Einmaliges Zusenden einer E-Mail mit werbendem Inhalt

Gericht

AG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

20. 06. 2005


Aktenzeichen

5 C 11/05


Leitsatz des Gerichts

Auch bereits das einmalige Zusenden einer E-Mail mit werbendem Inhalt kann einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen. Dies gilt insbesondere bei E-Mail-Werbung gegenüber einem Rechtsanwalt, der hinsichtlich des Herausfilterns von Werbung wegen der Gefahr, versehentlich wichtige Mandanteninformationen zu löschen, besondere Sorgfalt walten lassen muss.

Tenor

  1. Die einstweilige Verfügung des AG Hamburg vom 25.01.2005 wird bestätigt.

  2. Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Verfügungskläger verlangt von der Verfügungsbeklagten im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens die Unterlassung der Zusendung ungenehmigter Werbenachrichten per E-Mail. Der Verfügungskläger ist Rechtsanwalt und betreibt in Hamburg eine Kanzlei. Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Internet-Homepage, auf der sich Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Recht und IT eintragen lassen können. Der Verfügungskläger ist Inhaber der Domain ..., die er im Rahmen des Betriebs seiner Rechtsanwaltskanzlei unterhält.

Am 20.01.2005 gegen 11.39 Uhr erhielt er unter seiner E-Mail-Adresse ... von der Verfügungsbeklagten eine E-Mail. Wegen des genauen Inhalts dieser Nachricht wird auf die Anlage K 1, Bl. 8 d.A., Bezug genommen.

Mit einem ca. 1 1/2 Stunden später abgesandtem Fax forderte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte zur Unterlassung auf. Zugleich verlangte er die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und überreichte eine Honorarnote über 407,11 Euro (vgl. Anlage K 2, Bl. 10-16 d.A.).

Die Verfügungsbeklagte reagierte hierauf sogleich per E-Mail, worin sie mitteilte, die Versendung der E-Mail sei erfolgt, weil der Verfügungskläger sich zuvor am 03.11.2004 um 21.30 Uhr bei ihr eingeloggt und entsprechende persönliche Daten hinterlegt habe. In dieser Antwort der Verfügungsbeklagten heißt es ferner:

„Ich sehe somit Ihr Schreiben von heute als nichtig an und bitte Sie uns mitzuteilen, ob wir die von Ihnen eingegebenen Daten löschen sollen“.

Als auch nach weiterem E-Mail-Kontakt der Parteien keine Einigung erzielt wurde, beantragte der Verfügungskläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Mit Beschluss vom 25.01.2005 hat das AG Hamburg der Verfügungsbeklagten antragsgemäß im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, dem Verfügungskläger Werbenachrichten per E-Mail an dessen E-Mail-Adresse ... zu senden oder senden zu lassen, sofern dieser nicht der Versendung zugestimmt hat. Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte am 03.02.2005 Widerspruch eingelegt.

Der Verfügungskläger beantragt nunmehr,

die einstweilige Verfügung vom 25.01.2005 aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte macht geltend, das unaufgeforderte Versenden von E-Mails gehöre nicht zu ihren Geschäftspraktiken. Der E-Mail-Versand am 20.01.2005 sei mit ausdrücklichem Einverständnis des Verfügungsklägers erfolgt. Im Oktober 2004 habe die Verfügungsbeklagte eine - zwischenzeitlich insolvente - Call-Center-Agentur in Hamburg beauftragt, die den Verfügungskläger wegen einer Eintragung seiner Daten bei der Verfügungsbeklagten telefonisch kontaktiert habe. In diesem Telefonat habe der Verfügungskläger ein Passwort sowie die persönliche ID ... für einen Login auf der Homepage der Verfügungsbeklagten erhalten. Am 03.11.2004 um 21.30 Uhr seien die an die Kanzlei des Verfügungsklägers ausgegebene ID sowie das Passwort benutzt worden, um sich so auf der Homepage der Verfügungsbeklagten einzuloggen. Dabei seien Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Fremdsprachenkenntnisse des Verfügungsklägers auf der Homepage der Verfügungsbeklagten hinterlegt worden. Der Zugriff über ihre Hompage sei über einen Server mit der IP-Adresse ... erfolgt. Durch die Benutzung der dem Verfügungskläger zugeteilten ID und des Passwortes habe sich dieser damit einverstanden erklärt, über das Angebot der Verfügungsbeklagten informiert zu werden. Die E-Mail vom 20.01.2005 sei daher nicht ohne Einverständnis des Empfängers erfolgt.

Die Verfügungsbeklagte meint ferner, in der einmaligen Zusendung der E-Mail vom 20.01.2005 läge mangels hinreichender Intensität der damit verbundenen Beeinträchtigung noch kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Ferner könne der Verfügungskläger den Schutzbereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb so nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er auf seiner Website geradezu dazu ermuntere, mit ihm in Kontakt zu treten. Zudem handele es sich bei der dem Verfügungskläger zugesandten E-Mail nicht um eine Werbe-Mail, sondern um eine Information für bereits registrierte Kunden.

Die Verfügungsbeklagte meint ferner, es fehle an der nötigen Wiederholungsgefahr. Aus dem zwischen den Parteien geführten Schriftverkehr vor Beantragung der einstweiligen Verfügung habe der Verfügungskläger eindeutig erkennen können, dass es sich bei dem Versand der streitgegenständlichen E-Mail um ein Versehen oder Missverständnis der Verfügungsbeklagten handeln müsse, falls nicht der Verfügungskläger sich tatsächlich eingeloggt und seine Daten auf der Homepage der Verfügungsbeklagten eingegeben habe, wovon sie nach wie vor ausgehe. Die Beantragung einer einstweiligen Verfügung sei insoweit auch rechtsmissbräuchlich, zumindest fehle es an einer Wiederholungsgefahr. Die Verfügungsbeklagte habe zumindest in gutem Glauben an die Berechtigung den einmaligen E-Mail-Versand vorgenommen und bereits in ihrer Antwort vom 20.01.2005 - was unstreitig ist - um Mitteilung gebeten, ob die eingegebenen Daten gelöscht werden sollen.

Letztlich meint die Verfügungsbeklagte, dem Verfügungskläger fehle das für die Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs nötige Rechtsschutzbedürfnis. Er erwecke den Eindruck eines Vielfachabmahners, es gehe im primär um Gebührenerzielung. Die ergäbe sich aus der Standardisierung seines Vorgehens. Das Abmahnschreiben sowie der spätere Verfügungsantrag seien für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert. Ein weiteres Indiz für die Annahme einer gewerblichen Abmahnung ergäbe sich auch daraus, dass zwischen dem Erhalt der E-Mail am 20.01. und dem Versand von Abmahnung und Rechnung - unstreitig - nur 1,5 Stunden gelegen hätten.

Der Verfügungskläger bestreitet den Sachvortrag der Verfügungsbeklagten. Er behauptet, unter beklagtenseits angegebenen IP-Adresse ... sei - was nicht bestritten ist - ein Einwahl-Server des Internet-Providers T-Online (...) mit dem Internet verbunden. Der Verfügungskläger sei indes Kunde des Internet-Providers H., der Internetzugang seiner Kanzlei erfolge ausschließlich über diesen Provider.

Der Verfügungskläger macht geltend, er habe auch kein Einverständnis zur Versendung der streitgegenständlichen E-Mail erteilt, er habe bis zu deren Eingang keinerlei Kontakt mit der Verfügungsbeklagten gehabt und stünde mit ihr weder in privater noch ein geschäftlicher Beziehung. Weder er noch einer seiner Mitarbeiter habe sich bei der Bekl. eingeloggt. Zum Zeitpunkt der behaupteten Einloggung bei der Verfügungsbeklagten sei sein Büro nicht besetzt gewesen. Der Eintrag entspreche im Übrigen auch inhaltlich nicht dem, was er einzutragen pflege.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Auf den zulässigen Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die einstweilige Verfügung vom 25.01.2005 zu bestätigen, da sie zu Recht ergangen ist.

Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch aus §§ 823, 1004 I S. 2 BGB analog auf Unterlassung der Zusendung ungenehmigter Werbenachrichten an seine E-Mail-Adresse ... . Die Zusendung der E-Mail vom 20.01.2005 mit dem aus der Anlage K 1, Bl. 8 d.A., ersichtlichen Inhalt stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Verfügungsklägers dar. In den Schutzbereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb fallen auch Angehörige freier Berufe, also auch Rechtsanwälte. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten gilt dieses Recht uneingeschränkt auch für den Verfügungskläger. Weder aus der Verwendung seiner eingängigen und einfach gestalteten E-Mail-Adresse (...) noch aus der Art und Weise seiner Website, mit der er um Kontaktaufnahme wirbt, folgt, dass der Verfügungskläger weniger schutzbedürftig im Hinblick auf E-Mail-Zusendungen der vorliegenden Art ist. Denn die Werbung um Kontaktaufnahme bezieht sich erkennbar auf potentielle Mandanten, nicht um Zusendungen jeglicher Art.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten stellt auch das einmalige Zusenden der Mail am 20.01.2005 einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs des Verfügungsklägers dar. Zwar ist zutreffend, dass eine Beeinträchtigung von gewisser Intensität hierfür erforderlich ist. Bloße Belästigungen und sozial übliche Behinderungen reichen für die Annahme eines betriebsbezogenen Eingriffs nicht aus (vgl. insoweit Palandt-Thomas § 823 Rdnr. 21). Die E-Mail vom 20.01.2005 geht aber über das Maß einer bloßen sozialadäquaten Belästigung hinaus. Sie stellt eine erhebliche, nicht hinnehmbare Belästigung des Verfügungsklägers dar. Zwar lassen sich E-Mails werbenden Inhalts grundsätzlich auch in relativ kurzer Zeit, und zwar auch ohne deren Öffnung löschen. Als Rechtsanwalt ist der Verfügungskläger aber in besonderem Maße verpflichtet, ihm zugesandte E-Mails sorgfältig auf ihre Relevanz für den Kanzleibetrieb zu überprüfen. Er muss dafür Sorge tragen, nicht versehentlich E-Mails, die keine Werbung enthalten, zu löschen. Löscht ein Rechtsanwalt etwa versehentlich ein Schreiben mit einer wichtigen kanzleibezogenen Mitteilung, kann dies zu einem Haftungsfall führen. Das damit erforderliche sorgfältige Aussortieren von Werbemails verursacht eine nicht unerhebliche Störung des Betriebsablaufs, weil hierzu Arbeitszeit des Verfügungsklägers oder seiner Mitarbeiter aufgewandt werden muss. Zudem besteht auch die Gefahr, dass der für das E-Mail-Konto zur Verfügung stehende Speicherplatz auf Grund massiver Werbeeingänge erschöpft wird und den Kanzleibetrieb betreffende Nachrichten dem Verfügungskläger nicht mehr erreichen. Da der Abruf der Nachrichten Online erfolgt, können für den Nutzer durch die Werbe-E-Mails, die die Übertragungszeit des Nachrichtenabrufs verlängern, unter Umständen auch zusätzliche Telekommunikationsgebühren verursacht werden. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die genannten nachteiligen Folgen für den Verfügungskläger nicht allein durch die einzelne hier streitgegenständliche Mail der Verfügungsbeklagten vom 20.01.2005 verursacht werden. Die einzelne E-Mail darf indes nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist als Teil des nach allgemeiner Auffassung zu bekämpfenden Spamming aufzufassen (vgl. insoweit auch OLG Düsseldorf MMR 2004, S. 820 f.). Die Werbung per E-Mail ist auf ein immer weiteres Umsichgreifen angelegt (vgl. BGH GRUR 2004, S. 517, 518). Aufgrund der Ausuferungsgefahr, die die Folgen der E-Mail-Werbung mit sich bringt, muss jeder einzelne Mitverursacher für die Gesamtwirkung verantwortlich gemacht werden (so auch LG Berlin NJW 2002, S. 2570). Daher schließt sich das erkennende Gericht der vielfach vertretenen Ansicht an, dass bereits in der Übersendung einer einmaligen unerbetenen Werbenachricht ein unterlassungsrelevanter Eingriff in die Rechte des Empfängers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt.

Soweit die Verfügungsbeklagte ferner geltend macht, es läge schon deshalb kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Verfügungsklägers vor, weil die E-Mail keinen werbenden Charakter gehabt habe, sondern sich nur an die bei ihr bereits registrierten Kunden gerichtet habe, geht diese Ansicht fehl. Zum einen enthält die E-Mail durchaus werbende Anpreisungen. Es wird insoweit auf die vom Verfügungskläger zutreffend genannten Beispielsformulierungen auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 13.04.2005 (Bl. 57 d.A.) Bezug genommen. Im Übrigen ist es vom Schutzzweck her gerechtfertigt, den Begriff der Werbung weit auszulegen (vgl. insoweit auch LG Berlin NJW 2002, S. 2569, wo bereits das Versenden eines Newsletters als ausreichend angesehen wurde}. Die die Rechtsgutverletzung begründende Beeinträchtigung des Empfängers tritt bereits mit dem Erhalt einer E-Mail der vorliegenden Art ein.

Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Kl. ist auch rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit wird hier zwar nicht indiziert. Die erforderliche Interessenabwägung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Übersendung der E-Mail vom 20.01.2005 rechtswidrig ist. Das Interesse des Verfügungsklägers an einer ungestörten Ausübung seines Kanzleibetriebs ist höher zu bewerten als das Interesse der Verfügungsbeklagten an der für sie bequemen und kostengünstigen Werbemethode per E-Mail-Versand.

Die Rechtswidrigkeit entfällt hier auch nicht auf Grund einer Einwilligung es Verfügungsklägers in die Zusendung der E-Mail. Eine ausdrückliche vorherige Zustimmung hat die Verfügungsbeklagte nicht dargetan. Auch Tatsachen, auf Grund derer das Einverständnis des Verfügungsklägers vermutet werden könnte, hat die für die Rechtfertigung des Eingriffs beweisbelastete Verfügungsbeklagte nicht bewiesen. Eine Einwilligung der Zusendung von E-Mails der vorliegenden Art könnte sich hier allenfalls daraus ergeben, dass der Verfügungskläger sich auf der Homepage der Verfügungsbeklagten eingeloggt und dort persönliche Daten, insbesondere seine E-Mail-Adresse, eingegeben hat. Ob damit ein konkludentes Einverständnis mit der Zusendung von E-Mails des hier streitgegenständlichen Inhalts verbunden ist, kann dahinstehen. Denn die Verfügungsbeklagte hat nicht bewiesen, dass die Eintragung/Einloggung auf ihrer Homepage tatsächlich vom Verfügungskläger selbst vorgenommen oder durch eine von ihm autorisierte Person veranlasst wurde. Die diese Annahme stützende Begründung, dem Verfügungskläger sei in einem Telefonat mit einem Call Center im Oktober 2004 die das Login ermöglichende ID 15429 und ein Passwort genannt worden, dürfte mangels genauer Konkretisierung dieses Sachvortrags schon unsubstantiiert sein. Zumindest fehlt es aber an einem Beweisantritt für diese klägerseits bestrittene Behauptung. Die eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters Frosch vom 06.05.2005 reicht auch unter Heranziehung der eingereichten Datenbankprotokolle zum Beweis des Einverständnisses des Verfügungsklägers nicht aus. Hieraus kann allenfalls der Rückschluss gezogen werden, dass vor der Übersendung der E-Mail ein Einloggen unter der ID 15429 erfolgte, unter der ein Datensatz mit Angaben betreffend den Verfügungsklägergeführt wird. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts folgt hieraus nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass das Einloggen durch den Verfügungskläger persönlich oder durch eine von ihm autorisierte Person erfolgte(vgl. in diesem Sinne auch LG Berlin NJW 2002, Seite 2571).Der Verfügungskläger und seine Mitarbeiter haben anwaltlich versichert, im Zeitpunkt des behaupteten Login am 03.11.2004,um 21.31 Uhr nicht im Büro gewesen und auf die Homepage der Verfügungsbeklagten zugegriffen zu haben. Im Übrigen hat die Namensauflösung der IP-Adresse ... unstreitig ergeben, dass unter dieser Adresse ein Einwahl-Server des Internet-Providers T-Online mit dem Internet verbunden ist. Demgegenüber hat der Verfügungskläger geltend gemacht, der Internetzugang seiner Kanzlei erfolgte ausschließlich über den Provider HanseNet. Wie es letztlich zu den hier verfügungsbeklagtenseits geschilderten Vorgängen gekommen ist, ist unklar geblieben, jedoch für das Ergebnis nicht relevant. Auch eine missbräuchliche Eintragung der Daten des Verfügungsklägers ist denkbar. Zumindest hält das Gericht es nach den vorgenannten Gesamtumständen nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Verfügungskläger oder eine von ihm autorisierte Person auf die Homepage der Verfügungsbeklagten zugegriffen hat. Die damit verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Verfügungsbeklagten, der insoweit die Beweislast obliegt.

Auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr, d.h. die auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen, ist hier gegeben. Die festgestellte Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb begründet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. An deren Widerlegung durch den Störer - hier die Verfügungsbeklagte - sind hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Palandt-Bassenge § 1004, Rdnr. 29 m.w.V. auch BGHZ 140, S. 1). Ein Wegfall der Wiederholungsgefahr ist nur ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, deretwegen nach allgemeiner Erfahrung mit einem erneuten Verstoß nicht gerechnet werden kann (vgl. BGH MDR 2000, S. 1233). Die bloße Versicherung, die störende Handlung nicht mehr vorzunehmen, kann die Wiederholungsgefahr regelmäßig nicht ausräumen (vgl. Palandt-Bassenge § 1004, Rdnr. 45 m.w.V.). Auch durch die Erklärung der Verfügungsbeklagten auf die Abmahnung hin mit dem Hinweis, sie bitte um Mitteilung, ob die eingegebenen Daten gelöscht werden sollen (vgl. Anlage K 3, Bl. 17 d.A.) beseitigt die Wiederholungsgefahr entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht. Die Verfügungsbeklagte hat schon nicht geltend gemacht, die bei ihr gespeicherten Daten des Verfügungsklägers tatsächlich gelöscht zu haben. Es kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass der Verfügungskläger - solange er weiter im Verteiler der Verfügungsbeklagten geführt wird - auch weiterhin E-Mails der hier streitgegenständlichen Art erhält. Im Übrigen geht aus der Antwort der Verfügungsbeklagten (Anlage K 3, Bl. 17 d.A.) sowie aus der übrigen vorgerichtlichen Korrespondenz und den Stellungnahmen im vorliegenden Verfahren hervor, dass die Verfügungsbeklagte bei ihren Darstellungen zur Dateneingabe, dem Einloggen und der darauf gestützten Berechtigung zum Versenden der E-Mails festhält. Vor diesem Hintergrund weist der Verfügungskläger zu Recht darauf hin, dass sich im Falle eines hier nicht auszuschließenden Missbrauchs durch Dritte derartige Anmeldungen im Namen des Verfügungsklägers auch jederzeit wiederholen können. Wesentlich für das Fortbestehen der Wiederholungsgefahr ist nach Ansicht des Gerichts vor allem auch der Umstand, dass die Verfügungsbeklagte sich nicht bereit erklärt hat, die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Hierdurch hätte sie die Wiederholungsgefahr beseitigen können. Sie hätte ihre Verteidigungslinie hierzu nicht einmal aufgeben müssen, sondern hätte in der Unterwerfungserklärung festhalten können, dass und wie es nach ihrer Ansicht zu der Zusendung der E-Mail vom 20.01.2005 gekommen ist.

Die Geltendmachung des damit feststehenden Verfügungsanspruchs aus §§ 823 I i.V. mit 1004 BGB analog ist auch nicht wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB ausgeschlossen. Sämtliche von der Verfügungsbeklagten insoweit angeführten Umstände lassen nicht den hinreichenden Rückschluss auf ein treuwidriges Verhalten des Verfügungsklägers zu. Zwar kann - wie die Verfügungsbeklagte zu Recht ausführt - in Anlehnung an die Neuregelung in § 8 IV UWG die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unzulässig sein, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch der dabei entstehenden Rechtsverfolgungskosten geltend zu machen. Dass der Verfügungskläger hier den Unterlassungsanspruch primär aus Gründen der Einnahmeerzielung verfolgt, ist jedoch gerade nicht bewiesen. Zwar ist dem erkennen Gericht bekannt, dass der Verfügungskläger beim AG Hamburg in anderen Abteilungen bereits ähnliche Unterlassungsansprüche verfolgt hat. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine solche Vielzahl von Fällen, die es als gerichtsbekannt erscheinen ließen, als der Verfügungskläger eine eigene umfangreiche Abmahntätigkeit in Form eines Vielfachabmahnens betreibt.

Auch die übrigen beklagtenseits geltend gemachten Umstände lassen nicht den Schluss zu, dass der Verfügungskläger das Abmahngeschäft aus Gebührenerzielungsinteresse quasi gewerblich betreibt. Die Art und Weise des Internetauftritts des Verfügungsklägers und seine eingängliche, einfach gestaltete E-Mail-Adresse (...) mag zwar unkonventionell erscheinen. Sie erlaubt aber nicht den Rückschluss, der Verfügungskläger provoziere den vielfachen Erhalt von E-Mails, um hierauf mit Abmahnungen zu reagieren. Auch der Umstand, dass sowohl das Abmahnschreiben vom 20.01.2005 (Anlage K 2, Bl. 10 d.A.) als auch der spätere Verfügungsantrag vom 24.01.2005 abstrakt gehalten und damit für eine Vielzahl von Fällen auswechselbar ist, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, der Verfügungskläger betätige sich rechtsmissbräuchlich als Vielfachabmahner. Die Verwendung von Textbausteinen in digitalen Textverarbeitungsprogrammen ist vielmehr eine auch in anderen Rechtsgebieten mit wiederkehrenden Sachverhalten, wie etwa im Reisevertrags- oder Versicherungsrecht eine durchaus übliche Praxis. Sie begründet auch hier nicht den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Auch der zeitliche Ablauf, nämlich der unstreitige Umstand, dass der Verfügungskläger bereits ca. m Stunden nach Erhalt der E-Mail mit dem als Anlage K 2 (Bl. 10-12 d.A.) eingereichten Schreiben reagiert, die Verfügungsbeklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert und eine Kostennote überreicht hat, lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eine „gewerbliche“ Abmahntätigkeit zu. Sie stellt eine prompte Reaktion auf die Rechtsgutverletzung dar und lässt auf unverzügliche Bearbeitung schließen. Sie ist schon deshalb nicht verallgemeinerungsfähig, weil es sich um die Reaktion des Verfügungsklägers in diesem konkreten Einzelfall handelt. Allgemeine Rückschlüsse auf eine Tätigkeit als Vielfachabmahner lassen sich daraus nicht ziehen.

Auch der für den Erlass der einstweiligen Verfügung vom 25.01.2005 erforderliche Verfügungsgrund i.S.v. § 940 ZPO ist hier glaubhaft gemacht. Die Unterlassungsverfügung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Verfügungskläger notwendig. Aufgrund des nur abwehrenden Charakters der Unterlassungsverfügung sind die Voraussetzungen an den Verfügungsgrund trotz ihres „befriedigenden“ Charakters nicht so streng wie im Falle der Leistungsverfügung. Vorliegend ist maßgeblich, dass der Verfügungskläger als Rechtsanwalt im Rahmen eines geordneten Kanzleibetriebs darauf angewiesen ist, drohende weitere Beeinträchtigungen seiner geschützten Rechtsposition - des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs - mit sofortiger Wirkung zu beseitigen. Eine Verweisung auf den Klageweg wäre mit dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes in diesem Falle nicht zu vereinbaren.

Die einstweilige Verfügung vom 20.01.2005 war damit zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO bzw. § 97 ZPO analog.

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht