Verbot der Telefaxwerbung; hier: Faxwerbung eines Auktionators
Gericht
OLG Hamm
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
18. 01. 2005
Aktenzeichen
4 U 126/04
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin ist ... . Die Beklagten sind unter anderem als Sachverständige und Auktionatoren für Maschinen und industrielle Anlagen tätig und organisieren auch Versteigerungen von Vermögensgegenständen von Firmen, die insolvent geworden sind.
Am 19. September 2003 führten die Beklagten die Liquidations-Versteigerung der H GmbH & Co. KG in T durch. Mit Telefax vom 9. September 2003 luden sie die Sanitär- und Heizungsbaufirma M in B, zu der sie bis dahin keine Geschäftsbeziehung unterhielten, unter allgemeiner Auflistung der zur Versteigerung gelangenden Positionen zur Teilnahme an der Versteigerung ein. ...
Auszüge aus den Gründen:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht ...
a) Die beanstandete Telefaxwerbung verstieß im September 2003 nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen § 1 UWG a.F. (vgl. BGH GRUR 1996, 208, 210 -Telefax-Werbung; BGH GRUR 2004, 517, 518 –E-Mail-Werbung), weil den Beklagten eine ausdrückliche Einwilligung der Firma M nicht vorlag und auch keine besonderen Umstände gegeben waren, auf Grund derer die Beklagten auf ein mutmaßliches Einverständnis der Adressatin schließen konnten. Das hat schon das Landgericht zutreffend ausgeführt. aa) Zwischen den Beklagten und der Firma M gab es weder eine bestehende noch eine anzubahnende Geschäftsbeziehung. Die Art des Gewerbes der Beklagten macht die Telefaxwerbung gegenüber solchen Kunden auch nicht zur zwingenden Voraussetzung. Dagegen spricht schon, dass die Beklagten nach ihren eigenen Angaben über einen Kreis von eingetragenen Interessenten verfügen, die grundsätzlich per Fax über Versteigerungen und Angebote aus Insolvenzverkäufen und Betriebsauflösungen informiert werden wollen. Zudem werden nur 60 bis 70 % aller Teilnehmer an den Veranstaltungen zuvor durch solche Telefaxschreiben informiert, der Rest erfährt auf andere Weise von der Veranstaltung.
bb) Die Firma M hat auch zu keiner Zeit den Beklagten oder Dritten gegenüber ein eigenes Interesse an solchen Versteigerungen kundgetan. Ein solches Interesse lässt sich auch hier nicht ausnahmsweise schon aus der Art der beworbenen Veranstaltung herleiten. Dass eine Versteigerung im Allgemeinen günstige Angebote bereit halten kann und auch Kontakte ermöglicht, reicht nicht aus, um eine mutmaßliche Einwilligung annehmen zu können. Die Beklagten hatten keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade bei der Firma M ein Interesse an der Teilnahme an dieser von ihnen durchgeführten Veranstaltung vorlag. Die Beklagten haben vielmehr die Firma M wie alle branchengleichen Betriebe in der Umgebung von T bei X angeschrieben, zu denen bei großzügiger Betrachtung auch noch die Adressatin in B gehörte.
cc) Schließlich haben die Beklagten auch nicht dargelegt, dass sich nach der Verkehrsauffassung eine Branchenüblichkeit dahin gebildet hat, dass Versteigerer grundsätzlich mutmaßliche Interessenten nur per Telefax über anstehende Versteigerungen informieren und dass deshalb von einer generellen mutmaßlichen Einwilligung auszugehen ist. Eine solche Branchenüblichkeit folgt weder aus der Art des Gewerbes selbst noch aus dem zuletzt vorgelegten Zeitungsartikel über die Branche der Insolvenzversteigerer. Die Versteigerungsmitteilungen sind im Regelfall nicht so eilbedürftig, dass sie nicht auch per Post versandt werden könnten. Das zeigt auch der vorliegende Fall. Es blieb am 9. September 2003 noch hinreichend Zeit, um Interessenten über die Versteigerung vom 19. September 2003 per Post benachrichtigen zu können. Die Tatsache, dass die Faxwerbung gerade in einem solchen Gewerbe mit erforderlichen Werbebotschaften an eine Vielzahl von Empfängern nicht nur genauso rasch und sicher, sondern auch erheblich kostengünstiger wäre als eine Werbung per Post, kann dabei nicht ausschlaggebend sein. Denn gerade diese Vorteile einer solchen Werbung, die nur durch die Inanspruchnahme der Ressourcen des Empfängers ermöglicht wird, haben wegen der damit verbundenen Nachahmungsgefahr ja gerade dazu geführt, diese nicht in weiterem Umfang freizugeben, sondern einzuschränken (vgl. Baumbach/ Hefermehl/ Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 7 UWG, Rdn. 76 und 77). Die Branche der Beklagten zeigt keine Besonderheiten, aus denen sich ergeben könnte, dass und warum die allgemeinen Erwägungen für sie nicht gelten sollten.
b) Nach dem jetzt geltenden Recht begründet die Telefaxwerbung der Beklagten erst recht einen Unterlassungsanspruch, und zwar nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
aa) Die Klägerin ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert, wenn –wie hier- ein gewerbliches Unternehmen aus dem Bereich des Sanitär- und Heizungsbaus in unzumutbarer Weise belästigt worden sein soll.
bb) Der Unterlassungsanspruch setzt nach § 8 Abs. 1 UWG voraus, dass die Beklagten mit der beanstandeten Werbung eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des § 3 UWG vorgenommen haben. Nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 UWG haben sie dann unlauter gehandelt, wenn sie mit der beanstandeten Telefaxwerbung einen Marktteilnehmer unzumutbar belästigt haben. Eine solche unzumutbare Belästigung liegt jetzt nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG bei einer Werbung unter Verwendung von Telefaxgeräten immer schon dann vor, wenn diese –wie hier- ohne vorherige Einwilligung des Adressaten erfolgt. Dabei wird nicht mehr unterschieden zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden. Insofern ist durch das neue UWG eine Verschärfung der Rechtslage eingetreten.
cc) Einem Verbot der eigenmächtigen Telefaxwerbung stehen auch angesichts der geänderten Rechtslage keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber. Zwar ist das Interesse der Beklagten an einer bestimmten, für ihr Gewerbe geeigneten und kostengünstigen Werbung durch die Artikel 5 Abs. 1 und 12 GG geschützt. Dem steht aber das gleichfalls verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG (negative Informationsfreiheit) geschützte Interesse der Marktteilnehmer und auch der gewerbsmäßig handelnden Werbeadressaten gegenüber, von unerwünschter Werbung verschont zu werden. Soweit dazu Ressourcen des Adressaten benutzt werden, ist zusätzlich Art. 14 GG betroffen. In dem dadurch begründeten Interessenkonflikt zwischen Werbenden und Umworbenen ist allgemein das Interesse der Beklagten an einer umfassende Werbemöglichkeit nicht höher zu bewerten, wie sich schon aus der im Rahmen der UWG-Reform deutlich gewordenen Wertung des Gesetzgebers ersehen lässt (vgl. dazu grundsätzlich Baumbach / Hefermehl/ Köhler, a.a.O. § 7 UWG, Rdn. 4). Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, wieso hier ein Ausnahmefall vorliegt, in dem anderes gelten könnte. Die Beklagten haben insbesondere auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass es für die Ausübung ihres Gewerbes unabdingbar notwendig ist, potentielle Interessenten auch ohne vorherige Einwilligung per Fax zu kontaktieren.
dd) Das gilt umso mehr, als den Beklagten auch die geltend gemachten europarechtlichen Nachteile nicht entstehen können. Was die Beklagten zur Opt-out Regelung ausführen, mag für die Telefonwerbung gelten. Die Regelung der Telefaxwerbung lehnt sich aber gerade an den Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG vom 12. Juli 2002 an. Danach darf die Verwendung von automatischen Anrufsystemen ohne menschlichen Eingriff, Faxgeräten oder elektronischer Post nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer gestattet werden. Dies gilt nach Art. 13 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie unmittelbar zwar nur für natürliche Personen. Der deutsche Gesetzgeber hat aber von einer nach der Richtlinie möglichen Differenzierung beim Schutz vor unerbetenen Nachrichten abgesehen und die Regelung auf alle Marktteilnehmer, insbesondere auch auf Unternehmen als Werbeadressaten erstreckt, weil solche Werbemaßnahmen nach seiner Einschätzung gerade auch im geschäftlichen Bereich stark belästigenden Charakter haben können (vgl. Baumbach/ Hefermehl/ Köhler, a.a.O. § 7 UWG Rdn. 69).
ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind hier auch die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG nicht erfüllt. Danach soll es –entsprechend Art. 13 Abs. 2 der oben genannten Richtlinie- im Rahmen bestehender Kundenbeziehungen dem Händler ermöglicht werden, für den Absatz ähnlicher Waren und Dienstleistungen ohne vorherige Einwilligung des Kunden solange elektronisch zu werben, bis dieser die weitere Nutzung untersagt. Hier fehlt es bereits an einer solchen Kundenbeziehung. Es genügt gerade nicht, wenn der Händler –wie hier- die Kenntnis der elektronischen Adresse aus dem Telefonbuch oder den Gelben Seiten erlangt hat.
ff) Auch im vorliegenden Fall ist die Wiederholungsgefahr angesichts der Verletzungshandlung auch ungeachtet der Gesetzesänderung zu vermuten. Zwar ist der hier im Mittelpunkt stehende Streit der Parteien darum, ob in einem Fall wie diesem eine mutmaßliche Einwilligung anzunehmen ist, durch die Gesetzesänderung überholt, weil die Telefaxwerbung nun nur noch nach vorheriger Einwilligung zulässig ist. Die Beklagten haben aber nicht erklärt, dass sie die Gesetzesänderung zum Anlass nehmen werden, in Zukunft überhaupt nicht mehr Telefaxwerbung ohne vorherige Einwilligung des Adressaten zu betreiben. Sie wollen vielmehr aus den von ihnen geschilderten rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen die gesetzliche Regelung nicht akzeptieren. ...
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