Kein Verstoß gegen einstweilige Verfügung bei weiterem Bericht
Gericht
LG Berlin
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
28. 06. 2005
Aktenzeichen
27 O 387/05
Der Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Schuldnerin ist durch einstweilige Verfügung vom 17. Mai 2005 untersagt worden,
in Bezug auf den Gläubiger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/ oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
"Als ... seinen Posten als Kreischef ... verlor, verweigerte er seinen Nachfolgern jeden Einblick in sein ehedem so süßes Politikerleben. ... habe die Kasse seines früheren Kreisverbandes monatelang nicht herausrücken wollen."
Die einstweilige Verfügung ist dem anwaltlichen Vertreter der Schuldnerin am 19. Mai 2005 per Telefax und der Schuldnerin selbst am 27. Mai 2005 zwecks Vollziehung zugestellt worden. In der ...-Ausgabe Nr. 24/2005 vom 13. Juni 2005 berichtet die Schuldnerin auf S. 52 wie folgt über den Gläubiger:
"Er verwahrte sich gegen die Behauptung, die Kasse zurückgehalten zu haben.(...)"
Die Gläubigerin beantragt,
gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld zu verhängen.
Die Schuldnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie meint, dass mit der erneuten Berichterstattung nicht gegen das Unterlassungsgebot verstoßen werde, da es sich um eine Berichterstattung über den schwebenden Prozess handele und sie, die Schuldnerin, die Behauptung sich nicht zu eigen mache.
II.
Der Antrag war abzulehnen, da die Schuldnerin durch die Berichterstattung im Focus 24/2005 nicht gegen die Unterlassungsverfügung verstoßen hat.
Die Schuldnerin hat die untersagte Formulierung nicht wörtlich wiederholt. Zwar liegt auch dann ein Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot vor, wenn der Kern der Verletzungsform unberührt bleibt, also eine Äußerung getätigt wird, die im Verkehr als gleichwertig angesehen wird (sog. Kerntheorie, vgl. Baumbach u.a./Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 890 Rn. 2 m.w.N.). Eine solche gleichwertige Äußerung stellt die jetzige Veröffentlichung nicht dar. Während die untersagte Äußerung eine eigene Äußerung der Schuldnerin war, berichtet die Schuldnerin nunmehr aus aktuellem Anlass, nämlich aufgrund neuer Beweise über das Verfahren, ohne den Vorwurf als eigenen zu wiederholen. Sie erwähnt lediglich, wogegen sich der Gläubiger wehrte. Dies ist aber erforderlich, um die neuen Beweise in den Zusammenhang einzuordnen. Der Schuldnerin kann auch in Ansehung von Art. 5 Abs. 1 GG nicht verwehrt werden, über ein Unterlassungsverfahren zu berichten (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 12 Rn. 158 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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