Gemeinsames Preisrätsel einer Zeitschrift mit einem Sponsor: Emblem des Sponsors auf ausgelobtem Sportwagen

Gericht

OLG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

19. 12. 2002


Aktenzeichen

6 U 190/01


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Juli 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (2/3 O 101/01) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit eines Preisrätsels der Beklagten, bei dem ein mit dem Emblem der Firma Jägermeister versehener Ferrari 456 M GTA ausgelobt worden ist. Die Klägerin sieht darin eine unzulässige Ausbeutung des Rufs der Marken "Ferrari" und "Ferrari-Pferd" und verlangt von der Beklagten die Unterlassung gleichartiger Werbeaktionen sowie Schadensersatz und Auskunft im Bezug auf das bereits durchgeführte Preisrätsel.

Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft des italienischen Ferrari-Konzerns. ...

Die Beklagte gibt die Programmzeitschrift "TV-Spielfilm" heraus. Zusammen mit der Firma Mast Jägermeister AG (nachfolgend: Jägermeister) veranstaltete sie in der für den Zeitraum vom 9. bis zum 22. September 2000 geltenden Ausgabe 19/2000 ein Preisrätsel unter dem Titel "Gewinnen Sie mit TV-Spielfilm und Jägermeister einen FERRARI und 1/2 Million Mark". In der ganzseitigen Anzeige war als Hauptpreis ein "Ferrari 456 M GTA von Jägermeister" ausgelobt. In der Anzeige wurde ein schwarzer Ferrari abgebildet, auf dessen Motorhaube ein "Jägermeister-Emblem" angebracht war. Wegen der weiteren Gestaltung der Anzeige wird auf die Abbildung im Klageantrag (Bl. 3 d. A.) verwiesen. Das Fahrzeug stand im Eigentum der Firma Jägermeister. Dieses Unternehmen vertreibt seit vielen Jahren in Deutschland unter der Marke "Jägermeister" einen höherprozentigen Kräuterlikör.

Durch eine weitere Anzeige in demselben Heft unter der Überschrift "Hol Dir Deinen Ferrari... und 1/2 Million Mark" wurde nochmals auf dieses Preisrätsel hingewiesen. Dort war das ausgelobte Fahrzeug nochmals vor dem Hintergrund der Silhouette eines Formel-l-Rennfahrzeuges und neben einer "Jägermeister-Flasche" abgebildet (Ablichtung Bl. 255 d. A.).

Nach erfolgloser Abmahnung erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 5. Oktober 2000 (2/3 O 498/00), mit der der Beklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis der Klägerin im Rahmen eines Preisrätsels ein "Ferrari"-Fahrzeug anzukündigen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, welches deutlich erkennbar die Marke eines anderen Unternehmens aufweist, insbesondere wenn dies in der Weise, wie im Preisrätsel vom September 2000 geschieht (Ablichtung Blatt 28 - 30 d. A.).

Die Beklagte lehnte es ab, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen, teilte der Klägerin jedoch mit, sie beabsichtige nicht, die angegriffene Aktion zu wiederholen und verpflichtete sich deshalb, es bei Meidung einer angemessenen Vertragsstrafe zu unterlassen, die Preisrätselaktion "Gewinnen Sie mit TV-Spielfilm und Jägermeister einen Ferrari und 1/2 Million Mark" wie in der Ausgabe 19/2000 von "TV-Spielfilm" erneut anzukündigen bzw. ankündigen zu lassen und/oder in Durchführung der Preisrätselaktion einen mit einem "Jägermeister-Aufkleber" versehenen Ferrari auszuloben und abzugeben. Wegen des weiteren Inhalts der Unterlassungserklärung wird auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 16. November 2000 (Bl. 31/32 d. A.) verwiesen. Die Klägerin hat diese Unterlassungserklärung als nicht ausreichend zurückgewiesen und nimmt nun die Beklagte gerichtlich in Anspruch.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, durch die Anbringung des "Jägermeister"-Kennzeichens auf der Motorhaube des ausgelobten Ferrari sei eine Verletzung der Kennzeichenrechte der Firma Ferrari S.p.A. eingetreten. Die Beklagte habe nämlich gemeinsam mit der Firma Jägermeister den Ruf der "Ferrari" Kennzeichen ausgebeutet, um das besondere Image, das den Ferrari-Fahrzeugen anhafte, auf die Jägermeister-Produkte zu übertragen. Darin sei außerdem eine sittenwidrige Wettbewerbshandlung zu sehen, Die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 16. November 2000 habe die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, weil sie sich nicht auf alle im Kern gleichartigen Handlungen erstrecke. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, sie sei berechtigt, alle Preisrätsel zu untersagen, bei deren ein Unternehmen ohne Genehmigung der Ferrari S.p.A. deutlich erkennbar seine Marken auf einem ausgelobten Ferrari anbringe.

Im übrigen hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte der Ferrari S.p.A. für das bereits durchgeführte "Jägermeister-Preisrätsel" schadensersatzpflichig ist, und einen entsprechenden Auskunftsanspruch zur Vorbereitung einer Schadensersatzklage geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu Gunsten der Firma Ferrari S.p.A. ... zu unterlassen,

    im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis der Firma Ferrari S.p.A. im Rahmen eines Preisrätsels ein "Ferrari"-Fahrzeug anzukündigen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, welches deutlich erkennbar die Marke eines anderen Unternehmens - wie in der nachfolgenden Abbildung beispielhaft die "Jägermeister"-Marke aufweist, sofern dies nicht genau in der in der nachfolgenden Abbildung wiedergegebenen Weise geschieht.

  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Firma Ferrari S.p.A. sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser daraus entstanden ist, dass in Werbeanzeigen gemäß Abbildung zu Ziffer I. im Rahmen eines Preisrätsels ein "Ferrari"-Fahrzeug angekündigt wurde, welches deutlich erkennbar die Marke "Jägermeister" aufwies,

  3. die Beklagte zu verurteilen, der Firma Ferrari S.p.A. Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Anzahl Anzeigen gemäß der Abbildung zu Ziffer I. von ihr in der Zeitschrift "TV-Spielfilm" geschaltet wurden, in welcher Auflage diese Zeitschriften verkauft wurden und welchen Umsatz die Beklagte mit diesen Zeitschriften erzielt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, die Marken der Ferrari S.p.A. nicht kennzeichenmäßig benutzt zu haben. Markenrechtliche Ansprüche der Ferrari S.p.A. seien im übrigen durch den Verkauf des streitbefangenen Fahrzeugs an die Fa. Jägermeister erschöpft. Sie habe lediglich.die ausgelobten Gewinne (Bargeld und Pkw) abgebildet, um sie der Leserschaft zu zeigen. Dies sei bei Preisrätseln und Gewinnspielen allgemein üblich. Aufgrund der unauffälligen Abbildung des "Ferrari-Pferdes" und des "Ferrari-Quadrats" auf der Kühlerhaube des streitbefangenen Fahrzeugs werde nicht der Eindruck erweckt, dass die Klägerin als "Sponsor" oder in irgendeiner anderen Weise an der Bewerbung oder Durchführung des Preisrätsels "TV-Spielfilm/Jägermeiste" beteiligt gewesen sei. Schließlich wirft die Beklagte der Klägerin und der Ferrari S.p.A. rechtsmissbräuchliches Verhalten vor, weil sie bzw. ihre Schwestergesellschaften die in der Formel-1 genutzten Rennwagen mit Werbehinweisen verschiedener Kooperationspartner "zukleben" würden und nun auf der anderen Seite bei einem rechtmäßig erworbenen Fahrzeug die Aufbringung von Drittmarken untersage.

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen weiteren Inhalt nach § 543 Abs. 1 ZPO a.F. verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat zwar markenrechtliche Ansprüche der Klägerin mangels einer zeichenmäßigen Benutzung der Beklagten abgelehnt und dazu ausgeführt, die Anbringung des "Jägermeister-Emblems" auf dem Ferrari führe nicht dazu, dass der Leser der Anzeige meine, die Firma Jägermeister sei an der Herstellung des Fahrzeuges beteiligt.

