Kosten für eine Domain-Übernahme können nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden

Gericht

FG Rheinland-Pfalz


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 11. 2004


Aktenzeichen

2 K 1431/03


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

  3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielt u. a. Einkünfte aus dem selbständigen Betrieb einer Presse- bzw. Werbeagentur, in deren Rahmen er Haus- und Hotelprospekte, Kataloge, Werbefotos usw. erstellt. Seine Gewinne hieraus ermittelt er im Wege der sogenannten Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG.

Für das Streitjahr 2000 hatte er in seiner Gewinnermittlung u. a. „Übernahmekosten Domain-Adresse“ i. H. v. 8.700,-- DM als sofort abzugsfähige Betriebsaugaben erfasst und hierzu angegeben, er habe „nur den Namen gekauft und die Internetseite selbst eingerichtet“ (Bl. 3 Bilanzakten Bd. I, Hefter 2000).

In dem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 13. August 2002 (Bl. 44 ff ESt-Akten Bd. 2) setzte das Finanzamt jedoch einen Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers an, bei dem diese Aufwendungen unberücksichtigt blieben und begründete dies damit, dass es sich bei der Domain-Adresse um ein nicht abschreibbares Wirtschaftsgut handele.

Der hiergegen eingelegte Einspruch, mit dem die Kläger auf die „Verbindung von § 4 Abs. 3 EStG mit § 6 Abs. 1 Ziffern 1 und 2 EStG“ hinwiesen und zu dessen weiterer Begründung sie eine Rechnung der V Internet Service GmbH, W vom 24. Juli 2000 sowie hierzu vorausgegangenen Schriftverkehr einreichten, wegen dessen Inhaltes auf Bl. 53, 60 und 61 ESt-Akten Bd. 2 Bezug genommen wird, blieb ausweislich der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2003 (Bl. 62 ff ESt-Akten Bd. 2) ohne Erfolg. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, bei einer Domain-Adresse handele es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut. Sie könne ein Namensrecht i. S. d. § 12 BGB sein oder eine Marke i. S. d. § 1 Abs. 1 Markengesetz. Das Namensrecht unterliege als höchstpersönliches Recht keiner Abnutzung. Handele es sich um eine Marke, betrage die Schutzdauer gem. § 47 Abs. 1 Markengesetz zehn Jahre und könne nach Abs. 2 dieser Vorschrift um jeweils zehn Jahre verlängert werden. Bei einer solchen Verlängerungsmöglichkeit gehe die höchstrichterliche Rechtsprechung von einem nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut aus. Die Kläger hätten insbesondere auch nichts dazu vorgetragen, dass die Domain-Adresse nicht verlängerbar sei. Der Domain-Verkäufer habe vielmehr bestätigt, dass keine Rechtsstreitigkeiten gegen die Domain anhängig seien und niemand irgendwelche Ansprüche im Zusammenhang mit dem Domain-Namen geltend gemacht habe. Die Anschaffungskosten für die Domain-Adresse seien daher erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Allenfalls sei noch eine Teilwertabschreibung möglich, hierzu hätten die Kläger jedoch einen etwaigen Wertverlust detailliert begründen müssen.

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, die o. g. Kosten seien für den Kauf eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes entstanden. Da der Domain-Name einen Vermögensvorteil darstelle, der dem Kläger nicht ohne weiteres entzogen werden könne und dessen wirtschaftlicher Wert unabhängig von den tatsächlichen Veräußerungsbeschränkungen übertragen werden könne, sei er als Wirtschaftsgut zu qualifizieren. Es komme zwar keine Abschreibung aufgrund technischer Abnutzung in Betracht, da kein körperlicher Verschleiß festgestellt werden könne, als den immateriellen Gütern nahestehendes Wirtschaftsgut könne aber eine wirtschaftliche Abnutzung vorkommen, wenn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine begrenzte zeitliche Verwertbarkeit gegeben sei. Wegen der rasanten technischen wie auch inhaltlichen Weiterentwicklung bei Internet-Auftritten könne eine wirtschaftliche Abnutzung nicht verneint werden, so dass die Anschaffungskosten über ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben seien. Derzeit gebe es für die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer dieser Wirtschaftsgüter noch kaum Erfahrungswerte, als Anhaltspunkte könnten aber die Nutzungsdauern vergleichbarerer Wirtschaftsgüter herangezogen werden. So werde EDV-Software planmäßig über drei Jahre abgeschrieben. Angesichts der vergleichbar schnellen Veränderungsgeschwindigkeit diene die Abschreibungsdauer der Software als Grundlage für die Schätzung der Nutzungsdauer des Domain-Namens. Das Finanzamt verkenne mit seiner ausschließlich am Namensrecht orientierten rechtlichen Einordnung des Domain-Namens den wirtschaftlichen Inhalt und damit auch die zeitliche Begrenzung dieses Vermögensvorteils. Die Domain „verflache“, wenn sie nicht bearbeitet werde.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid wurde im Laufe des Klageverfahrens unter dem 20. Juni 2003 (Bl. 67 f ESt-Akten Bd. 2) in einem nicht streitbefangenen Punkt geändert.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteueränderungsbescheid 2000 vom 20. Juni 2003 dahin zu ändern, dass bei der Ermittlung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb des Klägers ein Betrag von 1.250,-- DM als anteilige Absetzungen für Abnutzung für die Anschaffung der Domain-Adresse Berücksichtigung findet,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, der Domain-Name genieße den Schutz des § 12 BGB bzw. der §§ 5 und 15 Markengesetz. Bei einem widerrechtlichen Gebrauch durch einen Dritten habe der Kläger einen Unterlassungs- bzw. Schadensersatzanspruch nach § 1 UWG. Somit unterliege dieses Wirtschaftsgut keinem Wertverzehr. In ihrer Klagebegründung trügen die Kläger selbst vor, der Domain-Name könne nicht entzogen werden.

