Herabgesetzte wöchentliche Arbeitszeit um 5 Stunden aus wirtschaftlichen Gründen

Gericht

LAG Mecklenburg-Vorpommern


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

25. 05. 2004


Aktenzeichen

5 Sa 383/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Entscheidung, die Arbeitszeit von 35 auf 30 Wochenstunden zu reduzieren (hier: Weiterverarbeitung) ist eine auf die Arbeitsorganisation bezogene unternehmerische Entscheidung, die von den Gerichten für Arbeitssachen bei der Prüfung des Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit zugrunde zu legen ist. Dass der Unternehmer sein Betriebsergebnis durch Senkung der Arbeitskosten auszugleichen sucht, ist dabei angesichts der durch die wirtschaftliche Lage der Branche entstandenen Lage des Unternehmens weder willkürlich noch sachfremd.

  2. Fallen die unternehmerische Entscheidung zur Arbeitszeitsenkung und die daraus zu ziehende Konsequenz einer Änderungskündigung praktisch zusammen, müssen die Gerichte für Arbeitssachen ausnahmsweise prüfen, ob die unternehmerische Entscheidung auf Dauer angelegt ist. Das ist jedenfalls der Fall, wenn sich die neue Arbeitszeitstruktur über einen Zeitraum von mindestens 10 Monaten als belastbar herausgestellt hat, ohne dass es zu Neueinstellungen oder Stundenerhöhungen gekommen ist.

  3. Ein als notwendig erachteter Personalabbau darf nicht dazu führen, dass die verbleibenden Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage sind, die vom Arbeitgeber gewünschte Arbeitsleistung überhaupt abzudecken. Können gelegentlich anfallende Überstunden ohne Weiteres durch Freizeit an anderen Tagen ausgeglichen werden, deutet dies auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeitskräften und Arbeitskräftebedarf hin.

  4. Eine Änderungskündigung eines Vertragsverhältnisses ist unwirksam, solange der Arbeitgeber nicht zuvor versucht hat, mit dem Arbeitnehmer zu einer einverständlichen Änderung der Vertragsbedingungen zu kommen. Dem ultima ratio-Prinzip ist aber genügt, wenn der Arbeitgeber allen betroffenen Arbeitnehmern im Vorfeld anbot, die Arbeitsverhältnisse freiwillig einvernehmlich abzuändern.

  5. Die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung kann nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, der Anspruch einiger Beendigungskündigungen hätte den Kläger als milderes Mittel nicht betroffen. Insoweit gilt ein kollektiver Maßstab, demzufolge es weniger entscheidend ist, wenn alle Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz behalten können und lediglich Einschnitte bei den Verdienstmöglichkeiten hinnehmen müssen.

  6. Es bleibt offen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, kollektive Regelungsoptionen zur Vermeidung individualrechtlicher Kündigungen zu ergreifen. Dem ultima ratio-Prinzip ist jedenfalls dann genügt, wenn der Arbeitgeber keine kollektive Alternative zum Ausspruch der (Änderungs-) Kündigungen hatte, weil sich der Betriebsrat weigerte, die Arbeitszeitsenkung im vom Arbeitgeber vorgegebenen Rahmen kollektivrechtlich abzusichern.

  7. Die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG beschränkt sich auf Fragen der „vorübergehenden Verlängerung oder Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit“. Dies ist im Wesentlichen Kurzarbeit, die für einen überschaubaren Zeitpunkt zur Entbindung von der Arbeitspflicht bzw. zur Reduzierung der Arbeitszeit führt, nicht aber die Senkung der Arbeitszeit für mindestens mehrere Jahre.

  8. Regelt ein Tarifvertrag eine 35-Stunden-Woche, so soll dies Arbeitnehmer davor schützen, regelmäßig mehr als 35 Stunden pro Woche arbeiten zu müssen. Eine Aussage, ob alle Arbeitnehmer gleichzeitig nur Verträge mit mindestens 35 Wochenstunden bekommen müssen, ist darin nicht enthalten. Vielmehr haben die Arbeitsvertragsparteien unterhalb dieser regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit die Freiheit, Regelungen nach ihrem Gutdünken zu treffen (Teilzeit).

  9. Eine Bearbeitungsstation setzt zwingend voraus, dass in der Station das Pro-dukt bearbeitet wird; an ihrem Ende muss das Produkt einen anderen Bearbeitungsgrad erreicht haben als zu Beginn der Station (im Anschluss an BAG, AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge Druckindustrie). Damit scheiden hochautomatisierte Transportbänder (hier: Newsgrip) und Zwischenlagerungseinheiten (hier: Printrollsystem) als Bearbeitungsstation im tariflichen Sinne aus, da ihre Anwendung den Verarbeitungsgrad des zugrundeliegenden Produkts unverändert lässt.

  10. In den für die Druckindustrie geltenden Tarifverträgen setzen sowohl Lohngruppe VI als auch Lohngruppe VII, die Spitzenlohngruppe für Arbeitnehmer in Ausbildungsberufen, zwingend eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung voraus (im Anschluss an BAG, AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge Druckindustrie). Die Ausbildung als Kfz-Schlosser und Meister für landtechnische Instandsetzungen ist in diesem Sinne nicht einschlägig.

Tenor

  1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

  2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand


Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

Ausnahmsweise kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde gemäß § 72a ArbGG angefochten werden,

1.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichtes oder eines anderen Landesarbeitsgerichtes abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder

2.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und außerdem Rechtsstreitigkeiten betrifft

  1. zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,

  2. über die Auslegung eines Tarifvertrages, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichtes hinaus erstreckt, oder

  3. zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt.

Die Beschwerde muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils beim

Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Telefax: 0361/26 36 - 20 00

eingelegt werden und ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu begründen.


Hinweis: Das Bundesarbeitsgericht bittet die Beschwerdeschrift, die Beschwerdebegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze im Beschwerdeverfahren in siebenfacher Ausfertigung (und für jeden weiteren Beteiligten eine zusätzliche Ausfertigung) bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.


Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung, mit der der beklagte Arbeitgeber das Ziel verfolgt, den vollbeschäftigten Arbeitnehmer (35-Stunden-Woche nach Tarifvertrag Druckindustrie seit 01.01.2003) zukünftig auf Teilzeitbasis (30-Stunden-Woche) zu beschäftigen. Der Kläger hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen. Außerdem streiten die Parteien um die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.

Die Kündigung ist Teil eines Sanierungskonzeptes der Beklagten. Von den 340 Arbeitnehmern der Beklagten sollen 127 Arbeitnehmer auf je fünf Stunden Arbeitszeit verzichten. Annähernd 70 Prozent der Betroffenen haben freiwillig Änderungsverträge abgeschlossen. Bei den übrigen - unter anderem bei dem Kläger - ist es zu Änderungskündigungen gekommen.

Streitig ist sowohl der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit als auch die Sozialauswahl und die Betriebsratsbeteiligung. Außerdem macht der Kläger geltend, die Kündigung verstoße gegen das ultima-ratio-Prinzip, denn die Beklagte hätte ihr Ziel der Kostenreduzierung auch durch eine kollektive Regelung per Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat erreichen können, da der einschlägige Tarifvertrag eine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeitabsenkung vorsehe.

Der Kläger ist als Maschinenführer (Maschinenbediener) in der Weiterverarbeitung tätig. Die Weiterverarbeitung besteht bei der Beklagten aus zwei parallel arbeitenden Weiterverarbeitungsstraßen, die beide gleich aufgebaut sind.

Über den newsgrip, einem Transportband, werden die Rotationsprodukte der Abteilung Weiterverarbeitung zugeführt. Das Transportband führt im Regelfall zum newsliner. Am newsliner wird die aus der Rotation übernommene Zeitung maschinell geöffnet und kann nun mit weiteren Produkten (vorproduzierten Seiten, Beilagen, Prospekten etc.) aufgefüllt werden. Die anzulegenden Produkte werden dem newsliner durch sogenannte Anleger an Anlegerstationen automatisch zugeführt. Die angereicherte Zeitung wird am Ende des newsliner zur Verpackungseinheit transportiert. Dort werden die einzelnen Zeitungen automatisch kreuzgelegt und zu Paketen je 40 Exemplaren zusammengestellt. Dabei wird als Schutz gegen Schmutz ein Unterbogen unterlegt, das Paket verschnürt und gegebenenfalls noch in Folie verschweißt. Einzelne Pakete, die später oben auf den Paletten liegen, werden sodann noch mit bedruckten Deckblättern mit Adressinformationen versehen.

Die Pakete werden rechnergesteuert auf vier Bänder verteilt, von wo sie von Hand in der Halle oder im LKW zu Paletten zusammengestellt werden.

Zu dem geschilderten regelmäßigen Ablauf der Produktion im Bereich der Weiterverarbeitung gibt es insbesondere an der Schnittstelle zwischen newsgrip und newsliner diverse Variationsmöglichkeiten. Insbesondere kann der Produktionsausstoß aus der Rotation durch Aufrollen auf printroller gepuffert werden. Der volle printroller wird später dann zum Abrollen an den newsliner angelegt. Ein printroller kann aber nicht nur zur Pufferung zwischen Produktion und Weiterverarbeitung eingesetzt werden. Vielmehr kann er auch gezielt mit Halbfertigprodukten oder Prospekten bestückt werden, in diesem Falle wird er über die Anleger für Beilagen etc. abgerollt. Technisch ist es sogar möglich, was in der Praxis allerdings selten vorkommt, den newsgrip so zu steuern, dass er die Produkte aus der Rotation unter Umgehung des newsliners direkt der Verpackungseinheit zuführt.

In der Abteilung Weiterverarbeitung wird an sechs Tagen in der Woche rund um die Uhr gearbeitet (Frühschicht, Spätschicht und doppelt besetzte Nachtschicht). Jede Schicht ist mit zwei Maschinenführern in der Position des Klägers für jeweils newsliner und Verpackungseinheit sowie einem weiteren Bediener am Printrollsystem besetzt. Dazu kommen je nach Bedarf ein bis acht Hilfskräfte, die bei der Palettierung eingesetzt werden oder auch manuell Beilagen am newsliner einlegen. In der Überwachung der Weiterverarbeitung sind zwei Meister und ein Schichtleiter eingesetzt. Der Schichtleiter ist nicht nur für die Weiterverarbeitung sondern auch für den Bereich des Postversandes zuständig.

In der Praxis ist der Meister nicht ständig in der Abteilung anwesend; vielmehr überträgt er viele Einzelaufgaben auf den Kläger oder andere Maschinenführer (Einweisung neuen Hilfspersonals, Einarbeitung von Bedienern des printrollsystems, Überwachung des Zusammenspiels der Maschineneinheiten).

Der Kläger und sein Kollege wechseln sich wöchentlich an ihren Arbeitsplätzen ab, so dass der Kläger eine Woche newsliner bedient und eine Woche darauf dann die Verpackungseinheit. Ein Überordnungs- oder Unterordnungsverhältnis zwischen den beiden Maschinenführern gibt es nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten und wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz nebst den dort gestellten Anträgen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die tatsächlichen Feststellungen im arbeitsgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.07.2003 insgesamt abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 02.09.2003 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 11.09.2003 ist am 17.09.2003 beim Landesarbeitsgericht per Fax eingegangen. Auf Grund eines Antrages, der per Fax bei Gericht am 28.10.2003 eingegangen war, ist die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 2. Dezember 2003 verlängert worden. Der Kläger hat sodann seine Berufung mit Schriftsatz vom 27.11.2003, Gerichtseingang am selben Tag, begründet.

Der Kläger meint, die von der Beklagten vorgetragenen Umstände, die ihre unternehmerische Entscheidung zur Reduzierung der Belegschaft rechtfertigen sollen, ließen die gewünschten Schlüsse nicht zu. Bis heute sei es nicht klar, weshalb die Reduzierung gerade im Umfang von fünf Stunden erfolgen musste und nicht etwa im Umfang von drei oder zwei Stunden pro Woche.

Außerdem würden inzwischen strukturell Überstunden insbesondere bei den Schichtleitern anfallen.

Der Kläger vertritt weiter den Standpunkt, die Beklagte hätte eine Sozialauswahl durchführen müssen. Auch die Betriebsratsanhörung sei mängelbehaft, da auch dem Betriebsrat nicht verdeutlicht wurde, weshalb es zur Arbeitszeitreduzierung gerade im vorgesehenen Umfang kommen müsse und weshalb einzelne Arbeitnehmergruppen von der Arbeitszeitreduzierung ausgenommen worden seien.

Die Kündigung sei aber auch tarifwidrig. Die Änderungskündigung sei Teil eines umfangreichen Konzeptes zur Einführung von Teilzeitarbeit und müsse daher als kollektive Maßnahme begriffen werden. Als kollektive Maßnahme verstoße sie gegen den Tarifvertrag, da die Leitbildfunktion des Normalarbeitsverhältnisses mit der 35-Stunden-Woche missachtet werde.

Aber selbst dann, wenn die Kündigungswelle nicht gegen den Tarifvertrag oder Tarifrecht verstoße, sei die angegriffene Kündigung dennoch rechtswidrig, da es kollektive mildere Mittel gegeben hätte, deren Anwendung die Kündigung überflüssig gemacht hätte. Denn die Beklagte hätte - wie vom Betriebsrat angeboten - eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitreduzierung abschließen können.

Zu seiner Eingruppierung behauptet der Kläger, ihm obliege die Gesamtverantwortung für die gesamte Weiterverarbeitungsstraße; der Meister schaue immer nur kurz vorbei und sage dann sinngemäß: "So, ab jetzt hast du den Hut auf."

Der Kläger beantragt sinngemäß unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

  1. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 29.01.2003 sozial nicht gerechtfertigt ist,

  2. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 30.06.2003 hinaus zu unveränderten Bedingungen auf dem selben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen,

  3. festzustellen, dass der Kläger von der Beklagten nach der Lohngruppe VII des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik zu vergüten ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der gerichtlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die dem Streitgegenstand und der Beschwer nach ohne weiteres statthafte Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, ist in keinem Punkt begründet.


I.

Das Arbeitsgericht hat die Änderungskündigungschutzklage zu Recht abgewiesen.

Die streitgegenständliche Änderungskündigung vom 29.01.2003 (Blatt 6) ist wirksam. Sie hat in Verbindung mit der Vorbehaltsannahme des Klägers dazu geführt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.07.2003 nur noch ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer 30-Stunden-Woche besteht.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichtes Bezug genommen.

Die Berufungsrügen rechtfertigen eine Abänderung des Urteils nicht. Im Einzelnen ist auf Folgendes hinzuweisen.

1. Die streitgegenständliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt.

a) Die Beklagte hatte einen betriebsbedingten Anlass, das Arbeitsverhältnis des Klägers, notfalls mit Kündigung, anzupassen.

Der Kläger ist als Maschinenführer im Bereich der Weiterverarbeitung tätig.

Die Beklagte hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, im Bereich der Weiterverarbeitung die Arbeitszeit von 35 auf 30 Wochenstunden zu reduzieren. Dies ist eine auf die Arbeitsorganisation bezogene Entscheidung, die von den Gerichten für Arbeitssachen bei der Prüfung des Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit zu Grunde zu legen ist. Durch die Entscheidung zur Arbeitszeitreduzierung ist im Umfang der Reduzierung die weitere Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger unmittelbar entfallen.

Es besteht kein ausreichender Anlass, sich über die untemehmerische Entscheidung zur Arbeitszeitreduzierung hinwegzusetzen.

Angesichts der durch die wirtschaftliche Lage der Branche entstandenen Schieflage des Unternehmens ist es weder als willkürlich noch als sachfremd anzusehen, wenn der Unternehmer sein Betriebsergebnis durch Senkung der Arbeitskosten auszugleichen sucht.

Da vorliegend allerdings die untemehmerische Entscheidung zur Arbeitszeitabsenkung und die daraus zu ziehende Konsequenz der Änderungskündigung praktisch zusammenfallen, muss das Arbeitsgericht ausnahmsweise auch prüfen, ob die unternehmerische Entscheidung auf Dauer angelegt ist.

Davon ist hier ohne weiteres auszugehen. Wegen der wirtschaftlichen Schieflage wäre es betriebswirtschaftlich widersinnig, alsbald nach Beendigung der Kündigungsschutzprozesse die Arbeitszeit wieder hochzusetzen oder gar Neueinstellungen vorzunehmen.

Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die in der Weiterverarbeitung anfallende Arbeit auf Grund der Stundenreduzierung nicht mehr ohne Überforderung erledigt werden kann. Im Gegenteil, die weitere Entwicklung der Arbeit in dieser Abteilung zeigt, dass die Prognose der Arbeitgeberin zum erforderlichen Arbeitskräftebedarf zutreffend war. Denn es fallen zwar bei den von der Stundenreduzierung betroffenen Arbeitnehmern gelegentlich Überstunden an, diese können jedoch ohne weiteres durch Freizeitgewährung an anderen Tagen ausgeglichen werden. Dies deutet auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen vorhandenen Arbeitskräften und dem Arbeitskräftebedarf hin.

Das Gericht hat ergänzend noch berücksichtigt, dass bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht es nicht zu Neueinstellungen oder Stundenerhöhungen im Bereich des Klägers gekommen ist. Damit hat sich die neue Arbeitszeitstruktur über einen Zeitraum von mindestens 10 Monaten als belastbar herausgestellt. Das bestätigt indirekt, dass die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung den Arbeitskräfteüberhang nicht zu hoch eingeschätzt hatte.

In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob die klägerische Behauptung zutrifft, im Bereich des bei ihm eingesetzten Hilfspersonals sei die Arbeit angewachsen und man setze inzwischen auch mehr Arbeitnehmer dort ein. Denn ein vermehrter Arbeitsanfall bei der Palettierung lässt keinen Rückschluss auf einen vermehrten Arbeitsanfall an den Arbeitsplätzen der Maschinenführer in der Weiterverarbeitung zu. Die von der Beklagten in der Weiterverarbeitung eingesetzten Maschinen arbeiten weit jenseits ihres maximal denkbaren Auslastungsgrades. Erhöht sich die Produktion, mag es bei der Palettierung zur Mehrarbeit kommen, an den Arbeitsplätzen der Maschinenführer der Weiterverarbeitung würde sich daraus jedoch keine messbare Mehrbelastung ergeben.

b) Die Beklagte kann auch nicht auf die vom Betriebsrat vorgeschlagene Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitreduzierung als mildere Alternative zur Kündigung verwiesen werden. Ein Verstoß gegen das ultima-ratio-Prinzip kann nicht festgestellt werden.

aa) Es kann dabei weitgehend offen bleiben, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ein Arbeitgeber überhaupt verpflichtet sein mag, kollektive Regelungsoptionen zur Vermeidung von individualrechtlichen Kündigungen zu ergreifen. Denn vorliegend muss festgestellt werden, dass der Arbeitgeber gar keine kollektive Alternative zum Ausspruch der vielen Änderungskündigungen gehabt hatte.

Durch das ultima-ratio-Prinzip werden die Ziele, die der Arbeitgeber verfolgt, nicht in Frage gestellt. Eine Kündigung verstößt daher nur dann gegen das ultima-ratio-Prinzip, wenn der Arbeitgeber seine Ziele mit anderen Mitteln, die für die Belegschaft milder sind, ebenso durchsetzen könnte. Das alternative Mittel muss aber ebenso geeignet zur Zieldurchsetzung sein, wie das vom Arbeitgeber bevorzugte Mittel.

Da der Betriebsrat sich trotz langwieriger und intensiver Verhandlung seitens des Arbeitgebers geweigert hatte, die Arbeitszeitabsenkung im vom Arbeitgeber vorgegebenen Rahmen kollektivrechtlich abzusichern, gab es für den Arbeitgeber letztlich keine Alternative zu den vielen Änderungskündigungen. Der Betriebsrat hat hier offensichtlich seine Einflussmöglichkeiten falsch eingeschätzt und hat Schwerpunkte auf Forderungen gesetzt, die der Arbeitgeber auch ohne Betriebsvereinbarung und damit ohne Zustimmung des Betriebsrates durch die Änderungskündigungen durchsetzen kann.

Es kann auch offen bleiben, ob der Arbeitgeber zur Durchsetzung seiner Vorstellungen auf kollektiver Ebene gezwungen werden könnte, den Betriebsrat zu seinem Glück mit Hilfe der Einigungsstelle zu zwingen. Denn vorliegend handelt es sich um einen Bereich der freiwilligen Mitbestimmung, in dem die Einigungsstelle gar keine verbindliche Entscheidung hätte fällen können. Die Mitbestimmung des Betriebsrates besteht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz nur bei Fragen der "vorübergehenden Verlängerung oder Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit". Darunter hat man bis heute stets im Wesentlichen nur die Kurzarbeit verstanden, die für einen überschaubaren Zeitraum zur Entbindung von der Arbeitspflicht bzw. zur Reduzierung der Arbeitszeit führt. Im vorliegenden Falle hätte die Betriebsvereinbarung die Arbeitszeit für mindestens mehrere Jahre absenken müssen. Dies dürfte vom Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz nicht mehr umfasst sein.

bb) In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass das Bundesarbeitsgericht das ultimaratio-Prinzip auch noch in einer anderen Richtung auslegt. So soll die Änderungskündigung eines Vertragsverhältnisses unwirksam sein, so lange der Arbeitgeber nicht zuvor versucht hat, mit dem Arbeitnehmer zu einer einverständlichen Abänderung der Vertragsbedingungen durch Abänderungsvertrag zu kommen. Auch insoweit kann vorliegend kein Verstoß gegen das ultimaratio-Prinzip festgestellt werden, da - das hat das Arbeitsgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes festgehalten - allen betroffenen Arbeitnehmern im Vorfeld angeboten wurde, die Arbeitsverhältnisse freiwillig einvernehmlich abzuändern.

cc) Der Kläger kann die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung nicht mit dem Argument in Frage stellen, der Ausspruch einiger Beendigungskündigungen wäre für ihn das mildere Mittel gewesen, da er von einer solchen Kündigung nicht betroffen gewesen wäre.

Zum einen ist es spekulativ, ob der Kläger von einer Beendigungskündigung verschont geblieben wäre. Zum anderen muss bei der Bewertung ein kollektiver Maßstab angelegt werden. In diesem Sinne ist es weniger einschneidend, wenn alle Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz behalten können und es lediglich Einschnitte bei den Verdienstmöglichkeiten gibt.

c) Die soziale Rechtfertigung der streitgegenständlichen Änderungskündigung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beklagte keine Sozialauswahl durchgeführt hat. Der Kläger hat keine Person benannt, der an seiner Stelle hätte die Kündigung ausgesprochen werden müssen.

d) Die Kündigung, die in der Änderungskündigung enthalten ist, ist damit sozial gerechtfertigt.

Die dem Kläger angebotenen Veränderungen sind auch zumutbar. Da der Kläger diesen Aspekt im Berufungsrechtszug nicht mehr gerügt hat, kann auf die zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichtes Bezug genommen werden.

2. Die Kündigung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

a) Die Kündigung ist nicht wegen § 102 Betriebsverfassungsgesetz unwirksam.

Der Kläger rügt insoweit eine mangelhafte Unterrichtung des Betriebsrates. Dem vermag sich das Gericht nicht anzuschließen.

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat lediglich die Informationen übermitteln, die für seinen Kündigungsentschluss maßgebend waren. Das hat die Beklagte hier getan. Dem Betriebsrat wurde auszugsweise der Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgelegt, so dass er die betriebswirtschaftlichen Hintergründe der Arbeitszeitreduzierung kannte. Aus der Massenentlassungsanzeige gegenüber dem Arbeitsamt, bei der der Betriebsrat dem Gesetz entsprechend beteiligt war, kannte er die Namen und sozialen Grunddaten der betroffenen Arbeitnehmer, unter anderem des Klägers. Aus den Anlagen, die die Beklagte mit ihrem Anhörungsschreiben vom 15. Januar 2003 übermittelte (Anzeigenentwicklung, Auflagenentwicklung, Papiereinsatz in Tonnen) konnte der Betriebsrat auch ermessen, aus welchen Gründen der Arbeitgeber gerade im Bereich der Weiterverarbeitung einen Arbeitskräfteüberhang vermutet. Aus der Antwort des Betriebsrates vom 24. Januar 2003 kann im Übrigen geschlossen werden, dass der Betriebsrat über weitere Fragen, die auch im vorliegenden Rechtsstreit eine Rolle gespielt haben (ultima-ratio-Prinzip, Sozialauswahl), bestens unterrichtet war.

Das Bundesarbeitsgericht hat ganz bewusst den Unterrichtungsumfang im Rahmen der Anhörung zur Kündigung auf das beschränkt, was für den Arbeitgeber wesentlich ist. Daher ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, über die Dinge zu unterrichten, die er nicht vor hat zu tun. Daher bestand auch kein Zwang für die Beklagte, dem Betriebsrat im Rahmen von § 102 Betriebsverfassungsgesetz darüber zu informieren, weshalb er nicht eine Arbeitszeitabsenkung bei weiteren Arbeitnehmergruppen vornehmen wollte. Im Weiteren ist er nicht dazu verpflichtet, dem Betriebsrat darüber zu informieren, weshalb er nicht die Arbeitszeit lediglich auf 32 oder 33 Stunden pro Woche reduziert hat. Vielmehr hat er sich vorgenommen, die Arbeitszeit um fünf Stunden zu reduzieren und hat die Informationen dem Betriebsrat vorgelegt, die zum Nachvollzug dieser Entscheidung erforderlich sind.

b) Die Kündigung ist auch nicht wegen Verstoß gegen die Arbeitszeitregelungen aus dem Tarifvertrag unwirksam. Wenn der Tarifvertrag eine 35-Stunden-Woche vorsieht, so soll der Tarifvertrag die Arbeitnehmer davor schützen, regelmäßig mehr als 35 Stunden pro Woche arbeiten zu müssen. Der Tarifvertrag enthält jedoch keine Aussage dazu, ob alle Arbeitnehmer gleichzeitig nur Verträge mit mindestens 35 Stunden pro Woche bekommen müssen. Vielmehr haben die Arbeitsvertragsparteien unterhalb der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit die Freiheit, Regelungen nach ihrem Gutdünken zu treffen (Teilzeit). Da die Änderungskündigung eine einvernehmliche Vertragsänderung erzwingen soll, ist die Gestaltungsfreiheit auch im Falle einer Änderungskündigung tariflich nicht eingeschränkt.


II.

Da die Kündigung das Arbeitsverhältnis abgeändert hat, ist auch der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers unbegründet.


III.

Das Arbeitsgericht hat auch die Eingruppierungsklage zutreffend abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes Bezug genommen werden. Die Berufungsrügen rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht.

Der Kläger begehrt die Eingruppierung in die Lohngruppe VII des Lohnrahmentarifvertrages der Druckindustrie (LRTV). Wegen der beiderseitigen Tarifbindung der Parteien kann der Kläger sich dem Grunde nach auf Rechte aus dem Tarifvertrag berufen. Die begehrte Eingruppierung steht ihm dennoch nicht zu.

1. In § 4 LRTV heißt es zur Eingruppierung allgemein:

  1. Jeder Arbeitnehmer ist auf Grund der von ihm vertraglich auszuübenden bzw. ausgeübten Tätigkeit in eine der Lohngruppen des § 3 einzugruppieren. Für die Eingruppierung sind die abstrakten Merkmale entscheidend. Erweiterte Arbeitsaufgaben sind entsprechend zu berücksichtigen.

  2. Übt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten aus, die verschiedenen Lohngruppen zuzuordnen sind, erfolgt die Eingruppierung nach der überwiegenden Tätigkeit.

Die Lohngruppe VII hat folgenden Wortlaut:

"Tätigkeiten,
- die neben der abgeschlossenen Berufsausbildung zusätzliches Fachwissen erfordern, das über die Lohngruppe VI hinausgeht und durch eine Zusatzausbildung oder eine entsprechende Berufserfahrung erworben sein kann,
- die große bis sehr große Anforderungen an Aufmerksamkeit wie Genauigkeit/Konzentration und Denktätigkeit im Sinne zum Beispiel von Kombinieren, Koordinieren und Disponieren (Anforderungen an Umsicht, Abstraktionsvermögen oder Dispositionfähigkeit) stellen,
- die mit einer großen bis sehr großen Verantwortung für Betriebsmittel, eigene Arbeit und/oder Arbeit und Sicherheit anderer verbunden sind."

Die Tarifvertragsparteien haben die Anwendung des Lohngruppenverzeichnisses durch die Formulierung von Richtbeispielen zu vereinfachen versucht. Das Richtbeispiel, auf das sich der Kläger beruft, lautet:

  1. Verantwortliches Einrichten, Bedienen und Überwachen der Fertigung an Weiterverarbeitungsstraßen mit mehr als vier Bearbeitungsstationen, z.B Zusammentragen, Falzen, Heften, Kleben, Beschneiden, Einstecken, Beanschriften, Verpacken, Palettieren für Zeitungs-, Zeitschriften- und Katalogproduktion.

Zur Auslegung des obigen Richtbeispiels gibt es zwei "Protokollnotizen zur Liste der Arbeitsaufgaben", die wie folgt lauten:

  1. "Verpacken" in den Richtbeispielen IV/10, V/16, VII/5 und VII/13 bedeutet Kreuzlegen, Einschlagen, Verschnüren und/oder Einschweißen.

  2. alle Anlegestationen einer Zusammentrageeinheit einer Weiterverarbeitungsstraße gelten als eine Bearbeitungsstation "Zusammentragen" im Sinne der Richtbeispiele IV/10, VI/6, VII/5 und VII/13.

2. Die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen rechtfertigen eine bessere Eingruppierung als seine derzeitige in der Lohngruppe VI nicht.

a) Der Arbeitsplatz des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen des Richtbeispiels Nr. 5 zu Lohngruppe VII.

aa) Das Richtbeispiel bezieht sich auf Arbeitnehmer, die die Fertigung an Weiterverarbeitungsstraßen verantwortlich einrichten, bedienen und überwachen.

Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, dass es für jede Weiterverarbeitungsstraße nur einen Arbeitnehmer geben kann, der die Verantwortung trägt. Dieser Arbeitnehmer ist der Kläger nicht, denn er trägt nur Verantwortung für den ihm zugewiesenen Bereich der Weiterverarbeitungsstraße (entweder den newsliner oder die Verpackungseinheit).

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er im Alltag vom Meister die Verantwortung übertragen bekommt, rechtfertigt das eine andere Entscheidung nicht. Denn nach § 4 LRTV kommt es auf die vertraglich zugewiesene Position an und nicht auf eine möglicherweise davon abweichende informelle Praxis.

Im Übrigen konnte und wollte der Kläger mit seinem Vortrag auch nicht in Frage stellen, dass die Verantwortung für die Überwachung des Fertigungsprozesses im Zweifel auch zusätzlich noch beim Meister verblieben war. Dieser konnte die Verantwortung schon deshalb nicht umfassend auf den Kläger übertragen, weil der Kläger gegenüben dem weiteren Maschinenführer seiner Schicht gar keine Weisungsbefugnisse hat.

bb) Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, das Richtbeispiel Nr. 5 sei so auszulegen, dass jeder Arbeitnehmer, der einen Teilbereich der Fertigungsstraße verantwortlich bedient, einrichtet und überwacht, Anspruch auf die bessere Vergütung hat, bleibt die Klage unschlüssig.

Denn das Richtbeispiel setzt im Weiteren voraus, dass es sich um eine Weiterverarbeitungsstraße mit mehr als vier Bearbeitungsstationen handelt. Das ist in der Weiterverarbeitung der Beklagten nicht der Fall.

Mit dem Arbeitsgericht geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass es gesichert lediglich 2 Bearbeitungsstationen in der Weiterverarbeitung bei der Beklagten gibt. Es mag Zweifel geben, ob es vielleicht die eine oder die andere weitere Bearbeitungsstation gibt. Diese Zweifel brauchen jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, da es unter keinen denkbaren Umständen mehr als vier, also fünf Bearbeitungsstationen bei der Beklagten gibt.

(i) Das BAG hat zum Begriff der Bearbeitungsstation ausgeführt, eine solche setze zwingend voraus, dass in der Station das Produkt bearbeitet werde (vgl. BAG, Urteil vom 20.09.1995, AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge Druckindustrie = NZA-RR 1996, 380); am Ende der Bearbeitungstation muss das Produkt also einen anderen Bearbeitungsgrad erreicht haben, als zu Beginn der Station. Damit scheiden die hochautomatisierten Transportbänder (newsgrip) und auch die Zwischenlagerungseinheiten (printrollsystem) als Bearbeitungsstationen im tariflichen Sinne aus, denn ihre Anwendung lässt den Verarbeitungsgrad des zu Grunde liegenden Produktes unverändert.

Aus der Protokollnotiz Nr. 3 zur Liste der Arbeitsaufgaben ergibt sich sodann, dass alle Anlegestationen einer Zusammentrageeinheit als eine Bearbeitungsstation "Zusammentragen" anzusehen seien. Bei der Beklagten werden zwar nicht im klassischen Sinne Druckbögen zusammengetragen; vielmehr werden mit Hilfe der Anleger weitere Seiten oder Beilagen in die bereits gedruckte Zeitung eingelegt. Dennoch kann aus der Protokollnotiz Nr. 3 der allgemeine Gedanke entnommen werden, dass lediglich alle Anlegestationen einer Weiterverarbeitungsstraße insgesamt als eine Bearbeitungsstation zählen sollen.

Daraus folgt, dass die erste Bearbeitungsstation an der Weiterverarbeitungsstraße der newsliner mit all seinen Hilfsaggregaten ist.

(ii) Die zweite Bearbeitungseinheit ist die Verpackungseinheit. Das ist zwischen den Parteien unstreitig und wird hier nicht weiter ausgeführt.

(iii) Weitere Bearbeitungseinheiten sind nicht erkennbar.

Das im Richtbeispiel erwähnte Palettieren erfolgt bei der Beklagten von Hand. Es ist nicht Teil der Weiterbearbeitungsstraße.

Das vom Kläger hervorgehobene Bedrucken von Zetteln mit Adressinformationen und deren Befestigung an den Paketen kann nicht als einzelner Bearbeitungsschritt anerkannt werden. Der vom Kläger geschilderte Vorgang dient allein dazu, die Paletten zu dirigieren oder am Bestimmungsort der Paletten einzelne Pakete aus der Palette an die richtigen Empfänger zu dirigieren.

Das Beanschriften im tariflichen Sinne betrifft jedoch das Versehen der einzelnen Produkte mit Anschriften, so wie das beim Bezug von Zeitschriften im Abonnement üblich ist. Dies wird im Richtbeispiel schon daraus deutlich, dass die Beanschriftung vor der Verpackung erwähnt ist und die Bearbeitungsstationen ansonsten im Richtbeispiel alle chronologisch den Produktionsprozess beschreiben.

b) Der Kläger erfüllt auch nicht die allgemeinen Anforderungen der Lohngruppe VII.

Die Lohngruppe VII hebt sich doppelt aus der Lohngruppe V, die ihrerseits den Ecklohn für ausgelernte Mitarbeiter beschreibt, dar. Es handelt sich also um eine Spitzenlohngruppe für Arbeitnehmer in Ausbildungsberufen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzen sowohl die Lohngruppe VI als auch die Lohngruppe VII zwingend eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung voraus (BAG aaO). Der Kläger ist ausgebildeter KFZ-Schlosser und hat später noch den Meister für landtechnische Instandsetzung erworben. Damit fehlt ihm eine einschlägige Berufsausbildung im Sinne der Lohngruppe VII des LRTV der Druckindustrie.


IV.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da das eingelegte Rechtsmittel nicht erfolgreich war (§ 97 ZPO).

Zur Zulassung der Revision sieht das Gericht im vorliegenden Einzelfall keinen Anlass.


gez. Anuschek
gez. Wilms
gez. Groll

Vorinstanzen

ArbG SN, 1 Ca 370/03

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht