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Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

26. 07. 2004


Aktenzeichen

2 O 17580/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Fehlt beim Wohnungsumbau eine schriftliche Pauschalhonorarvereinbarung, richtet sich die Abrechnung erbrachter Architektenleistungen nach § 15 HOAI.

  2. Übernimmt ein Architekt die Vollarchitektur der Leistungsphasen 1 – 9 nach § 15 HOAI, erhält er in der Regel ca. 10 v.H. der Bausumme zzgl. eines Umbauzuschlags von 25 v.H. als Honorar.

  3. Mit den Leistungsphasen 1 bis 5 ist die Hälfte des Leistungsbilds von § 15 HOAI nicht erbracht, so dass ohne schriftlichen Auftrag nach Mindestsätzen abzurechnen ist.

  4. Die Fütterung einer Katze kann als Stundenleistung abgerechnet werden. Sie führt jedoch nicht zu Honoraren, die die HOAI-Sätze bei weitem überschreiten.

Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. Das Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


TATBESTAND:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Honorar für Raumgestaltung.

Der Kläger ist Inneneinrichter. Die Beklagte bewohnt die Wohnung ... in ... München, in der sie auch ihr Büro eingereichtet hat. Im Sommer 2001 wollte die Beklagte ihre Wohnung und das Büro ... umgestalten. Der Kläger unterbreitete der Beklagten Vorschläge zur Renovierung und Umgestaltung ihrer Wohnung, mit denen die Beklagte einverstanden war. Mit Schreiben vom 16.07.2001 unterbreitete der Kläger der Beklagten das Angebot für seine Tätigkeit, bestehend aus der Erstellung aller Angebote, Koordinierung der Handwerker und der Terminüberwachung vor Ort, der Rechnungsprüfung und der Übergabe nach Fertigstellung. Das Honorar des Klägers sollte gemäß dem Angebot des Klägers vom 16.07.2001 (Anlage K 1) 15% der Bausumme betragen.

Dem klägerischen Angebot lag eine Kostenzusammenstellung der zu beauftragenden Unternehmer zugrunde, das mit einem Bruttobetrag von DM 292.366,88 endete.

Die Beklagte erteilte dem Kläger fernmündlich am 23. oder 24.10.2001 den Auftrag entsprechend dem Angebot vom 16.07.2001. Der Kläger bestätigte dies schriftlich am 25.10.2001 unter Übersendung seiner ersten A-Kontorechnung, die die Beklagte bezahlte. Auf die Anlage K 2 wird Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, dass während der Ausführung der Arbeiten die Beklagte erhebliche Änderungen und Erweiterungen der Leistungen wünschte. Diese Zusatzaufträge hätten zu Auftragserweiterungen in Höhe eines Betrages von ca. EUR 120.000,-- geführt. Auch betreffend der Auftragserweiterung hätte der Kläger die vertraglich vereinbarte Leistung erbracht. Im September 2002 seien die Umbauarbeiten in der Wohnung der Beklagten fertiggestellt gewesen. Der Kläger habe mit den beauftragten Handwerksunternehmen die Abnahme durchgeführt. Die hierbei festgestellten Mängel seien behoben worden.

Am 17.09.2002 erstellte der Kläger eine Schlußrechnung, die mit einem noch offenen Restbetrag zu seinen Gunsten in Höhe von EUR 16.692,33 endete. Auf die Anlage K 3 wird Bezug genommen.

Soweit sich der Kläger in seiner Klageschrift mit Feuchtigkeitserscheinungen an der Wand zur Terrasse auseinandersetzt und die zusätzlichen Leistungen über das Angebot vom 16.07.2001 hinaus näher konkretisiert, wird im Einzelnen auf Blatt 4 bis 14 der Klageschrift vom 12.09.2003 Bezug genommen.

Bereits am 27.12.2002 stellte der Kläger einen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides. Am 13.01.2003 wurde der Mahnbescheid erlassen. Dieser wurde der Beklagten am 16.01.2003 zugestellt. Diese hat hiergegen am 28.01.2003 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt.

Gemäß der Klagebegründung vom 12.09.2003 beantragt der Kläger, die Beklagte zur Zahlung von EUR 16.692,33 zzgl. 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 17.10.2002 zu verurteilen. Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Zusatzkosten in Höhe von insgesamt EUR 140.022,56 wird ergänzend auf Blatt 40 der Klagebegründung vom 12.09.2003 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte wendet ein, der Kläger habe die zugesagten Termine nicht eingehalten. Daher hätten sich die Renovierungsarbeiten entgegen der ursprünglichen Zusagen nicht über 2 bis maximal 4 Monate hingezogen sondern ein ganzes Jahr. Nachdem der Kläger die auftretenden Kosten ur sprünglich lediglich mit ca. EUR 150.000,-- beziffert hätte, habe er dann schließlich weitere Zusatzkosten von ca. EUR 140.000,-- verlangt. Die vom Kläger eingesetzten Firmen hätten teilweise große Schäden verursacht. Der Kläger habe jedenfalls seinen Architektenvertrag schlecht erfüllt. Insbesondere sei ein gewaltiger Schaden an der Wand der Wohnung der Beklagten zur Terrasse verursacht worden. Extrem unzuverlässig habe der Fliesenleger ... gearbeitet. Ursache sei gewesen, dass der Kläger seine Bauleitungspflichten nicht erfüllt habe. Die vom Kläger verursachten Schäden seien mindestens in Höhe der Klageforderung anzusetzen.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Klageerwiderung wird auf den Schriftsatz vom 01.12.2003 (Bl. 30 mit 40 der Akten) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 23.12.2003 hat der Kläger auf die Klageerwiderung geantwortet (Bl. 41 mit 50 der Akten).

Mit Beschluß vom 27.11.2003 wurde der Rechtsstreit auf den entscheidenden Richter zum Einzelrichter übertragen.

Im Aufklärungsbeschluß vom 25.02.2004 hat sich das Gericht. mit dem Parteivorbringen im Einzelnen auseinandergesetzt, Zweifel darüber geäußert, ob der Kläger seinen Pflichten aus seinem Angebot vom 16.07.2001 voll nachgekommen ist und insbesondere unter Ziffer II 6 die Klägerseite darauf hingewiesen, dass die angebotenen Leistungen des Klägers nach den Leistungsphasen 6 bis 8 der HOAI abzurechnen seien. Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Kläger Architekt sei, sondern lediglich, ob er eine Architektenleistung durchgeführt habe. Wenn der Kläger seine Leistungen nach den Leistungsphasen 6 bis 8 der HOAI abrechne, dann könnte es sein, dass ihm eine Restforderung nicht mehr zustehe. Nachdem es zwischen den Parteien keinen schriftlichen Vertrag gäbe, könnte der Kläger seine Architektenleistungen nur nach dem Mindesthonorar abrechnen.

Einen Vergleichsvorschlag des Gerichtes dergestalt, dass die Beklagte an den Kläger noch EUR 10.000,-- bezahle, wurde im Schriftsatz vom 11.02.2004 von der Klägerseite abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 26.03.2004 hat die Klägerseite auf den richterlichen Aufklärungsbeschluß von 25.02.2004 reagiert und weitere Kostenangebote vorgelegt. Darüber hinaus ließ der Kläger vortragen, dass er sämtliche Rechnungen geprüft habe. Hierbei sei keines der vom Kläger eingeschalteten Handwerksunternehmen von dem unterbreiteten Angebot oder den unterzeichneten Regiezetteln abgewichen. Soweit für die Prüfung der Rechnungen Aufmaße notwendig gewesen seien, seien diese gefertigt worden. Die Prüffähigkeit der klägerischen Rechnung sei von der Beklagten nicht bestritten worden. Zum gerichtlichen Hinweis, der Kläger müsse nach den Grundsätzen der HOAI abrechnen, ließ der Kläger unter Ziffer 4 auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 26.03.2004 vortragen, der Kläger sei für die Beklagte "Mädchen für alles" gewesen. Er habe auch ihre Katzen in Absenwesenheit der Beklagten gefüttert. Er habe der Beklagten auch einen Kühlschrank gekauft, als dieser defekt war. Er habe auch viele Leistungen erbracht, die im Leistungsbild eines Architekten und auch von § 15 HOAI nicht erfasst seien und nicht erfasst sein könnten.

Die Beklagte forderte die Klägerseite im Schriftsatz vom 17.03.2004 auf, ihre Klage zurückzunehmen.

Im Schriftsatz vom 19.04.2004 legte der Kläger weitere Unterlagen vor. Auf sämtliche von der Klägerseite vorgelegten Unterlagen wird Bezug genommen.

Im Schriftsatz vom 08.07.2004 ließ der Kläger vortragen, dass die Beklagte ihre Terrasse und die darauf befindlichen Blumen ausgiebig mit einem Gartenschlauch gieße.

Aus der Anlage K 3 und der dieser anliegenden Schlußrechnung vom 17.09.2002 ergibt sich, dass der Kläger 18 für die Beklagte erbrachte Einzelleistungen mit insgesamt EUR 243.530,-- abgerechnet hat. Hieraus verlangt er die Pauschale von 15% netto, d.h. EUR 36.529,50. Zzgl. 16% MwSt ergibt dies ein Bruttohonorar von EUR 42.374,22. Unbestritten hat die Beklagte insgesamt 4 Abschlagszahlungen in Höhe von EUR 25.681,89 bezahlt, so dass der eingeklagte Betrag von EUR 16.692,33 verbleibt.

Entscheidungsgründe


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.

Die zulässige Klage ist in vollem Umfange unbegründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten keine Honorarforderung mehr zu.

1. Die vom Kläger vorgenommene Honorarabrechnung auf Pauschalbasis von 15% der Gesamtaufträge ist zur Überzeugung des Gerichtes mangels Überprüfbarkeit der Abrechnung im Augenblick unbegründet.

Wie bereits im Auklärungsbeschluß vom 25.02.2004 unter Ziffer II 6 und 7 zum Ausdruck gebracht, besteht zwischen den Parteien keine schriftliche Pauschalhonorarvereinbarung. Aus dem Aufgabenbereich, den der Kläger in seinem Angebot vom 16.07.2001 genau umschrieben hat (vgl. Anlage K 1) ist zu entnehmen, dass der Kläger für die Beklagte Leistungen nach § 15 Leistungsphase 6, 7 und 8 der HOAI erbringen sollte. Dass der Kläger daneben ein Katze gefüttert hat und einen Kühlschrank gekauft hat, steht dem nicht entgegen. Diese Leistung hätte er durchaus neben der Abrechnung nach HOAI als Stundenleistung verrechnen können. Dies hat der Kläger jedoch nicht getan. Die Fütterung einer Katze kann nicht dazu führen, dass dem Kläger Honorare zugebilligt werden, die die Sätze der HOAI bei weitem überschreiten. Hätte der Kläger hinsichtlich der Baumaßnahmen im Anwesen der Beklagten die Vollarchitektur der Leistungsphasen 1 bis 9 übernommen, dann hätte er lediglich ca. 10% der Bausumme an Honoraren bekommen. Hinzu wäre ein Umbauzuschlag von 25% gekommen. Unbestritten hat der Kläger die Leistungsphasen 1 bis 5 mit zusammen rund der Hälfte des Leistungsbildes von § 15 der HOAI nicht erbracht. Mangels eines schriftlichen Auftrages kann der Kläger auch lediglich nach Mindestsätzen abrechnen.

Wohlweißlich ist der Kläger der Aufforderung des Gerichtes gemäß Beschluß vom 25.02.2004, eine Abrechnung nach HOAI vorzunehmen, auch nicht hilfsweise nachgekommen. Dem Kläger war nämlich klar, dass er bei einer derartigen Abrechnung bereits überbezahlt gewesen wäre.

Da der Kläger trotz Hinweises des Gerichtes keine Abrechnung nach HOAI vorgenommen hat, war die Klage als im Augenblick unbegründet abzuweisen.

2. Zur Überzeugung des Gerichtes war die Klage jedoch auch als endgültig unbegründet abzuweisen. Wie oben bereits angeschnitten stünde dem Kläger nämlich bei einer ordnungsgemäßen Abrechnung nach HOAI lediglich ein Honorar zu, das das von der Beklagten bereits geleistete Honorar von EUR 25.681,89 unterschreiten würde. Ein eventuell nach HOAI vom Kläger verdientes Honorar wäre also durch die 4 Abschlagszahlungen der Beklagten zur Überzeugung des Gerichtes erloschen. Somit war die Honorarklage auch als endgültig unbegründet abzuweisen.


II.

Ob und in wieweit der Kläger Pflichtverletzungen aus dem geschlossenen Architektenvertrag begangen hat, konnte das Gericht bei dieser Ausgangslage offen lassen. Einer weiteren umfangreichen Beweisaufnahme bedurfte es daher nicht.


III.

1. Da unterlegen hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich zu Gunsten der Beklagten aus den §§ 709 und 108 ZPO.


Uhl
Richter am Landgericht
als Einzelrichter

Rechtsgebiete

Zivilrecht, Sonstiges