Werbung: „Die Bessere” für eine Frauenzeitschrift grundsätzlich rechtmäßig

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

26. 10. 2004


Aktenzeichen

17HK O 18629/04


Leitsatz des Gerichts

  1. Die für eine Zeitschrift verwendete Werbeaussage „Die Bessere!“ stellt keine unzulässige Alleinstellungsbehauptung i.S.d. § 5 UWG dar. Der Verkehr sieht in der Aussage vielmehr eine der objektiven Nachprüfbarkeit nicht zugängliche reklamehafte Übertreibung.

  2. Die mittelbare Erkennbarkeit eines Mitbewerbers im Rahmen einer vergleichenden Werbeaussage nach § 6 Abs.1, Abs.2 UWG setzt voraus, dass aufgrund der Marktverhältnisse oder der geringen Zahl der Mitbewerber für die Werbeadressaten erkennbar nur ein bestimmter Mitbewerber betroffen ist.

  3. Wird der Zeitschriftenmarkt des relevanten Segments aus einer Vielzahl konkurrierender Zeitschriftentitel (hier 34) gebildet, fehlt es an einer solchen Identifizierbarkeit des konkreten Mitbewerbers.

  4. Allein der Umstand, dass die Titelseite der beworbenen Zeitschrift graphische Merkmale aufweist, die sich bei einem bestimmten Konkurrenzprodukt wieder finden, führt nicht zur Annahme einer mittelbaren Erkennbarkeit dieses Konkurrenzproduktes. Dies gilt vor allem dann, wenn diese Merkmale keine herkunftskennzeichnende Funktion aufweisen.

  5. Auch die räumlich eng nebeneinander liegende Platzierung beider Konkurrenzprodukte im Handel hat nicht zur Folge, dass der Verkehr die auf einem der Produkte enthaltene Werbeaussage zwangsläufig auf das andere Produkt bezieht. Diesbezüglich liegt schon keine Handlung im wettbewerbsrechtlichen Sinne vor, da die von den Händlern im einzelnen vorgenommene Platzierung dem Werbenden nicht zuzurechnen ist.

Tenor

  1. Die einstweilige Verfügung vom 05.10.2004 wird in Ziffer 1 + 3 aufgehoben.

  2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird auch hinsichtlich eines Verbots der Werbung als "Die Bessere!" gemäß Titelseite der Ausgabe 41 vom 29.09.2004 zurückgewiesen.

  3. Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


Tatbestand:

...

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Einstweilige Verfügung war aufzuheben, da die Antragstellerin weder unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Werbung noch unter dem Gesichtspunkt der Alleinstellungsbehauptung gemäß den §§ 8 abs. 1, 6 Abs. 2, 5 UWG einen Unterlassungsanspruch hat. Auch hinsichtlich des Hilfsantrags hat die Antragstellerin keinen Unterlassungsanspruch.

Die von der Antragstellerin im ursprünglichen Verfügungsantrag zusätzlich enthaltene Behauptung einer unlauteren Nachahmung durch die gesamte Titelblattgestaltung ist nach der Ablehnung dieses weitergehenden Antrags im Beschluss vom 5.10.04 nicht mehr streitgegenständlich.

1. Hauptantrag

Der Werbeslogan "Die Bessere !" stellt keine unzulässige Alleinstellungsbehauptung i.S.d. § 5 UWG dar. Bei diesem Slogen handelt es sich um eine reklamehafte Übertreibung ohne objektive Nachprüfbarkeit. Es bleibt für die angesprochenen Verkehrskreise offen, worauf sich der Komparativ in der Werbung bezieht. Auch durch die Wahl des Komparativs statt des Superlativs lässt keine Spitzenstellungsbehauptung erkennen: Da der Zeitschriftenmarkt in diesem Zeitschriftensegment unstreitig mindestens 34 Titel aufweist, liegt in der Wahl des Begriffs "Die Bessere" keineswegs die Behauptung, "Die Beste" von 34 Titeln zu sein.

Der Werbeslogan enthält aber auch keine unzulässige vergleichende Werbung i.S.d. § 6 Abs. 1, Abs. 2 UWG da der Slogan selbst weder unmittelbar noch mittelbar den Mitbewerber erkennen lässt, auf den sich die Behauptung beziehen soll, "Die Bessere" zu sein.

Weder die grafische Gestaltung des Slogans noch die Wortwahl lassen in irgendeiner Form den Mitbewerber erkennen, sei es auch nur assoziativ. Die Einfügung des sogenannten Preisbalkens plakativ direkt unterhalb dem Titellogo ist bei solchen Frauenzeitschriften gerichtsbekannt ein häufig verwandtes Gestaltungsmerkmal. Es kann daher keinerlei Herkunftswirkung hinsichtlich einer bestimmten Zeitschrift entfalten. Soweit sich die Antragstellerin darauf stützt, dass die gesamte Titelblattgestaltung eine Nachahmung der Zeitschrift der Antragstellerin darstelle, wenn auch nicht in der qualifizierten Form der wettbewerblichen Eigenart im Sinne des wettbewerbsrechtlichen ergänzenden Leistungsschutzes gemäß § 4 Ziff. 9 UWG, so kommt es hierauf nicht an: Streitgegenständlich ist nach der Einstweiligen Verfügung vom 5.10.2004 und dem hiergegen gerichteten Widerspruch nur noch der Werbeslogan "Die Bessere" in der grafischen Gestaltung der Titelseite Nr. 41 vom 29. September 2004. Die Frage ist also, ob dieser Slogan allein den Konkurrenten erkennen lässt, auf den der Vergleich abzielt. Die schlichte grafische Gestaltung des Preisbalkens entfaltet im Segment der 34 wöchentlichen Frauenzeitschriften keinerlei Herkunftshinweis gegenüber den angesprochenen Käuferinnen als Verkehrskreise. Eine mittelbare Erkennbarkeit könnte allenfalls dann vorliegen, wenn es sich zum Beispiel um die beiden auflagenstärksten Produkte oder Meinungsführer eines Zeitschriftensegments handeln würde wie zum Beispiel in der Konkurrenz zwischen "Der Spiegel" und "Focus" oder wenn es sich um die einzigen beiden vergleichbaren Zeitschriften innerhalb eines regional begrenzten Erscheinungsgebiets handeln würde.

Auch die möglicherweise enge räumliche Platzierung beider Zeitschriften im Verkauf kann nicht dazuführen, eine mittelbare oder unmittelbare Erkennbarkeit des Mitbewerbers i.S.d. § 6 Abs. 1 UWG zu bejahen: Die Platzierung nebeneinander ist kein wettbewerbliches Handeln der Antragsgegnerin, da die Antragstellerin nicht einmal behauptet, diese Platzierung würde der Handel auf Anweisung der Antragsgegnerin vornehmen. Zum anderen ist die Platzierung ähnlicher Zeitschriften in enger räumlicher Nähe im Handel üblich, um den Käufern die Suche zu erleichtern. Warum dann der Käufer "Die Bessere" nur auf die möglicherweise häufig neben der beworbenen Zeitschrift liegende Zeitschrift beziehen sollte, ist nicht erkennbar. Es mag sein, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien mit dem Slogan auf die Zeitschrift der Antragsstellerin abzielt. Den angesprochenen Verkehrskreisen, nämlich den potentiellen Käufern von Zeitschriften aus diesem Segment, sind diese Rivalitäten jedoch im Normalfall unbekannt und er wird diese Anpreisung auch auf ähnliche Zeitschriftentitel, wie z.B. auch die "Freizeit Revue" beziehen.

2. Hilfsantrag

Der Hilfsantrag enthält eine Einschränkung hinsichtlich der tenorierten Einstweiligen Verfügung und damit eine teilweise Antragsrücknahme. Eine solche Antragsrücknahme entsprechend § 269 Abs. 1 ZPO ist im Rahmen des Widerspruchsverfahrens im Verfügungsverfahren jedoch jederzeit auch ohne Zustimmung der Antragsgegner zulässig (Zöller, ZPO, 24. Auflage § 920 Rn 13).

Der Hilfsantrag ist jedoch ebenfalls unbegründet, da, wie bereits ausgeführt, die möglicherweise in 60 % der Fälle übliche Platzierung der beiden Zeitschriften nebeneinander auch nach dem Vortrag der Antragstellerin der Antragsgegnerin nicht zuzurechnen ist und damit auch kein wettbewerbliches Handeln der Antragsgegnerin darstellt. Außerdem bezieht sich, wie bereits ausgeführt, der im Slogan enthaltene Vergleich für die angesprochenen Verkehrskreise nicht zwingend nur auf die eine neben der Zeitschrift der Antragstellerin liegende Zeitschrift der Antragsgegnerin. Der Slogan selbst lässt den in den Vergleich einbezogenen Mitbewerber nicht erkennen.

3. Kosten: § 91, 92 ZPO.

Die Kostenentscheidung aus der Einstweiligen Verfügung vom 5.10.04 war insgesamt aufzuheben, da nur eine einheitliche Kostenentscheidung ergehen kann. Hinsichtlich des zurückgewiesenen Antrags im Beschluss vom 5.10.04 waren die Kosten bereits der Antragstellerin auferlegt, so dass nunmehr nach Aufhebung des ursprünglich zusprechenden Teils der Einstweiligen Verfügung vom 5.10.04 nunmehr die Kosten insgesamt der Antragstellerin aufzuerlegen waren.


Waitzinger
Vors. Richterin
am Landgericht

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht