Vermittlung eines Ausfluges nicht Bestandteil einer Pauschalreise

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 12. 2004


Aktenzeichen

I-12 U 90/04


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Die Klägerin und ihr Ehemann buchten bei der Beklagten unter der Marke M. W. für die Zeit vom 1.7.2000 bis zum 15.7.2000 eine Pauschalreise in das Hotel "C. C. B." in Porlamar / Venezuela.

Vor Ort besuchte die Klägerin eine Informationsveranstaltung der Beklagten, auf der deren örtliche Reiseleiterin P. auf das umfangreiche Ausflugsprogramm hinwies, das unter anderem eine Jeep-Safari beinhaltete. Dabei bot die Reiseleiterin der Beklagten an, dass die Ausflüge, die deutschen Standards entsprächen, unmittelbar "über uns" gebucht und bei ihr bezahlt werden könnten. Zur näheren Information lagen unter anderem ein Informationsblatt über das gesamte Ausflugsprogramm und ein spezielles Informationsblatt über die angebotene Jeep-Safari ( ... ) aus. Beide Informationsblätter weisen im Kopf die Logos von sechs Reiseveranstaltern, u.a. M.W., auf. Am unteren Ende beider Informationsblätter stand jeweils quer über das Blatt, hervorgehoben durch Fettdruck und vergrößerte Schrift: "Durchführung und Verantwortung der Ausflüge liegen bei N.E.C.A. (Veranstalter). Die Reiseleitung tritt hier lediglich als Vermittler auf. "

Die Klägerin meldete sich und ihren Ehemann einige Tage später bei der Reiseleiterin der Beklagten für den Jeep-Ausflug an. Bei der am 9.7.2000 durchgeführten Jeep-Safari kam es zu einem von dem Fahrer schuldhaft verursachten Unfall, bei dem die Klägerin schwer verletzt wurde.

Die Parteien streiten u.a. darüber, ob die Beklagte Veranstalterin oder nur Vermittlerin der Jeep-Safari war. ...

... Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil der Klägerin wegen der Folgen des von ihr in Venezuela erlittenen Jeepunfalls weder vertragliche (§ 651f BGB) noch deliktische Schadensersatzansprüche (§§ 823, 831 BGB) gegenüber der Beklagten zustehen.

1. Bei der von der Klägerin über die örtliche Reiseleitung der Beklagten gebuchten Jeep-Safari handelte es sich nicht um eine Reiseleistung der Beklagten. Die Beklagte war nicht Veranstalter der Jeep-Safari, bei der die Klägerin ihre Verletzungen erlitten hat, vielmehr hat sie der Klägerin insoweit nur eine Fremdleistung der Firma N.E.C.A. vermittelt.

Unstreitig war der Jeep-Ausflug, bei dem sich die Klägerin verletzt hat, ursprünglich nicht von dem in Deutschland geschlossenen Pauschalvertrag, wie er durch die Reisebestätigung umrissen ist, erfasst.

Der Jeep-Ausflug ist auch nicht nachträglich vor Ort in die Pauschalreise einbezogen worden.

Zusatzleistungen vor Ort, wie der von der Klägerin gebuchte Jeep-Ausflug, kann das Reiseunternehmen sowohl in eigener Verantwortung erbringen, wobei es sich Dritter als Leistungsträger bedient, es kann sie aber auch als Fremdleistung vermitteln. Welche Art von Tätigkeit vorliegt, hängt entscheidend davon ab, wie sich die Vertragspartner tatsächlich gegenüberstehen, insbesondere wie das Reiseunternehmen bei objektiver Würdigung der Gesamtumstände aus der Sicht eines vernünftigen und objektiv urteilenden Reisenden auftritt (BGH, NJW 2004, 681, 683 = RRa 2004, 40). Für die Annahme einer Fremdleistung ist es erforderlich, dass der Charakter einer Fremdleistung, d.h. ihre Erbringung außerhalb des Organisations- und Verantwortungsbereichs des Reiseunternehmens, aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden unmissverständlich klar ist. Hiervon ist bei einer ausdrücklichen Vermittlungserklärung und eindeutigen Indizien wie einer fakultativen Leistung, die zu einem gesondert ausgewiesenen Preis vor Ort gebucht wird, auszugehen (Palandt / Sprau, [63. Aufl.], § 651 a BGB, Rn. 2). Dagegen sind Indizien für eine Einbeziehung in die Pauschalreise das Anbieten im Prospekt, die Notwendigkeit der Buchung in Verbindung mit der Pauschalreise und der einheitliche Preis (Führich, Reisevertragsrecht, [4. Aufl.], § 5, Rn. 92).

Zutreffend ist das Landgericht unter Zugrundelegung dieser Grundsätze davon ausgegangen. dass die Beklagte die Jeep-Safari lediglich als Fremdleistung vermittelt hat. Dass der von der Klägerin gebuchte Jeep-Ausflug außerhalb des Organisations- und Verantwortungsbereichs der Beklagten erbracht wurde, war aus den nachfolgenden Gründen aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden unmissverständlich klar:

Unstreitig lagen im Rahmen der von der örtlichen Reiseleitung der Beklagten abgehaltenen Informationsveranstaltung das Informationsblatt über das Gesamtausflugsprogramm und das spezielle Informationsblatt über die Jeep-Safari aus. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ( ... ) hat die Aufmachung dieser Informationsblätter maßgeblich ihren Eindruck mitbestimmt, in wessen Verantwortungsbereich der Jeep-Ausflug veranstaltet wurde.

Am unteren Rand beider Informationsblätter befand sich der Hinweis: "Durchführung und Veranstaltung der Ausflüge liegen bei N. E. (Veranstalter). Die Reiseleitung tritt hier lediglich als Vermittler auf. " Durch diesen Hinweis wurde in sprachlich klarer und eindeutiger Form für den Reisenden unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Jeep-Ausflug außerhalb des Organisations- und Verantwortungsbereichs der Beklagten stattfand. Dieser Hinweis war durch Fettdruck und vergrößerte Schrift für den Reisenden deutlich sichtbar. Seine Anordnung auf den beiden Informationsblättern ließ auch erwarten, dass der Hinweis von einem an einem der Ausflüge interessierten Reisenden zur Kenntnis genommen wurde. Beide Informationsblätter bestanden jeweils aus nur einem Blatt. Da sich bis direkt über dem Hinweis für den Reisenden wichtige Informationen befanden, war nicht zu erwarten, dass der Reisende die Lektüre des Informationsblattes mangels Interesses einstellen würde, bevor er bis zu dem Hinweis am Ende der Seite vorgedrungen war.

Zwar ist im Kopf der beiden Informationsblätter, drucktechnisch hervorgehoben, das Logo der Beklagten und neben anderen Reisemarken das Logo von M. W. zu sehen. Aus der Sicht eines vernünftigen und objektiv urteilenden Reisenden ist dies aber lediglich ein Hinweis darauf, dass es sich bei der Präsentation der angebotenen Ausflüge um eine Serviceleistung der Beklagten handelt, ohne dass hierdurch eine Aussage dazu gemacht wurde, dass diese Ausflüge im Organisations- und Verantwortungsbereich der Beklagten durchgeführt würden. Auch dass im Informationsblatt über die Jeep-Safari u.a. Wendungen wie " unsere Jeep- Safari" und "unser Tipp" auftauchen, lässt aus der Sicht eines objektiv urteilenden Reisenden zunächst nur den Schluss zu, dass aus Werbezwecken eine persönliche Ansprache gewählt wurde, die keine Schlüsse auf den Veranstalter zuließ. Selbst wenn ein Reisender auf Grund der Logos und der sprachlichen Fassung des Textes zunächst den Eindruck erlangt haben sollte, die Beklagte sei Veranstalter des Jeep-Ausfluges, so wurde dieser fälschliche Eindruck durch den unmissverständlichen Hinweis auf die bloße Vermittlertätigkeit der Beklagten am Schluss der beiden Informationsblätter beseitigt.

Auch die weiteren Indizien sprechen für eine vermittelte Fremdleistung. Es handelte sich um eine fakultative Leistung, die zu dem auf dem Gesamtausflugsprogramm gesondert ausgewiesenen Preis vor Ort gebucht werden konnte.

Angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf den Informationsblättern, die Ausflüge würden von der Beklagten nur vermittelt, gab auch das Verhalten der örtlichen Reiseleitung im Rahmen der Informationsveranstaltung aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden keine Veranlassung zu der Annahme, die Beklagte erbringe entgegen diesem Hinweis die Ausflüge in eigener Verantwortung und bediene sich der Firma N. E. nur als Leistungsträger. Dass die örtliche Reiseleiterin P. bei der Vorstellung der Ausflüge in einer "Uniform" auftrat, an der sich eine Anstecknadel von M. W. befand, beruhte darauf, dass die Informationen zu den Ausflügen im Rahmen der allgemeinen Begrüßungsveranstaltung der Beklagten für ihre Reisegäste erteilt wurden, bei der die örtliche Reiseleitung als Repräsentant der Beklagten auftrat. Ein durchschnittlicher Reisender konnte daraus nicht den Schluss ziehen, alle von der Reiseleitung im Rahmen der Begrüßungsveranstaltung vorgestellten Aktivitäten würden von der Beklagten veranstaltet.

Daran ändert auch die Äußerung der örtlichen Reiseleitung, die Ausflüge könnten "über uns" gebucht werden, nichts, zumal diese Formulierung eher für eine dem Hinweis entsprechende Vermittlungstätigkeit der Beklagten spricht. Der Hinweis auf den deutschen Standard der Ausflüge deutete ebenfalls eher darauf hin, dass Veranstalter ein ausländisches Unternehmen ist, das trotzdem dem höheren deutschen Standard genügt. Die Warnung, nicht bei Veranstaltern zu buchen, die am Strand für ihre Ausflüge werben, lässt für einen durchschnittlichen Reisenden nur den Schluss zu, dass die Beklagte zu deren Sicherheitsstandards nichts sagen könne, dagegen mit dem Veranstalter N. E. insoweit gute Erfahrungen gemacht habe. Den weiter gehenden Schluss, die Beklagte selbst sei Veranstalter der Ausflüge, lässt diese Warnung dagegen nicht zu.

Schließlich bot der Umstand, dass die örtliche Reiseleitung das Entgelt für den Ausflug entgegen genommen hat, keinen Anlass zu der Annahme, die Beklagte sei Veranstalter des Ausfluges. Die Entgegennahme des Entgeltes entsprach vielmehr der Ankündigung, die Ausflüge könnten über die örtliche Reiseleitung gebucht werden. Dabei wurde von dieser die Quittung nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten ( ... ) Namens und im Auftrag der Fa. N.E.C.A. ausgestellt.

Dahinstehen kann letztlich, ob die örtliche Reiseleitung - wie von der Klägerin unter Beweisantritt behauptet - erklärt hat, die Ausflüge könnten bar bei ihr oder zu Hause nach Rechnungslegung durch die Beklagte bezahlt werden. Auch diese Äußerung kann aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden nicht die Annahme begründen, der ausdrückliche Hinweis auf den Informationsblättern auf die bloße Vermittlungstätigkeit der Beklagten solle nicht gelten. Vielmehr muss ein Reisender vor dem Hintergrund dieses Hinweises das Angebot zur Zahlung nach Rechnungslegung nach Urlaubsende als bloße Serviceleistung der Beklagten verstehen, entgegen den Angaben auf dem Ausflugsprogramm, den Ausflug nicht nur in bar oder gegen Aufschlag mit Kreditkarte bezahlen zu können.

Zutreffend hat das Landgericht weiter ausgeführt, dass sich der vorliegende Fall von der Entscheidung des 18. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 8.2.1990 -18 U 166/89- (NJW-RR 1991, 55) unterscheidet. In dem dort zu entscheidenden Fall wurde der Reiseveranstalter nicht ausdrücklich als bloßer Vermittler der Jeep-Safari und das durchführende Unternehmen als Veranstalter bezeichnet. Vielmehr war das durchführende Unternehmen bereits im Reiseprospekt als ausländische Vertretung des Reiseveranstalters und auf dem die Tickets enthaltenden Sammelumschlag als "unser Büro in der Türkei" bezeichnet worden und stellte zugleich den örtlichen Reiseleiter für den Reiseveranstalter.

2. Reisevertragliche Ersatzansprüche gegenüber der Beklagten wären darüber hinaus, selbst wenn die Beklagte Veranstalterin des Jeep-Ausfluges gewesen wäre, ausgeschlossen.

Die Klägerin hat nämlich nicht dargetan, dass sie gemäß § 651 g Abs. 1 BGB innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f BGB geltend gemacht hat oder ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist.

Darüber hinaus waren reisevertragliche Ersatzansprüche der Klägerin verjährt (§ 651g Abs. 2 BGB).

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Für den im Juni 2000 geschlossenen Vertrag gilt die kurze Verjährungsfrist von 6 Monaten des § 651 g Abs. 2 BGB a.F. (EGBGB 229 § 6 Abs. 1 Satz 1).

3. Auch deliktische Schadensersatzansprüche (§§ 823 Abs. 1, 831 BGB) stehen der Klägerin gegenüber der Beklagten nicht zu.

Im Rahmen des als Fremdleistung erbrachten Ausflugs oblag der Beklagten nicht die Beachtung von Verkehrssicherungspflichten. Eine Pflicht zur sorgfältigen Auswahl und regelmäßigen Überprüfung der Firma N.E.C.A. hätte nur bestanden, wenn es sich bei dieser um einen von der Beklagten eingesetzten Leistungsträger gehandelt hätte, was - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall war. Eine Haftung für ein Verschulden der Firma N.E.C.A. aus § 831 BGB kommt nicht in Betracht, da diese im Rahmen der erbrachten Fremdleistung nicht Verrichtungsgehilfin der Beklagten war. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht