Keine Gewährleistungsansprüche gegen freien Mitarbeiter aus der Finanzbuchhaltung

Gericht

AG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

28. 07. 2005


Aktenzeichen

272 C 23054/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Verträge über die Durchführung der Finanzbuchhaltung sind Dienstverträge. Deswegen sind in solchen Fällen lediglich Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten, nicht aber Gewährleistungsansprüche nach Werkvertragsrecht denkbar.

  2. Handschriftlichen Aufzeichnungen eines Steuerberaters über seinen Stundenaufwand kommt ein gewisser Beweiswert zu, da ohne gegenteilige Anhaltspunkte nicht unterstellt werden kann, dass diese Aufzeichnungen im Nachhinein gefertigt worden sind.

  3. Die Partei, welche dem gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellt, kann sich nicht darauf berufen, im Sachverständigengutachten seien im Hinblick auf eine sachkundige Sicht hilfreiche Ausführungen nicht enthalten.

Tenor

  1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 3.681,60 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.8.2002 zu bezahlen.

  2. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) sowie 7/100 der Gerichtskosten zu tragen. Die übrigen Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 1) (einschließlich der Kosten der Beweiserhebung).

  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten zu 1) (im Folgenden nur Beklagter genannt) Honorar für die Erstellung einer Finanzbuchhaltung geltend.

Die Parteien schlossen am 4.3.2002 einen "freien Mitarbeiter-Vertrag", nach welchem der Kläger gegen ein Honorar von 30,00 EUR pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer unter anderem die Finanzbuchhaltung einzelner Mandanten des Beklagten betreuen sollte.

Im Rahmen dieses Vertrages wurde der Kläger mit der Finanzbuchhaltung der Firma ... für den Zeitraum Mai bis Dezember 2000 dergestalt betraut, dass er die Bankkonten und Kassenein- und -ausgänge verbuchen sollte. Der Kläger führte vom 15.2. bis 5.3.2002 die Bank- und Kassenbuchungen durch, wobei es sich pro Monat um ca. 1000 Buchungen handelte. Für diese Tätigkeiten erstellte er am 21.3.2002 eine Rechnung über 164 Stunden a 30,00 EUR netto, insgesamt 5.707,20 EUR. Am 21.4.2002 stellte der Kläger weitere 28 Stunden mit 974,40 EUR für Abstimmungsarbeiten hinsichtlich der sogenannten "offenen Postenliste", d. h. Arbeiten wegen nicht zuordenbaren Buchungen in Rechnung.

Der Beklagte bezahlte auf die Rechnungen 3.000,00 EUR, die der Kläger ausdrücklich mit Schriftsatz vom 16.10.2003 auf die Rechnung vom 21.4.2002 und mit 2.025,60 EUR auf die Rechnung vom 21.3.2002 verrechnete. Dieser Anrechnung hat der Beklagte nicht widersprochen. Weitere Zahlungen auf die Rechnungen erfolgten trotz Mahnung vom 19.7.2002 mit Fristsetzung zum 1.8.2002 nicht.

Im Verfahren legte der Kläger eine handschriftliche Stundenliste über insgesamt 164 Stunden Arbeitsaufwand hinsichtlich der Rechnung vom 21.3.2002 vor. Hinsichtlich der Liste wird auf Anlage K2.6 verwiesen (Leseabschrift Anlage BK1).

Der Kläger behauptet, tatsächlich diese 164 Stunden für die Buchungsarbeiten aufgewendet zu haben.

Der Kläger beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.681,60 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.8.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er beanstandet zum einen den (bestrittenen) zeitlichen Aufwand des Klägers als weit übersetzt. Darüberhinaus behauptet der Beklagte, die Tätigkeit des Klägers habe ihm großen finanziellen Schaden bereitet. Seiner Einschätzung nach sei der einbehaltene Betrag in Höhe von 3.681,80 EUR der Schadensbetrag. Der Beklagte trägt weiter vor, es hätten nach Beendigung der Tätigkeit des Klägers umfangreiche Umbuchungsarbeiten vorgenommen werden müssen, um den Jahresabschluss hinsichtlich der Debitoren und Kreditoren abschließen zu können. Dabei hätten die OPOS-Listen mehrmals überarbeitet werden müssen. Die Mitarbeiterin Frau ... habe an der Bereinigung der Buchhaltung mindestens 25 Stunden und er selbst ca. 10 Stunden gearbeitet. Bei einem Stundensatz von 40,00 EUR für Frau ... ergebe sich somit ein Schaden in Höhe von ca. 1.000,00 EUR, bei einem Stundensatz von ihm selbst von 92,00 EUR ein Schaden von 920,00 EUR. Eine detailliertere Auflistung erfolgte unter Berufung auf die fehlende Entbindung von der Verschwiegensheitspflicht nicht.

Mit Verfügung vom 19.7.2004 wies das Gericht den Beklagten darauf hin, dass zum einen eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen nicht ausdrücklich erklärt, ein konkreter Schaden nur in Höhe von 1.920,00 EUR benannt worden sei und zum anderen auch nicht substantiiert vorgetragen worden sei, worin genau die fehlerhafte Arbeit bestanden habe und wie sie bereinigt worden sein soll. Eine Stellungnahme der Beklagtenpartei hierzu ging weder in der gewährten Frist noch später ein.

Weiter wies das Gericht mit genannten Verfügung den Beklagten darauf hin, dass für ein gegebenenfalls einzuholendes Sachverständigengutachten die beim Beklagten befindlichen Unterlagen von diesem zur Verfügung gestellt werden müssten. Eine Stellungnahme der Beklagtenpartei hinsichtlich der Zurverfügungstellung der Unterlagen wurde weder schriftlich noch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts im Termin vom 30.9.2004 abgegeben. Im Termin vom 18.11.2004 erklärte sich der Beklagte dann bereit, dem Sachverständigen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Es wurde Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 1.9.2004 durch Vernehmung der Zeugin ... . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2004 (Blatt 100/102 der Akte) verwiesen. Weiter wurde Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 2.12.2004 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Insofern wird auf das durch den Sachverständigen ... (Blatt 121/133 der Akte) erstellte Gutachten verwiesen. Dem Sachverständigen wurden trotz ausdrücklicher Aufforderung seinerseits an die Beklagtenpartei von dieser keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Die zunächst gegen den Beklagten zu 2) erhobene Klage wurde von der Klagepartei zurückgenommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten in Höhe von 3.681,60 EUR aus Dienstvertrag zu.

Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Durchführung der Finanzbuchhaltung für den Zeitraum Mai bis Dezember 2000 handelt es sich um einen Dienstvertrag.

Entsprechend der in dem Vertrag getroffenen Vergütungsabrede (30,- EUR netto pro Stunde) war dem Kläger der erbrachte Zeitaufwand von 164 Stunden, welchen er in der Rechnung vom 21.3.02 mit 5.707,20 EUR abrechnete, zu vergüten. Nachdem der Beklagte eine Zahlung von 3.000,- EUR leistete, die der Kläger ausdrücklich und unwidersprochen mit 2.025,60 EUR auf diese Rechnung verrechnete (worin die Vereinbarung einer von § 366 BGB abweichenden Tilgungsreihenfolge zu sehen ist), steht dem Kläger noch der Differenzbetrag in Höhe von 3.681,60 EUR zu.

Der Umstand, dass der Kläger tatsächlich 164 Stunden für die Verbuchung der Bankkonten und der Kassenein- und -ausgänge für den Zeitraum Mai bis Dezember 2000 des Mandanten der Beklagtenpartei, der Fa. ..., aufgewendet hat, und dieser Aufwand auch erforderlich war, ergibt sich zum einen aus der vorgelegten handschriftlichen Stundenaufzeichnung und zum anderen aus der durchgeführten Beweisaufnahme.

Es mag zwar richtig sein, dass im Sachverständigengutachten keine im Hinblick auf eine sachkundige Sicht hilfreichen Ausführungen enthalten sind. Dieser Umstand hat seine Ursache jedoch darin, dass die Beklagtenpartei entgegen ihrer nach langer Zeit letztendlich doch erklärten Bereitschaft, dem Sachverständigen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, dieser Ankündigung nun doch nicht nachgekommen ist und die sachkundige Befassung des Sachverständigen mit der Angelegenheit damit verhindert hat.

Die erbrachte und erforderliche Stundenanzahl ergibt sich somit aus folgendem:

Zum einen kommt den handschriftlichen Aufzeichnungen eines Steuerberaters über seinen Stundenaufwand durchaus ein gewisser Beweiswert zu, da nicht von vorneherein unterstellt werden kann, dass diese Aufzeichnungen im Nachhinein gefertigt worden sind. Konkrete Anhaltspunkte für ein nachträgliches Erstellen liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Auch hat der Beklagte nicht konkret vorgetragen, in welcher Hinsicht die Stundenliste falsch sein soll. Zum anderen hat der Beklagte aber auch vereitelt, dass der Kläger einen weitergehenden Beweis durch die Erstellung eines Sachverständigengutachtens führt.

Darüberhinaus hat der Sachverständige zu Recht die Überlegung angestellt, dass der Stundenaufwand des Klägers auch insofern hochgerechnet werden kann, als die Zeugin ... angegeben hat, selbst für die Verbuchungen ca. 20 Stunden pro Monat gebraucht zu haben. Nachdem von einem üblichen Arbeitstempo der Zeugin ... auszugehen ist, und der Kläger 8 Monate verbuchen mußte, ergibt sich somit ein Zeitaufwand von 160 Stunden. Unter Berücksichtigung dessen, dass noch zusätzliche Arbeiten erbracht wurden, war somit von dem vorgetragenen Umfang von 164 Stunden auszugehen, der auch als angemessen anzusehen ist.

Gegenansprüche des Beklagten, die den Anspruch des Klägers zu Fall bringen könnten, bestehen nicht.

Nachdem es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag um einen Dienstvertrag handelt, sind lediglich Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten und nicht Gewährleistungsansprüche nach Werkvertragsrecht denkbar. Unabhängig davon dass eine Aufrechnung mit derartigen Schadensersatzansprüchen schon nicht ausdrücklich erklärt worden ist, hat der Beklagte einen konkreten Schaden lediglich in Höhe von 919,20 EUR benannt und zudem insgesamt nicht substantiiert vorgetragen, worin genau die fehlerhafte Arbeit des Beklagten bestanden haben soll und wie sie bereinigt worden sei. Trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts auf den insofern unsubstantiierten Vortrag ging eine Stellungnahme des Beklagten hierzu nicht ein.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 280 Abs. II, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. III Satz 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


Krause
Richterin am Amtsgericht

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht