„Busenwitwe” Gsell unzulässig

Gericht

Kammergericht


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

14. 04. 2005


Aktenzeichen

10 U 226/04


Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 26. Oktober 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 731/04 - geändert:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 2. September 2004 wird aufrechterhalten.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG Anspruch auf die begehrte Unterlassung. Durch die Bezeichnung der Klägerin als "Busenwitwe" in dem Artikel "Tatjana Gsell - Warum sind so viele Männer dieser Frau verfallen?" vom 7. August 2004 hat die Beklagte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin widerrechtlich verletzt. Eine zulässige Meinungsäußerung liegt nicht vor, denn durch die schlagwortartige Bezeichnung als "Busenwitwe" wird die Klägerin diffamiert und herabgesetzt.

Enthält eine Äußerung einen ehrkränkenden Inhalt, ist eine Abwägung der betroffenen Grundrechte erforderlich (BVerfG NJW 2002, 3767), also zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht vorzunehmen. Wertende Äußerungen genießen grundsätzlich den Schutz von Art. 5 Abs. 1 GG. Nur soweit die Grenze zur Schmähkritik überschritten wird, sich eine Äußerung als Formalbeleidigung darstellt oder in geschützte Sphären eingegriffen wird, können auch Meinungsäußerungen Unterlassungsansprüche begründen (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 4. Kap. RNr. 41). Nach diesen Grundsätzen muss die Klägerin es nicht hinnehmen, als "Busenwitwe" bezeichnet zu werden.

Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die in dem angefochtenen Urteil zitierten Ausführungen des 9. Zivilsenats des Kammergerichts in dem Rechtsstreit 9 U 49/04. Danach suggeriert das Kunstwort "Busenwitwe" der Leserschaft, dass sich die Klägerin selbst nahezu ausschließlich über ihren - zum Teil künstlich geschaffenen - Busen definiert und dies auch noch heute tut bzw. die Öffentlichkeit die Klägerin so wahrnimmt und wahrnehmen soll. Die Beklagte setzt dieses Kunstwort plakativ ein, um die Klägerin und ihre Geschichte für die Leser in einem Wort plakativ zusammenzufassen, wobei sie den dann eingeführten Begriff als zentralen Bestandteil der Berichterstattung immer weiter verwendet. Diese Art der öffentlichen Herabsetzung muss die Klägerin nicht hinnehmen.

Die Beklagte hat nachvollziehbare Gründe für die ehrverletzende Wortschöpfung nicht vorgetragen. Die Klägerin ist bisher nie vergleichbar bezeichnet worden, auch nicht als "Busenstar" oder "Busenwunder". Sie selbst hat sich weder gegenwärtig noch in der Vergangenheit ausschließlich über ihren Busen definiert und ist in der Presse nur als "Luxusweib" oder "Jet-Set-Geschöpf" in Erscheinung getreten. Dass hierbei ihre körperlichen Reize mit zur Sprache kamen, rechtfertigt nicht die Verkürzung ihrer Person auf den Begriff der "Busenwitwe".

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Senat der Auffassung, dass die Bezeichnung "Busenwitwe" auch unter Berücksichtigung des Auftretens der Klägerin in der Öffentlichkeit keine zulässige verkürzende und schlagwortartige Beschreibung ihrer Selbstdarstellung zum Ausdruck bringt. Es ist daran festzuhalten, dass der Begriff der "Busenwitwe" eine herabwürdigende Reduzierung der Persönlichkeit der Klägerin auf ihren Busen enthält, verbunden mit dem Werturteil, dass sie sich als Witwe indezent verhalte. Zugunsten der Beklagten kann dabei unterstellt werden, dass die in der "AZ" vom 18./19. September 2004 ("Die Busen-Lady zieht blank") und in der Zeitschrift "Bunte" abgedruckten Fotos mit Wissen und Wollen der Klägerin veröffentlicht worden sind. Aus dem Umstand, dass die Klägerin dort ihren Körper zur Schau gestellt hat, ist jedoch nicht abzuleiten, dass sie sich selbst - als Witwe - nahezu ausschließlich über ihren Busen definiert. Die Tatsache, dass sich die Klägerin in der Öffentlichkeit mit entblößter Brust bzw. in Unterwäsche gezeigt hat, rechtfertigt nach wie vor nicht die Verkürzung ihrer Person auf den Begriff einer "Busenwitwe". Die Beklagte mag über das Verhalten der Klägerin kritisch oder auch abwertend berichten; sie kann jedoch daraus nicht das Recht herleiten, der Klägerin einen diffamierenden "Spitznamen" zu geben, um diesen im Rahmen der Berichterstattung immer wieder zu verwenden. Der Umstand, dass in anderen Medien über die Beziehung der Klägerin mit Ferfried Prinz von Hohenzollern berichtet worden ist ("Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 14. November 2004), ist nicht entscheidungserheblich. Der vom Oberlandesgericht München durch Urteil vom 5. April 2005 (18 U 1835/05) entschiedene Fall liegt insoweit anders, als die Bezeichnung der Klägerin als "Busenmacher-Witwe" sie als Witwe eines Mannes darstellt, dessen Tätigkeit mit "Busenmacher" charakterisiert wird und sie außerdem als eine der Frauen dargestellt wird, die sich "einen Busen machen" ließ. Anders als die Bezeichnung "Busenwitwe" rückt der Begriff der "Busenmacher-Witwe" danach die Person des getöteten Ehemanns der Klägerin und nicht die vermeintliche Definition ihrer Persönlichkeit über ihren Busen in den Vordergrund.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Rechtsgebiete

Presserecht