Bekanntgabe vorläufiger Fakten

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

17. 08. 2004


Aktenzeichen

312 0 530/04


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Der Antragstellerin stand nämlich der durch die einstweilige Verfügung zuerkannte Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 I BGB zu. Die von der Antragstellerin beanstandete Formulierung im Newsletter der Antragsgegnerin, wonach die hiesige Antragstellerin vor dem Landgericht Bonn in einem Prozess gescheitert sei, den sie selbst gegen die hiesige Antragsgegnerin angestrengt habe, verletzte widerrechtlich die durch § 823 I BGB geschützten Rechte der Antragstellerin, solange dabei nicht darauf hingewiesen wurde, dass diese Entscheidung nicht rechtskräftig ist und das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wurde.

Dabei kann offen bleiben, ob das als "sonstiges Recht" von § 823 I BGB geschützte sogenannte "Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" auch Verbänden zukommen kann, die sich nicht wirtschaftlich betätigen (vgl. zum Meinungsstand und zum Stand der Rechtsprechung: Staudinger-Hager, BGB, 13. Bearb., § 823 BGB, Rdnr, D 8). Denn selbst wenn man dies verneinen wollte, wäre die Antragstellerin als Vereinigung jedenfalls in ihrem absoluten Recht aus Art. 9 GG betroffen, das ebenfalls durch § 823 I BGB geschützt wird. Der Schutzumfang ist dabei in der Sache kein anderer als beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Staudinger-Hager, a.a.O.).

Hier wurde durch die von der Antragstellerin beanstandete Formulierung im Newsletter in die solchermaßen geschützten Rechte der Antragsgegnerin eingegriffen. Zwar ist die Aussage in dem Newsletter, die Antragstellerin sei in einem Prozess vor dem Landgericht Bonn gescheitert, für sich genommen richtig. Sie erweckt aber bei dem unbefangenen Leser den unzutreffenden Eindruck einer endgültigen und für die Antragstellerin negativen Klärung der Rechtslage. Denn dadurch, dass dem Adressaten des Newsletters nicht zugleich mitgeteilt wurde, dass es sich um ein noch nicht rechtskräftiges und von der Antragstellerin mit der Berufung angegriffenes Urteil handelt, wurde ihm der für die Bewertung der Tatsachen wichtige Umstand verschwiegen, dass es sich nur um ein noch nicht gesichertes, also gleichsam nur vorläufiges Obsiegen der Antragsgegnerin handelt, das im weiteren Verlauf der gerichtlichen Auseinandersetzung noch in ein Unterliegen umgekehrt werden kann.

Diese in die Rechte der Antragstellerin eingreifende Darstellung ist bei Abwägung mit den durch Art. 5 GG geschützten Rechten der Antragsgegnerin als rechtswidrig einzuordnen. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass es sich bei der entsprechenden Mitteilung im NewsIetter der Antragsgegnerin um einen Beitrag handelt, der vor dem Hintergrund der von den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen ist. Dabei geht es letztlich um einen vor allem durch wirtschaftliche Interessen bestimmten Wettstreit des von der Antragsgegnerin ins Auge gefassten Geschäftsmodells mit dem hergebrachten System, das von der Antragstellerin propagiert wird. Hierbei tritt die Antragstellerin als Vertreterin der Interessen der ihr angeschlossenen Hörgeräteakustiker auf, was von der Antragsgegnerin durch die von ihr im Newsletter verwendete Bezeichnung als "Akustiker-Lobby" gekennzeichnet wird. ...

Diese Wertung ist - wie erläutert - wegen des hier vorliegenden wettbewerblichen Einschlags auch bei der hier vorzunehmenden Prüfung zur Geltung zu bringen, ob eine widerrechtliche Verletzung eines sonstigen Rechts aus § 823 I BGB vorliegt. Die Antragsgegnerin ist danach verpflichtet, bei ihren Mitteilungen über zwischen den Parteien durchgeführte gerichtliche Auseinandersetzungen sachlich zu berichten und es auch deutlich zu machen, wenn zu ihren Gunsten ergangene erstinstanzliche Entscheidungen noch nicht rechtskräftig sind, sondern aufgrund eingelegter Rechtsmittel eine weitere Überprüfung stattfinden wird.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin wäre auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr zu bejahen gewesen. Denn diese wird durch die Erstverletzung indiziert und kann dann grundsätzlich nur noch durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 1004 BGB, Rdnr. 32). Allein die auf eine Beanstandung des Verletzten hin erfolgende freiwillige Einstellung des gerügten Verhaltens lässt hingegen die Wiederholungsgefahr nicht entfallen, weil der Verletzer das rechtsverletzende Verhalten jederzeit wieder aufnehmen könnte. Wegen der Gefahr jederzeitiger Wiederholung war auch die nach § 935 ZPO für eine einstweilige Verfügung erforderliche besondere Dringlichkeit gegeben. ...

Rechtsgebiete

Allgemeines Zivilrecht