Abgewiesener Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zur Weiterbeschäftigung

Gericht

ArbG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

30. 11. 2004


Aktenzeichen

30 Ga 320/04


Tenor

  1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Der Streitwert wird auf EUR ... festgesetzt.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens. ...

Eine Betriebsratsanhörung fand nicht statt.

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, dass die Kündigung offensichtlich unwirksam sei, weil die Kündigungserklärung nach § 174 BGB zurückgewiesen worden ist, weil eine Betriebsratsanhörung nicht stattgefunden hat, und weil die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Darüber hinaus bestehe kein Kündigungsgrund. ...

Er beantragt daher:

  1. Der antragsgegnerischen Partei wird aufgegeben, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis € 500.000,-- bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der antragsgegnerischen Partei, die antragstellende Partei als ..., entsprechend der bisherigen Ausgestaltung des Arbeitsplatzes einzusetzen und tätig werden zu lassen.

  2. Kommt die antragsgegnerische Partei ihrer Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der antragstellenden Partei nicht innerhalb einer Frist von einer Woche nach Zustellung der Entscheidung nach, wird sie verurteilt, an den Antragsteller eine Entschädigung in Höhe von € 250.000,-- zu zahlen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie trägt vor, dass ...

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

1. Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München ergibt sich aus §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17, 29 ZPO.

2. Der Verfügungskläger hat keinen Anspruch auf die beantragte einstweilige Verfügung.

2.1 Ein Anspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG scheidet bereits deshalb aus, weil der Verfügungskläger nicht ordentlich, sondern außerordentlich gekündigt wurde. Die gleichzeitig ausgesprochene hilfsweise ordentliche Kündigung ändert daran nichts.

2.2 Außerhalb der Regelung dieser Vorschrift hat ein gekündigter Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Zeitpunkt des Zugangs einer außerordentlichen Kündigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses dann, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Nachdem ein erstinstanzliches Urteil im Kündigungsschutzverfahren nicht vorliegt, überwiegt allerdings grundsätzlich das schutzwerte Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung. Dies gilt aber nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist (zum Ganzen BAG GS v. 27.02.1985). Eine offensichtlich unwirksame Kündigung liegt vor, wenn sich ihre Unwirksamkeit bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt ohne Beurteilungsspielraum jedem Kundigen aufdrängt, das heißt die Unwirksamkeit ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht offen erkennbar ist.

2.3 Die Kündigung gegenüber dem Verfügungskläger ist nicht deswegen offensichtlich unwirksam, weil ein Betriebsrat nicht angehört wurde. In dem Vortrag des Verfügungsklägers, eine Betriebsratsanhörung sei nicht durchgeführt worden, liegt zwar implizit die Behauptung, dass bei der Verfügungsbeklagten ein Betriebsrat existiert, dieser Vortrag, welcher von der Verfügungsbeklagten substantiiert bestritten wird, wurde allerdings nicht glaubhaft gemacht. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Verfügungsklägers enthält hierzu keine Ausführungen. Demgegenüber verweist die Verfügungsbeklagte nachvollziehbar darauf, dass die Verfügungsbeklagte keinen gemeinsamen Betrieb mit anderen Gesellschaften betreibt, welche wiederum einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes bilden und welche auch gemeinsam einen Betriebsrat gewählt haben. Sie liegt hierzu außerdem eine Erklärung "Betriebsratswahl 2002" dieser Tochtergesellschaften sowie des Betriebsrats derselben vom 13.02.2002 vor, in der die Verfügungsbeklagte nicht aufgeführt ist.

Der Verfügungskläger hat daher nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass bei der Verfügungsbeklagten überhaupt ein Betriebsrat existiert.

2.4 Die Kündigung ist auch nicht deswegen offensichtlich unwirksam, weil die Kündigungserklärung nach § 174 BGB zurückgewiesen wurde. Der Vortrag des Verfügungsklägers hierzu ist völlig unsubstantiiert und beschränkt sich letztlich auf den Hinweis, dass eine Zurückweisung erfolgt sei. Das kann nicht genügen. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 15.09.2004 lag diesem eine Vollmacht bei. Der Verfügungskläger trägt weder vor, dass diese nicht beigelegen habe, noch welchen Inhalt diese gehabt habe, noch welche Gründe gegen die Vollmachtsurkunde sprechen könnten. Darüber hinaus befindet sich unter der Unterschrift des die Kündigung Unterzeichnenden der Hinweis Personalleiter. Ein solcher ist in aller Regel zur Kündigung berechtigt. Auch insoweit trägt der Verfügungskläger nicht vor. Der Verfügungskläger trägt daher hier nicht im Ansatz zu den Voraussetzungen des § 174 BGB vor, so dass nicht festgestellt werden kann, dass die Kündigung aus diesem Grund offensichtlich unwirksam ist.

2.5 Der Verfügungskläger bestreitet zwar, dass die Verfügungsbeklagte erst am 03.09.2004 von ... Kenntnis erlangt habe, trägt hierzu allerdings nicht weiter vor. Dies mag im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses unter dem Gesichtspunkt des § 626 Abs. 2 BGB eine Rolle spielen, zur Feststellung einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung reicht dieser Vortrag nicht im Ansatz aus.

2.6 Auch die geltend gemachten Kündigungsgründe sind nicht offensichtlich ungeeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der Verfügungskläger hat vor allem unstreitig ... . Inwieweit die darauf fußende Kündigung auch im Hinblick auf die Beschäftigungsdauer des Verfügungsklägers bei der Verfügungsbeklagten gerechtfertigt ist, wird möglicherweise Gegenstand des Kündigungsschutzverfahrens sein, eine solche Kündigung ist allerdings nicht offensichtlich unwirksam.

Der Verfügungskläger hat daher keinen Verfügungsanspruch.

3. Der Verfügungskläger hat darüber hinaus auch keinen Verfügungsgrund, da er unstreitig ...

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Streitwert ist nach § 61 Abs. 1 ArbGG mit einem Bruttomonatsverdienst festzusetzen. Der Weiterbeschäftigungsanspruch wurde hier zwar im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz gestellt, das rechtfertigt allerdings keinen Abzug, da der Verfügungskläger im Falle des Obsiegens nicht schlechter gestellt wäre, als wenn er die Weiterbeschäftigung im Klagewege erreicht hätte.

Gegen dieses Endurteil steht dem Verfügungskläger die Berufung zum Landesarbeitsgericht München nach Maßgabe der folgenden Rechtsmittelbelehrung zu:


Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden.
Die Berufung muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils beim

Landesarbeitsgericht München
Winzererstraße 104
80797 München

eingelegt werden.

Die Berufung muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich begründet werden.

Beide Fristen beginnen spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Die Berufung- und Berufungsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Sie können auch von dem Bevollmächtigten einer Gewerkschaft, einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände unterzeichnet werden, wenn die Berufung für ein Mitglied eines solchen Verbandes oder Zusammenschlusses oder für den Verband oder Zusammenschluss eingelegt wird.


Der Vorsitzende:

Dr. Dick
Richter am Arbeitsgericht

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht