Fürst Albert II: Schriftsatz I an LG Freiburg

Gericht

LG Freiburg


Art der Entscheidung

Schriftsatz der Kanzlei


Datum

03. 06. 2005


Aktenzeichen

14 O 199/05


Entscheidungsgründe

In dem Rechtsstreit

SAS Le Prince Souverain Albert II von Monaco, ...

- Antragsteller -

Prozessbevollmächtigte: Rechtanwälte ...


gegen

Bunte Entertainment Verlag GmbH, ...

- Antragsgegner -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Prof. Dr. Robert Schweizer und Kollegen, Arabellastr. 21, 81925 München


zeigen wir die Vertretung der Antragsgegnerin an und bedanken uns vorab für die kurzfristig bis 03.06.2005 gewährte Fristverlängerung, die wegen einer Erkrankung des Rechtsunterzeichners und alleinigen Sachbearbeiters notwendig geworden war.

Zunächst beantragen wir,

den Termin zur mündlichen Verhandlung um eine Woche auf den 29.06.2005 zu verschieben und nach Möglichkeit nicht vor 12 Uhr zu terminieren.

Zur Begründung führen wir an, dass der Rechtsunterzeichner sich am 22.06.2005 noch in einem seit langem geplanten Urlaub befindet. Die Verschiebung der Terminsstunde ist erforderlich, weil eine Anreise aus München am Terminstag sonst nicht möglich wäre.

In der Sache wird beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kostenpflichtig zurückzuweisen.


Begründung:

I. Sachverhalt

Zum Sachverhalt können wir uns kurz fassen. Die Veröffentlichungen liegen vor. Sie haben im Kern zum Gegenstand, dass der Antragsteller, der regierende Fürst von Monaco und damit Staatsoberhaupt des Fürstentums, offenbar seit beinahe zwei Jahren einen nichtehelichen Sohn hat, den er vor der Öffentlichkeit verheimlicht und zu dem er sich rechtlich nicht bekennt. Dieser Sohn entspringt (nach deren Angaben) einer bereits acht Jahre währenden Verbindung mit Nicole Coste, die sich im Interview mit der Antragsgegnerin und dem führenden französischen Magazin „Paris Match“ ausführlich äußerte. Die Beziehung wurde nicht geheim gehalten; vielmehr traten der Antragsteller und Frau Coste öffentlich auf – bei Restaurant- und Kinobesuchen, aber auch bei offiziellen Terminen wie dem MTV Music Award oder einem Diner bei Fürst Rainier.

Das Interview mit Nicole Coste und entsprechende Begleitberichte erschienen jetzt zeitgleich in BUNTE und „Paris Match“. Das Echo in der übrigen Presse war enorm. Soweit ersichtlich, hat der Antragsteller bisher in keinem Fall geltend gemacht, das Berichtete entspreche nicht die Wahrheit. Er tut es auch im vorliegenden Verfahren nicht.

Der Antragsteller bezeichnet sich in der Antragsschrift selbst als der „regierende Fürst des Fürstentums Monaco“. Dieses Fürstentum ist völkerrechtlich ein selbständiger Staat, wenn es auch eng mit Frankreich verflochten ist. Monaco ist Mitglied der Vereinten Nationen seit 1993 und des Europarats seit 2004; es unterhält eine Vertretung bei der EU in Brüssel. Der Antragsteller ist Staatsoberhaupt einer konstitutionellen Erbmonarchie, in der männliche Nachkommen bei der Thronfolge Vorrang haben.


II. Rechtsausführungen

Rechtlich ist die Frage zu beantworten, ob bei einer Person wie dem Antragsteller in der geschehenen Weise berichtet werden darf, ohne geschützte Persönlichkeitssphären bzw. sein Recht am eigenen Bild zu verletzen. Nach Überzeugung der Antragsgegnerin gibt es wenige Fälle, in denen die Antwort so eindeutig „Ja“ lautet, wie diesen.


1. Zum Inhalt der Textberichterstattung

a) Keine Unwahrheiten

Der Antragsteller behauptet nicht, dass die Artikelinhalte in irgendeinem Punkt unwahr seien. Dies bestätigt die Qualität der hier geleisteten Recherche und die Aufrichtigkeit und Glaubwürdigkeit von Frau Coste. Die Berichterstattung genießt daher in vollem Umfang den Schutz der Pressefreiheit. Auf die Frage, ob sich die Antragsgegnerin Aussagen zueigen gemacht hat oder nicht (S. 27 f. der Antragsschrift), kommt es überhaupt nicht an.

b) Keine Berührung der Intimsphäre

Unter der Intimsphäre wird, wovon auch der Antragsteller ausgeht, ein Bereich der Persönlichkeit verstanden, der einer Berichterstattung schlechthin entzogen ist. Eine Abwägung findet hier – ähnlich wie bei der Gewährleistung der Menschenwürde – nicht statt. Dieser Blick auf die Rechtsfolge macht klar, dass die Zuordnung einer Information zur Intimsphäre nicht schematisch erfolgen darf, denn sie entzieht diese Information der Berichterstattungsfreiheit und schränkt die Gewährleistung aus Art. 5 Abs. 1, 2 GG in denkbar schärfster Weise ein. Die Unterscheidung verschiedener Sphären ist nur ein Hilfsmittel, bei dessen Anwendung im Sinne der Wechselwirkungslehre (vgl. BVerfGE 7, 198 - Lüth) der Gewährleistungsgehalt der Grundrechte zu berücksichtigen ist.

Macht man sich diese rechtlichen Grundlagen bewusst, so ergibt sich verhältnismäßig schnell, dass keine der hier streitgegenständlichen Äußerungen die Intimsphäre des Antragstellers betrifft:

aa) Die Äußerung zu Antrag A.I. Nr. 6 handelt vom Händchenhalten und Sich-in-den-Armen-Liegen. Solche Ausdrucksformen von Zärtlichkeit sind im Verhältnis zwischen Menschen, die sich gern haben, sozialadäquat und werden im europäischen Kulturkreis, dem die Parteien angehören, völlig selbstverständlich millionenfach in breitester Öffentlichkeit ausgeübt. Auch wenn sie sich nachts abspielen (wie in dem beanstandeten Text geschildert), zählen sie nicht in einem Sinne zum Bereich der Sexualität, der sie der Intimsphäre zuordnen würde. Es ist nicht einmal die Rede davon, die Beteiligten seien nackt gewesen.

bb) In der Passage gem. A.I. Nr. 19 gibt Nicole Coste an, sie sei (in einer bestimmten Nacht) schwanger geworden. An diesem Beispiel lässt sich besonders gut verdeutlichen, dass sich eine schematische Zuordnung zur Intimsphäre verbietet. Denn unbestreitbar hat angesichts des Umstands, dass bis auf einen vernachlässigbaren Teil alle Schwangerschaften auf natürlichem Weg begründet werden, diese Information einen Bezug zur Sexualität. Dennoch wird sie nach den herrschenden Anschauungen nicht der Intimsphäre zugeordnet, sondern wohl sogar der Sozialsphäre. Vermutlich liegt dies daran, dass sich das Ergebnis schon während fortschreitender Schwangerschaft – und erst recht nach Geburt eines Kindes – nicht vor der Umwelt verbergen lässt. Jedenfalls ist kulturell fest verankert, dass der Umstand, Kinder zu bekommen oder zu haben, nichts „Intimes“ ist, was nur die Beteiligten etwas angeht. Diese Information wird vielmehr freimütig einem beliebigen Publikum offenbart. Wenn Günther Jauch bei seiner bekannten Fernsehshow die völlig unbekannten Kandidaten zur Person befragt, sind Familienstand und Kinderzahl ebenso gut für einen Smalltalk geeignet, wie die berufliche Tätigkeit oder Hobbys, obwohl aus dem Vorhandensein von Kindern Rückschlüsse auf stattgefundenen Geschlechtsverkehr gezogen werden können. Absolut tabu wären dagegen z.B. Fragen zur Qualität der sexuellen Partnerbeziehung. An diesem Beispiel sieht man, was zur Intimsphäre gehört und was nicht.

cc) Die Passagen gem. A.I. Nr. 20 und 21 zählen ebenfalls nicht zur Intimsphäre, jedenfalls nicht zu der des Antragstellers. Sie befassen sich in allgemeiner Form mit den Zweifeln von Nicole Coste, ob sie das Kind austragen soll oder nicht. Dabei wird – dem Antragsteller durchaus zur Ehre gereichend – dargelegt, dass er zu jedem Zeitpunkt dafür war, das Kind zu behalten. Es mögen die Überlegungen der Schwangeren, eine Abtreibung vorzunehmen, oder auch ein solcher Eingriff selbst ihrer Intimsphäre zuzuordnen sein. Die Aussage des Mannes, sie solle das Kind behalten, ist es nicht, weil durch die Wiedergabe einer solchen Aussage kein Bereich der persönlichen Lebensführung berührt ist, der vor der Kenntnisnahme durch Außenstehende absolut geschützt wäre. Im Gegenteil, gerade bei hochstehenden (männlichen) Persönlichkeiten ist die Frage, wie sie sich in einem solchen Moment zum Ungeborenen stellen, ein wichtiges Charaktermerkmal, über das die Öffentlichkeit informiert werden darf.

dd) Die Äußerung gem. A.I. Nr. 26 kann wiederum nur der Intimsphäre zuordnen, wer schematisch und ohne Rücksicht auf die in Rede stehenden Grundrechte vorgeht. Die Entnahme einer DNA-Probe mag im weitesten Sinne eine medizinischen Untersuchung darstellen. Da solche Proben wohl meist durch Speichelabstriche und damit ohne körperlichen Eingriff gewonnen werden, fehlt es aber schon an einer medizinischen Untersuchung des „Spenders“. Unabhängig davon: Medizinische Untersuchungen gehören zur Intimsphäre, wenn bzw. weil es darin um den Gesundheitszustand oder mögliche Krankheiten des Untersuchten geht. Dies ist bei DNA-Vaterschaftstests nicht der Fall. Noch niemand ist beispielsweise auch auf den Gedanken verfallen, der Bericht über eine Alkoholfahrt gehöre der Intimsphäre zu, weil darin auf eine entnommene Blutprobe und damit eine medizinische Untersuchung Bezug genommen wird.

ee) Die Passagen gem. A.I. Nrn. 23 und 24 betreffen nicht einmal ansatzweise einen Teil der Intimsphäre des Antragstellers. Ob und wie er seine Vaterschaftsangelegenheiten regelt, ist – ganz im Gegenteil – bei einem regierenden Fürst einer Erbmonarchie sogar Teil der Sozialsphäre, weil diese Frage gewissermaßen seine „Berufsausübung“ angeht. Zur Intimsphäre gehört dies aber auch sonst nicht. An der Frage der Vaterschaft gibt es wegen der Vielzahl der an sie geknüpften Rechtsfolgen ein legitimes öffentlich-gesellschaftliches Interesse. Ob der Antragsteller sich die Zeugung eines nichtehelichen Kinds vorwirft, ist eine ganz normale Frage im Zusammenhang mit der Zeugung eines solchen Kindes, so dass über sie ebenso berichtet werden darf, wie über ihren Auslöser.

c) Andere Zuordnungsfragen Wurde somit nicht aus der Intimsphäre des Antragstellers berichtet, so verlieren andere Zuordnungsfragen an Bedeutung, da – wie unten noch näher ausgeführt wird – die erforderliche Abwägung im vorliegenden Fall zu einer Zulässigkeit selbst der Berichterstattung aus der Privatsphäre führt. Die Verbotsanträge erfassen jedoch vielfach auch Aussagen, die noch nicht einmal der geschützten Privatsphäre zugehören. Dies gilt etwa für die erste Begegnung des Antragstellers mit Frau Coste, bei der diese ihre berufliche Tätigkeit ausübte (A.I.1.-3.) oder für die Vorgänge um die förmliche Vaterschaftsanerkennung (A.I.31., A.II.1.). Andere Ziffern beziehen sich ganz oder im Wesentlichen nur auf Erlebnisse und Gefühle von Frau Coste, über deren Veröffentlichung der Antragsteller nicht bestimmen kann, mag auch am Rande ein Bezug zu seiner Person in Rede stehen (aber eben nicht zu seinem Privatleben). Dies trifft beispielsweise zu auf die Punkte A.I.9., 11., 12., Teile von 13. und 18., 27., 29., 30., 32; A.II.3. Nicht in Abrede genommen wird, dass Einzelheiten der Beziehung des Antragstellers zu Frau Coste, wie sie teilweise Gegenstand der Berichterstattung waren, dem familiären Bereich zuzurechnen sind. Die Veröffentlichung war und ist aber auch insoweit zulässig, wie sogleich gezeigt wird.


2. Zur Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Interessen des Antragstellers

a) Interesse der Öffentlichkeit

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist im vorliegenden Fall extrem hoch. Um dies richtig einzuschätzen, muss man die Angelegenheit vom Ergebnis her betrachten. Dieses Ergebnis hat die Gestalt eines bald zwei Jahre alten Kindes, das der Antragsteller – wie er zumindest nicht bestreitet – gezeugt hat. Die Existenz des Kindes gibt der gesamten Berichterstattung das Gepräge, wie das Gericht anhand der vorgelegten Artikel leicht selbst feststellen kann.

Es geht also nicht bloß um eine Liebesbeziehung zwischen Erwachsenen. Das Interesse der Antragsgegnerin und ihrer Leser gilt der Beziehung zwischen Nicole Coste und dem Antragsteller erst in zweiter Linie. Im Vordergrund steht eine beinahe schon klassische Konstellation: Der Fürst – reich an Geld und Einfluss – zeugt mit einer „Bürgerlichen“ ein Kind und muss sich entscheiden, wie er mit dieser Situation umgeht. Erkennt er das Kind an und steht zu dessen Mutter, trotz der zu erwartenden Konflikte mit der adligen Familie? Oder werden Mutter und Kind verleugnet, das Kind somit seines Vaters beraubt und nur – wenn es Glück hat – materiell versorgt?

Über diese Fragen darf – jedenfalls – bei einem aktiven Staatsoberhaupt berichtet werden. Diese Rolle bringt Einschränkungen des Rechts mit sich, anonym und vor der Öffentlichkeit verborgen zu leben. Das gilt nicht nur bei gewählten Spitzenpolitikern, die sich dem Wählervotum stellen müssen und über die die Wähler sich daher auch umfassend müssen informieren können. Mindestens in gleichem Maße müssen sich Souveräne dem Urteil der Bürger stellen, deren Position nicht demokratisch legitimiert ist, denn ihre Herrschaft basiert letztlich auf der natürlichen Autorität der Person und des Amtes. Hier ersetzt die soziale Kontrolle durch Öffentlichkeit und Medien ein Stück weit die demokratische Kontrolle, die durch Wahlen ausgeübt wird: Wenn der Herrscher schon nicht abgewählt werden kann, dann muss er in seinen Handlungen wenigstens dadurch im Zaum gehalten werden, dass ihm bei Fehlverhalten ein Vertrauens- und Ansehensverlust in der Bevölkerung droht.

