Klageabweisung bei Unerreichbarkeit unter der angegebenen Anschrift, - auch im Anwaltsprozess

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

20. 10. 2004


Aktenzeichen

9 O 18076/04


Tenor

  1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

  2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte auf Abdruck einer Gegendarstellung in Anspruch.

Die Verfügungsklägerin hat während der olympischen Spiele einen Media-Event- und Entertainmentpark in der Nähe des Athener Zentralolympiastadions unterhalten.

Die Verfügungsbeklagte ist die Verlegerin der Zeitschrift FOCUS.

Am 30.08.2004 erschien im FOCUS ein Artikel unter der Überschrift "Kein Brot, keine Spiele", in dem über die Verfügungsklägerin berichtet wurde. Wiedergegeben wurde hier u.a. die Äußerung des künftigen geschäftsführenden RTL-Chefredakteurs ... in Bezug auf die Verfügungsklägerin, die da lautet: "Wir haben mit dieser Firma nichts zu tun". Ferner wird in dem Artikel berichtet, die Verfügungsklägerin habe wenige Stunden vor Beginn eines Rockkonzerts auf dem Gelände den Strom abgestellt und habe nach Aussage des mit der Abwicklung beauftragten TV-Produzenten ... gefordert, 60.000,-- EUR extra zu zahlen. ... habe bezahlt, weil er Verträge mit Veranstaltern einhalten musste. Ferner wird berichtet, die deutsche Schule in Athen, die für das Event ihr Sportgelände an die Verfügungsklägerin vermietete, habe nach Aussage des Schulvereinsvorsitzenden ... den größten Teil des vereinbarten Entgelts in Höhe von einigen 10.000,-- EUR bis heute nicht gesehen.

Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen,

RTL habe sehr wohl mit der Verfügungsklägerin zu tun gehabt. Die Deutsche Schule in Athen habe nämlich ihr Sportgelände der Verfügungsklägerin zur Verfügung gestellt. Auf diesem Gelände habe RTL während der Olympischen Spiele in Athen ein mobiles Studio mit angeschlossener Satellitenstation betrieben. Ferner sei richtig, dass die Verfügungsklägerin vor Beginn eines Rockkonzertes kurzfristig den Strom habe abstellen müssen, weil ein Schausteller mittels einer von dem Strom versorgten Verstärkeranlage und Mikrofon gedroht habe, sich das Leben zu nehmen. Die Abschaltung des Stromes sei jedoch nicht erfolgt, um die Firma ... zu einer Zahlung zu veranlassen. Die Forderung von 60.000,-- EUR sei berechtigt. Sie sei nach wie vor nicht bezahlt, die Verfügungsklägerin klage den ausstehenden Betrag derzeit ein. Soweit durch die geschilderte Aussage des Schulvereinsvorsitzenden suggeriert werde, mit der deutschen Schule in Athen sei eine Entgeltzahlung an sie vereinbart worden, sei dies nicht der Fall.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt:

Im Wege einer einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin gem. § 10 BayPresseG

auferlegt,

in dem gleichen Teil der Zeitschrift

Focus

in dem Artikel

"Kein Brot, keine Spiele"

(Focus vom 30.08.04, Seite 140)

erschienen ist und mit gleicher Schrift unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer, ohne Einschaltungen und Weglassungen folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

Gegendarstellung

Im focus vom 30.08.04 wird auf Seite 140 unter der Überschrift "Kein Brot, keine Spiele" über die ... AG berichtet und die Äußerung des künftigen Geschäftsführenden RTL-Chefredakteurs ... wiedergegeben, "Wir haben mit dieser Firma nichts zu tun".
Hierzu stellen wir fest:
RTL hat auf dem uns zur Verfügung gestellten Gelände ein mobiles Studio mit angeschlossener Satellitensendestation betrieben.

