicht
in Betracht, weil der auf Gewährleistungsansprüche des Mieters gerichtete
Normzweck des § 539 BGB a.F. nicht mit dem Anspruch des Vermieters auf
Zahlung von Miete vergleichbar ist (vgl. Wichert aaO).
4. Die Klägerin kann die geltend gemachte rückständige Miete daher nur
dann nicht verlangen, wenn neben dem Zeitmoment auch die weiteren Voraussetzungen
der Verwirkung vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 2003
- XII ZR 66/01 - aaO).
a) Der Rechtsgedanke der Verwirkung, der auch im Miet- und Pachtrecht
gilt, ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen
Verhaltens (BGH Urteil vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 310/82 - NJW
1984, 1684; Gramlich in Bub/Treier aaO Kap. VI Rdn. 101; Blank/Börstinghaus
aaO § 548 Rdn. 64). Danach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es
längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf
eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf
einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen
werde (Senatsurteile BGHZ 84, 280, 281; BGHZ 105, 290, 298; BGH Urteil
vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - NJW 2003, 824; Münch-
Komm/Roth 4. Aufl. § 242 BGB Rdn. 464 m.w.N.).
Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf (sog.
Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein Vertrauen des Verpflichteten begründender
Umstände voraus (sog. Umstandsmoment). Zwischen diesen Umständen
und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern,
als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen
Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen
gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGHZ 146,
217, 224 f.). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom
Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls
(MünchKomm/Roth § 242 BGB Rdn. 469 m.w.N.; Schmidt-Futterer/Gather Mietrecht
8. Aufl. § 548 Rdn. 19).
b) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - lediglich zum
Zeitablauf Feststellungen getroffen, nicht aber zu den Umständen, die den
Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte habe bereits darauf vertrauen können,
dass die Klägerin die Forderung nicht mehr geltend mache, und sie sich
hierauf auch eingerichtet habe.
Zum Zeitablauf hat das Berufungsgericht festgestellt, dass zwischen dem
Beginn der gekürzten Mietzahlung, dem 1. Januar 1998, und der ersten
- allerdings nicht die Mietrückstände betreffenden - Reaktion von Vermietersei-
te, einem Schreiben des Zwangsverwalters vom 20. Januar 2000, zwei Jahre
liegen. Die Revisionserwiderung weist insoweit zu Recht darauf hin, daß die
erste Aufforderung zur Zahlung der rückständigen Miete mit Schreiben der Klägerin
vom 20. Dezember 2000 erfolgt ist.
26 Dieser Zeitraum, innerhalb dessen die GbR als Vermieterin, die I. Bank
als Zessionarin und der Zwangsverwalter die Mietkürzung widerspruchslos hingenommen
haben, reicht grundsätzlich aus, um das für die Annahme einer
Verwirkung erforderliche Zeitmoment als erfüllt anzusehen.
Die Klägerin muss sich als Zessionarin diese Zeit der Untätigkeit gemäß
§ 404 BGB auch entgegenhalten lassen. Nach § 404 BGB kann die Beklagte
der Klägerin die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der
Forderung gegen die GbR begründet waren. § 404 BGB dient dem Zweck, eine
Verschlechterung der Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners infolge der
Forderungsabtretung zu verhindern (BGH Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR
14/03 - NJW-RR 2004, 1347, 1348 m.w.N.; MünchKomm/Roth 4. Aufl. § 404
BGB Rdn. 10). Daher umfasst die Vorschrift auch Einwendungen des Schuldners,
die zum Zeitpunkt der Abtretung lediglich im Schuldverhältnis angelegt
waren und erst später entstanden sind (vgl. BGH aaO; BGHZ 25, 27, 29; 93,
71, 79).
Hier ist die Abtretung der Mietforderungen von der GbR an die Klägerin
(28. September 1998) erst mit dem Verzicht der I. Bank auf ihre Rechte aus der
zeitlich früheren Abtretung im Jahr 1995, somit am 9. Oktober 2000, wirksam
geworden. Denn durch die frühere Abtretung hatte die GbR ihre Gläubigerstellung
und damit die Verfügungsbefugnis verloren. Erst durch die in dem Verzicht
der I. Bank zu sehende stillschweigende Rückabtretung der Mietforderungen
(vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1985 - VII ZR 305/84 - NJW 1986, 977) ist
die GbR wieder Berechtigte geworden, so dass die Abtretung an die Klägerin
durch Konvaleszenz (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BGB) frühestens am 9. Oktober 2000
wirksam geworden ist.
29 Zu diesem Zeitpunkt konnte sich die Beklagte gegenüber der GbR auf
die widerspruchslose Hinnahme der Mietkürzungen durch die I. Bank berufen
(§ 404 BGB). Die GbR musste sich auch gemäß § 242 BGB von der Beklagten
die Untätigkeit des für die Dauer der Zwangsverwaltung in die Rechte und
Pflichten aus dem Mietvertrag eingetretenen (Böttcher ZVG 4. Aufl. § 152
Rdn. 41) Zwangsverwalters entgegenhalten lassen. Denn ein Wechsel auf Seiten
des Berechtigten oder Verpflichteten ist für das Zeitmoment bei der Verwirkung
grundsätzlich ohne Bedeutung (MünchKomm/Roth § 242 BGB Rdn. 490;
Staudinger/Schmidt BGB 13. Aufl. § 242 Rdn. 570); er kann allenfalls im Rahmen
der zu beurteilenden Umstände des Einzelfalls für die Frage der Verwirkung
zu berücksichtigen sein.
c) Über den bloßen Zeitablauf hinaus müssen jedoch für die Annahme
der Verwirkung weitere Umstände vorliegen, die das Vertrauen der Beklagten
begründen, die nicht gezahlten Mieten würden nicht mehr geltend gemacht.
Solche Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. 31
Die Beklagte hat substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe
die GbR, vertreten durch den Ehemann der Klägerin, die I. Bank und den
Zwangsverwalter wiederholt zur Beseitigung von Mängeln aufgefordert und
nach vorherigen Ankündigungen Notreparaturen vorgenommen, deren Kosten
sie jeweils mit der Miete verrechnet habe. Diese Behauptungen sind im Hinblick
darauf, dass weder die GbR noch die I. Bank noch der Zwangsverwalter auf die
Schreiben reagiert haben, für die Beurteilung, ob die Beklagte darauf vertrauen
durfte, die Mietkürzungen würden angesichts der gerügten und nicht behobe-
nen Mängel akzeptiert, entscheidungserheblich. Da die Klägerin den Zugang
der Schreiben bestritten hat, ist darüber Beweis zu erheben.
5. Der Senat ist deshalb nicht in der Lage abschließend zu entscheiden.
Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit
es, gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag und Beweiserhebungen,
die erforderlichen Feststellungen zum Umstandsmoment treffen und einer Gesamtwürdigung
unterziehen kann.
Sprick
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