Selbstkontrolle durch Presserat und ähnliche Gremien

Gericht

LG Kiel


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

09. 09. 2005


Aktenzeichen

14 O Kart. 21/05


Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Erteilung einer Rüge durch den Beklagten gegenüber der Klägerin wegen eines Verstoßes gegen international anerkannte Berufsgrundsätze und Standesregeln auf dem Gebiet ... .

Die Klägerin ist ...

Der ... und die ... gründeten im Jahre 2001 ... . Der Beklagte hat als Organ der Selbstkontrolle das Ziel und die Funktion, das Vertrauen der Bevölkerung in die ... zu erhalten und zu stärken. Hierzu heißt es in § 1 Abs. 2 der Satzung, dass es seine Aufgabe sei, für die Einhaltung der allgemein anerkannten Berufsgrundsätze und Standesregeln sowie der Qualitätsstandards der ... Sorge zu tragen. Zur Wahrung dieser Aufgabe und zur Ahndung von Verstößen gab sich der Beklagte eine Beschwerdeordnung (Anlage K1, im Folgenden BO). Der für die Erteilung von Sanktionen nach dieser Beschwerdeordnung zuständige Beschwerderat wird von dem Beklagten getragen (Anlage K3). Vergleichbar ist dieses Kontrollorgan mit der Institution des Deutschen Presserates und anderen verwandten Einrichtungen, die eine berufsspezifische Selbstkontrolle ausüben. Organisationsform und Zielrichtung desBeklagten wurden maßgeblich der des Deutschen Presserates nachgebildet. ...

Die Klägerin ... trägt vor:

Dem Beklagten habe keine Befugnis zugestanden, eine Rüge an sie auszusprechen. Sie unterliege nicht dem Sanktionsrecht des Beklagten. Sie habe sich zu keinem Zeitpunkt der Beschlusskompetenz und damit dem Sanktionsmechanismus des Beklagten unterworfen. Vielmehr habe der Beklagte eigenmächtig seine Wertvorstellungen - u.a. in der Beschwerdeordnung - niedergelegt, um damit den Anschein der Rechtsverbindlichkeit zu erwecken. Insoweit maße sich der Beklagte eine Standesgerichtsbarkeit an. Zudem sei die Zusammensetzung des Beschwerderates zu beanstanden, denn in diesem Gremium säßen Mitglieder aus konkurrierenden Unternehmen, die nicht geeignet seien, neutral über eine Beschwerde zu entscheiden. ...

Der Beklagte ... trägt vor:

Sowohl die Selbstkontrolle als auch Selbstkontrollmaßnahmen im Bereich der ... seien zulässig. In vielen berufsspezifischen Bereichen etablierten sich derartige Selbstkontrollorgane. Diese dürften in den nicht durch den Gesetzgeber geregelten Bereichen - wie der ... - kontrollieren, ob die Selbstkontrollregularien eingehalten würden. Der hier streitgegenständliche Kodex habe Allgemeingültigkeit. Durch ihn solle das Vertrauen in ... bei den Bürgern erhalten werden. Die Klägerin unterliege seiner, des Beklagten, Sanktionsgewalt, weil sie Mitglied eines Mitgliedes sei. ... Er, der Beklagte, habe daher einschreiten und eine Sanktion aussprechen dürfen. Die Zusammensetzung der Mitglieder des Beschwerderats verletze nicht das Neutralitätsgebot. Auch der Geschäftsführer der Klägerin könnte sich selbst ... wählen lassen. ...

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrages beider Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

...


I.

...


II.

...

Zwar war der Beklagte grundsätzlich berechtigt, auf die Beschwerde vom 22.10.2003 zu reagieren und ein Beschwerdeverfahren einzuleiten. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe sich zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich der Beschlusskompetenz des Beklagten unterworfen, so geht dieser Einwand ins Leere. Der Beklagte verfolgt hier, wie sich aus seiner Satzung und auch aus seiner Beschwerdeordnung ergibt, rein ideelle Ziele und verfolgt keinerlei Wettbewerbsabsichten. Die Gründung des Beklagten ist aus der grundrechtlichen Gewährleistung des Vereinsrechts (Art. 9 GG) ableitbar. Insgesamt ist die Schaffung einer berufs- oder branchenspezifischen Organisation, die über die Verhaltensregeln des jeweiligen Berufsstandes eine Selbstkontrollfunktion ausübt, nicht zu beanstanden (Zum Deutschen Presserat vgl. OLG Hamburg AfP 1960, S. 23). Der Beklagte hat sich dabei an die bestehenden Gesetze zu halten. Zensur, die Anmaßung einer Standesgerichtsbarkeit oder die Wahrnehmung rein geschäftlicher Interessen sind den Beklagten verboten. Ein solches Verhalten kann jedoch nicht festgestellt werden. Soweit die Klägerin behauptet, der Beschwerderat des Beklagten würde den Grundsatz der Neutralität nicht wahren, wenn in dem für die Entscheidung über Beschwerden zuständigen Gremien Mitglieder sitzen, die selbst in Konkurrenzunternehmen der Klägerin tätig sind, greift auch dieser Einwand nicht durch. Bei dem Beklagten handelt es sich um ein Selbstkontrollorgan im Bereich ... . Durch dieses sollen berufsethische Mindeststandards gewährleistet werden. In ihm können nur Mitglieder tätig sein, die dem Berufsstand, der kontrolliert werden soll, angehören.

Die Klägerin hat als Mitglied des ... dessen ... anerkannt.

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht