Vortrag zu Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch Abschlusserklärung erst in zweiter Instanz

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

28. 10. 2004


Aktenzeichen

3 U 80/04


Leitsatz des Gerichts

  1. Wendet sich der Kläger einer marken- und wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage mit seinem Klageantrag gegen die „kumulative“ Verwendung mehrerer Titelkombinationen aus Dachmarke und Sondertitel in ihrer konkreten Verletzungsform, so ist der Anspruch mangels Wiederholungsgefahr unbegründet, wenn der Titel auch nur einer der angegriffenen Zeitschriften geändert wurde, und der Verlag wegen einer Abschlusserklärung zu dem alten Titel nicht zurückkehren darf.

  2. Das unter dem geänderten Titel herausgegeben Werk fällt nicht mehr unter den „Kern“ der mit dem Unterlassungsantrag gerügten Wettbewerbshandlung, wenn das spezifischWettbewerbswidrige nicht verallgemeinernd aus diesem hervorgeht, sondern die Reichweite des angestrebten Verbots durch die konkrete Fassung des Antrags beschränkt wird.

  3. Die gegenüber einem Drittgläubiger abgegebene Abschlusserklärung wirkt wie eine Drittunterwerfung. Sie lässt die Wiederholungsgefahr gegenüber dem Unterlassungsgläubiger bereits dann entfallen, wenn sie lediglich eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen der zum Gegenstand des Klageantrags gemachten Kumulation betrifft.

  4. Ein in der Berufungsinstanz vorgebrachtes Verteidigungsmittel (hier Abschlusserklärung) kann nicht gemäß § 531 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden, wenn die Partei in erster Instanz den Abweisungsantrag anders begründet hat, und das Erstgericht dieses in der Berufungsinstanz vorgebrachte Verteidigungsmittel für unerheblich hielt, weil es die Klage bereits aus anderweitigen Gründen abgewiesen hat.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 5. März 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen;

und beschließt:

Der Streitwert für die Berufung wird ebenfalls auf € ... festgesetzt.

Tatbestand


I.

Im Verlag der Klägerin erscheint die Zeitschrift ...

Entscheidungsgründe


II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsantrag ist die Wiederholungsgefahr entfallen, nachdem die Beklagte wegen der gegenüber dem ...-Verlag abgegebenen Abschlusserklärung gehindert ist, den Titel "... - Gut kochen & genießen", wie er Bestandteil des Klagantrags ist, zukünftig erneut zu verwenden. Im Einzelnen:

Gegenstand des Klagantrags ist nach dessen Fassung und den dazu von der Klägerin im erstinstanzlichen Vorbringen gegebenen Erläuterungen

- die Herausgabe von über das Thema definierten Sonderheften

- unter der auf rotem Grund in weißer Schrift gehaltenen Dachmarke ..., in der konkreten Ausgestaltung, wie sie tatsächlich verwendet wird in der Form der Sonderhefttitel "... - Gut kochen & genießen", "... - Balkon & Terrasse" und "... - Schlank & schön" ebenfalls in der jeweils verwendeten konkreten Form.

Zum Verständnis des Klagantrags und zu dessen gewollter Reichweite hat die Klägerin im Schriftsatz vom 9. Januar 2004 ausführen lassen, dass sie die genannten drei Titel, so wie sie im Antrag dargestellt seien, kumulativ angreife. Die drei Titel würden nicht jeder einzelne für sich als ein zwar schmarotzerisches aber wohl gerade eben noch zulässiges Plagiat angegriffen, sondern nur in ihrem Gesamt-Daherkommen neben den jeweils beiden anderen Titeln unter der Dachmarke ... . Dies bedeutet, dass der Antrags nur einen ganz eng umgrenzten Verbotsbereich erfasst und dass der Unterlassungsanspruch erfüllt wäre, wenn nur eines der Sonderhefte zukünftig unter einem anderen als dem beanstandeten Titel erscheint. Dies ist der Fall, denn das Sonderheft zum Thema "Kochen" kann nicht mehr unter dem in den Antrag aufgenommenen Titel "... - Gut kochen & genießen" angeboten werden. Es wird jetzt tatsächlich unter dem Titel "... - Gute Küche" mit dem weiteren Untertitel "Die besten Koch- und Back -Ideen" auf den Markt gebracht. Die Beklagte kann wegen der gegenüber dem ...-Verlag abgegeben Abschlusserklärung auch nicht zu dem alten Titel zurückkehren, womit bezüglich dieses Teils des Antrags auch im Verhältnis zur Klägerin die Wiederholungsgefahr entfallen ist. Dies hat der Senat für den Fall sich deckender Unterlassungsanträge für die gegenüber dem Drittgläubiger abgegebene Abschlusserklärung schon im Jahre 1984 ausgesprochen (Beschluss vom 20.06.1984, 3 W 103/84 in: GRUR 1984, 889). Dies gilt auch hier: Zwar betrifft die dem ...-Verlag gegenüber abgegebene Erklärung nur einen Sonderheft-Titel und deckt sich insoweit nicht mit dem hier von der Klägerin hier gelten gemachten Unterlassungsanspruch. Die der Drittgläubigerin gegenüber abgegebene Erklärung, die im Ergebnis wie eine Drittunterwerfung zu behandeln ist, beseitigt jedoch auch für den hier geltend gemachten Antrag die Wiederholungsgefahr, weil sie ein Tatbestandsmerkmal der zum Gegenstand des Antrags gemachten Kumulation betrifft. Mit anderen Worten: so, wie es im Antrag beschrieben ist, kann die Beklagte wegen der dem Drittgläubiger gegebenen Erklärung zukünftig nicht mehr am Markt auftreten. Der Antrag betrifft also ein Verhalten, für das eine Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht.

Dagegen lässt sich mit Erfolg auch nicht geltend machen, dass die Auswechslung des Sonderheft-Titels im Kernbereich des Verbots läge. Der Senat will dies noch nicht einmal hinterfragen, nachdem die Klägerin den Sonderheft-Titel "... - Wohnen & wohlfühlen" aus dem Antrag herausgenommen hatte, weil er "bei weitem nicht so dicht dran an dem Sonderheft "... - Wohnen und Gestalten" sei (Schriftsatz vom 9. Januar 2004, S. 10), was als Äußerung der Partei selbst zur Reichweite des Verbots und damit zu dessen Kernbereich von Relevanz sein könnte. Denn die Formulierung des Unterlassungsantrags ist von derem Kern zu unterscheiden: der Antrag muss das Verhalten der als Verletzerin in Anspruch genommenen Partei so konkret beschreiben, dass diese erkennen kann, was sie in Zukunft unterlassen soll. Dabei sind gewisse Verallgemeinerungen, die das spezifisch Wettbewerbswidrige und/oder Zeichenverletzende des beanstandeten Verhaltens zutreffend kennzeichnen, zulässig. Dieser Weg der Verallgemeinerung ist hier aber nicht gegangen worden, sondern im Antrag ist ein konkretes Verhalten beschrieben worden, von dem die Beklagte zu Recht geltend machen kann, dass sie dieses bezüglich des Sonder-Hefts zum Thema "Kochen" gar nicht mehr praktiziere, dies zukünftig auch nicht mehr könne und deswegen auch nicht mehr wolle. Der Klagantrag geht damit in der zuletzt gestellten Fassung ins Leere, weil er ein Verhalten beschreibt, für das die Wiederholungsgefahr bereits ausgeräumt war, so dass der Klage aus diesem Grund kein Erfolg mehr beschieden sein kann.

Der Senat hat in der Berufungsverhandlung auf Bedenken gegen die Fassung des Klagantrags hingewiesen. Diesen Bedenken hat die Klägerin ausweislich ihrer dazu schriftsätzlich ausgebreiteten Rechsauffassung nicht entsprechen wollen.

Das Vorbringen der Beklagten zu der erst in der Berufung in den Rechtstreit eingeführten Abschlusserklärung gegenüber dem ...-Verlag ist der Entscheidung zugrunde zu legen. Es kann nicht als verspätet zurückgewiesen werden, weil die Beklagte schon in erster Instanz die Auffassung vertreten hatte, dass die gegen sie ergangen einstweilige Verfügung der Drittgläubigerin und ihr anschließend geändertes Verhalten eine taugliche Rechtsverteidigung sei. Dies ist ausweislich des Verhandlungsprotokolls in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagtenvertreter nochmals ausdrücklich angeführt worden. Ein Hinweis des Landgerichts auf die Unzulänglichkeit dieser Verteidigung, wie der Senat ihn in der Berufungsverhandlung gegeben hat, ist dagegen nicht erfolgt, weil die Kammer die Klage offenbar ohnehin für unbegründet hielt. Die Beklagte konnte sich deswegen gemäß § 531 Abs. 2, Nr. 1 ZPO auch in der Berufungsinstanz noch mit ihrem Vorbringen zur Abschlusserklärung gegenüber einem Drittgläubiger verteidigen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO ersichtlich nicht vorliegen.


Gärtner Spannuth Löffler

Vorinstanzen

LG Hamburg, 312 O 224/03, 5.3.2004

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht