FOCUS ./. PDS-Bisky wegen unberechtigten Vorwurfs der Geschichtsfälschung (Leistungsklage)

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

11. 08. 2004


Aktenzeichen

9 O 5704/04


Tenor

  1. Der Beklagte wird unter Androhung eines Ordnunsgelds in Höhe von bis zu 250.000,-- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen

    in Bezug auf den Beitrag "Kirchen-Sprenger für PDS" in Focus Nr. 10/04, S. 16 zu behaupteten, und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, es handele sich um eine Geschichtsfälschung.

    1. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Angabe der Namen Auskunft darüber zu erteilen, an welche natürlichen oder juristischen Personen er die Pressedienst-Meldung "Der 'FOCUS' auf Abwegen" vom 02.03.2004, in der die Behauptung gemäß Ziffer I. enthalten war, verbreitet hat bzw. verbreiten lassen hat.

    2. Der Beklagte wird verurteilt, an alle sich aus der Auskunft gemäß Buchstabe a. ergebenden Empfänger der Pressedienst-Meldung vom 02.03.2004 folgende Erklärung zu verbreiten:

      "Widerruf

      In einer Pressemitteilung vom 02.03.2004 habe ich in Bezug auf einen Beitrag in der Focus-Ausgabe 10/2004 über die Beteiligung von Prof. Dr. Hans Lauter an der Sprengung der Leipziger Universitätskirche am 30. Mai 1968 behauptet, dieser Artikel stelle eine Geschichtsfälschung dar.

      Diese Behauptung widerrufe ich hiermit als unwahr.

      Lothar Bisky, Vorsitzender der PDS".

  2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- Euro

Tatbestand


Tatbestand:

Die Kläger machen gegenüber dem Beklagten presserechtliche Ansprüche auf Unterlassung sowie Auskunft und Widerruf geltend.

Die Klägerin zu 1) verlegt das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin "Focus". Der Kläger zu 2) ist Geschäftsführer der Klägerin zu 1) und Chefredakteur von "Focus". Der Kläger zu 3) ist Leipziger Focus-Korrespondent und als solcher im Impressum ausgewiesen.

In der Ausgabe 10/04 des "Focus" vom 01.03.2004 erschien auf Seite 16 ein Kurzartikel unter dem Titel "Kirchen-Sprenger für PDS". Thema des Kurzartikels ist die Entsendung von Hans Lauter in die am 23. Mai 2004 tagende Bundesversammlung durch die PDS. Über Lauter heißt es dort wörtlich:

"Das langjährige Mitglied der SED-Bezirksleitung Leipzig zählt zu den Hauptverantwortlichen für die Sprengung der Leipziger Universitätskirche am 30. Mai 1968. Lauter arbeitete den "Maßnahmeplan" zur öffentlichen Rechtfertigung der Kirchenzerstörung aus."

In der Ausgabe 11/04 des "Focus" wurde ausführlich über die Hintergründe berichtet.

Der Beklagte, amtierender Bundesvorsitzender der PDS, verfasste daraufhin eine Pressemitteilung, die er über den Pressedienst der PDS bundesweit verbreiten ließ und in der die streitgegenständliche Behauptung aufgestellt wurde. Wörtlich heißt es dort:

"Ich weise die Verunglimpfung von Hans Lauter durch den "Focus" entschieden zurück. Mit einer elenden Geschichtsfälschung, die mit Journalismus nichts zu tun hat, versucht das "Nachrichten"-magazin das Leben eines integren Mannes zu diskreditieren, der von den Nazis ins Zuchthaus geworfen wurde und sein ganzes Leben in den Dienst des Antifaschismus gestellt hat ... . Der Vorwurf des "Focus", Hans Lauter hätte 1968 einen Maßnahmeplan zur öffentlichen Rechtfertigung der Zerstörung der Universitätskirche ausgearbeitet, geht ins Leere. Hans Lauter wurde Anfang 1969 als Sekretär der Leipziger Bezirksleitung der SED gerade wegen seiner ablehnenden Haltung zur Sprengung der Kirche abgelöst."

Hans Lauter war zwischen 1960 und 1969 Sekretär der Bezirksleitung der SED für Wissenschaft, Volksbildung und Kultur. Als Leiter der ideologischen Kommission unterzeichnete er am 13. Januar 1964 einen als Anlage K 5 zu den Akten gereichten sogenannten "Maßnahmeplan", in dem die Öffentlichkeitsarbeit skizziert wurde, mit der für eine Beseitigung der im Krieg unversehrt gebliebenen Leipziger Universitätskirche geworben werden sollte. Ein entsprechender Beschluss wurde am 07. Mai 1968 vom Politbüro der SED gefasst und am 30. Mai 1968 durch die Sprengung der Leipziger Universitätskirche in die Tat umgesetzt. Mit Beschluss des Sekretariats der SED Bezirksleitung Leipzig vom 08. Januar 1969, der als Anlage K 11 zu den Akten gereicht wurde, wurde Hans Lauter von seiner Funktion als Sekretär der Bezirksleitung entbunden. In der Folge war er zunächst außerordentlicher Professor, 1974 dann ordentlicher Professor im marxistisch-leninistischen Grundlagenstudium der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt.

Die Kläger meinen, ihnen stünden die geltend gemachten Ansprüche zu.

obwohl sein Name im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Kurzartikel nicht genannt werde, sei neben der Klägerin zu 1) als Verlag und dem Kläger zu 2) a ls Chefredakteur von dem Vorwurf der Geschichtsfälschung auch der Kläger zu 3) betroffen. Es ergebe sich nämlich aus dem Impressum des Focus, dass er der einzige in Leipzig ansässige Focus-Korrespondent ist.

Im Übrigen handele es sich bei dem Vorwurf der Geschichtsfälschung um eine wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung, die geeignet sei, die Kläger in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Der Vorwurf der Geschichtsfälschung treffe jeden Journalisten im Kern seiner beruflichen Ehre; er treffe aber auch die Klägerin zu 1) als Zeitschriftenverlag in ihrem unmittelbaren Tätigkeitsbereich und beeinträchtige sie in ihrer sozialen Geltung als Wirtschaftsunternehmen.

Der Vorwurf der Geschichtsfälschung sei unbegründet, da in dem streitgegenständlichen Kurzartikel die historischen Abläufe richtig dargestellt seien. Hans Lauter sei tatsächlich zu den Hauptverantwortlichen der Sprengung der Leipziger Universitätskirche zu zählen, weil er die Entscheidung mitgetragen habe und an herausgehobener Stelle damit befasst gewesen sei, sie der Öffentlichkeit zu "verkaufen".

Soweit der Beklagte behauptet, Lauter habe gegen die Kirchensprengung opponiert und aus diesem Grunde sogar sein Amt verloren, sei dem entgegenzuhalten, dass Lauter selbst in einem im Mai 1999 in der PDS-Mitgliederzeitung "Disput" veröffentlichten und als Anlage K 6 zu den Akten gereichten Interview erklärt habe, seine (angeblichen) inneren Vorbehalte seinerzeit nicht offen und ehrlich vorgetragen zu haben. Auch in der als Anlage K 8 zu den Akten gereichen Pressemitteilungen Nr. 87/2004 der PDS-Fraktion des sächsischen Landtags habe Lauter eingeräumt, die Vorlage für die Durchführung des Politbürobeschlusses zur Beseitigung der Universitätskirche erarbeitet zu haben und dies mit den Worten gerechtfertigt, er habe trotz seiner Vorbehalte aus Parteidisziplin gehandelt. Weiter ergebe sich aus dem Text des Abberufungsbeschlusses des Sekretariats der Bezirksleitung vom 08. Januar 1969, dass die spätere Abberufung Lauters nicht im Zusammenhang mit der Sprengung der Universitätskirche gestanden habe.

Die Kläger haben daher beantragt:

  1. Der Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgelds in Höhe von bis zu 250.000,-- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen,

    in Bezug auf den Beitrag "Kirchen-Sprenger für PDS" in Focus Nr. 10/04, S. 16 zu behaupten und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, es handele sich um eine Geschichtsfälschung.

    1. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Angabe der Namen Auskunft darüber zu erteilen, an welche natürlichen oder juristischen Personen er die Pressedienst-Meldung "Der 'FOCUS' auf Abwegen" vom 02.03.2004, in der die Behauptung gemäß Ziffer I. enthalten war, verbreitet hat bzw. verbreiten lassen hat.

    2. Der Beklagte wird verurteilt, an alle sich aus der Auskunft gemäß Buchstabe a. ergebenden Empfänger der Pressedienst-Meldung vom 02.03.2004 folgende Erklärung zu verbreiten:

      "Widerruf

      In einer Pressemitteilung vom 02.03.2004 habe ich in Bezug auf einen Beitrag in der Focus-Ausgabe 10/2004 über die Beteiligung von Prof. Dr. Hans Lauter an der Sprengung der Leipziger Universitätskirche am 30. Mai 1968 behauptet, dieser Artikel stelle eine Geschichtsfälschung dar.

      Diese Behauptung widerrufe ich hiermit als unwahr.

      Lothar Bisky, Vorsitzender der PDS".

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, bei dem gegenüber den Klägerin erhobenen Vorwurf der Geschichtsfälschung handele es sich um eine zulässige Meinungsäußerung, die ihm nicht untersagt werden könne. Der Vorwurf der Geschichtsfälschung habe sich darauf bezogen, dass "das Leben eines integeren Mannes, der von den Nazis ins Zuchthaus geworfen wurde und sein ganzes Leben in den Dienst des Antifaschismus gestellt habe" diskreditiert werde, und stehe in keinem Zusammenhang mit der Formulierung, Lauter habe 1968 keinen Maßnahmenplan ausgearbeitet.

Jedenfalls habe er den Vorwurf der Geschichtsfälschung nicht rechtswidrig erhoben.

Der Text des streitgegenständlichen Kurzartikels könne nur so verstanden werden, dass Lauter in zeitlichem Zusammenhang mit der Kirchensprengung, also im Mai 1968, einen Maßnahmenplan zur öffentlichen Rechtfertigung erstellt haben soll. Ein Maßnahmenplan aus dem Jahr 1968 existiere jedoch unstreitig nicht.

Vor Verbreitung der Presseerklärung habe er Prof. Lauter befragen lassen, der - wahrheitsgemäß - berichtet habe, dass es keinen derartigen Maßnahmenplan aus dem Jahre 1968 gegeben habe; außerdem sei berichtet worden, dass Lauter zu dem fraglichen Zeitpunkt von der politischen Entscheidung abgeschnitten gewesen sei. An den sehr viel älteren Plan habe Lauter keine Erinnerung mehr gehabt.

Des weiteren müsse in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, dass Hans Lauter sehr wohl gegen den Abriss der Kirche opponiert und aus diesem Grunde sogar sein Amt verloren habe. Dies lasse sich schon aus dem Abberufungsbeschluss des Sekretariats der Bezirksleitung entnehmen, der die "ungenügenden Ergebnisse des Hans Lauter bei der Durchführung der Hochschulreform" hervorhebe.

Schließlich sei durch eine weitere als Anlage K 13 zu den Akten gereichte Presseerklärung vom 08.03.2004 ausdrücklich die Existenz des Maßnahmeplans aus dem Jahr 1964 und auch die Mitwirkung Lauters an dessen Erstellung bestätigt worden. Insoweit entfalle daher schon die Wiederholungsgefahr.

Dem Auskunftsbegehren sei objektive und subjektive Unmöglichkeit entgegenzuhalten. Zunächst sei der Pressedienst nicht die Privatangelegenheit des Beklagten. Er könne allenfalls nach Herbeiführung eines entsprechenden Parteivorstandsbeschlusses darüber verfügen. Möglich wäre darüber hinaus allenfalls eine Aussendung an die derzeit in dem Presseverteiler vorhandenen Anschriften, wobei nicht sichergestellt werden könne, an wen die Mitteilung seinerseits versandt worden sei. Auch sei der Inhalt des Presseverteilers der PDS schutzwürdig und könne nicht offen zu Markte getragen werden.

Außerdem könne dem Beklagten der Wortlaut des Widerrufs, wie beantragt, nicht vorgeschrieben werden. Der Beklagte meint, den Klägern stünde ein Rechtsschutzbedürfnis für den Widerruf angesichts ihrer Medien- und Kommunikationsmacht nicht zu. Außerdem seien die Kläger nicht in ihren Rechten betroffen.

Der Beklagte hat seinerseits mit Schriftsatz vom 08.03.2004 negative Feststellungsklage zum Landgericht Berlin erhoben, die mit Urteil vom 27.05.2004, Az.: 27 O 174/04, abgewiesen wurde.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.


A.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die Rechtskraft des die negative Feststellungsklage des Beklagten abweisenden Urteils des Landgerichts Berlin entgegen. Das weitergehende Rechtsschutzziel der Kläger, ein vollstreckbares Verbot bzw. eine vollstreckbare Widerrufsverpflichtung herbeizuführen, ist von der Rechtskraft des die negative Feststellungsklage des Beklagten abweisenden Urteils des Landgerichts Berlin nicht umfasst, sondern konnte von den Klägern nur mittels der insoweit weitergehenden Leistungsklage erreicht werden.


B.

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Den Klägern stehen Ansprüche auf Unterlassung sowie Auskunft und Widerruf, wie beantragt, aus den §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 186 StGB, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu.


I.

Bei dem Vorwurf der Geschichtsfälschung handelt es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die die Kläger in ihrer beruflichen Ehre bzw. ihrer Tätigkeit als Wirtschaftsunternehmen verletzt und deswegen zu unterlassen ist.

1) Die Kläger sind aktivlegitimiert.

Das Nachrichtenmagazin "Focus" wird in der streitgegenständlichen Pressemitteilung namentlich erwähnt, so dass die Klägerin zu 1) als Zeitschriftenverlag in ihrem unmittelbaren Tätigkeitsbereich und ihrer sozialen Geltung als Wirtschaftsunternehmen betroffen ist.

Der Kläger zu 2) ist als Chefredakteur der Klägerin zu 1) ebenfalls betroffen, da es um einen redaktionellen Vorgang geht, nämlich die inhaltliche Richtigkeit eines bestimmten Artikels. Hinzu kommt, dass der Kläger zu 2) als Chefredakteur das Nachrichtenmagazin "Focus" nach außen repräsentiert und damit die publizistische und rechtliche Verantwortung übernimmt.

Auch der Kläger zu 3) ist von den Vorwürfen betroffen. Es ist aus dem Impressum ersichtlich, dass der Kläger zu 3) der einzige in Leipzig ansässige Focus-Korrespondent ist, der im übrigen auch die Hintergrundberichterstattung, erschienen in Focus Nr. 11/04, verfasst hat.

2) Der Vorwurf der Geschichtsfälschung stellt in seinem Kern eine Tatsachenbehauptung dar. Er impliziert, dass historische Daten falsch wiedergegeben worden sind, und ist deswegen nicht von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG abgedeckt.

3) Auch ist der Vorwurf der Geschichtsfälschung unberechtigt erhoben worden, da der mit dem Vorwurf belegte Kurzartikel die historischen Abläufe korrekt darstellt.

a) Die in dem streitgegenständlichen Ausgangsartikel aufgestellte Behauptung, Hans Lauter sei einer der Hauptverantwortlichen der Sprengung der Leipziger Universitätskirche, wird damit belegt, dass er unstreitig den Maßnahmeplan aus dem Jahr 1964 verfaßt und unterzeichnet hat, der der öffentlichen Rechtfertigung der Kirchenzerstörung diente und somit eine wesentliche Voraussetzung für ihre Durchführung darstellte. Zudem hat Lauter als Mitglied des Sekretariats der Bezirksleitung den Entschluss zur Zerstörung jedenfalls in herausgehobener Position mitgetragen.

Bedenken gegen die Kirchensprengung hat Lauter zu keinem Zeitpunkt offen geäußert. Vielmehr steht nicht zuletzt aufgrund der Anlagen K 6 und K 8 fest, dass etwaige innere Vorbehalte ihn jedenfalls nicht davon abgehalten haben, das Vorhaben faktisch aus Gründen der Parteidisziplin zu unterstützen. Bloße innerliche Vorbehalte sind aber keinesfalls geeignet, im Hinblick auf die Einordnung Hans Lauters als Hauptverantwortlicher für die Kirchensprengung den Vorwurf der Geschichtsfälschung zu rechtfertigen.

Welche Gründe bei der Abberufung Hans Lauters aus dem Sekretariat der Bezirksleitung im Januar 1969 neben den im Abberufungsbeschluss genannten eine Rolle gespielt haben mögen, ist daher ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls sind auch hier nach außen keine Zusammenhänge mit einer Opposition Hans Lauters gegen die Kirchensprengung ersichtlich.

b) Weiter erhebt der streitgegenständliche Kurzartikel ersichtlich nicht den Anspruch, das Lebenswerk eines Hans Lauter zu würdigen. Auch der Vorwurf, der unzutreffenden Reduzierung der Lebensleistung des Herrn Lauter auf seine Verstrickung in die Zerstörung der Universitätskirche vermag daher den der Geschichtsfälschung in keiner Weise zu tragen.

c) Da es sich bei dem Vorwurf der Geschichtsfälschung um eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung handelt, ist der Beklagte für die Richtigkeit beweispflichtig, § 186 StGB analog. Sämtliche Ausführungen des Beklagten sind jedoch nicht geeignet, den erhobenen Vorwurf zu begründen.

4) Die Rechtswidrigkeit wird indiziert und durch die Ausführungen des Beklagten nicht ausgeschlossen.

Selbst wenn der Beklagte insoweit vor Verteilung der Presseerklärung ordnungsgemäß recherchiert und darin bestätigt wurde, dass - was insoweit unstreitig ist - ein Maßnahmeplan aus dem Jahre 1968 nicht existiert, berechtigt dies im Hinblick auf den Maßnahmeplan aus dem Jahr 1964 keinesfalls zu dem Vorwurf der Geschichtsfälschung.

5) Auch im Hinblick auf ein Verschulden gehen diese Ausführungen des Beklagten ins Leere, da alle geltend gemachten Ansprüche verschuldensunabhängig sind.

6) Die als Anlage K 13 vorgelegte Presseerklärung Nr. 88/2004 der PDS-Fraktion im sächsischen Landtag ist schließlich nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen, da sie schon nicht vom Beklagten selbst, sondern von dem in einem Parallelverfahren verklagten Vorsitzenden der PDS-Fraktion im sächsischen Landtag, Prof. Dr. Peter Porsch, stammt. Der Beklagte hat sich diese auch in keiner Weise zu eigen gemacht. Des weiteren erkennt die Presseerklärung inhaltlich lediglich an, dass eben ein Maßnahmeplan aus dem Jahr 1964 existiere, während der Vorwurf der Geschichtsfälschung, der Gegenstand dieses Streits ist, durch die Pressemitteilung wiederum aufgegriffen und bekräftigt worden ist.


II.

Der Auskunftsanspruch ist ebenfalls gegeben. Im Falle eines Berichtigungsanspruches kann der Betroffene grundsätzlich auch hinsichtlich der Empfänger der Pressemitteilungen einen Auskunftsanspruch geltend machen (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., § 13, Rn. 88).

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Auskunftsanspruches objektive und subjektive Unmöglichkeit einwendet, so greift dieser Einwand im Erkenntnisverfahren nicht durch. Im übrigen ist der Sachvortrag im Schriftsatz vom 27.07.2004 unsubstantiiert, der Beklagte lässt nämlich vortragen, dass "nach Kenntnis" die Daten nicht gesammelt werden, an wen im einzelnen die Pressemitteilungen versendet worden sind.

Soweit der Beklagte darauf verweist, dass der Inhalt des Presseverteilers nicht eine zur eigenhändigen und privaten oder persönlichen Disposition des Beklagten stehenden Datensammlung darstelle, über die der Beklagte privat verfügen könne, so betrifft dies den Anspruch dem Grunde nach nicht. Der Beklagte sei darauf hingewiesen, dass er gerade nicht als Privatperson die Presserklärungen versandt hat, sondern dass er dies über den PDS-Pressedienst durchführen ließ. Wenn sich der Beklagte aber einer derartigen Verbreitungsmöglichkeit bedient, so muss er sich auch im Rahmen des hier vorliegenden Gerichtsverfahrens daran festhalten lassen. Überwiegende Geheimhaltungsinteressen bestehen daher ebenfalls nicht.


III.

Den Klägern steht darüber hinaus ein Anspruch auf Widerruf, wie beantragt, zu. Die Kläger müssen sich nicht darauf verweisen lassen, dass der Beklagte seinerseits den in ihren Persönlichkeitsrechten verletzten Klägern den Wortlaut des Widerrufs vorschreibt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der von den Klägern beantragte Widerruf in seinem Wortlaut auf die konkrete Verletzungshandlung eingeht, während der vom Beklagten gewünschte Wortlaut des Widerrufes erneut dazu führt, dass der Beklagte Gelegenheit erhält, den Vorwurf der Gerichtsfälschung zu wiederholen.

Den Klägern steht darüber hinaus ein Widerrufsinteresse zu. Insbesondere brauchen sich die Kläger nicht auf "ihre Medien- und Kommunikationsmacht" verweisen lassen. Der Beklagte verkennt, dass er es war, der mit einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Kläger der Störer ist.

Aus alledem folgt, dass der Beklagte antragsgemäß zu verurteilen war.


IV.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


Dr. Steiner
Vorsitzender Richter am Landgericht

Mai
Richter am Landgericht

Hammer
Richterin

Rechtsgebiete

Presserecht