Daher gehe der Vergleich mit der kurzen Lebensdauer von EDV-Software ins Leere.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat die Berücksichtigung von im Zusammenhang mit dem Erwerb der Domain-Adresse entstandenen Aufwendungen zu recht versagt, denn hierbei handelt es sich weder um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben noch um Anschaffungskosten für ein abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut.

Die Domain-Adresse stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar, das bei einer Nutzung zur Einkünfteerzielung zum Anlagevermögen gehört. Sie ermöglicht dauerhaft den Internet-Auftritt, der in allen Unternehmensbereichen (Werbung, Beschaffung, Vertrieb usw.) zum Einsatz kommen kann. Internet-Adressen werden – wie gerade auch der Streitfall zeigt – am Markt gehandelt, vermietet, abgetreten und (nach allerdings umstrittener Auffassung) gepfändet, sind demnach nicht nur einzeln bewertbar, sondern sogar einzeln veräußerbar. Sie unterstehen – wie mittlerweile zivilrechtlich geklärt – dem Schutz des Namensrechtes nach § 12 BGB bzw. dem des Markengesetzes (als lex specialis; vgl. Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 12 Rdnr. 10, m. w. N.), womit unter bestimmten weiteren Voraussetzungen (Verwechslungsgefahr) das Auftreten eines anderen am Markt (z. B. eines Konkurrenten) unter demselben oder einem ähnlichen Namen verhindert bzw. unterbunden werden kann, was den besonderen wirtschaftlichen Wert der Internet-Adresse für den gewerblich/unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen unterstreicht.

Eine Internet-Adresse erfüllt demnach alle nach Rechtsprechung und Literatur an ein Wirtschaftsgut zu stellenden Anforderungen. Da das mit der Domain verbundene (Nutzungs-)Recht und nicht etwa dessen körperliche Registrierung bei der D im Vordergrund steht, handelt es sich um ein Wirtschaftsgut immaterieller Art.

Im Streitfall ist dieses Wirtschaftsgut, da entgeltlich von einem Dritten erworben, auch mit den aufgewendeten Anschaffungskosten (Netto-Kaufpreis) aktivierbar, §§ 248 Abs. 2 HGB, 5 Abs. 2 EStG.

Der Senat vermag jedoch keinen im Laufe der Zeit eintretenden Wertverzehr der Domain-Adresse zu erkennen. Im Unterschied zu der von den Klägern als vergleichbare Wirtschaftsgüter herangezogenen Computer-Software, deren wirtschaftlicher (Nutzungs-)Wert sich wegen der rasch fortschreitenden technischen Entwicklung erfahrungsgemäß innerhalb einer bestimmten (eher kurzen) Zeit erschöpft, bestehen bei Domain-Adressen keine Anhaltspunkte, insbesondere auch keine Erfahrungssätze dafür, dass deren Nutzung – so wie sich dies im Zeitpunkt der Anschaffung darstellt – unter rechtlichen, technischen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten einer zeitlichen Begrenzung unterliegt. Die Domain-Adresse kann vielmehr im Betrieb des Klägers dauerhaft und in ungeschmälerter Art und Weise genutzt werden. Die Domain wird gem. § 7 Abs. 1 D-Registrierungsbedingungen auf unbestimmte Zeit eingerichtet. Auch der oben bereits angesprochene markenrechtliche Schutz, der zunächst zehn Jahre besteht, kann jeweils auf nicht absehbare Zeit verlängert werden, vgl. § 47 Abs. 1 bis 3 Markengesetz, so dass die Domain dem Betrieb grundsätzlich zeitlich unbeschränkte wirtschaftliche Vorteile und Möglichkeiten bietet.

Im Unterschied zu Marken- bzw. Warenzeichen besteht der wirtschaftliche Nutzen, der sich aus einer Domain-Adresse ziehen lässt, auch nicht im wesentlichen aus ihrem Bekanntheitsgrad, der nicht bereits durch Registrierung, sondern erst durch entsprechende Produktwerbung geschaffen wird und der ohne werterhaltene Maßnahmen (Werbung, Produktänderung usw.) einem u. U. sehr raschen Wertverfall ausgesetzt ist, weshalb eine Marke/ein Warenzeichen – nach allerdings umstrittener Auffassung – abschreibbar ist (vgl.: BFH, Beschluss vom 04. September 1996, II B 135/95, BStBl II 1996, 586, eine AfA verneinend; Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 09. Mai 2000, 6 K 2028/96, K, G, EFG 2000, 1177, eine AfA befürwortend).

Eine Internet-Adresse ist dagegen als Eingangstor zum Internet-Auftritt eines Steuerpflichtigen unabhängig hiervon, d. h.: unabhängig von Zeitgeist und Bewerbung, in der oben dargestellten Art und Weise von vornherein und auf Dauer und ohne zusätzliche Maßnahmen ähnlich einer Hausadresse oder Telefonnummer nutzbar. Der Wert einer Internet-Adresse wird – was sich gerade auch im Kaufpreis niederschlägt – maßgeblich von ihrer Prägnanz/ihrem schlagwortartigen Charakter bestimmt, bei der/dem – jedenfalls wenn die Domain wie hier nicht aus einer Marke besteht oder aus einer solchen abgeleitet ist – keine Abnutzungserscheinungen festgestellt werden können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zur Fortbildung des Rechtes gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO zuzulassen.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Rechtsgebiete

Internetrecht; Steuerrecht