Behauptet wird, wenige Stunden vor Beginn eines Rockkonzerts stellte die ... AG auf dem Gelände den Strom ab und forderte nach Aussagen des mit der Abwicklung beauftragten TV-Produzenten ..., Chef der Firma ..., € 60.000,00 extra. ... zahlte, weil er Verträge mit Veranstaltern einhalten musste.
Hierzu stellen wir fest:
Der Strom musste abgestellt werden, weil ein Schausteller mittels einer von dem Strom versorgten Verstärkeranlage und Mikrophon drohte, sich das Leben zu nehmen, nicht jedoch, um die Firma ... zu einer Zahlung zu veranlassen. € 60.000,00 wurden nicht für das Anstellen des Stromes gefordert, sondern als Schadensersatz. Sie wurden nicht bezahlt.

Behauptet wird, die deutsche Schule in Athen, die für das Event ihr Sportgelände an ... vermietete, hat nach Aussage des Schulvereinsvorsitzenden ... den größten Teil des vereinbarten Entgelts in Höhe von einigen 10.000,00 Euro bis heute nicht gesehen.
Hierzu stellen wir fest:
Mit der deutschen Schule in Athen ist eine Entgeltzahlung an sie nicht vereinbart.

Leipzig, den 17.09.04

...
Vorstand

Hilfsweise hat die Verfügungsklägerin beantragt:

...

Die Beklagte hat beantragt:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei bereits unzulässig, da die formalen Erfordernisse an eine ordnungsgemäße Antragsschrift nicht eingehalten seien. Die Antragstellerin habe sowohl im Verfügungsantrag als auch in der gesamten außergerichtlichen Korrespondenz als Adresse die ...straße 8, ... Leipzig, angegeben. Unter dieser Anschrift sei sie jedoch nicht erreichbar. Hilfsweise sei der Antrag auch unbegründet, da die Verfügungsklägerin in ihren Ausführungen zur Gegendarstellung unrichtige Angaben gemacht habe.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Verfügungsklägerin kann von der Verfügungsbeklagten nicht den Abdruck einer Gegendarstellung gemäß § 10 BayPrG verlangen, da der Antrag der Verfügungsklägerin bereits unzulässig ist. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann auch im Anwaltsprozess auf die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers bzw. des Antragstellers nicht verzichtet werden. Da mit dem Betreiben des Prozesses nachteilige Folgen verbunden sein können, wie insbesondere die Kostenpflicht im Falle des Unterliegens, wird dadurch dokumentiert, dass sich der Kläger bzw. Antragsteller diesen möglichen Folgen stellt. Auch muss er bereit sein, persönlich in Terminen zu erscheinen, falls das Gericht dies anordnet. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers ist daher zwingendes Erfordernis einer ordnungsgemäßen Klageerhebung bzw. Antragstellung (vgl. BGH NJW 1988, 2114 f.).

Die Verfügungsbeklagte hat hierzu die Kopie eines mit Einschreiben/Rückschein versandten Briefes an die Verfügungsklägerin vorgelegt, der mit dem vom 01.09.2004 datierten und unterzeichneten postalischen Vermerk "Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurückgeleitet wurde. Das gleiche Ergebnis brachte eine Anschriftenprüfung über die deutsche Post. Ferner hat die Verfügungsbeklagte bei Ermittlungen durch ihren ansässigen Redakteur vor Ort festgestellt, dass es an der oben genannten Adresse weder ein Firmen- noch ein Klingelschild der Verfügungsklägerin gibt, noch dass diese dort im Haus bekannt ist. Auch aus einem von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Schriftstück des Landgerichts Frankfurt am Main ergibt sich, dass eine dort anhängige Klage an die Verfügungsklägerin nicht zugestellt werden konnte, da die Verfügungsklägerin unter der oben genannten Adresse nicht zu ermitteln ist. Da eine ladungsfähige Anschrift der Verfügungsklägerin also nicht vorliegt, war der Antrag ohne weitere Prüfung in der Sache bereits als unzulässig abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.


Dr. Steiner
Vorsitzender Richter
am Landgericht

Hammer
Richterin

Dr. Schwarz
Richterin
am Landgericht

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht