FOCUS kann mit international registrierter Marke prioritätsältere Rechte beanspruchen

Gericht

Deutsches Patent- und Markenamt


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

04. 07. 2005


Aktenzeichen

396 03 462.4/9


Leitsatz des Gerichts

  1. Marken, welche durch ihren Wortbestandteil „Focus“ benannt werden, sind zu solchen Marken, welche ebenso durch diesen Begriff bezeichnet werden, klanglich ähnlich.

  2. Waren, welche der Speicherung, Übermittlung und Wiedergabe elektronischer Daten dienen, sind aufgrund der Übereinstimmungen in Funktionsweise, Verwendungszweck und Vertriebswegen zu den Waren „Magnetaufzeichnungsträger; Lautsprecher, elektronische Verstärker, Computer-Spiele“ sowie zu der Dienstleistung „Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger“ ähnlich.

  3. Zwischen der Dienstleistung „Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger“ und den Waren „Magnetaufzeichnungsträger“, „Schallplatten“ besteht Warenähnlichkeit, einerseits weil Anbieter entsprechender Dienstleistungen üblicherweise auch entsprechende Datenträger anbieten und weil andererseits engste funktionale Zusammenhänge bestehen, da die genannte Dienstleistung ohne derartige Datenträger nicht erbracht werden kann.

  4. Die Tatsache, dass Waren aus denselben Grundstoffen bzw. Bauteilen hergestellt werden und sich in Funktion und Verwendungszweck auf das engste ergänzen, begründet deren Warenähnlichkeit.

  5. Zwischen Informationsträgern aus Papier und Pappe und Informationsträgern aus anderen Materialien besteht mittlere Ähnlichkeit, da solche Informationsträger jeweils den gleichen Inhalt aufweisen können.

  6. Ebenso besteht mittlere Ähnlichkeit zwischen Informationsträgern aus Papier und Pappe einerseits und Software bzw. mit Computerprogrammen versehenen Datenträgern sowie elektronischen Datenverarbeitungsgeräten andererseits, denn solchen Produkten aus dem EDV-Bereich liegt häufig auch schriftliches Begleitmaterial, beispielsweise in Form von Textbüchern oder Anleitungen, bei.

Tenor

  1. Die Eintragung der Marke Nr. 396 03 462.4 ist wegen des Widerspruchs aus der international registrierten Marke IR 539 480 zu löschen.

  2. Die Eintragung der Marke Nr. 396 03 462.4 ist wegen des Widerspruchs aus der Marke Nr. 394 07 564.1 zu löschen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I. Zum Widerspruch aus der international registrierten Marke IR 539 480

Der gemäß §§ 107 ff., 42 MarkenG zulässige Widerspruch ist begründet.

Die Eintragung der oben wiedergegebenen Marke Nr. 396 03 462.4,

ist zu löschen, da wegen ihrer Identität bzw. Ähnlichkeit mit der

Widerspruchsmarke IR 539 480,

und der Identität bzw. Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht (§§ 107 ff., 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke dann zu löschen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren bzw. Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl. BGH GRUR 1999, 245, 246 - LIBERO; BGH Bl. f. PMZ 2001, 212, 213 - EVIAN / REVIAN).

Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht eine zu einer Verwechslungsgefahr führende klangliche Ähnlichkeit. Sie beinhalten beide den Ausdruck "Focus" und werden daher gleich benannt. Das Markenwort "Focus" tritt auf Seiten der angegriffenen Marke auch in Anbetracht der grafischen Gestaltung des Buchstaben "o" in ohne weiteres ersichtlicher Form hervor.

Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind identisch bzw. ähnlich. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl. EuGH WRP 1998, 1165 - Canon). Des weiteren sind ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, ihre regelmäßige Vertriebs- und Erbringungsart sowie die wirtschaftliche Bedeutung in Betracht zu ziehen (vgl. Ströbele / Hacker, Markengesetz, 7. Auflage, § 9 Rn. 57).

Demnach ist vorliegend im Hinblick auf die Waren der angegriffenen Marke "Elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten), photographische, Film- und optische Apparate und Instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Computerperipheriegeräte, Computer-Software" Identität bzw. Ähnlichkeit engeren Grades zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren, welche den Klassen 09 und 42 unterfallen, gegeben. Die sich gegenüberstehenden Waren sind aus denselben Grundstoffen bzw. Bauteilen hergestellt und ergänzen einander in Funktion und Verwendungszweck auf das Engste, indem sie der Datenübertragung, -übermittlung und -speicherung dienen.

Zudem ist hinsichtlich der Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Comuterperipheriegeräte, Computer-Software" der angegriffenen Marke auch Ähnlichkeit zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen gegeben. Denn auf dem Gebiet der EDV ist eine gängige Praxis dahingehend gegeben, dass Anbieter von Dienstleistungen, wie sie von der international registrierten Marke beansprucht werden, gleichzeitig auch entsprechende Soft- und Hardware sowie Datenträger produzieren und vertreiben (vgl. auch BPatG 24W(pat)228/97 - T-COM / Telekom; BPatG, 29 W(pat)1 38/97 - NETline / NETLINE). Des weiteren ergänzen Ware und Dienstleistung in funktionaler Hinsicht einander auf das Engste; sie dienen insofern demselben Verwendungszweck, als sie eine effiziente Nachrichtenübermittlung und Datenübertragung bewerkstelligen.

Im Hinblick auf die genannten Waren der angegriffenen Marke ist ferner jedenfalls ein mittlerer Ähnlichkeitsgrad zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Papier- und Kartonwaren gegeben (vgl. BPatG, 33W(pat)1 82/98 - CAT-PRO / PATPRO). Die sich gegenüberstehenden Waren können, soweit es sich jeweils um Informationsträger handelt, den gleichen Inhalt aufweisen. Zudem ist eine gängige Praxis dahingehend festzustellen, dass Hersteller von Software bzw. Computerprogrammen und entsprechenden Datenträgern sowie elektronischen Datenverarbeitungsgeräten zugleich auch schriftliches Begleitmaterial, beispielsweise in Form von Texthandbüchern oder Anleitungen zum Gebrauch von Software an den Kunden mit verabreichen.

Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Stereo-Tonwiedergabegeräte, Stereo-Tonwiedergabegeräte zur Verwendung in Fahrzeugen, Verstärker, Empfänger, Lautsprecher, Außenlautsprecher, Kassettendecks, CD-Player, Filmprojektoren und dazugehörige Tonbearbeitungsgeräte, CD-ROM Laufwerke, Abspielgeräte für Videodisks, Abspielgeräte für MiniDisks, Fernsehapparate, Abspielgeräte für Laserdisks, elektronische Musikinstrumente, tragbare elektronische Keyboards und Orgeln, Computerspielgeräte, Tonverarbeitungskarten für Computer, Schnittstellenkarten für Computer, Ton- und/oder Ton-Bildgeräte zur Verwendung in Kinos" ist ebenfalls von Identität bzw. engerer Warenähnlichkeit auszugehen. Denn die sich gegenüberstehenden Waren bestehen teilweise aus denselben Bauteilen bzw. Elementen, auch sind weitreichende Überschneidungen in Funktionsweise und Verwendungszweck gegeben, soweit sie die Übertragung, Wiedergabe oder Speicherung elektronischer Daten zum Gegenstand haben. Zudem bestehen Übereinstimmungen in den Vertriebswegen.

Somit war in Anbetracht der eingangs erläuterten Wechselwirkung zwischen den einzelnen Faktoren eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Es war daher dem Widerspruch stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen (§§ 107 ff., 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).


II. Zum Widerspruch aus der deutschen Marke Nr. 394 07 564.1

Der gemäß §§ 42 MarkenG zulässige Widerspruch ist begründet.

Die Eintragung der oben wiedergegebenen Marke Nr. 396 03 462.4,

ist zu löschen, da wegen ihrer Identität. bzw. Ähnlichkeit mit der

Widerspruchsmarke Nr. 394 07 564.1,

"FOCUS"

und der Identität bzw. Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht eine zu einer Verwechslungsgefahr führende klangliche Ähnlichkeit. Sie beinhalten beide den Ausdruck "Focus" und werden daher gleich benannt.

Im Hinblick auf die Waren der angegriffenen Marke ist Identität bzw. Ähnlichkeit zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren "Magnetaufzeichnungsträger; Lautsprecher, elektronische Verstärker, Computer-Spiele" sowie zu der Dienstleistung "Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger" gegeben. In Bezug auf die sich gegenüberstehenden Waren liegen hochgradige Übereinstimmungen in Funktionsweise und Verwendungszweck vor, da die sich gegenüberstehenden Waren allesamt der Speicherung, Übermittlung und Wiedergabe elektronischer Daten dienen. Auch bestehen Übereinstimmungen in den Vertriebswegen. Darüber hinaus ist bezüglich der genannten, von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistung Ähnlichkeit zu den seitens der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Magnetaufzeichnungsträger", "Schallplatten" gegeben. Denn im Bereich der Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen ist es keine unübliche Erscheinung, dass Anbieter dieser Dienstleistung auch die entsprechenden Datenträger zum Verkauf anbieten bzw. zur Verfügung stellen. Auch bestehen engste funktionale Zusammenhänge zwischen den Waren und der Dienstleistung, da die Dienstleistung ohne derartige Datenträger nicht erbracht werden kann.

Somit war in Anbetracht der eingangs erläuterten Wechselwirkung zwischen den einzelnen Faktoren eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Es war daher dem Widerspruch stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen (§§ 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 63 Abs. 1 MarkenG) bestand kein Anlass.

Auf die im Übersendungsschreiben enthaltene Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.

Markenstelle für Klasse 09


Reinisch
Regierungsangestellte
im höheren Dienst

Bka

Rechtsgebiete

Markenrecht