Keine Geldentschädigung für den bekannten Schauspieler Jürgen Vogel bei Bericht über Trennung
Gericht
LG Berlin
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
01. 03. 2005
Aktenzeichen
27 O 986/04
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Kostenbetrages zzgl. 10 % vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der als Schauspieler bekannte Kläger verlangt von der Beklagten eine Entschädigung in Geld wegen einer ihn beeinträchtigenden Presseberichterstattung.
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift ..., in deren Ausgabe ... der nachfolgend in Kopie wiedergegebene Artikel erschien, der sich mit dem Kläger befasst. ...
Nach Aufforderung durch den Kläger gab die Beklagte mit Schreiben vom 9. November 2004 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend ab, es zu unterlassen,
über die Trennung von Herrn ... von seiner Ehefrau ... der Zeitschrift ... zu berichten, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Artikel in ... .
Die Zahlung einer Geldentschädigung lehnte sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit der Berichterstattung ab.
Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung schwer in seinem Persönlichkeitsrecht bzw. seiner Privatsphäre verletzt. Wegen der Preisgabe seiner Trennung von seiner Ehefrau, die er zuvor nicht offenbart habe, sondern unter allen Umständen geheim halten wollte, und der nicht autorisierten Abbildung seines Wohnhauses, stünde ihm eine Geldentschädigung von mindestens 20.000 € zu.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Geld in vom Gericht festzusetzender Höhe, mindestens 20.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (15.12.04) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet den Entschädigungsanspruch dem Grund und der Höhe nach. Sie meint, das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei durch die wahrheitsgemäße und rechtmäßige Berichterstattung über die Trennung eines der bekanntesten deutschen Schauspieler von seiner langjährigen Lebenspartnerin nicht schwer verletzt. Die Beziehung als solche habe der Kläger im Übrigen nie geheimgehalten, sondern in der Öffentlichkeit ausgelebt - so zu entnehmen den zur Akte gereichten Presseartikeln (BI 46-56 d.A.). Wenn die intakte Beziehung aber nach eigenem Urteil des Klägers ein geeigneter Gegenstand der öffentlichen Erörterung gewesen sei, so gelte dies auch für die Trennung. Es liege nicht in der Dispositionsbefugnis eines Prominenten, die Öffentlichkeit nur an positiven Entwicklungen teilhaben zu lassen. Das abgebildete Wohnhaus des Klägers sei aufgrund der Angaben im Artikel nicht auffindbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Geld aus §§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Die Beklagte hat mit der beanstandeten Berichterstattung nicht in einer Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers engegriffen, die eine Geldentschädigung unabweisbar macht.
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kommt eine Geldentschädigung zum Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen dann in Betracht, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Die Gewährung des Anspruchs auf eine Geldentschädigung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass der Verletzte andernfalls wegen der erlittenem Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts ohne Rechtsschutz und damit der vom Grundgesetz vorgesehene Schutz der Persönlichkeit lückenhaft bliebe (BGH NJW 1995, 861, 864; B\/erfG NJW 1973, 1221, 1224; Kammergericht AfP 1974, 720, 721). Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung und des Fehlens anderweitiger Ausgleichsmöglichkeiten muss dabei ein unabwendbares Bedürfnis für einen finanziellen Ausgleich bestehen (BGH LM BGB § 847 Nr. 51). Ob eine schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts schwer ist, bestimmt sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, dem Grad des Verschuldens sowie Anlass und Beweggrund des Handelns des (BGH NJW 1996, 1131, 1134). Dabei kann schon ein einziger jener Umstände zur Schwere des Eingriffs führen (Kammergericht a.a.O.).
Es kann dahinstehen, ob die die Privatsphäre des Klägers tangierende Berichterstattung über die Trennung von seiner Ehefrau samt Abbildung des Familiendomizils in Berlin-Wilmersdorf zulässig ist; denn jedenfalls geht von dem Artikel, der die heimliche Trennung des Klägers von seiner Ehefrau, mit der er weiter und in Freundschaft im gleichen Haus lebt, bekannt gibt, keine soziale Prangerwirkung für den Kläger aus. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst, der sich beispielsweise im ... (Bl. 52 f.d.A.) auf die Frage nach seiner eigenen Bilderbuchfamilie mit den Worten zitieren lässt: "Bilderbuchfamilie? Bei uns ist so viel durcheinander. Meine Frau hat zwei Jungs mitgebracht, die sind 17 und 13, ich eine Tochter, die ist jetzt 13, dann haben wir zusammen noch eine Vierjährige. Ich verstehe mich super mit meiner Ex-Freundin, mit der ich das Kind habe. Sie spielt eine ganz wichtige Rolle in unserer Familie, weil sie uns oft aushilft. Wenn ich mal mit meiner Frau wegfahren will, kommt sie vorbei. Das ist aber nicht Bilderbuch." an seiner abwechslungsreichen und vielschichtigen Lebens- und Familiengeschichte keinen Anstoß nimmt und sich selbiger keineswegs schämt.
Der Kläger hat sich durch sein eigenes Verhalten des Schutzes eines Teils seiner Privatsphäre begeben.
Der Schutz der Privatsphäre, der ebenso wie das Recht am eigenen Bild im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelt, umfasst zum einen Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als peinlich empfunden wird oder als unschicklich gilt oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst, bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten, im Bereich der Sexualität, bei sozial abweichendem Verhalten oder bei Krankheiten der Fall ist. Zum anderen erstreckt sich der Schutz auf einen räumlichen Bereich, in dem der zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann. Ein Schutzbedürfnis besteht dabei auch Personen, die aufgrund ihres Rangs oder Ansehen, ihres Amtes oder Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche Beachtung finden. Wer, ob gewollt oder ungewollt, zur Person des öffentlichen Lebens geworden ist, verliert damit nicht sein Anrecht auf eine Privatsphäre, die den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleibt (vgl. BVerfG NJVV 2000, 1021, 1022).
Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt aber, wenn sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden, etwa indem er Exklusivverträge über die Berichterstattung aus seiner Privatsphäre abschließt. Der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet. Zwar ist niemand an einer solchen Öffnung privater Bereiche gehindert. Er kann sich dann aber nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandeten Privatsphärenschutz berufen.
Die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss daher situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG a.a.O.).
Wie sich als Anlagen B 1 bis B 14 zur Akte gereichten Presseartikeln entnehmen lässt, hat der Kläger aus seinem Familienleben keinen Hehl gemacht. Ausweislich des als Anlage B 4 ein gereichten Artikels im ... (Bl. 55 d.A.) "schwärmte" er noch am 12. Mai 2004 "in den höchsten Tönen" öffentlich von seiner Ehefrau, sprich zu einem Zeitpunkt, als sich das Ehepaar bereits getrennt hatte. Hat der Kläger jedoch einen Teil seiner Privatsphäre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und damit durch sein eigenes Verhalten manifestiert, dass er ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit für gegeben hält, weil es ihm freigestanden hätte, sich nicht zu äußern und seine Privatsphäre geheim zu halten, dann muss er auch akzeptieren, dass das Informationsintresse weiter besteht, wenn die Beziehung gescheitert ist und über das Scheitern der Ehe berichtet wird (so auch KG, Urteil vom 14.12.1999 - 9 U 4898/99 -). Der Umstand, dass die Eheleute hier anders als in dem der Entscheidung des Kammergerichts zugrunde liegenden Fall ihre Trennung nicht öffentlich bekannt gegeben haben, ändert nichts an dem dennoch bestehenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Auseinandergehen des Paares.
Über die effekthaschende Art und Weise der Berichterstattung der Beklagten mag sich trefflich streiten lassen. Der Kläger muss sich jedoch entgegenhalten lassen, dass er an der ins private Detail gehenden Darstellung seiner Person bisher offensichtlich nichts auszusetzen hatte.
Sonstige beeinträchtigende Folgen der Berichterstattung über die Trennung der Eheleute hat der Kläger nicht genannt. Dass seine Kinder bzw. ihre Kinder bzw. ihrer beider Kind, aus deren privaten Lebensumständen, Wünschen, Interessen und Gewohnheiten er in seinen Interviews im Übrigen kein Geheimnis machte, in der Schule auf den Artikel angesprochen worden sind, mag misslich sein, dürfte allerdings auch schon bei den davor gegebenen Interviews zu seinem Familienleben der Fall gewesen sein. Eine ernstliche Beeinträchtigung seines Sorgerechts bezüglich des aus der gescheiterten Ehe stammenden Kindes steht nicht ernsthaft zu befürchten.
Indem die Beklagte dem Unterlassungsbegehren des Klägers umgehend nachgekommen ist, hat sie zu erkennen gegeben, dass sie sich über die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung grundsätzlich im Klaren ist und es unter dem Gesichtspunkt der Prävention nicht der Zuerkennung einer Entschädigung in Geld bedarf. Speziell in Fällen der Boulevardberichterstattung ist dabei zu berücksichtigen, dass der Star ebenso von überpointierten Personality-Geschichten lebt, wie die Presse von ihm. Der Kläger muss als "in der Unterhaltungsöffentlichkeit" bekannte prominente die leichten Zugang zu den Unterhaltungsmedien hat und auch nutzt, eine mit einer Berichterstattung einhergehende "leichte Beeinträchtigung seines Images" im Hinblick auf die zugleich erhielten Aufmerksamkeitsgewinne als "Vorteilsausgleich hinnehmen (so Prof. Dr. Ladeur in NJW 2004, 393 ff zur "Anpassung des privaten Medienrechts an die Unterhaltungsöffentlichkeit").
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
Mauck Gollan Becker
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