Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung von Vorschüssen
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
24. 06. 2005
Aktenzeichen
V ZR 350/03
Der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung von Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG ist auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 197 BGB a.F. gerichtet.
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 9. Juli 2003 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:
Das Grundstück A. B. 18 - 22 in E. -B. ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Die Beklagten waren Eigentümer einer Wohnung in dem auf dem Grundstück errichteten Gebäude. In der Versammlung vom 26. Juni 1996 beschlossen die Wohnungseigentümer einen Wirtschaftsplan für 1997. Nach diesem haben die Beklagten für das Jahr 1997 4.998,03 DM als Wohngeld in monatlichen Raten à 416,50 DM an die Eigentümergemeinschaft zu bezahlen. Bei diesem Betrag sollte es bis zum Beschluß eines neuen Wirtschaftsplans bleiben. Die Beklagten leisteten keine Zahlung. Mit der ihnen am 3. Juni 2002 zugestellten Klage haben die Wohnungseigentümer die Beklagten auf Zahlung des für 1997 beschlossenen Wohngelds zuzüglich Zinsen zu Händen der Ver- - 3 - walterin in Anspruch genommen. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den geltend gemachten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Landgericht sieht die Klage als nicht begründet an. Es meint, bei
der geltend gemachten Forderung handele es sich um einen Anspruch auf eine
wiederkehrende Leistung im Sinne von § 197 BGB a.F. Die mit dem Ende des
Jahres 1997 begonnene Verjährungsfrist sei bei Zustellung der Klage verstrichen
gewesen.
Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
II.
Die Revision ist zulässig. Es kann dahinstehen, ob Amts- und Landgericht
gegenüber den aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschiedenen
Beklagten zu Recht im Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit entschieden
haben (vgl. Senat, BGHZ 152, 136, 141 ff.). Der Senat ist der Prüfung
dieser Frage in entsprechender Anwendung von § 17a Abs. 5 GVG enthoben,
weil er an die zulässigerweise zugleich mit der Sachentscheidung ausgesprochene
Bejahung der gewählten Verfahrensart gebunden ist (Senat, BGHZ 130,
159, 162; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 545
Rdn. 18; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 545 Rdn. 16 i.V.m. § 513 Rdn. 12;
ferner Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 545 Rdn. 13).
III.
Die Revision ist jedoch nicht begründet.
1. Die Klage ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß sie von den Eigentümern
der Anlage mit dem Ziel der Leistung an die Verwalterin erhoben
worden ist. Die Ansprüche im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums
stehen nach der jüngsten Rechtsprechung des Senats dem teilrechtsfähigen
Verband, und nicht den Wohnungseigentümern zu (Senat, Beschluß v.
2. Juni 2005, V ZB 32/05, ZMR 2005, 547, 555; zur Veröffentlichung in BGHZ
vorgesehen) und sind daher grundsätzlich von dem Verband geltend zu machen.
Trotzdem sind die Kläger prozeßführungsbefugt. Ein oder mehrere Eigentümer
können durch Mehrheitsbeschluß ermächtigt werden, Ansprüche aus
der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in eigenem Namen geltend zu
machen (Senat, Urt. v. 11. Dezember 1992, V ZR 118/91, NJW 1993, 727, 728
f.; BGH, Urt. v. 6. März 1997, III ZR 248/95, ZMR 1997, 308, 309; BayObLG
ZMR 2003, 692; Staudinger/Wenzel, BGB, 12. Aufl., Vor §§ 43 ff. Rdn. 82; Mer-
le in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 3). Hieran hat sich durch
die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft
nichts geändert. Die Wohnungseigentümerversammlung kann nach wie
vor einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Beschluß ermächtigen,
Ansprüche des Verbandes in eigenem Namen durchzusetzen (Senat, Urteil v.
10. Juni 2005, V ZR 235/04, EBE/BGH 2005, 236). Ebenso ist die Ermächtigung
aller Wohnungseigentümer möglich. Die Ermächtigung muß nicht ausdrücklich
erfolgen, sondern kann sich aus dem Beschluß über die Einleitung
eines Verfahrens ergeben. So verhält es sich mit dem Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung
vom 14. März 2001, die Beklagten in Anspruch
zu nehmen. Im übrigen folgt die Ermächtigung der Kläger zur gerichtlichen Inanspruchnahme
der Beklagten aus der gemeinschaftlichen Erhebung der Klage
mit dem Ziel der Leistung an den Verband.
