Abgesonderte Verhandlung über prozeßhindernde Einreden

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

23. 05. 1985


Aktenzeichen

III ZR 57/84


Leitsatz des Gerichts

  1. Nach Anordnung abgesonderter Verhandlung über prozeßhindernde Einreden fällt dem Rechtsmittelgericht grundsätzlich nur dieser Zwischenstreit an.

  2. Zur Bedeutung der Niederlegung eines Schiedsspruchs bei dem zuständigen Gericht.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Berechtigung der von der Bekl. erhobenen Einreden, der Rechtsstreit sei durch ein Schiedsgericht zu entscheiden und auch inzwischen durch ergangene Schiedssprüche entschieden. In der Sache geht es um die Frage, ob die Bekl. verpflichtet war, die Kl. als Eigentümerin von Ferienhäusern im Freizeitpark F mit Strom, Wasser und Gas zu versorgen. Durch einstweilige Verfügung erwirkten die Kl. vor dem LG die Verpflichtung der Bekl. zur Versorgung. Das Hauptverfahren wurde eingeleitet. Aufgrund der zwischen den Parteien vereinbarten Versorgungsbedingungen bestand eine Schiedsgerichtsklausel. In dem durchgeführten Schiedsgerichtsverfahren hat das Schiedsgericht erkannt, daß keine Verpflichtung der Bekl. zur Versorgung der Kl. bestand. Die Bekl. hat die Schiedssprüche bei dem AG niedergelegt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Das BerGer. hat die Einreden der Bekl. verworfen. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet. Der Zulässigkeit der Klage steht weder die Einrede der durch Schiedsspruch rechtskräftig entschiedenen Sache noch die Einrede des Schiedsvertrages entgegen.

I. 1. Die Erfüllung der in § 1039 ZPO festgelegten förmlichen Erfordernisse der Unterzeichnung, Zustellung und Niederlegung des Schiedsspruchs bilden Voraussetzungen dafür, daß der Schiedsspruch unter den Parteien nach § 1040 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils erlangt (Senat, NJW 1980, 1284 = LM § 1039 ZPO Nr. 4 m. w. Nachw.; vgl. auch BGHZ 55, 513 (316) = NJW 1971, 755; BGHZ 85, 288 (290) = NJW 1983, 867).

2. Nach den vom BerGer. getroffenen Feststellungen sind die Schiedssprüche, auf die sich die Bekl. beruft, nicht bei dem zuständigen Gericht niedergelegt und damit nicht wirksam geworden.

a) Die Niederlegung bei dem zuständigen Gericht bildet entgegen der Meinung der Revision trotz der den Parteien in § 1045 ZPO eingeräumten Möglichkeit, dieses Gericht im Schiedsvertrag zu bestimmen, im öffentlichen Interesse eine für die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs unabdingbare Voraussetzung. Sie verbürgt zusammen mit der Erfüllung der übrigen in § 1039 ZPO genannten Erfordernisse in geeigneter Weise die Authentizität des Schiedsspruchs und den förmlichen Abschluß des Verfahrens (Hahn, ZPO, 2. Aufl. (1881), 1. Abt., S. 495). Die Niederlegung dient der Rechtssicherheit und einer geordneten Rechtspflege. Sie ist deshalb der Disposition der Parteien schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur zugänglich, soweit es um die Wahl des zuständigen Gerichts geht und zwar nicht nur wegen der Funktion des Schiedsspruchs als Grundlage einer Vollstreckbarerklärung oder eines Aufhebungsverfahrens (Senat, NJW 1980, 1284 = LM § 1039 ZPO Nr. 4), sondern auch für die hier wesentliche Frage nach der Begründung der Rechtskraft des Schiedsspruchs, da das öffentliche Interesse an ihrer einwandfreien Feststellbarkeit nicht geringer zu veranschlagen ist.

b) Nach den Feststellungen des BerGer. haben die Parteien die Zuständigkeit des AG K. für die Niederlegung der Schiedssprüche nicht in einem Schiedsvertrag vereinbart. Auf die Rüge der Revision, das BerGer. habe verkannt, daß es aus mehreren Gründen zu einer Schiedsgerichtsvereinbarung gekommen sei, braucht in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen zu werden, da die von der Bekl. vorgelegten Urkunden nicht ergeben, daß die Zuständigkeit des AG K. für die Niederlegung eines Schiedsspruchs wirksam vereinbart worden ist. Der einzige darauf hindeutende „Gesellschafterbeschluß" läßt weder erkennen, wer diesen Beschluß gefaßt hat und wann dies gewesen ist, noch aus welchen Gründen er gegenüber den Kl. wirken soll. Die dadurch angeblich geänderte Schiedsgerichtsvereinbarung ist weder datiert noch unterschrieben. Nach ihrem § 17 wirkt ihre Unterzeichnung durch die Bekl. gleichzeitig für und gegen alle übrigen, auch künftigen Abnehmer. Diese Unterzeichnung ist damit zur Wirksamkeitsvoraussetzung gemacht worden. Da die Bekl. nicht behauptet, daß sie diese Vereinbarung unterzeichnet habe, ergibt sich schon aus ihrem eigenen Vorbringen, daß diese Vereinbarung nicht wirksam geworden ist. Es kann daher dahinstehen, ob ihre Wirksamkeit gegenüber den Kl. auf diese Weise überhaupt hätte begründet werden können. Der Rüge der Revision, das BerGer. hätte dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Bekl. nachgehen müssen, daß ein solcher Gesellschafterbeschluß gefaßt worden sei, geht unter diesen Umständen ins Leere.

c) Mangels einer Vereinbarung über die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts für die Niederlegung von Schiedssprüchen ist nach § 1045 ZPO das Gericht für die Niederlegung zuständig, das für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs zuständig war. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. ist dies jedenfalls nicht das AG K.

d) Eine etwa von dem Gericht, bei dem der Schiedsspruch niedergelegt werden soll, angestellte Prüfung seiner Zuständigkeit kann das Prozeßgericht nicht binden. Das BerGer. hat dazu rechtsbedenkenfrei darauf hingewiesen, daß dasjenige Gericht, bei dem ein Schiedsspruch niedergelegt werden soll, seine Zuständigkeit nicht prüfen muß (Wieczorek-Schütze, ZPO, 2. Aufl., § 1039 Anm. C III d) und dies häufig mindestens nicht abschließend tun kann, da seine Zuständigkeit in erster Linie aus einer dahingehenden Vereinbarung im Schiedsvertrag folgt, der nach § 1039 ZPO bei der Niederlegung nicht vorgelegt zu werden braucht. Auch hier war nach den Feststellungen des BerGer. eine die Zuständigkeit des AG K. für die Niederlegung ergebende Vereinbarung nicht vorgelegt worden.

e) Dieser Mangel der Niederlegung ist auch nicht geheilt worden. Bei einem Gericht zur Niederlegung eingereichte Urkunden können auf Antrag der Schiedsrichter an das zuständige Gericht weitergegeben werden (Schlosser-Stein-Jonas, ZPO, 20. Aufl., § 1039 Rdnr. 10; Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., S. 151). Einen solchen Antrag hat jedoch die Bekl. trotz der Hinweise des BerGer. in seinem Auflagenbeschluß vom 10. 10. 1983 nicht gestellt und die Schiedssprüche auch nicht bei einem dafür zuständigen Gericht hinterlegt.

II. Auch die Einrede des Schiedsvertrages ist nicht begründet. Nach den Feststellungen des BerGer. ist zwischen den Parteien ein Schiedsvertrag nicht zustandegekommen. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision greifen nicht durch. (Wird ausführlich begründet.)

1. a) b) Nach § 1027 I 2 ZPO wird der Mangel der Form des Schiedsvertrages durch die Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß die Kl. sich vor einem der Schiedsgerichte rügelos eingelassen haben.

2. Entgegen der Meinung der Revision hat das BerGer. die Anwendung von § 1048 ZPO ohne Rechtsirrtum abgelehnt. Bei den Versorgungsbedingungen handelt es sich weder um Satzungen einer juristischen Person noch um die eines nicht rechtsfähigen Vereins. Die Parteien standen einander als Lieferer oder Vermittler einerseits und als Abnehmer andererseits gegenüber, nicht aber als Mitglieder eines körperschaftlich organisierten Verbandes, der unter gemeinsamem Namen einen gemeinsamen Zweck verfolgt (vgl. dazu Senat, NJW 1980, 1049).

III. Da sich das BerGer. darauf beschränkt hat, in abgesonderter Verhandlung (§ 280 ZPO) nur über die zwei von der Bekl. erhobenen prozessualen Einreden zu entscheiden, ist die Sache dem Senat nur im Umfang dieses Zwischenstreits angefallen (BGHZ 27, 15 (26 ff.) = NJW 1958, 747; Rosenberg-Schwab, ZivilprozeßR, 13. Aufl., S. 317; Zöller-Schneider, ZPO, 14. Aufl., § 538 Rdnr. 9). Es braucht nicht weiter darauf eingegangen zu werden, wie es sich verhielte, wenn das BerGer. über Einreden entschieden hätte, die erst nach Prüfung vorrangiger prozessualer Fragen hätten behandelt werden dürfen (BGHZ 27, 15 (29) = NJW 1958, 747 m. w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn die Frage, ob der Zulässigkeit der Klage die Einreden der Rechtskraftwirkung eines Schiedsspruchs und des Schiedsvertrages entgegenstehen, sind vor der möglicherweise hier aufgeworfenen Frage zu prüfen, ob der Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

ZPO §§ 280, 1039