Scheidung der Ehe Glas / Tewaag kein zeitgeschichtlicher Vorgang mehr; keine Portraitaufnahmen A. Strohbach

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

30. 08. 2005


Aktenzeichen

14 U 271/02


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. August 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27.O.295/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

(I.)

Die Klägerin begehrt die Unterlassung von Bildveröffentlichungen. Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf die im einzelnen verwiesen wird, der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin könne von der Beklagten verlangen, eine erneute Veröffentlichung der strittigen Fotos zu unterlassen, weil sie in deren Veröffentlichung weder eingewilligt noch diese Veröffentlichung nach den Grundsätzen der sogenannten Begleiterrechtsprechung hinzunehmen habe.

Gegen dieses am 15. August 2002 verkündete und ihr am 10. September 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. Oktober 2002 Berufung eingelegt und diese am 11. November 2002 (Montag) begründet.

Die Beklagte greift das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen mit Rechtsausführungen an und macht weiterhin geltend, die Klägerin müsse nunmehr die Veröffentlichung des im erstinstanzlichen Tenor zu I 2) genannten Bildes hinnehmen, nachdem sie im Januar 2003 öffentlich an der Seite von Herrn ... als dessen Begleitung aufgetreten ist und damit ihr Interesse, in diesem Zusammenhang ungenannt zu bleiben, aufgegeben habe.

Die Beklagte beantragt nach teilweiser Rücknahme ihrer Berufung,

die angefochtene Entscheidung zu Ziffer I 2.) des Tenors abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages und führt im übrigen aus, auch die Veröffentlichung des nunmehr nur noch im Streit stehenden Portraitfotos bleibe unzulässig, da dieses Foto aus einer Zeit stamme, zu der sie ihre Beziehung zu Herrn ... noch nicht öffentlich gemacht hatte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


(II.)

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist - soweit sie noch anhängig ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des in seinem Tenor zu I 2) bezeichneten Fotos zu Recht stattgegeben, wobei auch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden, neuen Tatsachen keine andere Entscheidung gebieten, § 513 ZPO. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, das noch im Streit befindliche Foto, bei dem es sich um eine neutrale Portraitaufnahme ihrer Person handelt, künftig nicht mehr zu veröffentlichen, §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, 22 f KUG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.

Die Veröffentlichung des fraglichen Portraitfotos, um das es im vorliegenden Berufungsverfahren allein noch geht, war aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen sich der erkennende Senat unter nochmaliger Überprüfung seiner Rechtsauffassung nunmehr anschließt, ursprünglich rechtswidrig, weil die Klägerin hierin weder eingewilligt noch diese nach den Grundsätzen der Begleiterrechtsprechung hinzunehmen hatte; auf die rechtsfehlerfreien Ausführungen der landgerichtlichen Entscheidung kann hierzu verwiesen werden.

Die Klägerin kann der Beklagten eine erneute Veröffentlichung dieses Fotos untersagen.

Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hat sich die Klägerin zwar durch ihren öffentlichen Auftritt an der Seite von Herrn ... im Januar 2003 selbst an die Öffentlichkeit gewandt und damit ihre Identität und ihre Rolle als dessen neue Lebensgefährtin gerade auch gegenüber der Boulevardpresse preisgegeben, wie dies sowohl das von ihr gebilligte Interview des Herrn ... als auch die mit ihrer Einwilligung aufgenommenen Pressebilder belegen. Damit hat die Klägerin selbst darauf verzichtet, situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck zu bringen, dass ihre Privatsphäre insoweit nicht Gegenstand der Presseberichterstattung sein soll. Denn der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt, wenn sich jemand - wie dies vorliegend bei der Klägerin der Fall ist - selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich private Angelegenheiten öffentlich gemacht werden (BGH NJW 2005, 594 = GRUR 2005, 86 = JURIS KORE314162004).

Dennoch ist der Beklagten die Veröffentlichung des strittigen neutralen Portraitfotos jedenfalls jetzt wieder untersagt. Zwar zeigt dieses Foto die Klägerin nicht in ihrem privaten Lebensbereich, sondern identifiziert sie lediglich optisch als Person, wie dies bereits durch die mit ihrem Einverständnis gefertigten Aufnahmen anlässlich ihres Auftrittes im Januar 2003 geschehen ist. Die Verwendung kontextneutraler Aufnahmen wie der vorliegenden zwecks Presseberichterstattung ist jedoch dann wieder zu beanstanden, wenn - wie hier - an der Veröffentlichung des Fotos kein überwiegendes Interesse mehr besteht und dessen erneute Veröffentlichung damit das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person verletzt (BGH a.a.O.). Dies ist hier anzunehmen, weil jedenfalls heute die Scheidung der Ehe ... und die hierfür maßgeblichen Gründe nicht mehr als zeitgeschichtlicher Vorgang angesehen werden können, an denen die Öffentlichkeit immer noch ein gewisses Interesse hat (OLG Frankfurt JURIS KORE442602003 sowie Urteil vom 26. Juli 2005 - 11 U 12/03 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß §§ 26 Nr. 7 EGZPO, 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache - jedenfalls nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Oktober 2004 (NJW 2005, 594) - keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

Vorinstanzen

LG Berlin, 27 O 295/02

Rechtsgebiete

Presserecht