2. Der geltend gemachte Anspruch ist verjährt. Auf ihn finden gemäß
Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs
über die Verjährung in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung
Anwendung. Bei den nach §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 WEG von den Wohnungseigentümern
der Eigentümergemeinschaft geschuldeten Zahlungen handelt es
sich um regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 197 BGB a.F.
Die Verjährungsfrist betrug vier Jahre. Sie begann mit dem Ablauf des
31. Dezember 1997, § 201 BGB a.F., und war bei der Zustellung der Klage verstrichen.
Ein Anspruch auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen
im Sinne von § 197 BGB a.F. ist dann gegeben, wenn er von
vornherein und seiner Natur nach auf Leistungen gerichtet ist, die nicht einmal,
sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGH, Urt. v.
regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGH, Urt. v.
19. Dezember 2000, X ZR 128/99, NJW 2001, 1063, 1064 m.w.N.), insbesondere
wenn der Gesamtumfang der geschuldeten Leistungen nicht beziffert werden
kann, weil der Anspruch zeitabhängig entsteht (BGHZ 28, 145, 148 f.;
MünchKomm-BGB/Grothe, 4. Aufl., § 197 Rdn. 1; Staudinger/Peters, BGB
[1995], § 197 Rdn. 2). In diesem Falle bedarf es des Schutzes durch eine kurze
Verjährung, weil sich der Schuldner nicht auf eine bestimmte Höhe des Anspruchs
einstellen kann und nicht mit der Geltendmachung einer über Jahre
aufgelaufenen Schuld rechnen muß (BGHZ 28, 144, 151; 80, 357, 358 f.; 103,
160, 169; 142, 332, 335). So verhält es sich mit den von den Wohnungseigentümern
der Gemeinschaft nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüssen.
a) Das ergibt sich entgegen einer bisweilen vertretenen Ansicht zwar
nicht schon daraus, daß der für das Jahr 1997 beschlossene Vorschuß nach
dem Beschluß der Eigentümergemeinschaft in monatlichen Raten fällig geworden
ist (a.M. BayObLG ZMR 1995, 130, 132 f.). Insoweit handelt es sich bei
der geltend gemachten Forderung um einen einheitlichen, der Höhe nach bestimmten
Anspruch, der lediglich in Raten aufgeteilt ist. Das führt nicht dazu,
daß die Höhe des Anspruchs vom Ablauf der seit dessen Entstehen verstrichenen
Zeit abhängig würde. Die Aufteilung eines einheitlichen Anspruchs in Raten
erfüllt die Voraussetzungen von § 197 BGB a.F. nicht (Erman/W. Hefermehl,
BGB, 10. Aufl., § 197 Rdn. 8; MünchKomm-BGB/Grothe, aaO; Soergel/
Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 197 Rdn. 4; Staudinger/Peters, aaO). Die Aufteilung
führt nicht zur Zeitabhängigkeit des Entstehens eines Anspruchs. Sie
läßt dessen Höhe unberührt und kann ohne weiteres unterbleiben. § 28 Abs. 1
WEG sieht die Aufteilung des Anspruchs der Eigentümergemeinschaft auf Zahlung
des Wohngelds in eine monatlich ratenweise zu erfüllende Forderung
auch nicht vor. Sofern sie erfolgt, beruht die Aufteilung auf einer entsprechenden
Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder auf dem Beschluß über die
Aufstellung des Wirtschaftsplans. Die Anforderung des gesamten Betrages ist
ohne weiteres möglich (Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 5),
auch wenn die Praxis nahezu ausnahmslos anders verfährt und die Anforderung
des gesamten Betrags nur bei Vereinbarung oder Beschluß einer Verfallsklausel
für den Fall des Verzugs bedeutsam wird (vgl. Senat, BGHZ 156,
279, 290 f.).
b) Die rechtliche Qualifikation der Vorschüsse nach § 28 Abs. 2 WEG
als wiederkehrende Leistungen ergibt sich vielmehr aus der gesetzlichen Anordnung,
daß die Vorschüsse jährlich, nämlich mit dem Beschluß des Wirtschaftsplans,
zu erbringen sind. Die aufgrund der jeweiligen Beschlüsse der
Wohnungseigentümer zu leistenden Vorschüsse bilden keine in Raten aufgeteilte
Schuld (so im Ergebnis auch Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Aufl., § 16 Rdn.
38; Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., § 28 Rdn. 139; a. A. Merle in Bärmann/
Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 28 Rdn. 138; Sauren, WEG, 4. Aufl., § 16
Rdn. 51), sondern werden von dem für das jeweilige Jahr angenommenen Bedarf
der Eigentümergemeinschaft bestimmt. Eine Bezifferung aller Vorschüsse,
die während der Dauer des Bestehens der Wohnungseigentümergemeinschaft
fällig werden, ist noch nicht einmal theoretisch möglich. Gleichzeitig steht jedoch
fest, daß mit dem Wohnungseigentum Kosten verbunden sind und diese
von jedem Wohnungseigentümer abhängig von der Größe seines Miteigentumsanteils
an dem Grundstück, § 16 Abs. 2 WEG, und der Dauer seiner Zugehörigkeit
zu der Gemeinschaft (Senat, BGHZ 95, 118, 121) gemäß dem jährlich
zu beschließenden Wirtschaftsplan zu tragen sind. Damit sind die für § 197
BGB a.F. kennzeichnenden Voraussetzungen erfüllt.
c) Dem steht nicht entgegen, daß die Höhe der Vorschüsse veränderlich
ist und der Beschluß von Vorschüssen bei einer ausreichenden Rücklage zeitweilig
sogar entbehrlich sein kann. Die Höhe wiederkehrender Leistungen im
Sinne von § 197 BGB a.F. muß nicht unveränderlich sein (BGHZ 28, 144, 149;
80, 357, 358; MünchKomm-BGB/Grothe, aaO, § 197 Rdn. 1; Palandt/Heinrichs,
BGB, 61. Aufl., § 197 Rdn. 1; Soergel/Niedenführ, BGB, aaO, § 197 Rdn. 4).
Die Leistungspflicht kann für einzelne Zahlungsperioden sogar gänzlich ausfallen
(BGHZ 28, 144, 150; 80, 357, 358).
Für die Frage der Qualifikation des Anspruchs auf Zahlung von Wohngeld
als wiederkehrend im Sinne von § 197 BGB a.F. ist ebenso ohne Bedeutung,
ob die Fortgeltung eines Wirtschaftsplans über das Wirtschaftsjahr hinaus
in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist oder beschlossen wird. Eine
solche Gestaltung ersetzt nur den jährlichen Beschluß über die Höhe der Vorschüsse,
ohne daß die Vorschüsse hierdurch zu einer einheitlichen Leistung
werden. Das ist schon daraus ersichtlich, daß über sie gemäß § 28 Abs. 3
WEG weiterhin jährlich von dem Verwalter abzurechnen ist.
Der Qualifikation der Vorschüsse als regelmäßig wiederkehrender Leistungen
im Sinne von § 197 BGB a.F. steht auch nicht entgegen, daß die Vorschußpflicht
nicht kraft Gesetzes eintritt, sondern den Beschluß eines Wirtschaftsplans
voraussetzt (Senat, BGHZ 131, 228, 230) und die Wohnungseigentümer
hierauf grundsätzlich verzichten können. Ein solcher Verzicht widerspräche
ordnungsmäßiger Verwaltung. Jeder Wohnungseigentümer wäre berechtigt,
die Aufstellung eines Wirtschaftsplans durch das Gericht zu beantragen
(KG, NJW-RR 1986, 644, 645; 1991, 463, 464; Merle in Bär-
mann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 42; Niedenführ/Schulze, WEG,
7. Aufl., § 28 Rdn. 9). Maßgeblich für die rechtliche Qualifizierung des Vorschußanspruchs
nach § 28 Abs. 2 WEG ist die ordnungsmäßige Verwaltung,
nicht aber ein Absehen hiervon.
3. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahingestellt bleiben, ob
der Beschluß über die Abrechnung im Hinblick auf die Verjährung rückständiger
Vorschüsse nach § 28 Abs. 2 WEG Bedeutung hat. Denn die Kläger haben
nicht behauptet, daß die Jahresabrechnung durch einen Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung
genehmigt wurde. Damit kann ebenso dahingestellt
bleiben, ob die Forderung der Gemeinschaft aus dem Abrechnungsbeschluß
ihrerseits einen Anspruch auf eine wiederkehrende Leistung im Sinne
von § 197 BGB a.F. bildet (verneinend BayObLGZ 1983, 289, 292 und ZMR
1995, 130, 132).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Klein
Lemke
Schmidt-Räntsch
Stresemann
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen