Sendebericht als Anscheinsbeweis für Fax-Übermittlung

Gericht

AG Rudolstadt


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

30. 03. 2004


Aktenzeichen

2 C 694/03


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl. hatte für die Zeit vom 6. 6.-9. 6. 2003 drei Doppelzimmer bei der Kl. am 1. 4. 2003 angemietet. Die Reservierung wurde bereits am 29. 4. 2003 durch Übersendung eines Telefaxes storniert. Der Empfang des Telefaxes wurde von der Kl. bestritten.

Die auf Schadensersatz gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Entscheidend war hierbei die Frage, inwieweit davon auszugehen ist, ob die beklagtenseits behauptete Übersendung eines Stornierungsfaxes am 29. 4. 2003 als abgesandt und insbesondere der Kl. zugegangen bewertet werden muss.

Das Gericht hat im Tatsächlichen insofern zunächst auf Grund der glaubwürdigen und glaubhaften Aussage des Zeugen F, der dies durch die in Augenschein genommene Telefonrechnung untermauern konnte, feststellen können, dass von dessen Faxgerät am 29. 4. 2003 ein Fax an die Kl. gesandt wurde. Hieran bestehen nach Ansicht des Gerichts auch trotz des Umstands keine Zweifel, dass der Einzelverbindungsnachweis nur eine unvollständige - nämlich die letzten drei Endziffern der Faxnummer nicht enthaltende - Verbindungsangabe enthält, da der Zeuge F, insoweit glaubhaft darlegen konnte, sich nicht verwählt und definitiv die Sendung auch an ein Faxgerät vorgenommen zu haben, so dass es jeglicher Lebenserfahrung widerspräche, dass er sich gerade bei den letzten nicht mehr nachvollziehbaren Nummern verwählt haben sollte und dabei zufällig ein anderes Fax erreicht haben könnte. Zur Überzeugung des Gerichtes steht des Weiteren fest, dass der Inhalt des Faxes an die Kl. auch eine Stornierung bezüglich der durch die Bekl. bestellten Zimmer darstellte, denn der Zeuge F hat insofern glaubhaft und nachvollziehbar darlegen können, dass er selbst auf seinem Computer im Namen der Bekl. dieses Schreiben fertigte, dies dann unterschreiben ließ und es im Beisein der Bekl. zur Absendung kam. Ebenfalls glaubhaft hat der Zeuge F darlegen können, dass die gelungene Übertragung durch einen OK-Sendebericht bestätigt wurde.

Hieran bestehen im Übrigen auch deshalb keine Zweifel, da die Kl. diesen Vortrag und auch der Zeugeneinvernahme nicht substanziiert widersprochen hat.

Die Kl. hat insofern vielmehr allein den Empfang des beklagtenseits abgesandten Faxes bestritten, was durch den ebenfalls glaubwürdigen und glaubhaften Zeugen S auch bestätigt wurde. Dieser bestätigte des Weiteren, dass das Faxgerät typischerweise beanstandungsfrei funktioniert und immer angeschlossen ist.

Im Ergebnis dessen lässt sich mithin nicht mehr zweifelsfrei aufklären, ob das zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls abgesandte Fax tatsächlich durch einen Ausdruck am Empfangsgerät der Kl. dieser zugegangen ist und bei dieser möglicherweise nur übersehen wurde - was einen Zugang im rechtlichen Sinne nicht hindern würde -, oder ob es trotz des OK-Vermerks am Absendegerät des Zeugen F auf Grund technischer Übertragungsfehler oder Fehler am Endgerät gar nicht zum Ausdruck und damit zum Zugang des Faxes bei der Kl.kam.

Im Fall eines solches non liquid kommt es für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidend darauf an, wie sich die Beweislastverteilung zwischen den Parteien bezüglich des Zugangs des Faxes darstellt. Hierzu werden in der Rechtsprechung verschiedene Auffassungen vertreten.

Nachdem bereits Anfang der 90er Jahre verschiedene Gerichte die Ansicht vertraten, dass eine Absendung eines Faxes, bei der ein Sendebericht mit OK erstellt wird, einen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger darstellt (so etwa OLG München, NJW 1994, 527), verneinte der BGH in seiner Entscheidung vom 7. 12. 1994 (NJW 1995, 665) für einen solchen Fall die Annahme eines Anscheinsbeweises mit der Folge, dass der Absender den Vollbeweis für den ordnungsgemäßen Zugang des Faxes zu erbringen habe. Zur Begründung führte der BGH seinerzeit im Wesentlichen aus, dass es bislang an gesicherten Erkenntnissen dazu fehle, wie oft Telefaxübertragungen trotz eines OK-Vermerks scheitern, sodass nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises widerleglich aus diesen Umständen geschlossen werden könne, dass das Telefax tatsächlich zugegangen sei.

Im Nachgang zu dieser Entscheidung sind indes weitreichende Untersuchungen über die Sicherheit der Datenübertragung per Telefax durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass es sich in der Tat um ein außerordentlich sicheres Übertragungsmittel handelt. Das OLG München hat deshalb mit einem Beschluss vom 8. 10. 1998 (OLG München, MDR 1999, 286) in bewusster Auseinandersetzung mit der vorliegenden BGH-Entscheidung die Auffassung vertreten, dass bei einem Absenden eines Telefax und einem Sendebericht mit OK ein Beweis des ersten Anscheins dafür erbracht sei, dass die Daten dem Empfänger auch tatsächlich zugegangen sind.

Dieser Ansicht schließt sich das Gericht an. Schon der BGH hat in seiner zitierten Entscheidung allgemein als Voraussetzung für die Annahme eines Anscheinsbeweises dahingehend formuliert, dass ein solcher nur dann angenommen werden kann, wenn typische Geschehensabläufe vorliegen, bei denen nach der Lebenserfahrung regelmäßig von einem bestimmten Ereignis (hier der Datenabsendung) auf einen bestimmten Erfolg (hier dem Dateneingang beim Empfänger) geschlossen werden könne. Vermochte der BGH 1994 einen solchen regelmäßigen Geschehensablauf noch nicht festzustellen, ist dies angesichts auch der technischen Weiterentwicklung und der zitierten Untersuchungen nunmehr wohl anzunehmen. Es muss mithin davon ausgegangen werden, dass beim Absenden eines Faxes, wobei das Sendegerät einen OK-Bericht liefert, dieses Fax ganz typischerweise beim Empfangsgerät auch ankommt. Dies folgt nicht zuletzt heute auch daraus, dass der OK-Bericht nicht mehr nur den einmaligen Verbindungsaufbau der Telefonverbindung dokumentiert, sondern zumindest auch das Halten der Telefonverbindung für die Zeit der Datenübertragung. Es spricht mithin regelmäßig alles dafür, dass bei einer OK-Sendung die Daten das Empfangsgerät zumindest erreicht haben. Aus einer allgemeinen Lebenserfahrung darf dann auch darauf geschlossen werden, dass dieses Gerät die empfangenen Daten auch in Druckform ausgeworfen hat.

Damit ist freilich nicht gesagt, dass auch in derartigen Fällen das Fax tatsächlich in jedem Einzelfall beim Empfangsgerät ausgedruckt wird; insofern muss einkalkuliert werden, dass es zumindest im Einzelfall auch im Empfangsgerät zu technischen Störungen kommt, die einen Ausdruck - ohne dass dies dem Empfänger zuzurechnen ist - verhinderten bzw. störten. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die dargestellte Situation nur einen Anscheinsbeweis liefert, der selbstredend durch den Empfänger in geeigneter Weise - etwa durch Vorlage eines Empfangsjournals oder ähnlichem - widerlegt werden kann (so zutreffend auch OLG München, MDR 1999, 286).

Das Gericht hält angesichts der derzeitigen technischen Entwicklung diese Risikoverteilung, die bei einem nachgewiesenen Absenden des Faxes bei Vorlage eines OK-Berichtes einen Prima-facie-Beweis für den Zugang des Faxes beim Empfänger begründet, diesem indes die Widerlegung dieses Beweises eröffnet, für sachgerecht. Umgekehrt wäre es angesichts der nunmehr ermittelten außerordentlich geringen Fehlerquote bei Faxübermittlungen nicht mehr sachgerecht, dem Absender einen ihm im Grunde gar nicht möglichen Vollbeweis des tatsächlichen Empfangs eines Telefaxes aufzuerlegen. Insofern unterscheidet sich aus Sicht des Gerichts die Telefaxübermittlung auch von dem Übermitteln von Willenserklärungen per Brief, da zwar bei einem einfachen Brief dem Absender ein Nachweis des Zugangs regelmäßig auch abgeschnitten ist, er hier indes - anders als beim Telefax - die Möglichkeit hat, etwa durch die Wahl von Einschreiben mit Rückschein oder ähnlichem auf eine Übermittlungsart auszuweichen, die ihn unproblematisch einen Nachweis des Zugangs ermöglicht. Dies ist - wie ausgeführt - beim Telefax faktisch nicht möglich, so dass dem Absender, der das Absenden ordnungsgemäß nachweisen kann umso mehr ein Prima-facie-Beweis als Beweiserleichterung zu Verfügung gestellt werden muss und im Übrigen dem Empfänger keine unüberwindlichen Beweisschwierigkeiten auferlegt werden, falls er das Fax tatsächlich nicht erhalten hat.

Auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, kann sich die Bekl. mithin insoweit auf den Anscheinsbeweis berufen, dass die durch den Zeugen F nachgewiesene Übersendung des Stornierungsschreibens per Telefax am 29. 4. 2003 die Kl. auch erreicht hat. Der von der Kl. lediglich einfach bestrittene Zugang dieses Schreibens reicht insofern nicht aus, diesen Anscheinsbeweis zu erschüttern. Mithin muss in rechtlicher Hinsicht von einem Zugang des Schreibens ausgegangen werden.

Dies hat insofern wohl unstreitig zur Folge, dass die gebuchten Zimmer mehr als einen Monat vor dem vereinbarten Aufenthalt bei der Kl. storniert wurden, so dass der Kl. jedenfalls ein über die einbehaltenen 60 Euro Anzahlung hinausgehender Schadenseratzanspruch gegenüber der Bekl. mehr zusteht. Insofern spricht ebenfalls ein Anscheinsbeweis dafür, dass es der Kl. nach der Stornierung am 29. 4. 2003 ohne weiteres möglich gewesen wäre, die bestellten Zimmer für Pfingsten 2003 noch anderweitig zu vermieten, sodass ihrerseits zumindest ein weitergehender Schaden nicht ist. Im Ergebnis war die Klage mithin abzuweisen.

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht