Werbevergleich: Werbeträgerkontakte von Pressemedien mit durchschnittlicher Sehbeteiligung von Fersehsendungen

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

25. 08. 2005


Aktenzeichen

3 U 133/04


Tenor

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Nachdem die Parteien im Hinblick auf die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagen in der Berufungsverhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch gemäß § 91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen der Beklagten aufzuerlegen. ...


I.

Der Kläger, eine öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt, sendet ... . Im Verlag der Beklagten erscheint ... .

In der Zeitschrift ... ließ die Beklagte ... Werbeanzeige veröffentlichen.

Der Kläger hat die Anzeige als wettbewerbswidrig beanstandet und die Beklagte deswegen mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.

In der beanstandeten Werbeanzeige heißt es u. a.:

"FAKTENSCHAU

Männer 14-49 J.

1,19 Mio. Männer ** sehen samstags ... . Das ist eine gute Leistung.
2,43 Mio. Männer* lesen montags ...

Reichweite Männer 14 - 49 Jahre.

Quellen: * MA 2003/II ** GfK-Fernsehpanel (D) ø August/September
2003: 1. - 7. Spieltag (vrl./endg. gew. Daten)

Anmerkung:
Wir haben in diesem Beispiel die durchschnittlichen Werbeträgerkontaktchancen von zwei Werbeträgern gegenübergestellt. Als Werbeträgerkontaktchance TV wird die durchschnittliche Sehbeteiligung der Sendung ausgewiesen. In der Werbeträgerkontaktchance von ... ging die Nutzungsfrequenz innerhalb der letzten 12 Wochen (WLK) ein. Wir hätten Print und TV gern auf Werbemittelebene miteinander verglichen. Da TV aber kein Äquivalent für den LpwS in Print (Kontaktchance mit einer durchschnittlichen werbungführenden Seite) zur Verfügung stellt, war uns dieser Vergleich leider nicht möglich."

Durch Urteil vom 29. Juni 2004 hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Der Kläger hatte beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen,

    1. es bei Vermeidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen,

      im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Werbeträgerkontakte von Pressemedien nach der Media-Analyse mit der durchschnittlichen Sehbeteiligung von Fernsehsendungen nach dem GfK-Fernsehpanel zu vergleichen, ...

    2. Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I. 1. vorgenommen hat, insbesondere wann und in welchen Medien die Werbung veröffentlicht worden ist;

  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die in Ziffer I.1. beschriebenen Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen. Gegen dieses Urteil hat sich die Beklagte mit der Berufung gewandt, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung klargestellt, ihm gehe es bei dem Klageantrag zu I. 1.) nur um die konkrete Beanstandungsform als Gegenstand des Verbots.

Im Hinblick auf die in der Berufungsverhandlung von der Beklagten abgegebene strafbewehrte Verpflichtungserklärung,

es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Werbeträgerkontakte von Pressemedien nach der Media-Analyse mit der durchschnittlichen Sehbeteiligung von Fernsehsendungen nach dem GfK-Fernsehpanel zu vergleichen,

wie in der Zeitschrift ... erschienenen, nachfolgend abgebildeten Anzeige geschehen (vgl. zur nachfolgenden Kopie der Anzeige Bl. 158);

haben die Parteien wie ausgeführt, den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.


II.

Der mit dem Klageantrag zu I. 1.) geltend gemachte Unterlassungsanspruch - und zwar in der in der Berufungsverhandlung klargestellten Fassung - war auch nach Auffassung des Senats begründet, und zwar jedenfalls gemäß §§ 3, 8, 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages betraf das Vergleichen der Werbeträgerkontakte von Pressemedien nach der Media-Analyse mit der durchschnittlichen Sehbeteiligung von Fernsehsendungen nach dem GfK-Fernsehpanel, und zwar - entgegen dem Wortlaut des Klageantrages erster Instanz und entgegen dem insoweit wörtlich übereinstimmenden Verbotsausspruch des landgerichtlichen Urteils - nur in der konkreten Beanstandungsform der ...-Werbeanzeige in der Zeitschrift ... (Bl. 3). Das hat der Kläger in der Berufungsverhandlung klargestellt.

2.) Bei der beanstandeten Werbeanzeige der Beklagten (Bl. 3) handelt es sich um vergleichende Werbung.

Gemäß § 6 Abs. 1 UWG ist vergleichende Werbung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Die Anzeige der Beklagten vergleicht das beworbene Nachrichtenmagazin ... mit der ausdrücklich erwähnten Fernsehsendung ... aus dem ...-Gemeinschaftsprogramm des Klägers.

3.) Die Werbeträgerkontaktchance beim Fernsehen wird allerdings nach den sog. Konventionen der AG.MA (der Arbeitsgemeinschaft MEDIA-ANALYSE) definiert als "Seher (mindestens für 60 Sekunden zusammenhängend) pro 1/2 Stunde mit Werbung" und dieser Wert mit dem der Werbeträgerkontakte von Pressemedien (Print) verglichen, und damit anders als im vorliegend beanstandeten Werbevergleich.

Das ist zwischen den Parteien unstreitig und wird durch den Hinweis in der Online-Ausgabe des ...-Media-Lexikons bestätigt, in dem es heißt:

"Seher pro halbe Stunde. Die Messeinheit für den zum Leser pro Ausgabe (LpA) vergleichbaren Werbeträgerkontakt ist beim Fernsehen die Nettoreichweite in der Werbung führenden halben Stunde, d. h. sie erfasst Personen, die innerhalb einer halben Stunde ein Werbung führendes Programm mindestens 60 Sekunden konsekutiv gesehen haben. Der Seher pro halbe Stunde wird als Programm-Durchschnitt für einen Sendetag und zusätzlich für jede Werbung führende halbe Sendestunde des Fernsehprogramms errechnet" (Anlage K 8).

Demgegenüber stellt der Werbevergleich der Beklagten auf Seiten der ... nicht auf den "Seher pro halbe Stunde", sondern auf die "durchschnittliche Sehbeteiligung nach dem GfK- Fernsehpanel" ab. Bei dem so ermittelten Wert werden unstreitig die TV-Zuschauer aber nur dann voll gezählt, wenn die gesamte Sendung gesehen worden ist; hat der TV-Zuschauer die Sendung nur teilweise gesehen, so wird er entsprechend nur anteilig gezählt.

Ebenso ist unstreitig, dass die in der Werbeanzeige der Beklagten genannten 1,19 Millionen Männer (die angeblich die ... sehen) zwar nach dem GfK-Fernsehpanel im Zahlenwert zutreffend sind, nach dem "Seher pro halbe Stunde" wären es fürden in der Werbeanzeige genannten Zeitraum aber durchschnittlich 2,27 Millionen "Seher" gewesen.

4.) Gemäß 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist. Der Werbevergleich der Beklagten gemäß der konkret angegriffenen Anzeige ist nach dieser Vorschrift unlauter. In der konkreten Beanstandungsform ist die vergleichende Werbung der Beklagten unsachlich, es entsteht ein schiefes Bild.

(a) Entgegen dem Landgericht lässt sich das Vorliegen der für einen Eigenschaftsvergleich erforderlichen Objektivität nicht schon mit der (generellen) Begründung verneinen, es seien in der Werbeanzeige der Beklagten "nicht vergleichbare" Werte gegenübergestellt worden.

Das würde voraussetzen, dass es schlechterdings unlauter im Sinne des § 3 UWG wäre, wenn in einem Werbevergleich die Werbeträgerkontakte, von Pressemedien nach der Media-Analyse mit der durchschnittlichen Sehbeteiligung von Fernsehsendungen nach dem GfK-Fernsehpanel verglichen würden. Durchgreifende Argumente in dieser Richtung sind nicht vorgetragen worden.

Die im Anlagenkonvolut B 5 vorgelegten Unterlagen zeigen vielmehr auf, dass die Diskussion um die Vergleichbarkeit von Kontakten bei Lesern und Zuschauern noch keinen Abschluss gefunden hat.

Der Umstand, dass ein Werbevergleich nach den sog. Konventionen der AG.MA jedenfalls für die Fachleute aussagekräftig ist, belegt noch nicht eine generelle Unlauterkeit, wenn das GfK-Fernsehpanel statt des "Sehers pro halbe Stunde" in den Vergleich einbezogen wird. Denn auch wenn es eine bessere Vergleichsmethode gibt, muss ein anderer Vergleichsparameter noch nicht (jedenfalls nicht grundsätzlich, wie das Landgericht gemeint hat) unsachlich sein.

(b) In der konkreten Darstellunq der beanstandeten Werbeanzeige ist der Werbevergleich aber unsachlich und lässt ein schiefes Bild entstehen, und zwar auf Kosten der ...


III.

Aus eben diesen Gründen waren auch die Klageanträge zu I. 2.) (auf Auskunftserteilung) und zu II. (auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten) ursprünglich begründet. Auf die obigen Ausführungen unter II. wird entsprechend Bezug genommen. ...

Vorinstanzen

312 O 242/04

Rechtsgebiete

Werberecht