Mauer auf der Grenze zweier Grundstücke

Gericht

LG Aachen


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

20. 03. 1998


Aktenzeichen

5 S 330/97


Leitsatz des Gerichts

Um eine Mauer, die zwei Grundstücke voneinander trennt und die deshalb nicht ohne Zustimmung des Nachbarn beseitigt werden darf, handelt es sich auch dann, wenn die Mauer von der Grundstücksgrenze in einem nicht nur unwesentlichen Teil geschnitten wird, mag sie auch teilweise vollständig auf einem der Grundstücke stehen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kläger und seine damalige Nachbarin errichteten 1960 im Bereich der Grenze zwischen ihren Grundstücken eine Bruchsteinmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun, die die beiderseitigen Zufahrten zu den Garagen abgrenzte. Die Mauer wird etwa in der Hälfte ihrer Länge von der Grundstücksgrenze geschnitten, im übrigen steht sie hinten ganz auf dem Grundstück des Klägers und vom auf dem der Nachbarin.

Nachdem die Beklagte das Nachbargrundstück erworben hatte, beseitigte sie im Zusammenhang mit einer Neugestaltung ihrer Einfahrt einen Teil des allein auf ihrem Grundstück stehenden Mauerabschnitts.

Sie wurde in beiden Rechtszügen zur Wiederherstellung der Mauer verurteilt.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das Amtsgericht hat zu Recht die Beklagte zur Wiederherstellung der von ihr teilweise abgerissenen Bruchsteinmauer nebst Maschendrahtaufsatz gemäß §§ 823 Abs.1, 249, 922 Satz 3 BGB verurteilt. Die von der Beklagten dagegen vorgebrachten Einwendungen greifen im Ergebnis nicht durch. Es handelt sich auch nach Auffassung der Kammer um eine Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 BGB. Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, daß sie unstreitig nur den auf ihrem Grundstücksteil befindlichen vorderen Maueranteil entfernt habe, der zudem nicht dem Vorteil ihres Grundstücks diene, kann sie damit keinen Erfolg haben. Zwar ist ... unstreitig, daß die Grundstücksgrenze nicht den gesamten Bereich der Mauer durchschneidet, sondern vielmehr deren vorderer Teil sich allein auf dem Grundstück der Beklagten und der hintere Teil- von der Straße aus gesehen - alleine auf dem Grundstück der Kläger befindet. Für das Vorliegen einer Grenzeinrichtung reicht es jedoch aus, daß sie von der Grenzlinie (nicht notwendig in der Mitte) geschnitten wird (vgl. MünchKomm/Secker, BGB, 3. Aufl., § 921 Rn. 2, 3; Staudinger, BGB 1996, § 921 Rn. 3, 6). Eine Grenzeinrichtung liegt nur dann nicht vor, wenn sich die betreffende Einrichtung ausschließlich auf dem Grundstück eines Nachbarn befindet (vgl. obige Literaturstellen, auch: BGH in MDR 1964, 492 = NJW 1964, 1221 f.). Diese Auslegung des Gesetzes zugunsten der Annahme einer Grenzeinrichtung ist auch sachgerecht, da es in der Praxis häufiger zu einer nicht 100%igen Deckung zwischen Grenzeinrichtung und Grundstücksgrenze kommen wird und eine Aufteilung - wie sie der Beklagten vorschwebt - einer einheitlichen Einrichtung in Anteile, die § 921 f. BGB unterfallen, einerseits und Anteile, die im Alleineigentum eines Grundstückseigentümers stehen, andererseits nicht sachgerecht wäre. Zwar mag man durchaus Mindestanforderungen stellen, daß die Grundstücksgrenze die Einrichtung nicht nur zu einem unwesentlichen Teil durchschneidet, eine solche Unwesentlichkeit liegt hier jedoch nicht vor. Ausweislich der Vermessungsskizze befindet sich die Bruchsteinmauer zu ca. 50 % auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze, im übrigen ist sie im hinteren Teil auf dem Grundstück der Kläger verlaufend sowie im vorderen Teil auf dem Grundstück der Beklagten. Dies rechtfertigt keine Abweichung von der vorgenommenen Auslegung des Gesetzes zugunsten der Annahme einer gemeinsamen Grenzeinrichtung.

Die übrigen Voraussetzungen des S 921 BGB sind auch erfüllt. Die Mauer ist 1960 mit Zustimmung beider Nachbarn errichtet worden. Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin der damaligen Eigentümerin auch an die von dieser erteilte Zustimmung gebunden (allgemeine Ansicht: vgl. Staudinger, § 921 Rn. 9).

Die Mauer ist auch so beschaffen, daß sie bei objektiver Betrachtungsweise und äußerlich erkennbar dem Vorteil beider Grundstücke dient, wie sie schon aus den von den Klägern vorgelegten Fotos ergibt, wonach die Mauer eine funktionale und optisch ansprechende Abgrenzung der beiderseitigen Garagenzufahrten darstellt. Da die Beklagte ohne Zustimmung der Kläger unstreitig die Mauer teilweise abgerissen hat, ist sie nach §§ 922 Satz 3, 823, 249 BGB zur Wiederherstellung der Mauer in ihren ursprünglichen Zustand verpflichtet (Staudinger, BGB, § 921 Rn. 10; BGH, Urt. v. 23.11. 1984 - V ZR 176/83, MDR 1985, 658 = NJW 1985, 1458). Die Beklagte handelte auch fahrlässig, da sie bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen konnte, daß sie einseitig zum Abriß der fast 40 Jahre bestehenden Mauer zwischen den Grundstücken nicht berechtigt war.

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht

Normen

BGB §§ 921, 922 S. 3