Befugnisse der Presseselbstkontrolle

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

17. 12. 1959


Aktenzeichen

3 U 141(142)(143)/1959


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil den Landgerichts Hamburg, 15. Zivilkammer, von 28. Januar 1959 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird diesen Urteil geändert:

Die Klage wird vollen Umfanges abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von DM 5.000,-- abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Tatbestand


Tatbestand:

In der von der Klägerin herausgegebenen Zeitschrift "Der Stern" vom 19. April 1958 (Heft 16) erschien unter dem Titel "Tauaendundeine Nacht" mit dem Untertitel "Seit Soraya den Kaiserhof verließ, streiten sich die starken Männer Teherans um Liebe, Öl und Golddukaten" ein Bildbericht über die politischen Verhältnisse im Iran im Zusammenhang mit der Scheidung des Kaiserpaares. Dieser Bericht hatte einen offiziellen Protest der Kaiserlich Iranischen Botschaft in Köln ausgelöst, die in einer Note an das Auswärtige Amt gegen die in der genannten Reportage angeblich enthaltenen Beleidigungen in scharfer Form Verwahrung eingelegt und zugleich gebeten hatte, geeignete Schritte gegen den Verfasser einzuleiten. Das Auswärtige Amt Pressereferat - teilte dies dem Vorsitzenden des Deutschen Presserets, dem Beklagten zu 2), mit Brief vom 29. April 1958 (Bl. 241, 242) mit unter gleichzeitigem Hinweis darauf, daß der holländische Botschafter sich kürzlich inoffiziell über einen in der "Welt am Sonnabend" vom 19. April 1958 erschienenen Artikel beschwert habe, der unter dem Titel "Juliane will auf ihren Thron verzichten" entstellende Einzelheiten über das holländische Königspaar enthalten sollte. Beide Artikel waren dem Schreiben beigefügt. Der Beklagte zu 1) als Generalsekretär des Deutschen Presserats übersandte der Klägerin mit Brief vom 6. Mai 1958 (Bl.240) die Abschrift des Schreibens des Auswärtigen Amtes vom 29. April 1958 mit der Bitte um Stellungnahme. Er wies In diesem Brief darauf hin, daß der Deutsche Presserat sich auf seiner nächsten Sitzung mit den vom Auswärtigen Amt erhobenen Beschwerden beschäftigen werde (Bl. 9, 240). Die Klägerin erhob daraufhin Klage am 22. Mai 1958 gegen beide Beklagte mit den Anträgen, den Beklagten zu verbieten, Schreiben von Personen oder Ämtern, die sich durch Zeitschriftenpresseveröffentlichungen betroffen fühlten, an die Zeitschriftenverleger oder -redaktionen mit der Aufforderung zur Stellungnahme zu versenden und Fragen an sie zu richten; ferner in eigenen Veröffentlichungen Stellungnahmen namens des Deutschen Presserats zu verbreiten, sie als verabschiedete Beschließungen des Deutschen Presserats zu bezeichnen und im Namen des Deutschen Presserats Mißbilligungen oder herabsetzende Werturteile über die Gepflogenheiten oder gewerblichen Leistungen der Zeitschriftenverleger oder - redaktionen auszusprechen, eigene Verhaltungsmaßregeln für solche Fälle zu erteilen oder zu empfehlen.

Am 29. Mai 1958 trat der Deutsche Presserat zusammen. Über seine Sitzung wurde ein Kommuniqué heraus gegeben, das zunächst eine "Stellungnehme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verstärkung des Ehrenschutzes für ausländische Staatsoberhäupter" enthielt.

Es heißt dort wörtlich: (Anl. 4, Bl. 24a, 26):

"Indem der Deutsche Presserat diesen Gesetzentwurf ablehnt, erklärt er mit gleicher Entschiedenheit, daß er die geschmacklosen, aber auch persönlich und menschlich herabwürdigenden Berichte, die unter Einbruch in die Sphäre des privaten Lebens fremder Staatsoberhäupter oder ihrer Angehörigen veröffentlicht worden sind, auf das schärfste mißbilligt. Die Bundesregierung hat Veröffentlichungen in den Zeitschriften "Der Stern" und "Welt am Sonnabend" zum Anlaß ihren Gesetzentwurfes genommen. Der Deutsche Presserat fordert, daß die journalistische Verantwortungspflicht sorgsam gewahrt und die Pressefreiheit nicht durch Mißbrauch aufs schwerste gefährdet wird."

In dem Kommuniqué befindet sich weiter eine Stellungnahme zur Klage den "Stern" gegen den Deutschen Presserat, in der die Behauptung aufgestellt wurde, der Chefredakteur dem "Stern" habe nach einer Meldung der dpa wider besseres Wissen unwahre Behauptungen über die Zusammensetzung den Presserats aufgestellt. Dies veranlaßte die Klägerin, gegen beide Beklagte am 4. Juni 1958 eine einstweilige Verfügung zu beantragen, die auch am 6. Juni 1958 erlassen und durch Urteil den Landgerichte vom 14. August 19589 soweit sie sich gegen den Beklagten zu 2) richtete, bestätigt wurde. Dienen Urteil sowie die einstweilige Verfügung wurden durch Urteil den Hanseatischen Oberlandesgericht vom 19. Februar 1959 aufgehoben, da die Wiederholungsgefahr verneint wurde (Beiakte des Landgerichts Hamburg 15 C 106/589, Bl. 200 ff). Der Deutsche Preeserat ist eine Vereinigung von Delegierten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V., des Deutschen Journalistenverbandes e.V. sowie des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. . Sämtliche Mitglieder den Deutschen Presserats sind gleichberechtigt. Sie werden von ihren Berufsverbänden auf die Dauer von 2 Jahren delegiert. Der Deutsche Presserat hatte sich am 20. November 1956 eine vorläufige und mit Wirkung vom 1. Januar 1959 eine neue Geschäftsordnung gegeben und sich darin folgende Aufgaben gestellt (Anl. 5, Bl. 27, Anl. 22, Bl. 312):

a) Schutz der Pressefreiheit, Sicherung des unbehinderten Zugangs zu den Nachrichtenquellen;

b) Feststellen und Beseitigen von Mißständen im Prossewesen;

c) Beobachtung der strukturellen Entwicklung der deutschen Presse und Abwehr von freiheitsgefährdenden Konzern- und Monopolbildungen;

d) Vertretung der deutschen Presse gegenüber Regierung, Parlament und Öffentlichkeit und bei Gesetzesvorlagen, die Leben und Aufgaben der Presse angehen.

Auf mindestens halbjährlichen Sitzungen werden "Entschließungen" verabschiedet, für die eine 2/3 Mehrheit erforderlich ist. Der "Sprecher" bereitet die Sitzungen vor, leitet sie und unterzeichnet auch die Empfehlungen, die an Verlage und Redaktionen gerichtet werden. Der Sprecher trägt auch die Bezeichnung "Vorsitzer". Die laufenden Geschäfte des Presserats werden von dem "Generaleekretär" ehrenamtlich wahrgenommen. Der Beklagte zu 2) ist Mitglied des Deutschen Presserats und zur Zeit Sprecher bezw. Vorsitzer. Der Beklagte zu 1) ist der Generalsekretär des Deutschen Presserats und Chefredakteur der Fachzeitschrift und des Verbandsorgans "Zeitungsverlag und Zeitschriftenverlag" (Z.V. und Z.V.). Er ist nicht Mitglied des Deutschen Presserats. Nach der neuen Geschäftsordnung (Anlage 22, Bl. 313) ist er an die Weisungen den Sprechers gebunden und nimmt an allen Sitzungen des Presserats mit beratender Stimme teil. In dem Z.V. und Z.V. werden alle Entschließungen des Deutschen Presserats veröffentlicht. Auch das Kommuniqué vom 29. Mai 1958 ist in der Z.V. und Z.V. anschließend veröffentlicht worden. In der gleichen Zeitschrift war Anfang 1958 eine Entschließung den Deutschen Presserats in seiner Sitzung vom 2. Dezember 1957 zur Verwendung sogenannter "symbolischer Bilder" abgedruckt worden. Diese nahm auf Vorkommnisse Bezug, die sich im Verlag der Klägerin zugetragen hatten, ohne jedoch die Klägerin dabei zu nennen (Anl. 1, Bl. 7). In weiteren Veröffentlichungen hat der Deutsche Presserat zur Frage des Zeugnisverweigerungsrechts der Journalisten und zum Bericht der Zeitschrift "Revue" mit dem Titel "Tagebuch der englischen Königin" Stellung genommen (Anl. 1, Bl.7, Anl. Bl.26). Die Klägerin hat im Hinblick auf das Kommuniqué vom 29. Mai 1958 die Klage erweitert. Sie verlangt Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der sie diskriminierenden Behauptung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtungen der Beklagten. Die Klägerin wendet sich gegen die Tätigkeit den Deutschen Presserats, die sie für unzulässig hält. Sie hat folgendes vorgetragen:

Durch die Bezeichnung "Deutscher Presserat" und durch die Einführung des Titels "Generalsekretär" für den Beklagten zu 1) werde in der Öffentlichkeit fälschlich der Eindruck hervorgerufen, es handele sich um eine demokratisch gewählte Selbstverwaltungskörperschaft oder ein Organ, das zumindest eine offizielle, durch gesetzliche Grundlagen sanktionierte Funktion ausübe. Es fehle jedoch an jeder Vorschrift, die die Berechtigung zur Führung derartiger Bezeichnungen zulasse. Aber auch der Aufgabenkreis des Presserats sei mit den bestehenden Gesetzen nicht vereinbar.

