Keine Courtageverpflichtung bei Frage nach Nachweisen aus Maklerbestand

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

22. 09. 2005


Aktenzeichen

III ZR 393/04


Leitsatz des Gerichts

Der Kaufinteressent darf auch dann, wenn er sich ohne Bezug auf ein konkretes Angebot an einen Makler wendet, um sich Objekte aus dessen "Bestand" nachweisen zu lassen, mangels einer ausdrücklichen Provisionsforderung des Maklers in der Regel davon ausgehen, diese seien dem Makler bereits vom Verkäufer an die Hand gegeben worden. Anders liegt es nur bei einer weitergehenden Nachfrage von Maklerleistungen, insbesondere bei Erteilung eines eigenen Suchauftrags durch den Kunden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 7. Oktober 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten beider Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in M. ein Maklerunternehmen. Die Beklagte suchte ein Einfamilienhaus im Süden von M. und setzte sich deshalb am 11. Oktober 2000 telefonisch mit der Klägerin in Verbindung. Diese wies die Beklagte auf ein unbebautes Grundstück in P. hin, das die Beklagte anschließend mit einer Mitarbeiterin der Klägerin besichtigte. Mit dem Verkauf dieses Objekts hatte die Grundstückseigentümerin den Makler S. beauftragt, der auch die weiteren Gespräche führte. Zwischen den Parteien ist strei- tig, ob eine ausdrückliche Provisionsvereinbarung getroffen wurde und ob die Klägerin der Beklagten ein Exposé mit dem Hinweis auf eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision übersandt hat. Die Beklagte bestreitet darüber hinaus die Kausalität der von der Klägerin erbrachten Maklerleistungen. Das Grundstück wurde nicht von der Beklagten, sondern am 1. Juni 2001 von ihrem Vater und ihrem Bruder gekauft, um es der Beklagten nach Bebauung als Wohnung zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine Maklerprovision in Höhe von 43.058,56 € nebst Zinsen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat im ersten Berufungsverfahren die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auf deren Revision hat der erkennende Senat durch Urteil vom 8. April 2004 - III ZR 20/03 (NJW-RR 2004, 851) das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat nunmehr der Klage ohne Beweisaufnahme stattgegeben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht bejaht nunmehr einen Maklerprovisionsanspruch aus § 652 BGB. Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs im ersten Revisionsurteil verstoße die Einwendung der Beklagten, dass der ursprünglich angestrebte Vertrag nicht mit ihr selbst, sondern mit ihrem Vater und ihrem Bruder abgeschlossen worden sei, gegen Treu und Glauben. Ebenso wenig könne sich die Beklagte darauf berufen, von einer Provisionspflicht nichts gewusst zu haben. Denn selbst wenn ein entsprechender Hinweis durch die Mitarbeiterin der Klägerin nicht erfolgt und ein Exposé nicht übergeben worden sein sollte, müsse sie sich entgegenhalten lassen, dass sie sich an die Klägerin mit der Bitte um Benennung von zum Verkauf stehenden Einfamilienhäusern gewandt habe. Bei dem Anruf sei ihr bekannt gewesen, dass die Klägerin Immobilienmaklerin sei und dass Immobilienmakler für den Nachweis oder die Vermittlung des Objekts im Falle des Kaufs eine Provision verlangten. Die Beklagte habe sich das Objekt von der Klägerin zeigen lassen und damit bewusst Maklerdienste entgegengenommen. Nach der Rechtsprechung komme in einem solchen Fall auch dann ein Maklervertrag zustande, wenn nicht ausdrücklich über eine Provisionspflicht gesprochen worden sei. Habe ein Kaufinteressent den Makler nicht wegen eines bestimmten Objekts angesprochen, sondern ihn um Benennung einer Wohnung oder eines Hauses ersucht, bestehe auch keinerlei Vertrauen darauf, dass der Makler nur von dem Verkäufer eine Provision nehme, da dann der Kaufinteressent ein Tätigwerden des Maklers für ihn, den Interessenten, wünsche.

Schließlich fehle es auch nicht an der erforderlichen Kausalität zwischen der Objektbenennung gegenüber der Beklagten und dem Kauf des Objekts durch deren Vater und deren Bruder. Zumindest sei eine Mitursächlichkeit gegeben, da ein Verkauf an den Vater und den Bruder mit an Sicherheit grenzen- der Wahrscheinlichkeit nicht erfolgt wäre, wenn die Klägerin das Objekt der Beklagten nicht benannt hätte. Erst hierdurch sei es zu einem Kontakt zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer des Bauträgers gekommen, der es diesem ermöglicht habe, Verbindung mit den späteren Käufern aufzunehmen.

II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei stillschweigend ein Maklervertrag zustande gekommen, widerspricht zwar entgegen der Revision nicht den bindenden Vorgaben in dem zurückverweisenden ersten Revisionsurteil des erkennenden Senats. Der Senat war, da weitere Feststellungen in Betracht kamen, seinerzeit schon revisionsrechtlich nicht in der Lage, in diesem Punkt eine Auslegung der Parteierklärungen selbst vorzunehmen. Die vom Berufungsgericht festgestellten tatsächlichen Umstände rechtfertigen jedoch auch als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung einen konkludenten Vertragsschluss nicht. 1. Allerdings kann eine Provisionsabrede nach § 652 BGB auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Die Rechtsprechung stellt hieran indessen strenge Anforderungen. Wer sich an einen Makler wendet, der mit "Angeboten" werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Interessent darf nämlich, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will. Ohne weiteres Leistung für den Anbieter erbringen will. Ohne weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet (BGHZ 95, 393, 395; BGH, Urteile vom 2. Juli 1986 - IVa ZR 246/84 - NJW-RR 1986, 1496, 1497 = WM 1986, 1390, 1391; vom 4. Oktober 1995 - IV ZR 163/94 - NJW-RR 1996, 114; Senatsurteile vom 20. Juni 1996 - III ZR 219/95 - NJW-RR 1996, 1459; vom 17. September 1998 - III ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 361, 362; vom 6. Dezember 2001 - III ZR 296/00 - NJW 2002, 817 und vom 11. April 2002 - III ZR 37/01 - NJW 2002, 1945 = ZIP 2002, 1091, 1092). Auch die Besichtigung des Verkaufsobjekts zusammen mit dem Makler reicht für einen schlüssigen Vertragsschluss nicht aus (BGHZ 95, 393, 396 ff.).

