Schürzenjäger, Träumer oder Beziehungswrack? Prominenter ging in Öffentlichkeit

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

21. 06. 2005


Aktenzeichen

9 U 4/05


Leitsatz des Gerichts

  1. Wer in der Vergangenheit Beziehungsfragen in der Öffentlichkeit offen thematisiert, kann sich für diesen Beriech grundsätzlich nicht auf den Schutz der Privatsphäre berufen. Entsprechend höher liegt die Schwelle für eine eine Geldentschädigung rechtfertigende schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung.

  2. Im Zuge der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an unterhaltender Berichterstattung anzuerkennen, weil auch das bloße Unterhaltungsinteresse insoweit geschützt ist.

  3. Bei Ermittlung des Aussagegehalts des Wortes „Beziehungswrack“ ist die Äußerung im Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist; sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst allein isoliert betrachtet werden. Im Zusammenhang mit der Frage „Schürzenjäger, Träumer oder Beziehungswrack?“ und der Antwort „Wohl von allem ein bisschen“ ist das Wort „Beziehungswrack“ nicht als Schmähkritik zu würdigen, da nicht moralische Werteinstellungen, sondern Schwierigkeiten bei der Partnersuche für eine dauerhafte Beziehung kritisiert werden.

Tenor

  1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.

  2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles besteht nicht die erforderliche unabweisbare Veranlassung für die Zuerkennung einer Geldentschädigung.

Zwar mag es das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt haben, dass die Beklagte - den Vortrag des Klägers unterstellt - falsche Tatsachen über die Beendigung der Beziehung zu seiner früheren Lebenspartnerin verbreitet hat, auch liegt in der Berichterstattung der Beklagten über die Beziehungen des Klägers ein Eingriff in dessen Privatsphäre, eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung ist jedoch nicht gegeben.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger durchaus in der Vergangenheit Beziehungsfragen in der Öffentlichkeit offen thematisiert hat. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten benannten früheren Äußerungen des Klägers gegenüber verschiedenen Presseorganen: Bunte vom 17. Juli 2003 (Anlage B3), Kölner Express vom 17. Juli 2003 (Anlage B4), Abendzeitung vom 21. Juli 2003 (Anlage B5), Abendzeitung vom 24. Juli 2003 (Anlage B6), Kölner Express vom 13. August 2003 (Anlage B7). In diesen berichtet der Kläger beispielsweise über seine "Liebe auf den ersten Blick" oder über seinen Hochzeitsantrag. Insbesondere in der Abendzeitung vom 24. Juli 2003 (Anlage B6) wird der Kläger mit freimütigen Einzelheiten über seine neue Liebe und seine neue Partnerin zitiert. Insoweit kann sich der Kläger nicht auf den Schutz der Privatsphäre berufen. Entsprechend höher liegt dann auch die Schwelle zu einer eine Geldentschädigung rechtfertigenden schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Im Hinblick auf die von der Beklagten geltend gemachte Wahrnehmung berechtigter Interessen, muss auch berücksichtigt werden, dass ein - wenn auch geringes - Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung durchaus anzuerkennen ist, weil auch das bloße Unterhaltungsinteresse insoweit geschützt ist.

Soweit die Beklagte mit der (auch) als Überschrift verwendeten Frage "Wie lange wird er dieser Frau treu bleiben?" zwar durchaus - in Anbetracht des vergangenen Beziehungslebens des Klägers allerdings nicht ganz fernliegende Zweifel an der Dauerhaftigkeit der neuen Beziehung des Klägers geäußert hat, beschränken sich die Vorhaltungen in dem Bericht der Beklagten jedoch darauf. Der Kläger wird durch die Verwendung dieser Frage weder diffamiert noch verächtlich gemacht. Es wird - auch durch die Verwendung des Fotos der neuen Partnerin des Klägers - nicht der Eindruck erweckt, den Kläger interessierten an seiner neuen Frau lediglich deren sexuelle Vorzüge. Ebenso werden weder echte Gefühle des Klägers in Abrede gestellt, noch die Eheschließung ins Lächerliche gezogen. Auch insgesamt ist die Berichterstattung der Klägerin weder dem Inhalt noch der Form nach herabwürdigend.

Schließlich führt auch die Verwendung des Begriffes "Beziehungswrack" nicht zu einer Würdigung der Berichterstattung als Schmähkritik. Der Kläger wird dadurch nicht persönlich herabgesetzt oder an den Pranger gestellt. Bei der Ermittlung des Aussagegehaltes des Wortes "Beziehungswrack" ist die Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Die Beklagte unternimmt in ihrem Artikel erkennbar einen Erklärungsversuch für das Scheitern der Beziehungen des Klägers, indem sie die Frage stellt: "Schürzenjäger, Träumer oder Beziehungswrack?" und anschließend fortsetzt: "Wohl von allem ein bisschen." In diesem Zusammenhang kommt dem Wort "Beziehungswrack" nicht die vom Kläger ins Feld geführte negative Bedeutung zu. Ebenso ist die Würdigung des Landgerichts zutreffend, wonach nicht moralische Werteinstellungen des Klägers sondern vielmehr Schwierigkeiten bei der Partnersuche für eine dauerhafte Beziehung kritisiert werden. Mit dem Begriff "Charakterschwein" ist die Verwendung des Begriffes "Beziehungswrack" in der Berichterstattung der Beklagten nicht vergleichbar weder inhaltlich noch im verwendeten Kontext. Gleiches gilt für den Begriff "ostdeutsches Hormonwrack".

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berüfungsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 522 Absatz 2 Ziffer 2 und 3 ZPO.

Vorinstanzen

LG Berlin, 27 O 682/04

Rechtsgebiete

Presserecht