Anonymisierung bei Aufnahmen
Gericht
LG München I
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
26. 10. 2005
Aktenzeichen
9 O 9673/05
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
Am 18. Juli 2004 strahlte die Beklagte in ihrem Fernsehprogramm Pro 7 einen von der Focus TV Produktion GmbH hergestellten Beitrag aus, der sich mit einem neuen Versicherungsprodukt der Allianz Versicherungs AG beschäftigt und dieses für den Bereich notfallmäßiger Türöffnungen mit Leistungen und insbesondere den Kosten professioneller Schlüsseldienste vergleicht. In dem ca. 11 Minuten dauernden Bericht wird unter anderem durch eine Studentin vorgetäuscht, sie habe sich ausgesperrt, weshalb sie in der Folge 3 Schlüsseldienste zur Hilfe ruft, welche ihr die Tür öffnen und sodann ihre Tätigkeit in Rechnung stellen. Hierbei wird mit versteckter Kamera der Mitarbeiter des Schlüsseldienstes von hinten beim Öffnen der Tür und sodann bei Unterzeichnung der Rechnung gefilmt. Einer der drei herbeigerufenen Schlüsseldienste ist derjenige der Klägerin.
Während die Rechnung der Klägerin eingeblendet ist, wird diese mit einer Grafik überblendet, welche den Rechnungsbetrag in großen roten Ziffern als 92,-- EUR ausweist. ...
Die Klägerin beantragt daher zuletzt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit 06.06.2005 zu bezahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 44.730,-- EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus zu bezahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund der unzutreffenden Behauptung in der Sendung Focus TV, derzufolge die Klägerin für eine Schlüsselöffnung 92,-- EUR verlange und der telefonisch genannte Preis entsprach nicht dem tatsächlich verlangten Preis, zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Die Beklagte meint, ein irgend gearteter Anspruch der Klägerin komme bereits deswegen nicht in Betracht, da diese in dem streitgegenständlichen Bericht nicht individualisierbar sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen TV-Beitrages. Es wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 03.08.2005.
Weiter wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie sämtliche sonstigen Aktenbestandteile.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
I.
Der Klageanspruch scheitert daran, dass die Klägerin in dem Bericht nicht hinreichend individualisierbar, d. h. als solche erkennbar ist.
Jedwede Anspruchsgrundlage, die im Stande wäre, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zu tragen, hat zur Voraussetzung, dass durch den streitgegenständlichen Bericht in ihre Rechtspositionen eingegriffen wurde. Dies wiederum ist aber nur denkbar, wenn aus dem Bericht ersichtlich wäre, dass dieser jedenfalls auch von der Klägerin handele. Dies konnte jedoch von der Klägerin nicht nachvollziehbar begründet werden.
1) Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2005 - sowie ihre Mitglieder in Vorbereitung auf den Termin - den Bericht mehrfach in Augenschein genommen. Die Passage, die sich nach ihrem Vortrag mit der Klägerin befasst, dauert nur wenige Sekunden. Hierbei ist der Mitarbeiter der Klägerin beim Öffnen der Tür lediglich von hinten zu sehen und als Person nicht individualisierbar. Auch weist seine Kleidung keinerlei Bezug zur Klägerin auf. Im Anschluss an das Öffnen der Tür wird für lediglich wenige Sekunden eine gelbe Rechnung eingeblendet, auf der links oben ein schwarzer Fleck erkennbar ist, bei dem es sich nach klägerischem Vortrag um das unverwechselbare Logo der Klägerin handeln soll. Gleichzeitig wird die Rechnung unterschrieben. Bildtechnisch wird die Rechnung sodann zum verschwimmen gebracht, während der Preis von 92,-- EUR in großen roten Zahlen überblendet wird.
Während dieser maximal 5 Sekunden andauernden Sequenz war es der Kammer - auch nach Inaugenscheinnahme verschiedener Werbeträger der Klägerin - nicht möglich, die eingeblendete Rechnung mit ihr in Verbindung zu bringen. Dies war auch bei längerem Betrachten des Standbildes nicht möglich.
Die Kammer hält es daher für ausgeschlossen, dass der unbefangene Betrachter im Stande wäre, einen unmittelbaren Bezug zur Klägerin herzustellen. Weiter hat die Kammer erhebliche Zweifel daran, dass dies auch eingeweihten Kreisen möglich wäre.
2) Dass die Klägerin aus dem Bericht heraus in sonstiger Weise hinreichend individualisierbar sein könnte, hat sie jedenfalls nicht substantiiert dargetan. Die vorgetragenen, jedoch bestrittenen Umsatzeinbußen nach der Sendung im Vergleich zu dem Halbjahr vor Ausstrahlung des Beitrags mögen insoweit zwar Indizwirkung entfalten, reichen als Beweis jedoch nicht aus.
Nach alledem steht zur überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Bericht nicht hinreichend erkennbar ist. Somit vermag der Beitrag auch nicht in Rechtspositionen der Klägerin einzugreifen, so dass die behaupteten Ansprüche nicht zur überzeugung der Kammer nachgewiesen werden konnten.
II.
Der Kostenausspruch folgt aus § 91 ZPO.
III.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen