Geltung der Regelaltersgrenze für Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst

Gericht

VG Darmstadt


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

26. 01. 1999


Aktenzeichen

1 G 2176/98


Leitsatz des Gerichts

Die Regelaltersgrenze des § 5 I 1 WPflG bzw. des § 24 I 1 ZDG gilt grundsätzlich auch im Falle des Nachdienens nach vorangegangener Entlassung. Die Auffassung des BVerwG, wonach Wehrpflichtige in derartigen Fällen grundsätzlich bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres einberufen werden können, ist nicht haltbar.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der im Juni 1971 geborene Ast. war erstmals am 26. 10. 1989 gemustert und als „vorübergehend nicht wehrdienstfähig„ bis zum 31. 10. 1990 zurückgestellt worden. Mit Bescheid des Musterungsausschusses beim Kreiswehrersatzamt vom 6. 1. 1992 wurde der Ast. als „wehrdienstfähig„ eingestuft und mit Bescheid der Ag. vom 7. 7. 1992 als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Wegen seines Ingenieurstudiums wurde er mehrfach, zuletzt mit Bescheid der Ag. vom 11. 8. 1995 bis zum 31. 8. 1996 zurückgestellt. Auf eine Ankündigung seiner Heranziehung zum 2. 9. 1996 teilte der Ast. der Ag. unter dem 25. 3. 1996 mit, er habe sein Studium seit 3 Wochen abgeschlossen und stehe seit Ende des Jahres 1995 in einem festen Arbeitsverhältnis bei der Fa. X. als Bauführer, dort sei er unentbehrlich. Nach Ablehnung einer weiteren Zurückstellung und Widerruf des Zurückstellungsbescheides vom 11. 8. 1995 durch Bescheid vom 17. 4. 1996 zog die Ag. den Ast. mit Bescheid gleichen Datums zur Ableistung des Zivildienstes ab dem 3. 6. 1996 heran. Sowohl gegen die Ablehnung seines Zurückstellungsantrages als auch gegen den Heranziehungsbescheid erhob der Ast. durch seine Bevollmächtigten am 26. 4. 1996 Widerspruch und beantragte die Durchführung einer Überprüfungsuntersuchung. Zur Begründung legte er sodann verschiedene ärztliche Gutachten vor. Einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Einberufungsbescheid gab das VG wegen der unterlassenen Überprüfungsuntersuchung statt. Gegen die Ablehnung der Zurückstellung sowie gegen den Einberufungsbescheid erhob der Ast. auch Klage. Nachdem die Ag. mit Bescheid vom 6. 8. 1997 festgestellt hatte, daß der Ast. wegen Ablaufs der im Einberufungsbescheid vom 17. 4. 1996 genannten Dienstzeit am 30. 6. 1997 gem. § 43 I Nr. 1 ZDG zu entlassen sei, erklärten die Bet. das Verwaltungsstreitverfahren in der Hauptsache für erledigt. Mit Schriftsatz vom 30. 3. 1998 beantragte der Ast. die Feststellung, daß er wegen Vollendung seines 25. Lebensjahres nicht mehr zur Ableistung des Wehrdienstes einberufen werden könne. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch die Ag. erhob der Ast. Klage, über die noch nicht entschieden ist. Bereits zuvor, nämlich mit Bescheid vom 22. 4. 1997, hatte die Ag. festgestellt, daß der Ast. zivildienstfähig (verwendungsfähig mit Einschränkungen in der Grundausbildung und für bestimmte Tätigkeiten) sei. Gegen den Tauglichkeitsüberprüfungsbescheid legte der Ast. Widerspruch ein, der zurückgewiesen wurde. Sodann erhob der Ast. Klage, über die ebenfalls noch nicht entschieden ist. Am 2. 6. 1998 beantragte der Ast. erneut die Durchführung einer Überprüfungsuntersuchung, da er seit einigen Monaten nach einer ungewöhnlich lang anhaltenden Bronchialerkrankung an einer asthmatischen Erkrankung leide. Dies lehnte die Ag. ab, wogegen der Ast. Widerspruch erhob. Mit Einberufungsbescheid vom 29. 9. 1998 zog die Ag. den Ast. zur Ableistung des Zivildienstes zum 1. 2. 1999 heran. Hiergegen erhob der Ast. wiederum Widerspruch.

Das VG ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Ast. gegen den Einberufungsbescheid an.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Im vorliegenden Fall erweist sich der Einberufungsbescheid nach Auffassung der Kammer als offensichtlich rechtswidrig, so daß die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen war.

Für die Entscheidung konnte dahinstehen, ob die Ag. neben dem Einberufungsbescheid oder an dessen Stelle eine (zusätzliche) Nachdienensanordnung hätte erlassen müssen. Ebenso bedurfte es keiner Erörterung, ob die Frage der Zivildienstfähigkeit des Ast. hinreichend geklärt ist. Denn die Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides vom 29. 9. 1998 ergibt sich schon daraus, daß der Ast. wegen Überschreitens der Regelaltersgrenze des § 24 I 1 ZDG nicht mehr zur Ableistung des Zivildienstes herangezogen werden kann.

Da das ursprüngliche Zivildienstverhältnis zwischen den Bet., das durch den Einberufungsbescheid vom 17. 4. 1996 noch vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Ast. begründet worden war, durch die mit Bescheid der Ag. vom 6. 8. 1997 erklärte Entlassung beendet worden ist und der Ast. zwischenzeitlich die Regelaltersgrenze überschritten hat, ist seine Heranziehung zum Zivildienst, nicht mehr zulässig; auch die Vorschriften des § 24 I 2 bis 4 ZDG über eine erweiterte Heranziehbarkeit greifen nicht ein.

Gem. § 24 I 1 ZDG ist Zivildienst grundsätzlich nur von denjenigen Dienstpflichtigen zu leisten, die zum Zeitpunkt des festgesetzten Dienstbeginns das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine inhaltlich entsprechende Regelung enthält § 5 I 1 WPflG für die Ableistung des Grundwehrdienstes. Abweichend hiervon bestimmen § 24 I 2 bis 4 ZDG und § 5 I 2 und 3 WPflG, daß unter bestimmten Voraussetzungen eine Heranziehbarkeit bis zur Vollendung des 28. bzw. 32. Lebensjahres gegeben sein kann. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind beim Ast., der sein 25. Lebensjahr bereits im Juni 1996 vollendet hat, nicht erfüllt. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 24 I 2 Nr. 1 ZDG nicht erfüllt, da der Ast. zwar ursprünglich über den Zeitpunkt der Vollendung seines 25. Lebensjahres hinaus zurückgestellt worden war, der Zurückstellungsbescheid jedoch mit Bescheid vom 17. 4. 1996 widerrufen wurde.

Ebensowenig läßt sich die Heranziehbarkeit des Ast. aus § 24 I 2 Nr. 4 ZDG begründen. Nach § 24 I 2 Nr. 4 ZDG sind Dienstpflichtige bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres heranzuziehen, wenn sie gem. § 44 II ZDG - bei unerlaubter Abwesenheit von der Dienststelle am Entlassungstag - als entlassen gelten und Tage schuldhafter Abwesenheit vom Zivildienst i.S. des § 24 IV ZDG nachzudienen haben. Eine entsprechende Regelung für den Grundwehrdienst enthält § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG, der die Nachdienensverpflichtung in Absatz 3 normiert und hinsichtlich der Entlassungsfiktion auf § 29 VI 1 WPflG verweist.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung und ist im übrigen zwischen den Bet. unstreitig, daß die auf § 24 IV Nr. 3 ZDG beruhende Nachdienensverpflichtung des Ast. vom Wortlaut des § 24 I 2 Nr. 4 ZDG schon deshalb nicht erfaßt wird, weil der Ast. dem Dienst nicht schuldhaft, sondern infolge der Aussetzung der Vollziehung des Einberufungsbescheides gemäß Beschluß des VG vom 30. 5. 1996 ferngeblieben ist.

Eine Heranziehbarkeit bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres läßt sich entgegen der Auffassung der Ag. auch nicht aus der den Ast. grundsätzlich treffenden Nachdienensverpflichtung i.V. mit einer analogen Anwendung des § 24 I 2 Nr. 4 ZDG ableiten. Der den Geltungsbereich des § 5 WPflG betr. gegenteiligen Auffassung des BVerwG, wonach die Nachdienenspflicht des § 5 III WPflG generell bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres des Wehrpflichtigen gelten soll (s. hierzu und zum folgenden BVerwGE 102, 184 = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L), vermag die Kammer nicht zu folgen.

Mit dem BVerwG ist allerdings festzustellen, daß sowohl § 5 III WPflG als auch § 24 IV ZDG selbst keine zeitliche Begrenzung der Nachdienensverpflichtung hinsichtlich des Lebensalters des Dienstpflichtigen vorsehen. Ob der Gesetzgeber, wie das BVerwG ausführt, für eine Altersbegrenzung deshalb ursprünglich keinen Regelungsbedarf gesehen hatte, weil nach alter Rechtslage das durch den Einberufungsbescheid vor Erreichen der Regelaltersgrenze begründete Wehrdienstverhältnis nicht nur über die festgesetzte Dienstzeit, sondern auch über die Altersgrenze hinaus bis zum Erlöschen der Wehrpflicht andauerte und die Nachdienensverpflichtung deshalb durch eine bloße Dienstantrittsaufforderung konkretisiert werden konnte, mag hier dahinstehen, da sich diese Rechtslage mit Einführung der Entlassungsgebote der §§ 29 I Nr. 1 WPflG und 43 I Nr. 1 ZDG grundlegend geändert hat.

Nach derzeit geltender Rechtslage endet das durch den Einberufungsbescheid begründete Wehr- bzw. Zivildienstverhältnis mit Ablauf der im Einberufungsbescheid festgesetzten Dienstzeit, so daß der Dienstpflichtige zu entlassen ist bzw. in Fällen seiner Abwesenheit von der Dienststelle als entlassen gilt (§ 29 I Nr. 1, VI 1 WPflG, §§ 43 I Nr. 1, 44 II ZDG), ohne daß es darauf ankäme, auf welchen Gründen die Abwesenheit vom Wehr- bzw. Zivildienst beruhte.

Die Ag. hat dem Ast. demgemäß mit Bescheid vom 6. 8. 1997 folgerichtig nach Ablauf der vom 3. 6. 1996 bis 30. 6. 1997 festgesetzten Dienstzeit seine Entlassung mitgeteilt, wobei es für die Beendigung des Dienstverhältnisses unerheblich war, ob es sich um einen Fall des § 44 II ZDG (Entlassungsfiktion) gehandelt hat. Aufgrund dessen muß in diesen Fällen nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zur Konkretisierung der Nachdienensverpflichtung das Wehr- bzw. Zivildienstverhältnis neu begründet werden, was nur durch eine Nachdienensanordnung die materiellrechtlich einen neuen Einberufungsbescheid darstellt, erfolgen kann (BVerwGE 102, 184 [187] = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L m. w. Nachw.; Steinlechner, WPflG, 5.Aufl. [1996], § 5 Rdnr. 61; Harrer/Haberland, ZDG, 4.Aufl. [1992], § 24 Anm. 17); eine bloße (erneute) Dienstantrittsaufforderung reicht demzufolge - anders als unter der Geltung der alten Rechtslage, die eine Beendigung des Wehr- bzw. Zivildienstverhältnisses durch Ablauf der festgesetzten Dienstzeit nicht vorsah - nicht aus (a.A. für diejenigen Zivildienstpflichtigen, die ihren Dienst zu keinem Zeitpunkt angetreten haben, Harrer/Haberland, § 24 Anm. 17: für sie soll das Dienstverhältnis fortbestehen, zur Konkretisierung der Nachdienensverpflichtung reiche deshalb eine Dienstantrittsaufforderung aus; dagegen - für die entsprechende Konstellation im Wehrpflichtrecht - Steinlechner, § 29 Rdnr. 46; s. auch Hahnenfeld/ Boehm-Tettelbach, WPflG, Losebl., Stand: Dez. 1997, § 5 Rdnr. 25c; ohne die von Harrer/Haberland vorgenommene Differenzierung auch: BVerwGE 102, 184 [186f.] = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L).

In dogmatischer Hinsicht folgt hieraus, daß die Altersgrenzen der §§ 5 I WPflG und 24 I ZDG nur in den Fällen unbeachtlich sind, in denen zur Konkretisierung der Nachdienenspflicht eine Dienstantrittsaufforderung genügt, weil das ursprüngliche, vor Erreichen der Altersgrenze begründete Dienstverhältnis noch fortbesteht. Bei einer Einberufung zur Erfüllung der Nachdienensverpflichtung, der eine Entlassung aus dem Dienstverhältnis vorausgegangen ist, kann die Regelaltersgrenze hingegen eine Heranziehung hindern. Die vom BVerwG geäußerte Rechtsauffassung, § 5 III 1 WPflG statuiere, abgesehen von den Fällen des § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG, eine zeitlich unbegrenzte Nachdienenspflicht (vgl. BVerwGE 102, 184 [187/189] = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L), läßt sich somit nicht aufrechterhalten.

Daß diese Auffassung auf einer fehlerhaften Auslegung des Gesetzes beruht, wird insbesondere an der Argumentation des VG zu § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG (entsprechend § 24 I 2 Nr. 4 ZDG) deutlich. Das Gericht unterstellt insoweit dem Gesetzgeber, bei der Einfügung des § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG, der eine Heranziehbarkeit bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres nur für das Nachdienen von Zeiten schuldhafter Abwesenheit vorsieht, habe er die Folgen des in das Gesetz aufgenommenen Entlassungsgebotes bei Ablauf der festgesetzten Wehrdienstzeit nicht erkannt. Das VG führt in seiner Kritik des Gesetzgebers aus:

„Seine Annahme, im übrigen bestehe keine Notwendigkeit, die Dauer der Nachdienenspflicht zu regeln, war unrichtig. Das Wehrpflichtgesetz weist vielmehr insoweit eine planwidrige Regelungslücke auf. Diese ist schon wegen des Gleichheitssatzes des Art. 3 I GG zu schließen. Er verbietet mit Blick auf § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG die Annahme einer zeitlich völlig unbegrenzten Nachdienenspflicht in den übrigen Fällen des § 5 III 1 WPflG„ (BVerwGE 102, 184 [189] = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L).

Das VG schließt hieraus:

„Die Höchstaltersgrenze von achtundzwanzig Jahren des § 5 I 2 Nr. 1 lit. b und c WPflG muß danach einerseits auch denen zugute kommen, die Abwesenheitszeiten aufgrund der Aussetzung der Vollziehung des Einberufungsbescheides nachzudienen haben. Denn eine rechtliche Besserstellung der ... schuldhaft der Truppe ferngebliebenen Wehrpflichtigen gegenüber den aufgrund der Aussetzung der Vollziehung des Einberufungsbescheides erlaubtermaßen Dienstabwesenden läßt sich sachlich nicht rechtfertigen„ (BVerwGE 102, 184 [190] = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L).

Da schon die Prämisse, es bestehe grundsätzlich eine zeitlich unbegrenzte Nachdienenspflicht, wie oben dargelegt, nicht haltbar ist, vermag auch die darauf aufbauende Argumentation des BVerwG nicht zu überzeugen. Von einer „planwidrigen Regelungslücke„ kann nach Auffassung der Kammer keine Rede sein. Vielmehr ergibt sich gerade aus der Einfügung der Vorschrift des § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG bzw. des § 24 I 2 Nr. 4 ZDG, daß der Gesetzgeber von der grundsätzlichen Geltung der Regelaltersgrenze auch im Falle des Nachdienens nach vorangegangener Entlassung ausgegangen ist:

Nur diejenigen Wehr- oder Zivildienstpflichtigen sollten von der Geltung der Regelaltersgrenze ausgenommen sein, die dem Wehr- oder Zivildienst schuldhaft ferngeblieben sind, wohingegen es für alle anderen Wehr- oder Zivildienstpflichtigen, die entlassen worden sind oder als entlassen gelten und von der Nachdienensverpflichtung des § 5 III WPflG bzw. des § 24 IV ZDG erfaßt werden, wie bisher bei der Regelaltersgrenze bleiben sollte. Bei den Vorschriften der §§ 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG und § 24 I 2 Nr. 4 ZDG handelt es sich deshalb nicht, wie das BVerwG meint, um eine Besserstellung der von dieser Regelung erfaßten Wehr- oder Zivildienstpflichtigen, sondern im Gegenteil um eine klare Benachteiligung gegenüber allen anderen von der Nachdienensverpflichtung Betr., die ihre Rechtfertigung darin findet, daß letzteren hinsichtlich ihres Fernbleibens von der Dienststelle ein Verschulden nicht vorgeworfen werden kann.

Daß der Gesetzgeber mit der Einfügung der §§ 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG und § 24 I 2 Nr. 4 ZDG die Schlechterstellung der von diesen Vorschriften erfaßten Wehr- bzw. Zivildienstpflichtigen beabsichtigt hat, ergibt sich schließlich auch aus den Materialien zur Genese der Vorschriften. In der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 5 durch das „Gesetz zur Verbesserung der Wehrgerechtigkeit und Verlängerung der Dauer des Grundwehrdienstes„ vom 13. 6. 1996, durch das die beiden genannten Vorschriften eingefügt wurden, heißt es (u.a.) zu § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG:

„Im übrigen erweitert Satz 2 die bisherigen Ausnahmetatbestände, die eine Einberufung zum Grundwehrdienst auch nach der Vollendung des achtundzwanzigsten bis zur Vollendung des 32. Lebensjahres zulassen„ (BT-Dr 10/4591, S. 12, ebenso im allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzesentwurfs, BT-Dr 10/4591, S. 10).

Ungeachtet dessen, daß zum damaligen Zeitpunkt die Regelaltersgrenze mit der Vollendung des 28. Lebensjahres erreicht war, macht diese Begründung deutlich, daß der Gesetzgeber offenkundig von der Geltung der Regelaltersgrenze für alle übrigen (wegen Ablaufs der ursprünglich festgesetzten Dienstzeit entlassenen) Wehrpflichtigen, die zum Nachdienen verpflichtet sind, ausgegangen ist. Gleiches muß für die Vorschrift des § 24 I 2 Nr. 4 ZDG gelten, hinsichtlich deren Begründung lediglich auf die entsprechenden Normen des Wehrpflichtgesetzes Bezug genommen wird.

Damit erweisen sich die §§ 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG und 24 I 2 Nr. 4 ZDG als planvolle Ergänzung eines in sich stimmigen Regelungsprogrammes, das der vom BVerwG vertretenen Auslegung und Analogie nicht zugänglich ist. Vielmehr muß danach auch in den Fällen einer Neubegründung des Dienstverhältnisses zum Zwecke des Nachdienens grundsätzlich die Regelaltersgrenze beachtet werden (so im Ergebnis auch Steinlechner, § 5 Rdnr. 21).

Es mag dahinstehen, ob die daraus folgende Besserstellung derjenigen Wehrpflichtigen, die infolge der Aussetzung der Vollziehung eines sich nachträglich als rechtmäßig erweisenden Einberufungsbescheides nachzudienen haben, gegenüber den nach § 12 WPflG zurückgestellten Wehrpflichtigen, die bis zum 28. Lebensjahr einberufen werden können (§ 5 I 2 Nr. 1 lit. a WPflG), gerechtfertigt erscheint; dies wird vom BVerwG - allerdings unter dem Blickwinkel einer sinngerechten Lückenfüllung durch Analogie - verneint (vgl. BVerwGE 102, 184 [190] = NVwZ-RR 1998, 317 = NVwZ 1998, 640 L).

Da der Gesetzgeber selbst eine solche Gleichstellung nicht vorgenommen hat, sondern sich insoweit ausdrücklich auf die in § 5 I 2 Nr. 1 lit. c WPflG genannte Gruppe der von § 5 III WPflG erfaßten Wehrpflichtigen beschränkt hat - entsprechendes gilt für die Zivildienstpflichtigen (vgl. § 24 I 2 Nr. 1 ZDG) - bleibt für derartige Überlegungen kein Raum, eine Analogie kommt aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht.

Zusammenfassend ergibt sich daraus für den vorliegenden Fall, daß die Einberufung des Ast. durch Bescheid vom 29. 9. 1998 als rechtswidrig angesehen werden muß, da er im Zeitpunkt des auf den 1. 2. 1999 festgesetzten Dienstantrittes das 25. Lebensjahr bereits vollendet hat.

Rechtsgebiete

Zivilrecht, Sonstiges

Normen

WPflG § 5 I 1; ZDG § 24 I 1