Zu dieser staatsrechtlich orientierten Überlegung kommt noch die daneben bestehende Leitbildfunktion des Antragstellers. Ein Staatsoberhaupt ist nicht nur Herrscher, sondern auch Vorbild. Die Öffentlichkeit hat das Recht, zu erfahren ob die betreffende Person „funktionales und persönliches Verhalten überzeugend in Übereinstimmung“ bringt (BVerfG, NJW 2000, 1021, 1025 – Caroline v. Monaco). Ihre grundrechtlich geschützte Funktion kann die Presse nur erfüllen, wenn sie Verhaltensweisen öffentlich machen darf, die diese Person der Öffentlichkeit gerade vorenthalten möchte. Der Antragsteller kann nicht einfach das, was seinem Bild in der Öffentlichkeit schaden könnte, durch von ihm praktizierte Geheimhaltung zu seiner geschützten Privatsphäre deklarieren.

Nach diesen Überlegungen ist bereits klar, dass die Zeugung eines nichtehelichen Kindes und der Umgang mit dieser Situation grundsätzlich berichtenswert ist. Eine weitere Verstärkung erlangt dieses Ergebnis durch den Umstand, dass das Kind in einer Erbmonarchie für die Thronfolge zumindest in Betracht kommt und damit die Geschicke des Staates Monaco zukünftig bestimmen kann. In einer Nachrichtenmeldung, die sich auf die Agentur AFP stützt und die wir vorlegen als

Anlage AG 1,

heißt es:

„Monaco-Historiker Jean des Cars verwies in dem Pariser Magazin darauf, dass nichteheliche Kinder in der Familiengeschichte der Grimaldis vorkommen: So sei die Großmutter des heutigen Fürsten, Charlotte, einst einem Seitensprung von Fürst Louis II. entsprungen. Charlotte hatte einen Adeligen geheiratet, der den Namen Grimaldi annahm. Nach dem Tod von Louis II. verzichtete sie zugunsten ihres Sohns auf den Thron: Es war Alberts im April verstorbener Vater, Rainer III.“

Dies macht endgültig klar: Über die Nachkommen des regierenden Fürsten von Monaco muss die Öffentlichkeit informiert werden dürfen.

b) Interessen von Nicole und Alexandre Coste

Nicht übersehen werden darf, dass auch die Mutter geschützte Interessen hat, die bei der Abwägung zu berücksichtigen sind. Selbst dem kleinen Alexandre, der von seiner Mutter vertreten wird, stehen solche Interessen zu. Denn was soll eine Mutter in der Situation von Nicole Coste tun? Auf der juristischen Ebene ist sie Albert nicht gewachsen. Sie und ihr Kind sind materiell von ihm abhängig. Wie soll sie – wenn sie nicht an die Öffentlichkeit gehen kann – Gerechtigkeit für sich und ihr Kind erreichen?

Im Interview bzw. in einem Brief an die Leser von BUNTE hat sie hierzu ausgeführt:

BUNTE Nr. 19, S. 32 (in der Antragsschrift nicht eingeblendet):

„[Auf die Frage: Warum erzählen Sie Ihre Geschichte?] Ich habe Angst um das psychologische Gleichgewicht meines Sohnes. Ich möchte, dass Alexandre normal aufwächst, mit einem Vater. Ich möchte nicht in Monaco als die Mätresse eines seiner Freunde bezeichnet werden.“

BUNTE Nr. 20, S. 33 (Antragsschrift S. 23):

„Ich habe die Geschichte meines Sohnes nicht verkauft, ich brauche kein Geld, Albert sorgt für uns.
Aber ich brauche die öffentliche Anerkennung meines Sohnes durch seinen Vater.
(...) Meine Kinder sollen ausgeglichene, fröhliche Menschen werden, die sich nicht verstecken müssen. Sie sollen ein Leben ohne Lügen und Gerüchte führen.“

Das BVerfG hat in einem zwar nicht völlig vergleichbaren, aber wertungsmäßig parallel gelagerten Fall entschieden (NJW 1998, 2889, 2890; Hervorh. hinzugefügt):

„Die Äußerung, die der Bf. in der Öffentlichkeit nur unter Verzicht auf Namensnennung erlaubt ist, bezieht sich nicht auf einen von ihr distanzierten Gegenstand, sondern betrifft ihr höchstpersönliches Lebensschicksal. Auf der Grundlage des von den Zivilgerichten festgestellten Sachverhalts, von dem das BVerfG auszugehen hat, handelt es sich um ein äußerst folgenschweres, für ihre körperliche und seelische Entwicklung bestimmendes Erlebnis. Jede Person hat die Freiheit zu entscheiden, ob sie sich mit Erlebnissen dieser Art überhaupt an andere oder an die Öffentlichkeit wendet. Entschließt sie sich aber dazu, liegt in dem Verbot, das höchstpersönliche Schicksal auch in personalisierter Form zu schildern, regelmäßig eine einschneidende Beeinträchtigung der Kommunikationsmöglichkeiten und der Persönlichkeitsentfaltung.“

Durch das beantragte Verbot wären Frau Coste und Alexandre effektiv gehindert, sich mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit zu wenden, da dieses nicht geschildert werden kann, ohne dass der Antragsteller erkennbar wird. Dies ist in der Abwägung ebenfalls zu berücksichtigen.

c) Interessen des Antragstellers und Abwägung

Gegenüber den dargelegten Interessen muss jenes des Antragstellers am Schutz seines Privatlebens zurückstehen. Dass dieses bei einem regierenden Fürst nicht zu hoch angesetzt werden darf, wurde bereits oben ausgeführt. Der Antragsteller ist in seine Rolle als Mitglied eines Fürstenhauses über Jahrzehnte hineingewachsen und wusste, worauf er sich einlässt, als er eine Beziehung mit Frau Coste begründete, aus der dann das Kind entsprang. Er ließ – wie sich aus dem Interview ergibt – stets alle möglichen Vorkehrungen treffen, wusste also, dass die Öffentlichkeit an seinem Privatleben Anteil nimmt, und geriet nicht etwa unbedacht in eine kompromittierende Situation. Er hat auch den Schritt von Frau Coste an die Öffentlichkeit dadurch mit bewirkt, dass er die Anerkennung der Vaterschaft nicht in der erforderlichen Weise vollzieht. Die Schilderung seines Verhältnisses zu Frau Coste ist nicht reißerisch und enthüllt nicht das Intimleben; sie zeigt vielmehr im Wesentlichen, wie der „Alltag“ in einer solch ungewöhnlichen Beziehung aussieht. Die Schilderung der Liebesbeziehung ist erforderlich, um das Gesamtgeschehen würdigen zu können. Erst in Kenntnis der langen Dauer und der Abläufe können die berechtigten Ansprüche von Frau Coste richtig eingeordnet werden. Das Gericht wird dies ohnehin anhand aller einzelnen Antragspunkte überprüfen. Nach unserer Überzeugung kann das Ergebnis nur sein, dass über diese Liebesgeschichte so berichtet werden durfte.

Der Antragsteller selbst erkennt zwar an, dass er als regierender Fürst des Fürstentums Monaco die Aufmerksamkeit einer breiten Leserschaft auf sich zieht. Er meint jedoch, es fehle ein Bezug zu der von ihm bekleideten Funktion, da er zu der Zeit, als sich die Beziehung zu Frau Coste abspielte, noch nicht regierender Fürst gewesen sei. Dieser Einwand ist zurückzuweisen. Erstens kann auch Zurückliegendes durch den Eintritt in eine bestimmte Funktion berichtenswert werden, wenn seine Auswirkungen andauern. Dies ist hier schon wegen des Kindes der Fall. BUNTE hat nicht über irgendeine „Verflossene“ des Prinzen Albert berichtet, sondern über den Abkömmling des regierenden Fürsten und seine Mutter. Zweitens war das Verhältnis des Antragstellers zu Frau Coste schon damals maßgeblich durch seinen Stand geprägt, wie aus der Schilderung immer wieder deutlich wird. Es ist also auch nicht so, dass der Antragsteller in der Zeit vor seiner Amtseinführung wie ein normaler Bürger handelte oder zu behandeln war. Im Ergebnis ist der Funktionsbezug der Berichterstattung nicht zu leugnen. Diese wird gerade durch den Umstand, dass er nun Fürst ist, ein erstrangiges Thema für die Öffentlichkeit.


3. Insbesondere zur Bildberichterstattung

a) Schutz von Ehe und Familie?

Hinsichtlich der weit überwiegenden Zahl der Fotos beruft der Antragsteller sich auf den besonderen Schutz des familiären Umgangs von Eltern mit ihren Kindern und der spezifisch elterlichen Hinwendung. Um überhaupt in den Genuss dieses Schutzes zu gelangen, müsste der Antragsteller daher zunächst darlegen, dass es sich bei dem kleinen Alexandre um sein Kind handelt. Da er dies nicht tut, kann er sich auf diesen Gesichtspunkt auch nicht berufen.

b) Abwägung nach § 23 Abs. 2 KUG

Aber selbst dann, wenn der Antragsteller einräumen würde, der Vater zu sein, wäre dieser Aspekt lediglich im Rahmen der Abwägung nach § 23 Abs. 2 KUG zu berücksichtigen. Diese Abwägung führt im vorliegenden Fall auch unter Beachtung des besonderen Schutzes der elterlichen Hinwendung zum Kind zu dem Ergebnis, dass keine überwiegenden berechtigten Interessen des Antragstellers anerkannt werden können.

Die Fotoaufnahmen wurden nicht heimlich gemacht, es sind keine Paparazzi-Fotos. Die vom Antragsteller angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung basierte dagegen gerade auf dem Gedanken, dass prominenten Eltern ein unbefangener Umgang mit ihren Kindern nicht möglich sei, wenn sie stets damit rechnen müssten, heimlich fotografiert zu werden. Wörtlich führte das BVerfG aus (NJW 2000, 1021, 1023 – Caroline v. Monaco; Hervorh. hinzugefügt):

„Es ist (...) anerkannt, dass Kinder eines besonderen Schutzes bedürfen, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen (...). Dieses Schutzbedürfnis besteht auch hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen. Deren Persönlichkeitsentfaltung kann dadurch empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen. Für die kindliche Persönlichkeitsentwicklung sind in erster Linie die Eltern verantwortlich. Soweit die Erziehung von ungestörten Beziehungen zu den Kindern abhängt, wirkt sich der besondere Grundrechtsschutz der Kinder nicht lediglich reflexartig zugunsten des Vaters und der Mutter aus (...). Vielmehr fällt auch die spezifisch elterliche Hinwendung zu den Kindern grundsätzlich in den Schutzbereich von Art. 2 I i.V. mit Art. 1 I GG. Der Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfährt dann eine Verstärkung durch Art. 6 I und II GG, der den Staat verpflichtet, die Lebensbedingungen des Kindes zu sichern, die für sein gesundes Aufwachsen erforderlich sind und zu denen insbesondere die elterliche Fürsorge gehört (...). Wie sich die Verstärkung des Persönlichkeitsschutzes durch Art. 6 GG im Einzelnen auswirkt, lässt sich nicht generell und abstrakt bestimmen. (...) Im Übrigen kann der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugunsten spezifischer Eltern-Kind-Beziehungen grundsätzlich aber auch dort eingreifen, so es an den Voraussetzungen der örtlichen Abgeschiedenheit fehlt.“

Gerade durch den letzten Satz zeigt das Gericht, dass es von (heimlichen) Bildaufnahmen in der Öffentlichkeit ausging. Es wollte gerade den Schutz vor Bildaufnahmen verstärken, die in der Öffentlichkeit, aber außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit stattfindet. Die übrigen hervorgehobenen Passagen zeigen, dass die Verstärkung des elterlichen Persönlichkeitsschutzes ihren Grund nur und gerade im Schutz des ungestörten Aufwachsens des Kindes hat, das – wie zuvor erklärt wird – durch „öffentliche Beobachtung“ gefährdet sein könne.

Diese Überlegung trifft auf die konkreten Aufnahmen des Antragstellers mit Alexandre Coste nicht zu. Denn diese Aufnahmen wurden völlig unabhängig von einer Veröffentlichung im Freundes- bzw. Familienkreis angefertigt, so wie dies in jeder Familie geschieht. Zu keinem Zeitpunkt bestand die Gefahr einer Beeinträchtigung des Kindes oder des Umgangs seines Vaters mit ihm. Es fehlt an jeder Vergleichbarkeit mit heimlichen Paparazzi-Fotos. Niemand wurde beobachtet, und alle Beteiligten können weiterhin stets unbefangen miteinander umgehen. Einzige Folge der Veröffentlichung, in die die allein sorgeberechtigte Mutter selbstverständlich für Alexandre eingewilligt hat, könnte sein, dass der Antragsteller sich künftig bei Besuchen seines Sohnes nicht mehr fotografieren lassen möchte. Eine ernsthafte Störung der Voraussetzungen für dessen gesundes Aufwachsen läge hierin jedoch nicht.

Aber auch unabhängig davon muss das Ergebnis der Abwägung gem. § 23 Abs. 2 KUG hier zugunsten der Presse ausfallen. Der Antragsteller ist der regierende Fürst von Monaco. Wenn er einen nichtehelichen Sohn hat, ist dies eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse. Gerade weil er sich zu dem Kind nicht bekennt, muss es der Presse erlaubt sein, aussagekräftiges Bildmaterial zu veröffentlichen. Anders ist überhaupt nicht zu vermitteln, dass die Geschichte wirklich stimmt. Jedenfalls ist die Kraft solcher Bilder nicht zu ersetzen. In einer Situation, in der solches erstmals öffentlich gemacht wird, müsste daher das Recht des Antragstellers auf einen von der Öffentlichkeit abgeschirmten Umgang mit seinem Kind selbst dann zurückstehen, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt unzulässig sein sollte, immer neue Aufnahmen von ihm mit seinem Kind zu veröffentlichen. Die glaubwürdige Enthüllung eines berichtenswerten Umstands durch die Presse muss gesteigerten Schutz genießen.

c) Die Rechtsprechung des EGMR Auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kann sich der Antragsteller gleich aus zwei Gründen nicht berufen: Erstens bekleidet er eine führende öffentliche Funktion, und zweitens leistet der angegriffene Bericht auch zweifellos einen Beitrag zu einer Debatte von öffentlichem Interesse.

Letzteres haben wir oben schon mehrfach erläutert. Es ist eben nicht so, dass hier „nur“ Interesse am Privatleben als solchem besteht, sondern am Nachkommen des regierenden Fürsten.

d) Insbes. das Foto mit Nicole Coste

Soweit der Antragsteller ein Foto rügt (A.IV.1.b.), das ihn mit Nicole Coste zeigt, findet die oben zur Textberichterstattung ausgeführte Argumentation sinngemäß Anwendung. Der Schutz der Privatsphäre des Antragstellers ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Ebenso ist jedoch ein öffentliches Interesse an der Frage anzuerkennen, ob der zukünftige Fürst von Monaco ein nichteheliches Kind hat. Hierfür ist gerade seine besondere Vertrautheit mit Frau Coste, wie sie in dem Foto zum Ausdruck kommt, ein wichtiger Fingerzeig. Auch insoweit ist von Bedeutung, dass das Foto nicht heimlich angefertigt wurde und trotz einer gewissen Vertrautheit nicht anstößig oder unvorteilhaft wirkt.


4. Zusammenfassung

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Berichterstattung über ihn und sein Kind. In der besonderen Rolle und Funktion, die er ausübt, hat er sie vielmehr hinzunehmen und sich der Realität zu stellen, die er nicht unterdrücken kann. Soweit dadurch seine Privatsphäre bzw. sein Recht am eigenen Bild berührt wird, genießen nach der vorzunehmenden Abwägung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auch die berechtigten Interessen der Mutter und des von ihr vertretenen Kindes den Vorrang. Der Antrag ist daher unbegründet.

Rechtsgebiete

Presserecht