Sie übten mit ihren Journalistenkollegen ein Sittenrichteramt und eine Geschmackszensur aus. Das sei ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, der sowohl die Vorzensur, als auch die Nachzensur verbiete. Da die Beklagten sich bei ihrer Tätigkeit auf einen staatlichen Auftrag nicht stützen könnten und ihre Erklärungen und Mißbilligungen nicht nach der Art einer parlamentarischen Körperschaft als "Entschließung" verabschieden dürften, handelten sie auch wettbewerbswidrig im geschäftlichen Sinne. Der Deutsche Presserat verstoße mit den Veröffentlichungen seiner Kommuniqués auch gegen das Rechtsgut des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes der Klägerin, in den durch Veröffentlichung der Entschließungen zur Frage der Verwendung sog. "symbolischer Bilder" und zur "Lex Soraya" unmittelbar eingegriffen worden sei. Daß dies auch beabsichtigt war, ergäbe sich aus einer Veröffentlichung in der Zeitung "Die Welt" vom 17./18. Juni 1956, in der es über die Tätigkeit den Deutschen Presserates heißt (Anl. 9, Bl. 71): "Er ist dazu übergegangen, die also Getadelten zu nennen. Er will das auch in Zukunft tun ...". Dieser Artikel stamme aus der Feder eines maßgeblichen Mitgliedes des Presserats und gebe dessen Auffassung wieder. Auch der Beklagte zu 2) habe als offizieller Sprecher in diesem Zusammenhang erklärt: "Wenn ein Verlag von uns erst zweioder dreimal genannt ist, wird er sich das schon merken." (Bl.19/20). Hierin liege nicht nur eine Anmaßung und Bevormundung der Presse, sondern auch die Ankündigung eines verfassungswidrigen Druckmittels, durch das die Freiheit der Meinungsäußerung eingeschränkt und ein Standeszwang in der Art einer Presseehrengerichtsbarkeit eingeführt werde.

Die Beklagten hätten auch kein Recht, Schreiben von Privatpersonen oder Behörden, die sich durch bestimmte Veröffentlichungen betroffen fühlten, an die Verlage oder Redaktionen der beanstandeten Zeitschrift mit der Aufforderung zur Stellungnahme zu übersenden, weil hierdurch bei den Empfängern der Eindruck erweckt werde, sie hätten - da es sich um die Aufforderung eines "Rates" handele - eine Rechtspflicht zur Beantwortung der gestellten Fragen.

Da sich ein Teil der Mitglieder den Deutschen Presserates aus Vertretern der Tagespresse zusammensetze, bestehe auch eine erhebliche Interessenkollision, indem diese über die erfolgreichere Publizistik der Zeitschriftenpresse zu entscheiden hätten. Außerdem könne sich die Klägerin von dem Verleger der Zeitschrift "Quick", der Mitglied des Presserats sei, nicht vorschreiben lassen, wie sie den "Stern" zu gestalten habe, da sie diesem umgekehrt auch keine Vorschriften machen könne.

Gegen Mitglieder des Presserats werde auch nichts unternommen, obwohl in deren Verlagserzeugnissen seit Jahren rührselige und indiskrete Berichte über die Privatsphäre von Staatsoberhäuptern und deren Familienangehörigen erschienen seien. In dem Falle einer über den Sohn den dominikanischen Präsidenten Trujillo in der Zeitschrift "Revue" abgedruckten Reportage habe der Presserat trotz Aufforderung durch die Klägerin nichts unternommen, obwohl ähnliche Voraussetzungen wie im Fall Soraya vorgelegen hätten. Schließlich sei die Diskretionspflicht des Presserats durchbrochen worden, indem Unterlagen, die der Tätigkeit den Presserats zugrundelagen, an den verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift "Der Journalist" ..., der nicht Mitglied den Presserats ist, herausgegeben worden seien, so daß dieser sie in einem Prozeß gegen die Klägerin - 15 Q 120/58 den Landgerichts Hamburg - habe verwenden können.

Im übrigen sei die Tätigkeit den Deutschen Presserats auch überflüssig, weil die Pressefreiheit ausreichend durch die Gerichte geschützt werde und außerdem eine freiwillige Selbstkontrolle bestehe.

Durch sein Kommuniqué vom 29. Mai 1958 über die Beratungen zur geplanten "Lex Soraya" habe der Deutsche Presserat in ganz besonders krasser Weise in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen. Der Wortlaut dieses Kommuniqués könne vom unbefangenen Leser nur so verstanden werden, daß der Bericht im "Stern" in geschmackloser, aber auch persönlich und menschlich herabwürdigender Weise abgefaßt und so zum Anlaß des Gesetzentwurfes der Bundesregierung geworden sei. Der Inhalt den Bildberichts könne jedoch mit derartigen Bezeichnungen nicht belegt werden, da er einen echten politischen Informationsgehalt aufweise, indem er die Neigung der Machthaber den vorderen Orients enthülle, im Wege der Schaukelpolitik zwischen den Machtblöcken von Ost und West die größtmöglichen Konzessionen von beiden Seiten zu erhalten. Hätten die Beklagten diesen Bericht mit der zu fordernden Genauigkeit und Sorgfalt geprüft, so hätte ihnen nicht entgehen können, daß der Artikel im "Stern" zu Unrecht zum Anlaß eines Gesetzentwurfes über den Ehrenschutz genommen worden war.

Durch die kritiklose Übernahme der vom Bundenaußenminister ... gemachten abfälligen Äußerungen über den Bildbericht befänden zieh die Beklagte nunmehr in einer Lage, wie der Bischof von Münster und sein Verlag, der die Zeitschrift "Constanze" aus sittlicher und moralischer Entrüstung als "Sumpfblüte" bezeichnet habe, dann aber zur Unterlassung und Widerruf dieser Behauptung verurteilt worden sei (BGH 3, 270 und 14,163). Die Beklagten haften daher nach § 54 BGB, wie auch als unmittelbare Störer auf Unterlassung und Ersatz den durch die Veröffentlichung der "Entschließung" entesandenen Schadens.

Die Klägerin, die sich in ihrem Antrag in der Klagschrift (Bl. 1) zunächst nur gegen die Tätigkeit des Presserats generell gewandt hatte, hat später ihren Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz und Verbot geschäftsschädigender Erklärungen ausgedehnt und beantragt:

I. den Beklagten als Gesamtschuldnern bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Geld- oder Haftstrafe zu untersagen,

1.) im Rechtsverkehr die Bezeichnung "Deutscher Presserat" zu führen und in dessen Namen zu handeln,

a) Beklagter zu 1) unter der Bezeichnung "Generaleekretär des Deutschen Preeserats"

b) Beklagter zu 2) unter der Bezeichnung "Vorsitzer oder Sprecher den Deutschen Presserats",

2.) unter den vorgenannten Bezeichnungen Schreiben von Personen oder Ämtern und Behörden, die sich durch Zeitschriftenveröffentlichungen betroffen fühlen, an Verlage oder Redaktionen mit der Aufforderung zur Stellungnahme oder Fragenbeantwortung zu versenden,

3.) unter den zu 1.) genannten Bezeichnungen in eigenen Veröffentlichungen, insbesondere durch Abdruck im "Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag" eigene Stellungnahmen im Anschluß an 2.) zu verdreiten,

a) diese als "verabschiedete Entschließungen" des "Deutschen Presserats" zu bezeichnen,

b) hierin gegen Zeitschriften, deren Verleger oder Redaktionen gerichtete herabsetzende tatsächliche Behauptungen oder gewerbestörende Werturteile auszusprechen,

c) generelle Verhaltungsmaßregeln für solche Fälle oder konkrete Maßnahmen für den Einzelfall zu empfehlen,

d) die Beteiligten mit Namen zu nennen oder für den Leser identifizierbar zu machen,

e) die ihnen in Ausübung der vorbezeichneten Tätigkeit anvertrauten Unterlagen und Schriftwechsel ohne Genehmigung der Beteiligten an fremde Verlage und Redakteure weiterzugeben,

II. im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 5. Strafrechtsänderungsgesetz (Lex Soraya) in Bezug auf die Klägerin die Behauptung aufzustellen, zu verbreiten oder zu wiederholen:

"Der Stern" habe "geschmacklose, aber auch persönlich und menschlich herabwürdigende Berichte unter Einbruch in die Sphäre den privaten Lebens fremder Staatsoberhäupter oder ihrer Angehörigen" veröffentlicht,

III. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch Aufstellung und Verbreitung der zu II) bezeichneten Behauptung erwachsen ist und noch erwächst,

IV. die Klägerin zu befugen, den erkennenden Teil des Urteils binnen 2 Monaten nach Verkündung auf Kosten der Beklagten in der "Welt", der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und im "Stern" zu veröffentlichen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Aktivlegitimation der Klägerin und ihre eigene Passivlegitimation bestritten. Nach ihrer Ansicht könne die Klägerin nur insoweit Anträge stellen, als sie selbst verletzt sei, jedoch nicht im Namen der gesamten Zeitschriftenpresse. Ihr Verlangen, generell die Tätigkeit den Presserats für unzulässig zu erklären, sei daher auf jeden Fall unbegründet.

Die Beklagten könnten aber auch nicht für die Tätigkeit den Presserats verantwortlich gemacht werden. Bei dem Presserat selbst handele es sich weder um einen Verein noch um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern um einen von den einzelnen Berufsverbänden der Presse geschaffenen Ausschuß mit rein ideeller Zielsetzung. Wenn die Klägerin die Tätigkeit des Presserats beanstanden wolle, müsse sie sich an ihren Fachverband wenden, der ein Mitglied, nämlich den Verlagsdirektor Dr. Funk, Hamburg, in den Deutschen Presserat delegiert habe.

Im übrigen sei der Beklagte zu 1) nicht Mitglied des Presserats, sondern nur dessen ehrenamtlicher Sekretär zur Erledigung des Geschäftsverkehrs. Als Chefredakteur der Zeitschrift "Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag" könne er auch nicht verantwortlich gemacht werden, da es seine selbstverständliche Pflicht sei, die Entschließungen des Deutschen Presserats in dem Verbandsorgan der Verlegerverbände, die ebenfalls im Presserat vertreten seien, zu veröffentlichen.

Der Beklagte zu 2) habe als einzelnes Mitglied auf die Entschließungen des Pressersts keinen Einfluß. Seine Stimme als Vorsitzer habe kein größeren Gewicht als die der anderen Mitglieder. Da sämtliche Entschließungen nur mit 2/3 Mehrheit gefaßt werden könnten, könne der Einzelne eine Abänderung einen Abstimmungsergebnisses nicht bewirken.

Die gewählten Bezeichnungen "Rat", "Generalsekretär" und "Sprecher" könnten nicht beanstandet werden. Aus ständigen Veröffentlichungen sei bekannt, daß der Deutsche Presserat keine staatliche Autorität und keine Exekutive besitze. Er habe sich auch nicht angemaßt, eine Art Ehrengerichtsbarkeit für die Presse auszuüben.

Abgesehen davon, könne auch von einer Vor- oder Nachzensur durch den Deutschen Presserat oder von "Verrufserklärungen" keine Rede sein. Ebensowenig sei der Begriff "Sittenrichteramt" am Platze. Der Deutsche Presserat habe sich in seinen Stellungnahmen stets Zurückhaltung auferlegt und vermieden, irgendwelche Namen zu nennen. So enthalte auch das Kommuniqué über die Sitzung vom 29. Mai 1958 nur eine ganz allgemeine Mißbilligung bestimmter Veröffentlichungen, ohne daß auf den "Stern" Bezug genommen worden sei. Ganz unabhängig von dieser Erklärung werde anschließend berichtend festgestellt, daß die Bundesregierung Veröffentlichungen in den Zeitschriften "Der Stern" und "Welt am Sonnabend" zum Anlaß ihren als "Lex Soraya" bekannt gewordenen Gesetzentwurfes genommen habe. Eine Mißbilligung der Zeitschrift der Klägerin liege hierin nicht, so daß das Kommuniqué nicht beanstandet werden könne. Der Deutsche Presserat sei im Gegenteil der Auffassung gewesen, daß der Artikel "Tausendundeine Macht" im "Stern" als Vorwand für die "Ley Soraya" schlecht gewählt sei.

Das gehe aus verschiedenen Veröffentlichungen einzelner Presseratsmitglieder hervor.

Im übrigen nehme der Deutsche Presserat für sich das Recht der freien Meinungsäußerung in Anspruch. Zumindest seien seine Erklärungen durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt, weil der Presserat zum Wohle der gesamten Presse in der Absicht gehandelt habe, dem Gesetzgeber jeglichen Vorwand für Maßnahmen zur Beschränkung der Pressefreiheit zu nehmen. Der Hinweis darauf, daß der Presserat wegen der Institution der Freiwilligen Selbstkontrolle der Zeitschriften überflüssig sei, sei nicht schlüssig, da sich die Freiwillige Selbstkontrolle nur auf ein Teilgebiet beschränke, nämlich auf das Gebiet den Jugendschutzes, für das eine staatliche Kontrolle zugelassen sei, die durch Einrichtung der Selbstkontrolle möglichst vermieden werden solle.

Daß der Deutsche Presserat überhaupt Wettbewerbsverstöße begehen könne, sei ausgeschlossen. Eine Interessenkollision der Mitglieder mit ihrer beruflichen Tätigkeit sei ausgeschlossen, weil die Notwendigkeit einer 2/3 Mehrheit für jede Entschließung einen alleinigen Einfluß der Tagespresse einerseits oder der Zeitschriftenpresse andererseits mit Sicherheit verhindere. Durch den in zweijährigem Abstand eintretenden Wechsel der Mitglieder, die von den Berufsverbänden ausgewählt würden, sei darüberhinaus die Unabhängigkeit gewährleistet. Ein Wettbewerbshandeln sei auch mit den selbstgesetzten Zielen des Presserats völlig unvereinbar, die in einer Selbstordnung der Presse im Gesamtinteresse, nicht aber in der Benachteiligung einzelner Unternehmen lägen. Die vom Presserat zum Gegenstand einer Entschließung gemachten Fälle seien auch stets von allgemeiner Bedeutung für die deutsche Presse gewesen. Die Vorgänge, die der Anlaß zu der Entschließung über die Verwendung sog. "symbolischer Bilder" vom 2. Dezember 1957 gewesen seien, hätten einen großen Aufruhr in der Berliner Presse verursacht. Jedoch habe der Presserat in diesem Zusammenhang weder die Klägerin noch ihre Zeitschrift namentlich genannt. Der "Fall Trujillo" sei wesentlich andere gelagert, als der Bericht "Tausendundeine Macht" oder der Artikel "Juliane will auf ihren Thron verzichten", der in der "Welt am Sonnabend" erschienen war. Während diese Fälle vom Auswärtigen Amt öffentlich zum Anlaß einer Kritik genommen worden waren, sei im "Fall Trujillo" dem Presserat lediglich mitgeteilt worden, daß das Auswärtige Amt eine Beschwerde der dominikanischen Republik auf diplomatischem Wege beizulegen wünsche. Der Bundesregierung sei es daher nicht angenehm gewesen, wenn der Fall offiziell vom Deutsehen Presserat erörtert worden wäre. Aus diesem Grunde sei eine öffentliche Stellungnahme des Deutschen Presserats in diesem Fall unterblieben, da keine irgendwie gearteten nachteiligen Folgen für die Presse zu befürchten waren.

Die Beklagten hätten auch nicht ihre Diskretionspflicht hinsichtlich ihnen zugänglicher Unterlagen verletzt. Die Klägerin habe gegen den Chefredakteur ... die gleichen Vorwürfe erhoben und bei ihrem gerichtlichen Vorgehen teilweise die gleichen Klaganträge gestellt. Zwischen ... und den Beklagten habe daher eine Prozeßgemeinschaft bestanden.

Die Parteien haben in zahlreichen Anlagen Nachweise über die im Zusammenhang mit dem Streitstoff stehenden Presseveröffentlichungen und über den zwischen den Parteien geführten Schriftwechsel beigebracht. Auf sie wird ergänzend verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 28. Januar 1959, das vorgetragen wurde und auf das ergänzend verwiesen wird (Bl. 186 ff), unter Abweisung der Klage im übrigen nur dem Klagantrag zu II) und III) stattgegeben. Es hat die Paasivlegitimation der Beklagten bejaht und zwar des Beklagten zu 1) als "Störer" im Sinne des § 1004 BGB durch die Veröffentlichung den Kommuniqués vom 29. Mai 1958 in der Zeitschrift Z.V. und Z.V., dessen Chefredakteur er ist und die des Beklagten zu 2) nach § 54 BGB. Es hält die Bildung und die Tätigkeit des Deutschen Presserats für erlaubt. Durch ihn werde nicht eine Vor- oder Nachzensur nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 3 GG ausgeübt, da er keine staatliche Autorität oder Machtbefugnis besitze. Auch die Bezeichnung "Rat" könne nicht als unzulässig angesehen werden, da diese Bezeichnung in der Politik, in der Wirtschaft und zahlreichen anderen Lebensgebieten häufig verwendet werde. Das gleiche gelte für die Bezeichnung "Generaleakretär", "Vorsitzer" und "Sprecher". Die Entschließungen des Deutschen Presserats enthielten keine Wettbewerbehandlungen, da der Deutsche Presserat kein gewerbliches Unternehmen sei, sondern nur ein Gremium von 20 Einzelpersönlichkeiten, die von ihren Berufsverbänden delegiert würden. Eine Verfolgung von Gruppeninteressen scheide deswegen aus, weil nach der vorläufigen Geschäftsordnung eine 2/3 Mehrheit notwendig sei. Der Zweck der Tätigkeit den Deutschen Presserats sei nach der Gründungsurkunde vom 20. November 1956 rein ideeller Natur. Der Presserat könne nicht daran gehindert werden, Schreiben von Personen oder Ämtern und Behörden, die sich durch Zeitschriftenveröffentlichungen betroffen fühlten, an Verlage und Redaktionen mit der Aufforderung zur Stellungnahme oder Beantwortung zu übersenden. Es bleibe der freien Entscheidung der Empfänger vorbehalten, ob sie solcher Aufforderung Folge leisten wollen. Bei seinen Entschließungen müsse der Presserat sich allerdings an die Vorschriften der allgemeinen Gesetze halten und dürfe das Recht der persönlichen Ehre nicht verletzen und ferner unrichtige geschäftsschädigende Behauptungen oder gewerbestörende Äußerungen nicht verbreiten. Aber nur soweit dadurch die Rechte der Klägerin verletzt würden, habe sie einen Anspruch auf Unterlassung, der eine konkrete Verletzungshandlung voraussetze. Dies treffe nur für den Antrag zu II) zu. Das Kommuniqué des Deutschen Presserats vom 29. Mai 1958 vermittle dem unbefangenen Leser den Eindruck "Der Stern" habe geschmacklose, aber auch persönlich und menschlich herabwürdigende Berichte veröffentlicht. Der Deutsche Presserat habe durch die Art der Wiedergabe der Ansicht des Auswärtigen Amtes den Eindruck erweckt, daß er die den "Stern" scharf kritisierende Auffassung teile. Diese Kritik an dem Bildbericht der Klägerin "Tausendundeine Macht" sei auch nach Ansicht der Beklagten unrichtig. Der Artikel sei als Vorwand für die "Lex Soraya" schlecht gewählt. Die Wiederholungsgefahr hat das Landgericht im Hinblick auf das gespannte Verhältnis bejaht. Es sei auch ein Feststellungsinteresse der Klägerin für die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit spreche dafür, daß der Klägerin durch die unrichtige und herabsetzende Veröffentlichung der Beklagten ein Vermögesschaden durch eine Verminderung ihres Absatzes entstanden sei. Selbst wenn man in dem beanstandeten Absatz des Kommuniqués ein Werturteil erblicke, sei es geschäfteschädigend, da en einen unmittelbaren Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle. Die Veröffentlichungsbefugnis hat das Landgericht nicht für geboten gehalten.

Gegen diesen nicht zugestellte Urteil haben die Klägerin sowie beide Beklagte Berufung eingelegt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1) die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise

Befugung,

2) unter Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit, den Beklagten als Gesamtschuldnern bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Geld- oder Haftstrafe zu untersagen, im Rechtsverkehr unter der Bezeichnung "Deutscher Presserat" oder in dessen Namen, Beklagter zu 1) als "Generalsekretär", Beklagter zu 2) als "Vorsitzer" oder "Sprecher" öffentlich

a) natürliche oder juristische Personen, Ämter oder Behörden zur Einsendung von Beschwerden oder Material hierfür aus Anlaß von Veröffentlichungen in Verlagserzeugnissen der Klägerin aufzufordern,

b) Beschwerden zu a) an Klägerin mit der Aufforderung zur Stellungnahme, Fragebeantwortung oder Rechtfertigung ihres Verhaltens zu versenden,

c) über a) bis b) in Presseratsversammlungen "abstimmen" zu lassen,

d) in eigenen, als "verabschiedeten Entschließungen" bezeichneten Veröffentlichungen im Anschluß an a) - e) gegen Klägerin oder deren Verlagsangehörige gerichtete herabsetzende tatsächliche Behauptungen oder gewerbestörende sowie geschäftsschädigende Werturteile zu verbreiten,

e) im Zusammenhang mit a) - d) oder im Anschluß hieran den Beschwerdeführern oder Verlagsangehörigen generelle Verhaltungsmaßregeln oder Ratschläge zu erteilen oder konkrete Maßnahmen für den Einzelfall vorzuschreiben,

f) in a) - e) die Klägerin, ihre Verlagserzeugnisse oder Verlagsangehörigen mit Namen zu nennen oder für den Empfänger oder Leser der Mitteilung identifizierbar zu machen,

g) in Ausübung der Tätigkeit zu a) - f) zu Kenntnis erhaltene Unterlagen ohne Genehmigung der Einsender an Dritte weiterzugeben mit Ausnahme der dafür gesetzlich zuständigen Gerichte oder Behörden.

Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen im ersten Rechtszuge.

Da das Landgericht in konkreten Einzelfall der Unterlassungeklage stattgegeben hätte, sei auch die vorbeugende Unterlassungsklage begründet, da eine Wiederholungsgefahr sich aus der Geschäftsordnung des Deutschen Presserats und den einzelnen Veröffentlichungen der Mitglieder des Presserats eindeutig ergebe. Es bleibe zwar die Kritik im Einzelfall frei; aber die systematische Überwachung durch sogenannte Standesorganisationen sei unzulässig, da damit das Zensurverbot den Grundgesetzes verletzt werde, besonders dann, wenn Sanktionen durch öffentliche Verrufserklärungen eingeschaltet würden. Der Deutsche Presserat betätige sich als berufsständisches Standesaufsichtsorgan.

Der öffentliche Verruf müsse auch als typischen "Standesorganisationszwangsmittel" angesehen werden. Es handele sich hierbei im Gegensatz zu den sonst im Rahmen der Ehrengerichtsbarkeit üblichen Verwarnungen, Verweisen, Rügen oder Mißbilligungen um eine weit empfindlichere Maßnahme, da sie nicht "vereinsintern" bleibe, sondern mit voller Nennung des Namens des Betroffenen veröffentlicht werde.

Dadurch, das der Deutsche Presserat sich in den Fall den Studenten ... in Zusammenhang mit der Frage der Verwendung sogenannter symbolischer Bilder öffentlich als "Beschwerdezentrale" für Pressegeschädigte ausgegeben und öffentlich aufgefordert habe, Stoff und Material einzusenden, unter der Ankündigung, diesen Material unter voller Namensnennung zu veröffentlichen, bereite der Deutsche Presserat ständig Handlungen vor, die sich gegen den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin richteten. Es müsse daher den Beklagten generell verboten werden, herabsetzende, geschäftsschädigende Werturteile In der Öffentlichkeit zu verbreiten, weil dies die Gefahr wirtschaftlicher Nachteile mit sich bringe.

Die Bezeichnungen "Rat" und "verabschiedete Entschließungen" riefen in der Öffentlichkeit falsche Eindrücke hervor. Die vom Landgericht angeführten Begriffe "Europarat", "Aufsichtsrat", "Betriebsrat" beruhten sämtlich auf gesetzlichen Bestimmeungen, so daß der Begriff "Rat" stets Ausdruck gesetzlich verliehener Machtbefugnisse sei, an denen es bei den Beklagten gerade fehle. Ebenso seien die Titel "Generalsekretär" und "Vorsitzer" unzulässig, da sie den falschen Anschein erweckten, als ob es sich bei dem von Ihnen vertretenen Gremium um eine juristische Person handele, darüber hinaus aber auch den falschen Anschein der offiziellen Verleihung dieser Titel. Gerade in der Führung von Titeln, die den Anschein erweckten, als gingen sie von amtlichen Stellen aus, liege der Wettbewerbsverstoß. Die Veröffentlichungen unter derartigen Titeln würden vom harmlosen Staatsbürger so aufgefaßt, daß er sie zu befolgen habe, weil es sich um die Äußerung einer staatlichen Stelle handele.

Die Wettbewerbswidrigkeit des Handelns der Beklagten folge daraus, daß den Entscheidungen den Presserats reine Kampfabstimungen unter Konkurrenten vorausgingen. Aus der Entstehungegeschichte das Deutschen Presserats sei zu entnehmen, daß zuerst ein Zusammenschluß der Journalisten mit den Zeitungsverlegern erfolgt war, der sich gegen die Zeitschriftenverleger gerichtet habe. Erst später hätten sich einige Zeitschriftenverleger aus Sorge über den schädlichen Einfluß der Journalisten und Zeitungsinteressenvertreter auf die illustrierte Presse zur Mitarbeit in Presserat entschlossen.

Heute handelten jedoch die dem Presserat angehörigen Mitglieder nicht als Verbandsfunktionäre, sondern in eigener persönlicher Verantwortung, wie die Beklagten selbst erklärt hätten. Im Deutschen Presserat seien nun aber Journalisten vertreten, die je nachdem, wie sie beschäftigt sind, bei Konkurrenzillustrierten oder als Zeitungsjournalisten tätig seien. Sie seien in jedem Fall, da irgendeine Unabhängigkeit von den Weisungen ihrer Arbeitgeber in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen sei, von den Konkurrenzinteressen und -wünschen der nie entsendenden Verlagshäuser und Redaktionen völlig abhängig. Zeitungsverleger seien die schärfsten Rivalen der Illustrierten auf dem Anzeigennarkt. Ihre Stimnabgabe sei also in jedem Fall von dem Bestreben diktiert, im Interesse der Tagespresse die Illustriertenpresse auf dem Markt der Druckererzeugnisse zurückzudrängen. Es stehe bei dieser Zusammensetzung den Presserats, dem auch der Verleger der schärfsten Konkurrenzillustrierten des "Stern", "Quick", angehöre, von vornherein fest, wie die Abstimmung über einen Außenseiter ausfallen werde.

Verbandsinterne Dinge dürften auch nich an verbandsexterne Kreise, wie Tagespresse, Nachrichtenagenturen und die auch von Nichtsvereinsmitgliedern beziehbaren Fachzeitschriften "Der Journalist" und "Zeitungs-Verlag und Zeitschriften-Verlag" weitergegeben werden. Hinsichtlich Gerichtsentscheidungen sei schon seit langem geklärt, daß sie in Fachzeitechriften nur dann veröffentlicht werden dürften, wenn Rubrum und Namensnennungen abgekürzt werden, so daß nicht ohne weiteren die betroffenen Parteien erkennbar sind.

Ausschlaggebend für die Wettbewerbswidrigkeit des Handelns der Beklagten sei die unstreitige Tatsache, daß der Deutsche Presserat Wochenendzeitungen, die fast 52 Nummern in Jahr pausenlos mit Soraya-Überschriften gebracht haben, nicht beanstandet haben, während der "Stern" wegen einen einzigen Artikels, der seinem Inhalt nach noch nicht einmal zu beanstanden sei, auf das schärfste kritisiert werde.

Aus allem gehe hervor, daß die Beklagten in Wahrheit von den Interessenten im Sinne des Behinderungswettbewerbs gesteuert würden. Die Anabhängigkeit in ihrem Amt sei durch keinerlei Vereidigung, Verschwiegenheitsverpflichtungen oder die Garantien des Gerichtsverfassungsgesetzes gesichert.

Die Beklagten beantragen,

1) die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

2) unter Änderung des Urteils die Klage vollen Umfanges abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) wiederholt sein Vorbringen im ersten Rechtszuge und trägt zur Begründung der Berufung folgendes vor:

Das Landgericht habe zu Unrecht seine Passivlegitimation auf § 54 BGB gestützt, weil der Deutsche Presserat alle wesentlichen Merkmale des nicht rechtsfähigen Vereins nicht erfülle. Bei Bewertung der in dem Kommuniqué vom 29. Mai 1958 enthaltenen Erklärung müsse beachtet werden, daß die Veröffentlichung nicht für den oberflächigen Leser einer Massenzeitschrift bestimmt gewesen sei, sondern für den Fachkreis der Verleger und Journalisten, also für kritische Leser. Man könne daher nicht von der Wirkung auf den unbefangenen Leser ausgehen, wie es das Landgericht getan habe.

Entscheidend sei vor allem, daß der Presserat mit dem Kommuniqué gar nicht den Willen habe zum Ausdruck bringen wollen, daß er den Bildbericht "Tausendundeine Macht" mißbillige. Dies sei im vorliegenden Prozeß von Anfang an erklärt worden, ergäbe sich jedoch auch aus der Stellungnahme den Presseratsmitgliedes ... in der "Münchener Abendzeitung" (Anl. 3 a, Bl.21) und des Beklagten zu 2) selbst in der Zeitschrift "Der Journalist", die beide zum Ausdruck gebracht hätten, daß der "Stern"-Artikel ein politischer Artikel sei, gegen dessen eigentlichen Inhalt nichts eingewendet werden könne. Soweit das Landgericht auf die Wirkung der Veröffentlichung abgestellt habe, sei zu bemerken, daß eine solche Wirkung durch entgegenstehende Erklärungen im --1orozeß und durch die Veröffentlichung den Beklagten zu 2) in "Der Journalist den beteiligten Fachkreisen gegenüber ausgeschaltet sei.

Die fragliche Veröffentlichung sei auch überhaupt nicht geeignet, Nachteile für die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin herbeizuführen. Das Kommuniqué wende sich nich an den großen Kreis der Leserschaft des "Stern", sondern an den geschlossenen Kreis der Berufskollegen. Da sich der Presserat auch nach seiner Aufgabe nicht als Wettbewerber betätige, scheide eine Gewerbestörung von vornherein aus. Die für den Unterlassungsanspruch unerläßliche Wiederholungsgefahr liege nicht vor, da der Presserat zunächst gar nicht den Willen gehabt habe, der Klägerin Geschmacklosigkeit vorzuwerfen und darüber hinaus einzelne Presseratsmitglieder in Veröffentlichungen die wirkliche Meinung den Presserats zum Ausdruck gebracht hätten. Schließlich hätten die Beklagten im Verlauf den Prozessen mehrfach die Erklärung abgegeben, daß der "Stern"-Artikel nicht zu den geschmacklosen Berichten gehöre und eine gegenteilige Auffassung während nunmehr 1 1/2 Jahren seit Beginn den Prozessen nicht mehr wiederholt.

Wie sehr der Beklagte zu 2) darauf bedacht sei, das gespannte Verhältnis aufzulockern, sei daran zu erkennen, daß der Presserat davon Abstand genommen habe, verleumderische Vorwürfe des Chefredakteure der Klägerin in einen Artikel des "Stern" vom 11. Oktober 1958, der dem Presserat Verrat an der Sache der Pressefreiheit vorwerfe, gerichtlich zu verfolgen.

Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht sei unbegründet, da es dem Presserat am Schädigungswillen gefehlt habe und im übrigen mit der Veröffentlichung des Kommuniqués die Interessen der Gesamtheit der Presse wahrgenommen worden seien. Der Presserat habe sich angesichts der drehenden Maßnahmen der Regierung in einem gewissen Notstand befunden, aus dem heraus die Gesamtinteressen der Presse bei einer Güter- und Pflichtenabwägung den Einzelinteressen der Klägerin vorzuziehen seien.

Der Beklagte zu 1) wiederholt ebenfalls sein Vorbringen im ersten Rechtszuge und schließt sich den Ausführungen des Beklagten zu 2) an. Er macht weiter geltend: Er sei nicht passivlegitimiert, denn die Klaganträge ergäben zweifelsfrei, daß die Klägerin ihn nur in seiner als Generalsekretär des Deutschen Presserats in Anspruch nähme. Er habe aber lediglich weisungsgebunden gehandelt und sei nicht Mitglied des Presserats. Als Chefredakteur des Verbandsorgans Z.V. und Z.V. sei er verpflichtet, das Kommuniqué des Deutschen Presserats hierin zu veröffentliehen. Er sei daher nicht Störer im Sinne den § 1004 BGB.

Die Veröffentlichungen in dem Verbandsorgan Z.V. und Z.V. wendeten sich an kritische Leser, die ohne weiteres erkennen könnten, daß das Kommuniqué lediglich die Auffassung der Regierung wiedergäbe. Irgendwelche Nachteile könnten durch diese Veröffentlichung der Klägerin nicht erwachsen. Die Klägerin habe ihren Schaden auch nicht dargetan, insbesondere auch nicht angegeben, ob und in welchem Umfange die Auflagenziffer des "Stern" nach Erscheinen des Kommuniqués zurückgegangen sei. Es sei sehr wohl möglich, daß ihre Leserschaft sich sogar infolge den Kommuniqués erhöht habe. Da, wie das Landgericht zu Recht festgestellt habe, keine Wettbewerbshandlung vorliege, bestehe auch keine Wiederholungegefahr.

Das Landgericht habe von sich aus prüfen müssen, ob das Werturteil über den Bildbericht der Klägerin nicht objektiv zutreffend sei. Verschiedene Stellen in dem Bildbericht böten gerade einem gehobenen und anspruchsvollen Leserkreis Anlaß zur Kritik. Er verweist in seinem Schriftsatz vom 13. November 1959, Seite 21 - 23 (Bl. 288-290) auf die zu beanstandenden Stellen in dem Bildbericht. Da dem Deutschen Presserat das Recht der freien Meinungsäußerung zustehe, sei die Rechtswidrigkeit ausgeschlossen. Die Pflichten - und Güterabwägung bei der Frage der Rechtswidrigkeit eines Werturteils müsse vorliegend dazu führen, daß nicht die Klägerin sondern die durch den Deutschen Presserat vertretene Presse geschützt werde.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die inhaltlich vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige und auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Berufungen der Beklagten sind begründet.

Die Passivlegitimation der beiden Beklagten ist zwar gegeben. Der Beklagte zu 1) ist Störer im Sinne den § 1004 BGB, weil er das Kommuniqué vom 29. Mai 1958 sowie dere Kommuniqués in dem Fachorgen Z.V. und Z.V. als Chefredakteur veröffentlicht hat. Er ist zwar in seiner Eigenschaft als Generalsekretär des Deutschen Presserats von der Klägerin in Anspruch genommen. Er hat aber auch in dieser Eigenschaft die Veröffentlichung in dem Fachorgan veranlaßt, da dies zu seinen Obliegenheiten als Generaleekretär gehöhrt. Er kann sich nicht darauf berufen, daß er nur weisungegebunden handele, da er selbst nicht Mitglied des Presserats sei. Darauf kommt es nicht an, denn auch, wenn er im Auftrage des Deutschen Presserats handelt, darf er dessen Enschließungen dann nicht zur Veröffentlichung bringen, wenn durch sie in die Rechtssphäre dritter Personen eingegriffen wird, wie dies die Klägerin behauptet. Wer die adäquate Ursache für die Beeinträchtigung der Rechtssphäre setzt, ist Störer im Sinne des § 1004 BGB und daher passivlegitimiert (vgl. RGZ 134, 231 (234); 159, 125 (136); BGB in GRUR 1957, 352).

Aus den gleichen Gründen ist auch der Beklagte zu 2) passivlegitimiert. Er hat als Vorsitzer des Deutschen Presserats dessen Kommuniqués zu unterschreiben und wirkt außerdem als Mitglied den Presserats an den Entschließungen mit, wobei vorliegend noch hinzukommt, daß das Kommuniqué vom 29. Mai 1958 einstimmig, also auch mit seiner Stimme beschlossen worden ist. Für seine Haftung als Störer kommt es insoweit darauf nicht an, ob § 54 BGB gegeben ist.

Die Berufungen der Beklagten sind aber gleichwohl begründet, und zwar sowohl bezüglich der Verurteilung zur Unterlassung als auch der Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung im Einblick auf die Veröffentlichung des Kommuniqués vom 29. Mai 1958.

Der Unterlassungsanspruch setzt eine Wiederholungsgefahr voraus, die nicht gegeben ist. Die Veranlassung der Stellungnahme in dem Kommuniqué zu dem Bildbericht der Klägerin war der Brief des Auswärtigen Amtes Pressereferat - vom 29. April 1958 an den Deutschen Presserat (Bl. 241). Die in diesem Brief zitierten Artikel des "Stern" und der "Welt am Sonnabend" sind der Anlaß gewesen für den Regierungsentwurf der sogenannten "Lex Soraya". Nur im Zusammenhang hiermit und den in den Zeitungen und Zeitschriften täglich erscheinenden Artikeln über den Schah von Persien und Soraya hat der Presserat sich mit dem Bildbericht der Klägerin befaßt. Dies war der Anlaß zur Klage, nachdem der Deutsche Presserat der Klägerin mit Brief vom 6. Mai 1958 (Bl.8) anheim gestellt hatte, zu dem übersandten Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 29. April 1958 Stellung zu nehmen. Gemäß dem Klagantrag II (Bl. 192) ist durch das angefochtene Urteil (Bl. 186 R) den Beklagten verboten, es zu unterlassen "im Zusammenhang mit den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 5. Strafrechtsänderungsgesetz ( Lex Soraya ) in Bezug auf die Klägerin die in dem Kommuniqué aufgestellte Behauptung zu verbreiten oder zu wiederholen". Unstreitig ist der Regierungsentwurf infolge der heftigen Angriffe der gesamten Presse, die eine Beschränkung der Pressefreiheit befürchtete, seit langem ad acta gelegt. Es ist daher bereits seit Sommer 1958 nicht mehr zu befürchten gewesen, daß der Deutsche Presserat das Urteil über den Bildbericht wieder aufnehmen werde. Es kommt hinzu, daß die Beklagten im Laufe des Rechtsstreits wiederholt erklärt haben, daß das Kommuniqué unglücklich gefaßt sei und mit dem "geschmacklosen, aber auch persönlich und menschlich herabwürdigenden Bericht" nicht der Bericht der Klägerin gemeint sei. Die Klägerin kann nicht behaupten, daß in späteren Sitzungen und Kommuniqués des Deutschen Presserats dieser auf den Bildbericht oder andere Berichte der Klägerin zurückgekommen ist.

Eine Wiederholungsgefahr wäre dann zu bejahen, und nur durch Unterwerfung unter eine Vertragsstrafe seitens der Beklagten für den Fall der Wiederholung beseitigt, wenn der Presserat in Wettbewerbsabsicht gehandelt hätte. Die Ausführungen der Klägerin hierzu sind aber nicht überzeugend. Die Zusammensetzung des Deutschen Presserats und die Notwendigkeit von 2/3 Mehrheit für seine Entschließungen sowie die Aufgaben, die er sich gesetzt hat, schließen ein Handeln zu Zwecken den Wettbewerbs aus, wie auch weiter unten noch ausgeführt wird. Der Senat hat das bereits in einem Urteil vom 19. Februar 1959 in der Beiakte 15 Q 108/58 ( 3 U 184/58 Bl. 201) abgelehnt. Eine andere Beurteilung ist auch in diesem Falle nicht geboten, zumal das von der Klägerin beanstandete Kommuniqué vom 29. Mai 1958 ebenfalls Gegenstand den einstweiligen Verfügungeverfahrens zwischen den gleichen Parteien war.

Nach der Behauptung der Klägerin soll durch Veröffentlichung den Kommuniqués schuldhaft in ihren Gewerbebetrieb eingegriffen worden sein (§ 823 Abs. 1 BGB), während die Beklagten sich auf das Recht der freien Meinungsäußerung, Artikel 5 GG berufen, das auch eine negative Kritik gestatte. Ob der einen oder der anderen Ansicht zu folgen ist, kann jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls ein Schaden seitens der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht dargetan ist. Ihre Behauptung, infolge der abfälligen Beurteilung des Bildberichts durch den Deutschen Presserat sei die Auflagenhöhe des "Stern" zurückgegangen, ist zu allgemein gehalten, schließt vor allem nicht andere Ursachen für einen Rückgang aus. Demgemäß fehlt es auch an einem geeigneten Beweisantritt für die behauptete Verursachung. Das alles wäre mit Rücksicht auf die Einlassung der Beklagten erforderlich gewesen. Diese machen nämlich geltend, daß die Mitteilungen in der Z.V. und Z.V. mit einer Auflagenziffer von 3.000 Exemplaren, in der das Kommuniqué veröffentlicht wurde, sich nur an einen kleinen Leserkreis wandten. Aber auch wenn der Inhalt den Kommuniqué über diesen engen Leserkreis, für den die Veröffentlichung bestimmt war, hinausdrang, wie die Klägerin durch die Benennung einiger Tageszeitungen (Seite 9 ihres Schriftsatzes vom 11.9.1958) behauptet, so ist damit die Behauptung der Klägerin keineswegs belegt. Es ist durchaus denkbar, daß ein Teil den Lesepublikums sich auf seiten des "Stern" gestellt hat oder daß sogar Neugierige dadurch zum weiteren oder Neubezug angeregt worden sind, wie die Beklagte zu 1) behauptet. Derart, daß ohne weiteres davon ausgegangen werden könnte, Leser wären vom weiteren Bezug abgehalten worden, ist die Veröffentlichung nicht. Die Klägerin hätte also genauere Beweise für Abbestellungen und ihre Gründe antreten müssen.

Ihrer Darlegungspflicht hat die Klägerin auch nicht durch den nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz vom 26. November 1959 (Bl. 303 ff) und der Anlage 24 (Bl. 315) genügt. Aus dieser Anlage ergibt sich, daß die Druckauflage des "Stern" im zweiten Quartal 1958 die Höhe von 1.164.154 Exemplaren hatte, während sie im dritten Quartal auf 1.157.846 zurückging. Damit ist indessen keineswegs dargetan, daß der an sich verhältnismäßig nicht sehr große Rückgang (reichlich 2 %) auf das Erscheinen des Kommuniqués in der Z.V. und Z.V. ursächlich zurückzuführen ist. Der Rückgang kann auch dadurch verursacht sein, daß in den Sommermonaten, der Urlaubszeit, viele Leser des "Stern" sich im Ausland befanden und ihn deswegen nicht kauften oder daß in dieser Zeit die Zeitschrift aus Gründen des Titelbildes oder des angezeigten Inhalte dem am Kiosk kaufenden Leser weniger zugkräftig erschien. Darauf deutet insbesondere auch hin, daß die Aufsatzreihe "U - 47 Günther Prien" und "Das Jahrhundert der Detektive" die Auflagenziffer wenige Wochen später steil ansteigen ließen, sie dann aber wieder abfiel, wie sich ebenfalls aus der von der Klägerin eingereichten Anlage ergibt. Sie hätte also mindestens darlegen müssen, daß in dem Vorjahr 1957 wie auch 1959 die Sommermonate auf die Höhe der Druckauflage keinen Einfluß gehabt haben, wohl auch wie sich der Inhalt auf die Leserschaft auswirkte. Ferner hätte die Klägerin dartun müssen, ob infolge des Bekanntwerdens des Kommuniqués ihr Anzeigenaufträge für den "Stern" entzogen worden sind. Nach den Erklärungen in der letzten mündlichen Verhandlung ist jetzt die Auflagenhöhe des zweiten Quartals 1958 sogar bereits überschritten, so daß Ihre Zeitschrift an führender Stelle steht.

Die Ausführungen der Klägerin sind also nicht geeignet um zu einer Schadensfeststellung zu führen. Die im landgerichtlichen Urteil erfolgte Verurteilung konnte daher nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr mußten die Berufungen der beiden Beklagten zur Abweisung der Klage, insofern sie dort zugesprochen war, führen.

Hingegen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.

Sie hat zwar mit ihrer Berufung ihre Anträge, soweit ihnen stattgegeben ist, in der Weise geändert, daß das Unterlassungsverlangen nun auf das der Beklagten gegen sie selbst gerichtete Tun bezogen wird und nicht so allgemein gehalten ist wie ursprünglich (vgl. Bl. 191 R, 192 mit Bl. 209). Richtig ist, daß eine vorbeugende Unterlassungsklage von der Rechtsprechung zugelassen wird. Voraussetzung hierfür ist aber, daß ein widerrechtlicher Eingriff in die Rechtssphäre der Klägerin unmittelbar bevorsteht, insbesondere also bei Wiederholung eines derartigenEingriffs (vgl. RGZ 101, 335; BGHZ 2, 394; BGH in GRUR 56, 223). Die Klägerin, die Ihre Anträge gegen die Beklagten als die beiden Hauptexponenten des Presserats richtet, will nun tatsächlich einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit als unrechtmäßig hingestellt sehen und richtet sich damit auch gegen den Presserat selbst, wie die früheren Anträge auch zeigten. Sie hätte aber nach dem eben Gesagten darlegen müssen, daß ihr derartige Angriffe drohen, wofür strenge Anforderungen zu stellen sind. An einer derartigen Darlegung fehlt es. Die Beklagten haben zwar namens des Deutschen Presserats der Klägerin das Schreiben des Auswärtigen Amts vom 29. April 1956 mit der Bitte um Stellungnahme am 6. Mai 1958 übersandt (Bl.8) und der Presserat hat über dieses Schreiben auch am 29. Mai 1958 abgestimmt. Das stellt indessen keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Klägerin dar. Alles,was die Klägerin in dieser Richtung bezüglich Vorzensur und öffentlichen Verrufs vorträgt, ist unzutreffend. Nach Artikel 9 des Grundgesetzes haben alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden, und nach Abs. dieses Artikels ist das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, für jedermann und alle Berufe gewährleistet. Die Bildung und Tätigkeit den Deutschen Presserats ist daher gesetzlich zulässig. Wie jedermann, hat er sich dabei an die bestehenden Gesetze zu halten. Eine Zensur oder die Anmaßung einer Standesgerichtsbarkeit oder auch die Wahrnehmung rein geschäftlicher Interessen durch unerlaubte und wettbewerbswidrige Handlungen, durch Verrufserklärungen bestimmter Zeitungs- und Zeitschriftenverleger ist dem Deutschen Presserat zwar nicht gestattet. Hiergegen hat er aber auch nicht verstoßen. Seinen Mitgliedern steht das Recht der freien Meinungsäußerung nach Artikel 5 GG zu. Durch die Entschließungen, soweit sie Werturteile enthalten, machen sie hiervon Gebrauch. Eine Vorzensur im Sinne den Artikel 5 GG ist hierin nicht zu erblicken, denn sie bedeutet die Abhängigmachung der Abfassung oder Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung seines Inhalts. Die Zensur wird danach stets nur als Mittel einer staatlichen Stelle verstanden. Dies ist verboten, um die freie Meinungsbildung nicht zu beschränken (vgl. v. Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz Anm. VIII zu Art. 5). Zensur in diesem Sinne übt der Deutsche Presserat nicht aus. Der "öffentliche Verruf" durch negative Urteile des Presserats über Presseerzeugnisse ist kein Zwangsmittel im Sinne der staatlichen Zensur nach Art. 5 GG. Jede an die Öffentlichkeit tretende Handlung und jede schriftstellerische Äußerung ist der Kritik ausgesetzt und zwar auch der öffentlichen Kritik durch eine Mehrheit von Personen. Sie findet nur da Ihre Grenzen, wo sie ihrerseits gesetzliche Vorschriften, die den Schutz der Rechte Dritter dienen, verletzt.

Auch die Bezeichnung "Presserat", "Generalsekretär" und "Sprecher" ist nicht zu beanstanden. Es gibt keine Bestimmung, wonach solche Bezeichnungen nur staatlichen oder halbstaatlichen Stellen vorbehalten sind. Diese Bezeichnungen werden auch im Wirtschaftsleben und in der übrigen Öffentlichkeit gebraucht, ohne daß dadurch eine Irreführung den Publikums eintritt. Es ist nicht ersichtlich, daß der Klägerin aufgrund der Titelführung der Beklagten irgendwelche Nachteile erwachsen sind.

Soweit die Klägerin ihre Anträge darauf stützt, daß sie geltend macht, die Tätigkeit des Deutschen Presserats stelle sich juristisch als Behinderungswettbewerb dar, da einflußreiche Mitglieder, so insbesondere der Zeitschriftenverleger ... - Zeitschrift Quick - ihre Stellung als Mitglied des Deutschen Presserats dazu ausnutzten, der Klägerin als seinem Konkurrenten Vorschriften zu machen und ihre Verlagserzeugnisse abfällig zu kritisieren, vermag der Senat dieser Ansicht nicht beizutreten. Es ist bereits oben dargelegt worden, daß im Hinblick auf die Zusammensetzung des Deutschen Presserats nach seiner vorläufigen Geschäftsordnung vom November 1956 und seiner neuen seit dem 1. Januar 1959 in Kraft befindlichen Geschäftsordnung (Bl. 313) nicht festgestellt werden kann, daß er in Wettbewerbsabsicht handelt. Die Mitglieder des Deutschen Presserats sind Delegierte der Bundesverbände der Zeitungsverleger, der Journalisten und der Zeitschriftenverleger. Mögen Zeitungsverleger und Zeitschriftenverleger auch in starkem Wettbewerb miteinander stehen, wie die Klägerin dies selbst vorträgt, so haben alle drei Verbände doch gemeinsam das Interesse der Wahrung der Pressefreiheit. Der Deutsche Presserat hat sich als grundsätzliche Aufgabe gesetzt, dieses gemeinsame Interesse aller Presseorgane zu vertreten; denn nach seiner neuen Geschäftsordnung will er die Pressefreiheit schützen und den unbehinderten Zugang zu den Nachrichtenquellen sichern. Die anderen Aufgaben, die er sich nach seiner Geschäftsordnung gestellt hat, dienen letzten Endes auch diesem Ziel, so auch, wenn er die deutsche Presse gegenüber Regierung, Parlament und Öffentlichkeit vertreten will, insbesondere bei Gesetzesvorlagen, die leben und Aufgaben der Presse angehen. Es sind also ausschließlich ideelle Bestrebungen, die die Tätigkeit den Deutschen Presserats bestimmen, so daß keineswegs eine Wettbewerbsabsicht festgestellt werden kann, wie auch zum Teil oben schon gesagt worden ist. Aus diesem Grund ist auch der Hinweis der Klägerin auf § 25 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung verfehlt; denn die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, daß ein gewerbliches Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen anderen Unternehmen Nachteile androht oder zugefügt hat (vgl. Müller-Henneberg-Schwartz Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbesehränkungen § 25 Anm. 2, § 1 Anm. 2 ff). Davon kann aber beim Deutschen Presserat nicht die Rede sein. Er ist kein gewerbliches Unternehmen.

Prüft man die Klageanträge der Klägerin (Bl.209) unter den vorstehenden Gesichtspunkten, so ergibt sich folgendes:

Zu a) Die Aufforderung zur Einsendung von Beschwerden und Material aus Anlaß von Veröffentlichungen in Verlagserzeugnissen der Klägerin kann nicht als mißbräuchliche Handlung der Beklagten angesehen werden. Dadurch allein werden Rechte der Klägerin nicht verletzt, weil dem Einzelnen die Befolgung dieser Aufforderung freigestellt ist. Aber auch für den Fall, daß die Aufforderung befolgt würde, stellt das keine verletzende Vorbereitungshandlung dar; denn es gehört zum Informationsrecht der Beklagten, sich allgemein zugängliches Material zu beschaffen und zusammenzustellen. Wenn im übrigen in dem ganz außerordentlich liegenden Fall ... die Beklagten hierzu aufgefordert haben, so kann nicht angenommen werden, daß die Klägerin, die sich selbst für diesen Fall entschuldigt hat, derartiges wiederholt und damit den Beklagten Anlaß zu einer derartigen Aufforderung gibt, so daß insofern auch die Wiederholungsgefahr entfällt (vgl. auch zu d).

Zu b) Versendet nun der Presserat durch den Beklagten zu 1) derartige, ihm zugegangene Beschwerden an die Klägerin mit der Bitte um Stellungnahme, so steht es im Ermessen der Klägerin, die gewünschte Stellungnahme abzugeben oder nicht. Irgendein Recht wird durch die Zusendung nicht verletzt. Zu c) Genausowenig kann dem Presserat eine Abstimmung über die Beschwerden generell verboten werden. Dies ist noch eine interne Angelegenheit, deren Zulässigkeit nicht bezweifelt werden kann, zumal sie weder mittelbar noch unmittelbar die Rechtssphäre der Klägerin beeinflussen kann.

Zu d) Wenn in d) des Berufungsantrages verlangt wird, die Veröffentlichung der in solchen Abstimmungen verabschiedeten Entschließungen zu verbieten, sofern sie gegen die Klägerin oder deren Verlagsangehörige gerichtete herabsetzende tatsächliche Behauptungen oder gewerbestörende sowie geschäftsschädigende Werturteile verbreiten, so steht außer Zweifel, daß die Beklagten kein Recht haben, derartige rechtswidrige Veröffentlichungen zu machen. Da es sich um einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch handelt, hängt seine Zulässigkeit aber entscheidend davon ab, ob überhaupt solche Behauptungen für die Zukunft zu erwarten oder zu befürchten sind. Selbst wenn die Beklagten einmal eine solche geachäftsschädigende Erklärung in Umlauf gesetzt haben sollten, wobei hier nicht geprüft zu werden braucht, ob das Werturteil in dem Kommuniqué vom 29. Mai 1958 überhaupt einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin im Sinne den § 823 I BGB darstellt, reicht dies allein für die vorbeugende Unterlassungsklage nicht aus, da eine bevorstehende andersartige Verletzungshandlung nicht konkret behauptet wird. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf das Kommuniqué des Presserats über die Verwendung sogenannter symbolischer Bilder vom 2. Dezember 1957 verweist, ist unstreitig, daß in dem Kommuniqué der "Stern" nicht genannt ist (Anl. 1, Bl.7) und im übrigen der Vorwurf berechtigt war, da die Klägerin das Bild des Studenten ... nicht verwenden durfte, wie sie selbst zugegeben hat.

Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs kann das Gericht nur über konkrete Verletzungshandlungen, die bereits begangen sind oder deren Begehung unmittelbar bevorsteht, entscheiden. Es ist rechtlich unzulässig, die Vermeidung künftiger Verletzungen abstrakt zu erörtern (vgl. RGZ 144, 41; BGH in GRUR 1954, 70, 123, 331; BGHZ 4, 102; BGH in GRUR 1956, 187). Denn praktisch würde das Gericht insoweit schon ein "Vor"-Urteil über das, was in Zukunft zulässig ist oder nicht, treffen. Es schafft ein Präjudiz, ohne die genauen Umstände des späteren Falls, der ganz anders gelagert sein kann, berücksichtigt zu haben.

Der Antrag zu d) der Klägerin fordert praktisch etwas, was vom Gesetz ohnehin verboten ist. Als einziger Grund, dieses Gesetzesverbot durch ein Urteil ausdrücklich zu bekräftigen, könnte nur der angesehen werden, daß die Beklagten mit voller Absicht wettbewerbswidrige und geschäftsschädigende Erklärungen verbreitet haben und dies auch in Zukunft wieder tun werden. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte, da die Beklagten weder ein wirtschaftliches noch ein ideelles Interesse daran haben können, die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin zu stören.

Das gesamte Vorbringen der Klägerin geht von wettbewerbsrechtlichen Vorstellungen aus und läßt außer acht, daß Wettbewerbshandeln überhaupt nicht verliegt, wie bereits oben ausgeführt wurde. Wenn sie in ihrer Berufungsbegründung vom 27. Juli 1958, Seite 18 (Bl.225) Tetzner (Ges. gegen unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. 1957, Vorb. Anm. 37) zum Problem des sogenannten Rahmenverbotes zitiert, so ist diese Ansicht nur auf wettbewerbsrechtliche Tatbestände zu beziehen. Die Rechtsprechung hat das Rechtsschutzbedürfnis bei vorbeugenden Unterlassungsklagen in Wettbewerbsprozessen stets von weniger Voraussetzungen abhängig gemacht, als in Prozessen, denen einfache unerlaubte Handlungen, wie hier, zugrundeliegen. Unter diesen Umständen könnte der einmalige Vorstoß der Beklagten nicht als so schwerwiegend angesehen worden, daß er eine generelle vorbeugende Unterlassungsklage im beantragten Sinne rechtfertigt.

Zu e) Für den unter e) gestellten Antrag treffen die gleichen Gründe wie bei den Anträgen a) bis c) zu. Den Beschwerdeführern und Verlagsangehörigen ist freigestellt, generelle Verhaltungsmaßregeln oder konkrete Maßnahmen für den Einzelfall anzunehmen oder nicht. Wenn die Beklagten derartige Empfehlungen aussprechen, fehlt en ihnen an jeden Mittel, ihre Absichten zwangsweise durchzuführen.

Die Anträge f) und g) sind ebenfalls unbegründet, weil, ohne daß es darauf ankommt, ob der Presserat berechtigt ist, die Klägerin mit Namen zu nennen oder Unterlagen ohne Genehmigung der Einsender an dritte Personen weiterzugeben, nach der Rechtsprechung nur über konkrete Verletzungshandlungen zu entscheiden ist (vgl. die Ausführungen zum Antrag d).

Das Urteil des Landgerichts war daher unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf die Berufungen der beiden Beklagten abzuändern und die Klage vollen Umfanges abzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 708 Ziff. 7, 713 ZPO.

Vorinstanzen

15 0 109/58

Rechtsgebiete

Presserecht