Die Klägerin könne ihren Unterlassungsanspruch jedoch auf § 1 UWG stützen, weil die Beklagte eine sittenwidrige mittäterschaftliche Ausbeutung des klägerischen Rufs begangen habe. Es sei allgemein bekannt, dass die Firma Ferrari und ihre Fahrzeuge einen überragenden Ruf genössen. Durch die Anbringung des "Jägermeister-Emblems" auf der Motorhaube des ausgelobten Fahrzeuges habe die Firma Jägermeister versucht, diese Wertschätzung auf ihre eigenen Produkte zu übertragen. Insoweit sei der Fall mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Verfahren "Rolls Royce" vergleichbar (BGHZ 86, 90 = GRUR 1983, 247 ff. WRP 1983, 268). Dort habe der Bundesgerichtshof ebenfalls die Ausbeutung des guten Rufs eines branchenfremden Produkts als "Vorspann" für die eigenen Erzeugnisse verboten.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei unbegründet. Soweit die Klägerin oder die Firma Ferrari S.p.A. anderen Unternehmen Werbung auf ihren Formel-1 Fahrzeugen gestatte, beruhe dies auf Werbeverträgen und sei mit dem hiesigen Sachverhalt nicht vergleichbar. Da das bereits durchgeführte "Jägermeister-Preisrätsel" unzu lässig gewesen sei, könne die Klägerin nun auch Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung verlangen.

Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiter verfolgt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und stellt nochmals klar, dass sie eine Irreführung der Leser über etwaige Beziehungen zwischen Jägermeister und Ferrari für ausgeschlossen hält. Aufgrund des deutlichen Hinweises "Gewinnen Sie mit TVSpielfilm und Jägermeister..." sei den angesprochenen Lesern klar gewesen, dass die Firma Ferrari an diesem Preisrätsel nicht beteiligt gewesen sei. Es dürfe den Sponsoren eines Preisrätsels nicht verwehrt werden, den Hauptpreis zu präsentieren und für die eigene Werbung auszunutzen. Unabhängig davon meint die Beklagte, der Unterlassungstenor des landgerichtlichen Urteils sei zu weitgehend. Für die Bejahung einer unzulässigen "Vorspann"-Werbung genüge nicht die Feststellung, dass die Klägerin und ihre Fahrzeuge einen überragenden Ruf besitzen. Der Bundesgerichtshof habe in seiner - an die oben genannte "Rolls Royce-Entscheidung" anknüpfenden - Rechtsprechung klargestellt, dass eine objektive Rufübertragung nur dann festgestellt werden könne, wenn nach der Umständen des Einzelfalles und bei Würdigung derjeweiligen Unternehmen und ihrer Kennzeichen eine Rufübertragung überhaupt möglich sei. Der "Rundumschlag" der Klägerin schieße weit über dieses Ziel hinaus.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Fa. Jägermeister habe auch insoweit von dem guten Ruf der Ferrrari-Gruppe profitieren wollen, als sie in der oben dargestellten weiteren Ankündigung des Preisrätsels den Eindruck erweckt habe, das Unternehmen gehöre zu den Co-Sponsoren des Ferrari-Formel-1 - Teams. Für die Durchführung des Preisrätsels hätte es vollkommen ausgereicht, einen unveränderten Ferrari zu präsentieren. Die körperliche Verbindung des "Jägermeister-Emblems" mit dem Originalfahrzeug könne deshalb vom Verkehr nur so verstanden werden, dass eine wie auch immer geartete vertragliche Verbindung zwischen Jägermeister und Ferrari bestünde. Auch die Tatsache, dass die Firma Jägermeister das Fahrzeug rechtmäßig erworben habe, ändere daran nichts, weil der Kaufpreis nicht das Recht eines Käufers erfasse, den Ruf des Verkäufers für die eigenen Produkte auszunutzen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel der Beklagten ist begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte wegen des streitbefangenen Preisrätsels keine Schadensersatz- und Auskunftsansprüche und wegen der Veranstaltung künftiger gleichartiger Werbeaktionen keine Unterlassungsansprüche zu.


I.

1. Die Klägerin hat keine Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz wegen unlauterer Ausnutzung der Wertschätzung ihrer bekannten Marken "Ferrari" und "Ferrari-Pferd". a) Die Beklagte hat die "Ferrari-Kennzeichen" markenmäßig benutzt. Der Hinweis auf die Marke "Ferrari" in der Anzeige und die Abbildung des streitbefangenen Fahrzeuges mit der Marke "Ferrari-Pferd" sollte den Lesern der Programmzeitschrift verdeutlichen, dass sie als Hauptgewinn des Preisrätsels ein Originalfahrzeug der Marke "Ferrari" gewinnen konnten. Mit Recht hat die Klägerin deshalb ausgeführt, die Verwendung der Kennzeichen habe dazu gedient, einen PKW ihres Unternehmens unter Verwendung der "Ferrrari"-Marken als Preisrätsel-Angebot der Beklagten zu benennen. Darin liegt eine markenmäßige Nutzung der Kennzeichen (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rdnr. 87; BGH WRP 2001, 41, 44 = GRUR 2001, 108 - Drei-Streifen-Kennzeichnung und zuletzt BGH WRP 2002, 987 - GRUR 2002, 814 - Festspielhaus).

b) Die Klägerin beanstandet nicht, dass die Beklagte ein aus ihrem Haus stammendes Fahrzeug als Hauptgewinn des Preisrätsels ausgelobt hat. Sie will lediglich verbieten, dass Sponsoren gleichartiger Preisrätsel die Fahrzeuge deutlich erkennbar mit ihren Kennzeichen versehen und auf diese Weise zu eigenen Werbezwecken nutzen.

Ein solcher Unterlassungsanspruch steht jedoch der Ferrari S.p.A. jedenfalls dann nicht zu, wenn - wie hier - ihre Markenrechte durch Verkauf an den Sponsor erschöpft sind (§ 24 Abs. 1 Markengesetz). Die markenrechtliche Erschöpfung ist eine Schranke für die Ausübung bestehender Rechte des Markeninhabers. Wenn er sein Produkt innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes erstmalig in den Warenverkehr gebracht hat, so kann er sich grundsätzlich dem Weitervertrieb und der entsprechenden (Werbe)Ankündigung nicht in den Weg stellen (vgl. Ingerl/Rohnke a.a.O., § 24 Rdnr. 9; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Auflage, § 24 Rdnr. 19). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Ware von dem Anspruchsgegner weiter veräußert oder im Wege eines Preisrätsels weiter verschenkt wird.

Eine Ausnahme macht § 24 Abs. 2 Markengesetz nur dann, wenn dem Markeninhaber berechtigte Gründe zustehen, aufgrund derer er die Benutzung der Marken im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb unterbinden kann, insbesondere, wenn das Wesen der Ware und ihre Eigenart bzw. wenn ihre Kennzeichnung verändert worden ist (vgl. Ingerl/Rohnke a.a.O. § 24 Rdnr. 11).

Im vorliegenden Fall lagen bereits hinsichtlich des "Jägermeister-Preisrätsels" keine berechtigten Gründe auf Seiten der Klägerin vor (dazu nachfolgend unter c)). Unabhängig davon kann es die Klägerin der Beklagten aber auch nicht generell verbieten, ein vom Sponsor des Preisrätsels rechtmäßig erworbenes und mit seiner Marke versehenes "Ferrari-Fahrzeugs" im Rahmen eines Preisrätsels als Hauptgewinn anzubieten (dazu nachfolgend unter d)).

c) Mit dem "Jägermeister-Preisrätsel" hat die Beklagte die Markenrechte der Klägerin nicht in unlauterer Weise ausgenutzt, so dass keine berechtigten Gründe zum Verbot der Weitergabe als Gewinn eines Preisrätsels bestanden.

Es lag weder eine Produkt- noch eine Markenveränderung vor. Das aus dem Haus der Klägerin stammende Fahrzeug ist als solches nicht verändert worden. Anders als bei den bislang von der Rechtsprechung zu § 24 Abs. 2 Markengesetz entschiedenen Fällen (Beispiel: Einbau einer fremden Fahrgastzelle in einen Unfallwagen - BGHZ 111, 182, 186 = GRUR 1990, 678 - Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen) handelte es sich hier um ein in der Substanz unverändertes Originalprodukt. Auch eine Änderung der Kennzeichen der Ferrari S.p.A. lag nicht vor (vgl. dazu Ingerl/Rohnke a.a.O., § 24 Rdnr. 13; Fezer, MarkenR, 3. Aufl., § 24 MarkenG Rdnr. 46; v. Schulz-Stuckel, MarkenR, WRP Schriftenreihe, § 24 Rdnr. 31, jeweils m.w. Nachw.). Eine Verstümmelung der Ferrari-Kennzeichen oder eine sonstige Veränderung ihres Erscheinungsbildes bzw. Aussagewerts ist nicht vorgenommen worden. Daran hat auch das Aufbringen des „Jägermeister-Emblems“ auf der Motorhaube nichts geändert. Mit Recht hat das LG nämlich festgestellt, dass die angesprochenen Leser wegen der Branchenferne von „Jägermeister“-Kräuterlikör und „Ferrari“-Automobilen keine Rückschlüsse auf eine gemeinsame Herstellung ziehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde das Produkt, das schon wegen seines hohen Preises ein Einzelstück war, in den Augen des Verkehrs nicht zum „Jägermeister-Ferrari“. Die Kunden erwarteten vielmehr einen von Ferrari hergestellten Originalwagen, den sie nur mit dem „Jägermeister-Aufdruck“ und nicht anders gewinnen konnten, was - je nach Geschmack - als wertsteigernd oder wertmindernd empfunden worden sein mag.

Die in § 24 Abs. 2 MarkenG aufgeführten Regelfälle der Produktverschlechterung oder -veränderung und die Fälle der Markenveränderung stellen allerdings keine abschließende Regelung für die berechtigten Gründe des Markeninhabers zur Untersagung des Weitervertriebs seiner Ware dar. „Berechtigte Gründe“ des Markeninhabers nach § 24 Abs. 2 MarkenG können auch dann vorliegen, wenn durch sonstige Begleitumstände des Weitervertriebs die Qualitäts-, Garantie- und Werbefunktion seiner Marke oder - wie es der EuGH ausdrückt - wenn der spezifische Gegenstand des Markenrechts beeinträchtigt wird (Althammer/Ströbele/Klaka a.a.O., § 24 Rdnr. 28; Ingerl/Rohnke a.a.O., § 24 Rdnr. 18, jeweils m.w. Nachw.). In der Entscheidung Dior/Evora hat der EuGH beispielsweise die Schädigung des Rufs einer Marke als berechtigten Grund i.S. von Art. 7 Absatz 2 der Markenrechtsrichtlinie, der durch § 24 Abs. 2 MarkenG umgesetzt worden ist, angesehen (EuGH, GRUR Int 1998, 140, 143).

Eine Rufschädigung der „Ferrari“-Marken wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Sie ist auch nicht ersichtlich. Die Klägerin sieht ihre berechtigten Gründe in einer Rufausbeutung der „Ferrari“-Marken, weil sie meint, der unbestreitbare Ruf ihrer Kennzeichen sei durch das Aufbringen des „Jägermeister-Hirschgeweihs“ in unzulässiger Weise auf die Firma Jägermeister (und reflexartig wohl auch auf die Beklagte) übergeleitet worden. Der Klägerin ist grundsätzlich darin beizupflichten, dass auch die Rufausbeutung nach den Umständen des Einzelfalls einen berechtigten Grund i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG darstellen könnte, wenn durch eine solche Handlung die Werbefunktion einer bekannten Marke und damit deren „spezifischer Gegenstand“ in einer vom Markeninhaber nicht mehr hinnehmbaren Weise beeinträchtigt wird. Die Frage, ob der Ruf einer Marke mit diesen Auswirkungen durch den Vertrieb der Ware oder deren Begleitumstände ausgebeutet wird, lässt sich aus diesen Gründen nicht generell beantworten. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls und die Abwägung zwischen dem Interesse des Markeninhabers am Erhalt des Werbewerts seiner Marke und dem Interesse des Vertreibers, sein Angebot angemessen präsentieren zu dürfen (vgl. dazu Fezer a.a.O., § 24 Rdnr. 57a; Althammer/Ströbele/Klaka a.a.O., § 24 Rdnr. 28; zur Rufschädigung EuGH a.a.O. Dior/Evora Erwägungsgründe 45-47).

Diese Interessenabwägung fällt bei dem „Jägermeister-Preisrätsel“ zu Lasten der Klägerin aus. Besondere Bedeutung hat zunächst die Tatsache, dass die Firma Jägermeister das streitbefangene Fahrzeug rechtmäßig erworben hatte und deshalb grundsätzlich berechtigt war, das Fahrzeug mit ihrem eigenen Logo zu versehen, um es für Werbezwecke zu benutzen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den Sachverhalten, die der „Rolls-Royce“-Rechtsprechung des BGH zu Grunde lagen. Während dort die berühmte Marke oder das bekannte Unternehmenskennzeichen allein als „Vorspann“ zum Vertrieb der eigenen Produkte verwendet wurde, hat hier die Fa. Jägermeister den Ferrari berechtigterweise zu dem Zweck erworben, ihn als Hauptgewinn des Preisrätsel präsentieren zu können. Dieser Hauptpreis war zur Auslobung mit dem Kennzeichen des Sponsors versehen und konnte nur in dieser Form an den Hauptgewinner gelangen.

Soweit die Klägerin der Firma Jägermeister und der Beklagten vorwirft, sie hätten das mit dem „Jägermeister-Logo“ versehene Fahrzeug nur als Vorspann für eine Rufübertragung auf die eigenen Produkte genutzt, übersieht sie, dass ein etwaiger Imagetransfer bereits dadurch erzielt wurde, dass die Firma Jägermeister als Sponsor des Preisrätsels besondere Aufmerksamkeit auf sich zog, weil sie mit einem „Ferrari“ einen so wertvollen und in den Augen vieler Leser begehrenswerten Preis zur Verfügung gestellt hat. Die von dem Preisrätsel ausgehende Werbewirkung, dass Jägermeister als generöser Sponsor den Lesern der Programmzeitschrift ein wertvolles Fahrzeug zur Verfügung stellte, ist bereits durch das unbestreitbar zulässige Ausloben und Präsentieren des Ferraris in der Werbung geschehen, ohne dass das Anbringen des Emblems auf der Motorhaube diesen Werbeeffekt noch maßgeblich beeinflusst hätte. Das „Jägermeister-Emblem“ auf der Motorhaube verdeutlichte und perpetuierte lediglich den in der Programmzeitschrift hervorgehobenen Sponsorenhinweis, der von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als solcher verstanden worden ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin vermittelte weder die Werbeanzeige noch die Tatsache, dass der Ferrari mit einem Aufkleber der Firma Jägermeister versehen war, einem verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck, es läge ein gemeinsames Sponsoring des Preisrätsels oder eine vertragliche Beziehung zwischen Jägermeister und Ferrari vor. Der Eindruck eines „Co-Sponsoring“ konnte schon deshalb nicht aufkommen, weil in der Überschrift „Gewinnen Sie mit TV-Spielfilm und Jägermeister …“ eindeutig klargestellt worden war, wer der Mäzen und wer der Veranstalter des Preisrätsels war. Das Argument der Klägerin, in beiden Werbeanzeigen der Programmzeitschrift werde auf den „Formel-1-Rennstall“ der Ferrari-Gruppe hingewiesen, bei dem sie - wie allgemein bekannt sei - mit Sponsoren arbeite, ist nicht erheblich. Die Klägerin übersieht dabei, dass die Bezugnahme auf den Rennsport in den streitbefangenen Anzeigen dem Charakter des Preisrätsels geschuldet ist. Der Hauptgewinner sollte nämlich nur unter denjenigen Einsendern verlost werden, die das Tippspiel über das Endklassement der „Formel 1“ in der Saison 2000 richtig beantworten konnten. Anspielungen auf eine etwaige Beteiligung der Firma Jägermeister oder der Beklagten an dem Rennstall der Ferrari-Gruppe lassen sich demgegenüber weder aus den Anzeigen noch aus dem Anbringen des Jägermeister-Logos auf der Motorhaube entnehmen.

Eine zusammenfassende Würdigung der Werbeanzeigen und der Interessen der Parteien ergibt, dass die Beklagte und die Firma Jägermeister als gemeinsame Sponsoren des Preisrätsels ein rechtmäßig erworbenes und mit einem zulässigen Sponsorenhinweis versehenes Fahrzeug ausgelobt haben. Ihr Interesse, den Hauptgewinn angemessen präsentieren zu können, kann unter diesen Umständen nicht als eine unzulässige Ausbeutung des Rufs der Ferrari-Marken angesehen werden, der sich die Klägerin bzw. die Markeninhaberin i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen könnte. d) Da sich die Beklagte bereits strafbewehrt verpflichtet hat, das Jägermeister-Preisrätsel nicht zu wiederholen, hat die Klägerin ihren Unterlassungsantrag auf gleichartige Werbeaktionen beschränkt. Mit den vom LG zutreffend dargelegten Argumenten, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ist der Senat der Auffassung, dass die Wiederholungsgefahr für gleichartige Preisrätsel nicht durch die Unterlassungserklärung entfallen ist.

Hierauf kommt es jedoch nicht an, da der Unterlassungsantrag, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, - unabhängig von der Zulässigkeit des „Jägermeister-Preisrätsels“ - auf jeden Fall als zu weitgehend angesehen und deshalb zurückgewiesen werden muss.

Wie oben bereits unter Ziffer c) ausführlich dargestellt, hängt die Frage, ob einem Markeninhaber berechtigte Gründe i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG zur Seite stehen, mit denen er ein solches Preisrätsel verbieten kann, von den Umständen des Einzelfalls und einer Abwägung der jeweiligen Interessen ab. Es mag Fälle geben, bei denen auf Grund der Ankündigung des Preisrätsels eine Rufschädigung des Markeninhabers eintritt. Denkbar sind auch Fälle, bei denen die angesprochenen Verkehrskreise wegen der Branchen- und Warennähe des Markeninhabers und des Sponsors eine Kooperation zwischen diesen Unternehmen annehmen könnten. Bei der Auslobung von Ferrari-Fahrzeugen könnte dies beispielsweise dann auftreten, wenn ein nicht vertraglich berechtigter Kraftfahrzeug-Händler oder ein nicht mit der Ferrari-Gruppe in vertraglichen Beziehungen stehender Kraftfahrzeugzubehör-Hersteller durch das Anbringen seines Logos auf dem ausgelobten Pkw fehlerhafte Herkunftsvorstellungen bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. In all diesen Fällen ist jedoch eine einzelfallbezogene Prüfung unter den oben genannten Kriterien unentbehrlich.

Der klägerische Unterlassungsantrag, der pauschal jegliche Form der Fremdwerbung auf Ferraris im Rahmen einer Preisrätselwerbung untersagen will, geht weit über dieses Ziel hinaus und ist schon deshalb nicht begründet.

2. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung auch keine Unterlassungsansprüche nach § 1 UWG zu. Diese Vorschrift kann nur dann für einen ergänzenden Schutz der Marke zur Rufausbeutung herangezogen werden, wenn der Schutz nach dem Markengesetz versagt (BGHZ 138, 349 = WRP 1998, 1181, 1182 = GRUR 1999, 161 - MAC Dog). Dies gilt jedoch nicht, wenn, wie hier, alle maßgeblichen Beurteilungspunkte bereits bei der markenrechtlichen Prüfung berücksichtigt worden sind und nicht zum Erfolg geführt haben. Wenn die Benutzung eines Zeichens markenrechtlich erlaubt ist, kann dieses Verhalten ohne Hinzutreten weiterer, die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit begründender Umstände nicht nach § 1 UWG untersagt werden. Solche weiteren Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich.

3. Der klägerische Unterlassungsantrag lässt sich auch nicht auf § 3 UWG stützen. Die Gefahr einer Irreführung der angesprochenen Leser über den Veranstalter des Preisrätsels oder den Sponsor des Hauptpreises liegt aus den oben bereits dargestellten Gründen nicht vor. Sie würde im Übrigen von dem klägerischen Antrag gar nicht erfasst.


II.

Schadensersatz- und Auskunftsansprüche der Klägerin bestehen nicht, weil die Werbung und Durchführung des „Jägermeister-Preisrätsels“ - wie ausgeführt - zulässig war. Aus diesem Grunde waren auch die Klageanträge zu II.) und III.) abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt. DieFrage, ob eine etwaige Rufausbeutung und - wenn ja - unter welchen Umständen sie einen berechtigten Grund nach § 24 Abs. 2 Markengesetz darstellen kann, aufgrund derer sich der Markeninhaber dem weiteren Vertrieb seiner Waren entgegenstellen kann ist, soweit ersichtlich, vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden. Sie muss daher grundsätzlich geklärt werden.

Vorinstanzen

LG Frankfurt a. Main, 2/3 O 101/01

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht