Telefonwerbung aus dem Ausland

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

24. 08. 2004


Aktenzeichen

312 0 457/04


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Antragstellerin verlegt die F.

Die Antragsgegnerin befasst sich mit dem Vertrieb von Presseerzeugnissen und insbesondere mit dem Erwerb von Abonnementaufträgen.

Am 28.04.2004 erhielt eine Frau L., deren Ehemann ein Abonnement der F. unterhält, einen nicht erbetenen Telefonanruf, in welchem sie für ein Zeitschriftenabonnement geworben wurde, wobei ihr als Prämie eine Reise nach Teneriffa versprochen wurde. Wenige Tage später erhielt Frau L. ein Schreiben der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin behauptet, der Anrufer habe sich gegenüber Frau L. als Mitarbeiter der F. GmbH ausgegeben. Hierzu reicht die Antragstellerin die eidesstattlichen Versicherungen der Frau L. ein.

Die Antragstellerin erwirkte am 17.05.2004 einen Beschluss, mit welchem der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung verboten wurde,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Abonnementen der F. unter Hinweis auf eine Tätigkeit für die F. GmbH telefonisch für Abonnements zu werben und/oder werben zu lassen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch, zu dessen Begründung sie vorträgt, der streitige Telefonanruf sei nicht von Seiten der Antragsgegnerin, sondern durch eine Firma W. S.L. vorgenommen worden. Diese Firma sei nach dem Wissen der Antragsgegnerin seit mehr als vier Jahren auf Teneriffa ansässig und betätige sich u.a. mit der telefonischen Werbung von Abonnenten für Zeitungen und Zeitschriften. Die Antragsgegnerin habe das hier streitige Abonnement der Frau L. lediglich von der vorgenannten Firma angekauft, wie dies die Antragsgegnerin in anderen Fällen bereits häufiger getan habe. Dies begründe keine Verantwortlichkeit für etwaiges Fehlverhalten im Rahmen des streitgegenständlichen Telefongespräches. Die Antragsgegnerin bestreitet, dass sich der Anrufer dabei als Mitarbeiter der Antragstellerin ausgegeben habe. Der übliche Ablauf eines Werbegespräches der Firma W. S.L. sei dadurch gekennzeichnet, dass der Anrufer zu Beginn des Gespräches den vollen Firmennamen sowie seinen Vor- und Zunamen nenne. Daran anschließend äußere der Anrufer die Vermutung: "Sie sind sicherlich Leser einer der renommiertesten Tageszeitungen Deutschlands". Meist folge dann von dem Angerufenen die Nennung "seiner" Zeitung bzw. Zeitschrift. An diese Nennung schließe sich dann eine Frage nach der Zufriedenheit und die Überleitung zu der Frage an, ob der Angerufene ein weiteres Magazin beziehen und eine tolle Prämie erhalten wolle. So sei auch das hier streitgegenständliche Telefongespräch abgelaufen. Frau L. könne allenfalls aufgrund eigener Unaufmerksamkeit zu dem von ihr zu verantwortenden Missverständnis gekommen sein, dass sie mit der Antragstellerin spreche.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der zulässige Widerspruch ist nicht begründet. Die einstweilige Verfügung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen.

In der Sache erweist sich das gerichtliche Verbot als zu Recht ergangen.

Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch ergibt sich jedenfalls aus §§ 3, 5 I, II Nr. 3, 7 I, II Nr. 2, 8 UWG n. F. bzw. §§ 1, 3 UWG a. F.

Dabei ist das gerichtliche Verbot bereits unter Zugrundelegung des von Antragsgegnerseite behaupteten Sachverhaltes nach §§ 3, 7 I, II Nr. 2, 8 UWG n.F. bzw. § 1 UWG a.F. unter dem Gesichtspunkt des unzulässigen Telefonmarketings gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, dass sie regelmäßig von einer Firma W. S.L. Abonnements ankaufe, die die vorgenannte Firma durch Telefonanrufe akquiriere, ohne dass ein entsprechendes Einverständnis des Angerufenen mit derartigen Telefonanrufen vorliege. Der diesbezüglich von Antragsgegnerseite vorgebrachte Einwand, in Spanien sei das Telefonmarketing auch ohne Einwilligung des Angerufenen zulässig, ist bei Anrufen gegenüber im Inland ansässigen Personen unerheblich. Wettbewerbsverstöße sind unerlaubte Handlungen. Sie unterfallen daher nach Art. 14 I S. 2 EGBGB auch dem Recht des Staates, in dem die erfolgte wettbewerbswidrige Handlung eingetreten ist (Köhler/PiperUWG, 3. Aufl., Einf, Rdnr. 92, m.w.N.). Der Erfolgsort der hier streitigen Telefonanrufe liegt aber im Inland, so dass das deutsche UWG Anwendung findet. Dass das Telefonmarketing ohne entsprechende Einwilligung des angerufenen Verbrauchers sowohl nach der alten als auch nach der neuen Fassung des UWG unlauter ist, wird von Antragsgegnerseite zu Recht nicht in Abrede genommen.

Die Antragstellerin kann daher als Mitbewerberin beim Vertrieb von Presseerzeugnissen Unterlassung dieses Telefonmarketings verlangen. Das gerichtliche Verbot beinhaltet lediglich einen Ausschnitt unzulässigen Telefonmarketings. Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf den Fall beschränkt, dass der Anrufer sich als Mitarbeiter der Antragstellerin ausgibt. Dabei ist es unschädlich, dass der Antrag und dementsprechend das gerichtliche Verbot nicht ausdrücklich darauf abstellen, dass keine Einwilligung des Angerufenen vorliegt. Denn selbst wenn im Einzelfall einmal eine Einwilligung des Angerufenen vorliegen sollte, in Sachen Pressevertrieb telefonisch kontaktiert zu werden, so erstreckt sich diese Einwilligung nach §§ 133, 157 BGB ersichtlich nicht auf Fälle, in denen der Anrufer sich zu Unrecht als Mitarbeiter der Antragstellerin ausgibt. Damit betrifft das gerichtliche Verbot nur einen Unterfall des unerlaubten Telefonmarketings, das im vorliegenden Fall unstreitig vorgelegen hat. Die Antragstellerin kann nach § 308 ZPO für das Gericht verbindlich ihren Antrag auf Fälle beschränken, in denen der Anrufer zusätzlich vortäuscht, im Auftrag der Antragstellerin zu handeln, ohne dass es für die Begründetheit des Antrages unter dem Gesichtspunkt des unerlaubten Telefonmarketings darauf ankäme, ob eine solche Täuschung bereits vorgekommen ist.

Davon abgesehen ist es vorliegend aber auch überwiegend wahrscheinlich, dass der Anrufer sich gegenüber Frau L. als Mitarbeiter der Antragstellerin ausgegeben hat. Es ist keinerlei Interesse der Frau L. ersichtlich, die Antragsgegnerin bzw. das für diese tätige Call-Center zu Unrecht zu belasten. Auch ein Irrtum der Frau L. erscheint dem Gericht vorliegend mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen. In den eidesstattlichen Versicherungen bekräftigt Frau L. ausdrücklich, dass der Anrufer sich als Mitarbeiter der F. ausgegeben habe. Dass hier ein Missverständnis vorgelegen habe könnte, ist bereits als solches wenig wahrscheinlich, da man als Angerufener naturgemäß an der Identität des Anrufers interessiert ist und deshalb zu Beginn des Telefongespräches regelmäßig seine Aufmerksamkeit darauf richtet, von wem man angerufen wird. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem weiteren Verlauf des Telefongespräches, dass der Anrufer sich als Mitarbeiter der Antragstellerin ausgegeben hat. Denn hinsichtlich der Frage, von welchem Konto die Abonnementgebühren für das neu geworbene Abonnement abgebucht werden sollten, hat Frau L. geantwortet, die Gebühren sollten von demselben Konto abgebucht werden, von dem auch die F.-Gebühren abgebucht werden. Spätestens hierauf hätte der Anrufer redlicherweise antworten müssen, dass er dieses Konto nicht kenne, da er mit der F. nichts zu tun habe. Statt dessen hat der Anrufer geltend gemacht, "aus datenschutztechnischen Gründen" an dieses Konto momentan nicht heranzukommen. Mit dieser geschickten, auf eine entsprechende Schulung hindeutenden Einlassung hat sich der Anrufer erneut als Mitarbeiter der F. bzw. als von der F. beauftragt dargestellt.

Die Antragsgegnerin haftet jedenfalls als Mitstörerin für den hier streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoß. Die Antragsgegnerin hat in Kenntnis des unerlaubten Telefonmarketings durch unerbetene Telefonanrufe aquirierte Abonnements angekauft und hält sich hierzu auch weiterhin für berechtigt. Bereits dies begründet die Passivlegitimation der Antragsgegnerin auf der Grundlage auch des von Antragsgegnerseite behaupteten Sachverhaltes.

Darüber hinaus ist die Firma W. S.L. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als Beauftragte der Antragsgegnerin anzusehen, für deren Wettbewerbsverstöße die Antragsgegnerin nach § 13 IV UWG alter Fassung bzw. § 8 II UWG neuer Fassung unabhängig von einem Verschulden haftet. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der Firma W. S.L. um ein Unternehmen, das von Antragsgegnerseite gezielt in die Akquisition von Abonnements eingeschaltet wird, um die Rechtsverfolgung des in Deutschland unzulässigen Telefonmarketings dadurch zu erschweren, dass als Anrufer eine im Ausland ansässige Firma fungiert. Hierfür spricht auch deren Firmenbestandteil "Lesen & Reisen", den auch die Antragsgegnerin führt.

Rechtsgebiete

Werberecht