Gesellschafterbeteiligung auf Zeit - Managermodell

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

19. 09. 2005


Aktenzeichen

II ZR 173/04


Leitsatz des Gerichts

  1. In den Personengesellschaften und der GmbH sind Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen ("Hinauskündigungsklauseln"), grundsätzlich nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Das gleiche gilt für eine neben dem Gesellschaftsvertrag getroffene schuldrechtliche Vereinbarung, die zu demselben Ergebnis führen soll.

  2. Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos. Eine an keine Voraussetzungen geknüpfte Hinauskündigungsklausel ist vielmehr wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist. Das ist dann der Fall, wenn einem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Geschäftsführerstellung eine Minderheitsbeteiligung eingeräumt wird, für die er nur ein Entgelt in Höhe des Nennwerts zu zahlen hat und die er bei Beendigung seines Geschäftsführeramtes gegen eine der Höhe nach begrenzte Abfindung zurückzuübertragen hat (sog. Managermodell).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Die beklagte GmbH betreibt eine Vielzahl von "M.-Märkten" und "S.-Märkten", die jeweils in der Rechtsform einer GmbH organisiert sind. Für das operative Geschäft ist ein "Vor-Ort-Geschäftsführer" zuständig. Die administrativen Aufgaben werden von einem zweiten Geschäftsführer mit Sitz in der Holding erledigt. Entsprechend ihrem einheitlichen Unternehmenskonzept - es zielt darauf ab, die Motivation des Geschäftsführers, der sich als Unternehmer "seines" Marktes fühlen soll, zu steigern - beteiligt die Beklagte den jeweiligen Vor-Ort-Geschäftsführer mit einem Geschäftsanteil von bis zu 10 % an der von ihm geleiteten GmbH. Das restliche Stammkapital hält die Beklagte. Der Geschäftsführer hat für den Erwerb seines Anteils in der Regel nur den Nominalwert zu zahlen und ist am Gewinn, nicht aber am Verlust der Gesellschaft beteiligt. Zugleich vereinbart die Beklagte mit dem Geschäftsführer, dass seine Gesellschafterstellung enden soll, wenn er als Geschäftsführer abberufen und/oder sein Geschäftsführeranstellungsvertrag beendet wird. Dazu gibt der Geschäftsführer bei dem Erwerb des Geschäftsanteils ein Angebot zum Rückkauf und zur Rückübertragung des Geschäftsanteils im Falle der Abberufung und/oder der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages ab, welches die Beklagte nach dem Bedingungseintritt nur binnen zwei Monaten annehmen kann. Als Kaufpreis für den Rückkauf ist ein Betrag vereinbart, der sich nach dem Einheitswert des Betriebsvermögens und einem dreijährigen Durchschnittsertrag richtet, jedoch das Zehnfache des Nominalwerts nicht übersteigen darf. Im Übrigen ist in dem Gesellschaftsvertrag der jeweiligen Gesellschaft bestimmt, dass eine Übertragung von Geschäftsanteilen nur mit Zustimmung der Gesellschaft zulässig ist.

Der Kläger war Geschäftsführer der "M.-Markt GmbH E." (im Folgenden: M.-Markt GmbH E.), deren Stammkapital 200.000,00 DM betrug. Mit Vertrag vom 30. Dezember 1997 wurde er entsprechend dem geschilderten Unternehmenskonzept Mitgesellschafter. Dazu erwarb er von der Beklagten einen Geschäftsanteil in Höhe von nominal 20.000,00 DM, für den er den gleichen Betrag zahlte und der später - gegen finanziellen Ausgleich - auf 19.900,00 DM verringert wurde. Ebenfalls am 30. Dezember 1997 ließ der Kläger ein Kaufund Abtretungsangebot der oben beschriebenen Art notariell beurkunden.

Am 28. Mai 2001 wurde der Kläger mit den Stimmen der Beklagten als Geschäftsführer abberufen und sein Anstellungsvertrag gekündigt. Mit Erklärung vom 1. Juni 2001 nahm die Beklagte das Kauf- und Abtretungsangebot des Klägers vom 30. Dezember 1997 an. Als Abfindung zahlte sie dem Kläger 199.000,00 DM.

Der Kläger hält den Kauf- und Abtretungsvertrag für nichtig. Er will dies festgestellt wissen und hat - auf Anregung des Berufungsgerichts - im zweiten Rechtszug hilfsweise beantragt, festzustellen, dass er weder durch die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages noch durch den Kauf- und Abtretungsvertrag seine Gesellschafterstellung an der M.-Markt GmbH E. verloren hat. Das Berufungsgericht hat die Klage im Hauptantrag als unzulässig und im Hilfsantrag als unbegründet abgewiesen (ZIP 2004, 1801). Dagegen richtet sich die in dem angefochtenen Urteil zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Für den Hauptantrag fehle das Rechtsschutzinteresse. Es gehe dem Kläger um die Klärung der Frage, ob er noch Gesellschafter der M.-Markt GmbH E. sei. Dafür komme es aber nicht allein auf die Unwirksamkeit des Rückübertragungsvertrages an. Der zulässige Hilfsantrag sei unbegründet. Zwar sei das Rückübertragungsangebot des Klägers vom 31. Dezember 1997 wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Es stelle der Sache nach eine "Hinauskündigungsklausel" dar, die nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines sachlichen Grundes wirksam sei. Ein solcher sachlicher Grund liege hier nicht vor. Insbesondere reiche dafür das Geschäftsmodell der Beklagten nicht aus. Die damit verfolgten Ziele hätte die Beklagte auch mit einer Tantiemeregelung erreichen können. Die Klage sei aber trotz der Unwirksamkeit der Rückübertragung unbegründet. Die Sittenwidrigkeit des Rückübertragungsangebots habe nämlich gemäß § 139 BGB die Nichtigkeit auch des Anteilserwerbs zur Folge. Beide Geschäfte sollten nach dem Konzept der Beklagten miteinander "stehen und fallen". Damit sei der Kläger niemals Gesellschafter der GmbH geworden.

II. Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken; das von dem Berufungsgericht gefundene Ergebnis erweist sich nur mit anderer Begründung als richtig.

A. Vertretbar - und von der Revision nicht angegriffen - ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Hauptklageantrag mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist. Auch wenn festgestellt würde, dass der durch das Angebot des Klägers vom 30. Dezember 1997 und die Annahme der Beklagten vom 1. Juni 2001 zustande gekommene Kauf- und Abtretungsvertrag unwirksam ist, steht damit nicht zwingend fest, dass der Kläger Gesellschafter der M.-Markt GmbH E. ist.

B. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Das folgt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht aus § 139 BGB. Vielmehr hat der Kläger seine Gesellschafterstellung aufgrund seines am 1. Juni 2001 von der Beklagten angenommenen Kauf- und Abtretungsangebots verloren. Der damit zustande gekommene Vertrag ist wirksam.

1. Allerdings sind nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Senats in den Personengesellschaften und der GmbH gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen ("Hinauskündigungsklauseln"), grundsätzlich wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGHZ 81, 263, 266 ff.; 105, 213, 216 f.; 112, 103, 107 f.; Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903, 904; v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706). Das gleiche gilt für eine - wie hier - neben dem Gesellschaftsvertrag getroffene schuldrechtliche Vereinbarung, die zu demselben Ergebnis führen soll (BGHZ 112, 103, 107). Der davon betroffene Gesellschafter ist schutzwürdig. Die freie Ausschließungsmöglichkeit kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, das ihn daran hindert, von seinen Mitgliedschaftsrechten nach eigener Entscheidung Gebrauch zu machen und seine Mitgliedschaftspflichten zu erfüllen ("Damoklesschwert").

Dieser Grundsatz gilt aber - wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat - nicht ausnahmslos. Eine an keine Voraussetzungen geknüpfte Hinauskündigungsklausel oder eine vergleichbare schuldrechtliche Regelung ist wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist. So hat der Senat freie Ausschließungsrechte als wirksam angesehen, wenn der ausschließungsberechtigte Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernimmt und der Partnerin eine Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung einräumt (BGHZ 112, 103), wenn eine Praxisgemeinschaft von Ärzten einen neuen Gesellschafter aufnimmt und sich dabei eine zeitlich begrenzte Prüfungsmöglichkeit vorbehalten will (Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903) oder wenn die Gesellschaftsbeteiligung nur als Annex zu einem Kooperationsvertrag der Gesellschafter anzusehen ist und sichergestellt werden soll, dass der Gesellschaft nur die Partner des Kooperationsvertrages angehören (Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706). Keine Bedenken hatte der Senat auch gegen eine Satzungsklausel, nach der in einer GmbH, in der alle Gesellschafter persönlich mitarbeiten, ein Geschäftsanteil eingezogen werden kann, wenn der betreffende Gesellschafter nicht mehr in dem Gesellschaftsunternehmen tätig ist (Urt. v. 20. Juni 1983 - II ZR 237/82, WM 1983, 956; im Ergebnis ebenso der Prozesskostenhilfe-Beschluss des Senats v. 7. Oktober 1996 - II ZR 238/95, bei Goette, DStR 1997, 336).

Auch die Rückkauf- und -abtretungsvereinbarung der Parteien stellt einen derartigen Ausnahmefall dar. Die Möglichkeit, die Gesellschafterstellung des Geschäftsführers zu beenden, ist nicht an einen sachlichen Grund gebunden, sondern unterliegt dem freien Ermessen der Beklagten. Sie kann mit ihrer Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer nach § 38 Abs. 1 GmbHG ohne Grund abberufen und damit die Bedingung für die Rückübertragung seines Geschäftsanteils herbeiführen. Diese Koppelung des freien Widerrufs der Geschäftsführerbestellung und der Beendigung der Gesellschafterstellung ist aufgrund der besonderen Umstände des Falles sachlich gerechtfertigt.

Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des jeweiligen Geschäftsführers hat nach dem Unternehmenskonzept der Beklagten die Funktion, den Geschäftsführer stärker an das Unternehmen zu binden, seine Motivation zu steigern und seine Stellung als "geschäftsführender Gesellschafter" innerhalb des Betríebs und nach außen aufzuwerten. Dabei steht wirtschaftlich die Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft, der jeweils vollständig ausgeschüttet wird, im Vordergrund. Damit wird dem Geschäftsführer eine - von seinem Geschick bei der Unternehmensführung mitabhängige und diesen Erfolg widerspiegelnde - Einnahmequelle neben seinem Gehalt eingeräumt. So sind an den Kläger in den Jahren 1998 bis 2000 Gewinnanteile i.H.v. durchschnittlich 148.556,89 DM ausgeschüttet worden, das war mehr als sein Gehalt. Demgegenüber sind die Möglichkeiten des Geschäftsführers, in der Gesellschafterversammlung seine Vorstellungen gegen den Willen der Beklagten durchzusetzen, praktisch ausgeschlossen. Alle gesetzlichen und satzungsmäßigen Mehrheiten hat die Beklagte. Dafür ist das finanzielle Risiko des Geschäftsführers gering. Er braucht für den Erwerb des Geschäftsanteils nicht mehr als den Nennwert zu zahlen. Im Ergebnis erlangt der auf diesem Wege an der Vor-Ort-Gesellschaft beteiligte Manager eine treuhänderähnliche Stellung, deren wirtschaftlicher Wert - bei denkbar geringem eigenen Risiko - in dem erheblichen Gewinnausschüttungspotential während der Dauer seiner organschaftlichen und dienstvertraglichen Bindung an die Gesellschaft liegt. Mit deren Beendigung ist es selbstverständlich, dass die weitere Beteiligung ihren rechtfertigenden Sinn - Bindung an das Unternehmen, Motivationssteigerung und Belohnung für erfolgreichen Einsatz - verliert. Nur durch die Rückübertragung wird der Beklagten als Mehrheitsgesellschafterin zudem die Möglichkeit eröffnet, den Nachfolger im Amt des Geschäftsführers in gleicher Weise zu beteiligen und damit das Geschäftsmodell auf Dauer fortzuführen.

Bei dieser Sachlage ist der das Hinauskündigungsverbot tragende Gedanke, den Gesellschafter bei der Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte nicht unter unangemessenen Druck zu setzen, nicht berührt. Im Vordergrund steht vielmehr die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, den Geschäftsführer ohne Grund aus seiner Organstellung abzuberufen. Der dadurch entstehenden Abhängigkeit von der Beklagten als der Mehrheitsgesellschafterin ist er schon nach der gesetzlichen Regelung in § 38 Abs. 1 GmbHG ausgesetzt. Die weitere Folge, dass er dann auch seine Gesellschafterstellung verliert, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, weil die - von vornherein auf Zeit eingeräumte - Beteiligung in dem "Managermodell" nur einen Annex zu der Geschäftsführerstellung darstellt (ebenso Habersack/Verse, ZGR 2005, 451, 461 ff.; Kowalski/Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1440 f.; Sosnitza, DStR 2005, 72, 74 f.; Bütter/Tonner, BB 2005, 283, 285 f.; zuvor schon Schäfer/Hillesheim, DStR 2003, 2122; Goette, DStR 1997, 337; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II § 8 IV 3c, S. 753; Ulmer in Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 34 Rdn. 42; Westermann in Scholz, GmbHG 9. Aufl. § 34 Rdn. 16; a.A. Binz/Sorg, GmbHR 2005, 893; Piehler in FS Rheinisches Notariat 1998, S. 321, 326 ff.; zu den steuerrechtlichen Vorteilen Peetz, GmbHR 2005, 532).

Ob die vereinbarte Abfindung des Geschäftsführers angemessen ist, hat für die Wirksamkeit der Hinauskündigungsregelung keine Bedeutung. Denn auch die Vereinbarung einer unangemessen niedrigen Abfindung ließe das Kündigungsrecht unberührt. An die Stelle der vereinbarten Abfindung träte lediglich eine Abfindung nach dem Verkehrswert (BGHZ 112, 103, 111 f.; Sen.Urt. v. 20. Juni 1983 - II ZR 237/82, WM 1983, 956). Abgesehen davon bestehen bei dem von der Beklagten praktizierten Geschäftsmodell aber auch keine Bedenken gegen eine Abfindung, die an dem Ertragswert des Gesellschaftsunternehmens orientiert und auf das Zehnfache des Erwerbspreises beschränkt ist, da sogar ein Rückkaufpreis in Höhe des beim Erwerb durch den Betroffenen selbst aufgebrachten Entgelts bei dieser Form der Beteiligung zulässig ist, wie der Senat in dem heute entschiedenen Parallelfall (II ZR 342/03, z.V.b.) näher ausgeführt hat.

2. Die Vereinbarung des Rückkaufs und der Rückabtretung bei Wegfall der Geschäftsführerstellung verstößt auch nicht gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (BGHZ 116, 359, 372; 142, 304, 307). Dass von dieser Regelung nur einer der beiden Gesellschafter betroffen ist, beruht auf einem sachlichen, dies rechtfertigenden Grund. Nur der Geschäftsführer kommt als Adressat des von der Beklagten betriebenen "Managermodells" in Betracht. Die Beklagte als die Kapitalgeberin kann davon sinnvoller Weise nicht betroffen sein. Insoweit eine Gleichbehandlung zu verlangen, wäre sachwidrig.

3. Die Vereinbarung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen §§ 134, 622 Abs. 6 BGB nichtig.

Dabei kann offen bleiben, ob die für Arbeitsverhältnisse vorgesehene Regelung des § 622 Abs. 6 BGB auf das Anstellungsverhältnis eines GmbHGeschäftsführers entsprechend anwendbar ist (zur analogen Anwendung der Regelungen des § 622 BGB über die Kündigungsfristen BGHZ 79, 291; 91, 217, 220 f.; Sen.Urt. v. 9. März 1987 - II ZR 132/86, NJW 1987, 2073, 2074). Denn jedenfalls würde die Verknüpfung der Gesellschafterstellung mit dem Geschäftsführeramt und dem ihm zugrunde liegenden Anstellungsvertrag keine nach § 622 Abs. 6 BGB unzulässige Kündigungsbeschränkung darstellen.

Zwar wird dem Geschäftsführer durch diese Verknüpfung die Entscheidung, seinen Anstellungsvertrag zu kündigen, insofern erschwert, als er dann auch seine Gesellschafterstellung aufgeben muss. Das Bundesarbeitsgericht hat aus dem Verbot des § 622 Abs. 6 BGB, für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer eine längere Frist zu vereinbaren als für die Kündigung durch den Arbeitgeber, den allgemeinen Grundsatz hergeleitet, es sei unzulässig, durch vertragliche Absprachen eine ungleiche Kündigungslage zum Nachteil einer der Parteien des Arbeitsverhältnisses, vor allem des Arbeitnehmers, zu schaffen, insbesondere einen einseitigen Vermögensnachteil des Arbeitnehmers für den Fall einer von ihm erklärten Kündigung zu vereinbaren (BAG DB 1956, 503, 504; 1971, 1068; 1990, 434). Damit soll die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in bezug auf die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses geschützt werden. Der Arbeitnehmer soll die Freiheit behalten, unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist und ohne Diskriminierung im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich einer anderen Tätigkeit zuzuwenden.

Dieser Grundsatz schließt allerdings eine für den Arbeitnehmer - und ggf. den Geschäftsführer - ungünstige Reflexwirkung seiner Kündigung nicht aus. Entscheidend ist eine Würdigung der Gesamtumstände unter Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit (Sen.Urt. v. heutigen Tage - II ZR 342/03, z.V.b.; ebenso BAG MDR 2001, 1301 für die vergleichbare Rechtslage nach § 5 BBiG). Danach ist die Verknüpfung der Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit der Beendigung der Gesellschafterstellung im Rahmen des von der Beklagten praktizierten "Managermodells" nicht zu beanstanden.

Das mit der Gesellschafterstellung verbundene Gewinnbezugsrecht ähnelt einer Tantiemeregelung, deren Wegfall bei Beendigung des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses selbstverständlich ist. Abgesehen von dem Gewinnbezugsrecht würde eine weitere Beteiligung des ausgeschiedenen Geschäftsführers als Gesellschafter für ihn auch keine schutzwürdigen Vorteile bringen. Aufgrund seines geringen Anteils kann er auf die Geschicke der Gesellschaft in der Gesellschafterversammlung ohnehin kaum Einfluss nehmen. Eine Teilhabe an dem künftigen Wertzuwachs des Gesellschaftsvermögens würde ohne die Geschäftsführerstellung einen unverdienten Vermögensvorteil darstellen.

4. Die Rückkauf- und -abtretungsvereinbarung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das - darauf noch anwendbare - Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.

Dabei kann offen bleiben, ob die Anwendbarkeit dieses Gesetzes schon durch § 23 Abs. 1 AGBG (jetzt § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB) ausgeschlossen ist. Danach findet das Gesetz keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts. Selbst wenn man wegen des schuldrechtlichen Charakters des Anteilskaufs und des Anteilsrückkaufs die Voraussetzungen dieser Bereichsausnahme nicht als erfüllt ansehen wollte, ändert das im Ergebnis nichts. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden § 10 Nr. 1 und 3 sowie § 9 AGBG (jetzt § 308 Nr. 1 und 3 und § 307 BGB) sind nämlich nicht erfüllt.

Nach § 10 Nr. 1 AGBG ist eine Bestimmung unwirksam, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehält. Das ist hier nicht der Fall. Die Frist, binnen derer die Beklagte das Rückübertragungsangebot des Geschäftsführers annehmen kann, ist auf zwei Monate ab dem Ende der Geschäftsführerstellung und/oder des Anstellungsvertrages bemessen. Das ist ein angemessener und hinreichend bestimmter Zeitraum. Dass der Zeitpunkt des Bedingungseintritts ungewiss ist, spielt demgegenüber keine Rolle.

Nach § 10 Nr. 3 AGBG ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen, unwirksam. Auch diese Vorschrift greift hier nicht ein. Durch den Anteilsrückkauf löst sich die Beklagte nicht von einer Leistungspflicht, sondern begründet neue Leistungspflichten. Allenfalls bezogen auf den Gesellschaftsvertrag kann von einer Lösung aus einer Leistungspflicht gesprochen werden. Das ist aber unerheblich, weil § 10 Nr. 3 AGBG schon nach seinem Wortlaut auf Dauerschuldverhältnisse wie das Gesellschaftsverhältnis nicht anwendbar ist.

Die Rückübertragungsvereinbarung ist auch nicht wegen einer den Geboten von Treu und Glauben widersprechenden unangemessenen Benachteiligung i.S. des § 9 AGBG unwirksam. Das ergibt sich aus dem oben zu § 138 BGB Gesagten.

5. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Kläger als Geschäftsführer in einer Treu und Glauben widersprechenden Weise abberufen hat, so dass der Eintritt der Bedingung gemäß § 162 Abs. 2 BGB als nicht erfolgt gelten würde. Das könnte nur in Betracht kommen, wenn es der Beklagten nicht darum gegangen wäre, sich von dem Kläger als Geschäftsführer zu lösen, sondern wenn sie ausschließlich das Ziel verfolgt hätte, ihn aus der Gesellschafterstellung zu drängen. Das wird von dem Kläger selbst nicht geltend gemacht.

Vorinstanzen

OLG Frankfurt am Main; LG Darmstadt

Rechtsgebiete

Gesellschaftsrecht

Normen

BGB § 138 Aa