2. Diese Erwägungen lassen sich nicht auf den Fall, dass die Initiative vom Makler ausgeht und der Kunde Maklerdienste nur hinsichtlich des vom Makler angebotenen konkreten Objekts in Anspruch nimmt, beschränken. Sie gelten ebenso, wenn der Makler anlässlich einer Anfrage des Interessenten diesem von sich aus weitere Objekte offeriert (vgl. etwa die dem Senatsurteil vom 11. April 2002 aaO zugrunde liegende Fallgestaltung) und darüber hinaus, entgegen einer verbreiteten Meinung, auch dann, wenn der Kunde - wie hier - ohne Bezugnahme auf ein Inserat oder ein sonstiges Einzelangebot des Maklers Kontakt zu diesem aufnimmt, um sich Objekte aus dessen "Bestand" benennen zu lassen. Auch unter diesen Umständen liegt in der Objektangabe letztlich ein vom Makler ausgehendes Angebot, so dass der Interessent, selbst wenn ihm bewusst ist, dass er insoweit Dienste des Maklers entgegennimmt, mangels hinreichender Anhaltspunkte für das Gegenteil damit rechnen darf, die Objekte seien dem Makler schon von dem Verkäufer an die Hand gegeben worden und mit diesem bestehe ein Maklervertrag. Anders liegt es nur bei einer weitergehenden Nachfrage von Maklerdienstleistungen seitens des Kunden, insbesondere bei der Erteilung eines eigenen Suchauftrags (so zutreffend OLG Hamm NJW-RR 1994, 1540; OLG Saarbrücken OLG-Report 2004, 420, 421; Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl., Rn. 132; ders., ZfIR 1997, 505, 507; Tiekötter, Festschrift für Schwerdtner, 2003, S. 485, 492 ff.; s. auch OLG Celle OLGReport 1994, 97; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 693; undifferenziert OLG Düsseldorf OLG-Report 1996, 49; OLG Hamburg NJW-RR 1996, 1463, 1464; OLG Köln NJW-RR 1987, 1529; abweichend Dehner, Das Maklerrecht, 2001, Rdn. 34; ders., NJW 1997, 18, 19; MünchKomm/Roth, BGB, 4. Aufl., § 652 Rn. 53 mit Fn. 299; Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 652 Rn. 4; Staudinger/ Reuter, BGB, Neubearb. 2003, §§ 652, 653 Rn. 6; Zopfs in Lambert-Lang/ Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis, Teil 15 Rn. 12). Soweit der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteile vom 21. Mai 1971 - IV ZR 52/70 - WM 1971, 1098, 1099; vom 13. März 1985 - IVa ZR 152/83 - RDM-Slg A 103 Bl. 36 und vom 16. Mai 1990 - IV ZR 64/89 - WM 1990, 1758, 1759) eine andere Rechtsauffassung entnommen werden könnte, hält der jetzt für das Maklerrecht allein zuständige erkennende Senat hieran nicht fest. 3. Einen Suchauftrag dieser Art hat die Beklagte nach den bisherigen Feststellungen nicht erteilt, sie hat sich vielmehr, wie sie vorträgt, lediglich ein Objekt aus dem Adressenmaterial der Klägerin nachweisen lassen wollen. Es kommt daher - sollte der Klägerin der Nachweis eines solchen Suchauftrags nicht gelingen - für einen Maklerlohnanspruch nach § 652 BGB auf die Frage an, ob die Klägerin die Beklagte unmissverständlich auf eine von ihr im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Hierzu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Mit der gegebenen Begründung kann das angefochtene Urteil deshalb nicht bestehen bleiben.

III.
Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO). Auch ein Anspruch aus § 354 HGB kommt nicht in Betracht (vgl. BGHZ 95, 393, 398; Senatsurteil vom 7. Juli 2005 - III ZR 397/04 - ZIP 2005, 1516, für BGHZ bestimmt). Die von der Revisionsbegründung umgekehrt für sich in Anspruch genommene, vom Berufungsgericht allerdings nicht festgestellte Vereinbarung zwischen dem Makler S. und der Klägerin über eine Teilung der Verkäuferprovision wegen der Schwierigkeit, bei derartigen Objekten gegenüber dem Käufer einen Provisionsanspruch durchzusetzen, würde die Klägerin im Außenverhältnis zur Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht hindern, trotzdem eine Käuferprovision geltend zu machen.

Infolgedessen ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache erneut an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es zu dem behaupteten Provisionsverlangen der Klägerin die erforderlichen Feststellungen trifft. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass gegen die auf der Senatsrechtsprechung (BGHZ 141, 40, 44 ff.) beruhende tatrichterliche Wertung, die Maklerdienstleistungen der Klägerin seien für den späteren Verkauf des Grundstücks zumindest mitursächlich geworden, keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Auch ein Zeitraum von mehr als einem halben Jahr zwischen dem Nachweis des Objekts und dem Abschluss des Hauptvertrags kann den Umständen nach noch den Schluss auf eine Ursächlichkeit der Maklerleistungen nahe le- gen,

ungeachtet dessen, dass die Kaufvertragsverhandlungen zwischenzeitlich abgebrochen worden waren (vgl. auch Staudinger/Reuter aaO §§ 652, 653 Rn. 123, 131).

Schlick
Streck
Dörr
Galke
Herrmann

Vorinstanzen

OLG München LG München I

Rechtsgebiete

Maklerrecht

Normen

BGB § 652