Maklerpflicht zu eigenen Nachforschungen - Zwei Wohnungen als „Zweifamilienhaus“ und Zufahrt über Drittgrundstück
Gericht
LG Landshut
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
21. 11. 2000
Aktenzeichen
55 O 2555/00
Ein Makler ist in der Regel zu eigenen Nachforschungen über die Verhältnisse eines von ihm als Kaufgelegenheit nachgewiesenen Hausgrundstücks nicht verpflichtet.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kl., der am 23. 11. 1995 einen auf Grund von Hinweisen des Bekl., eines Maklers, zu Stande gekommenen Grundstückskaufvertrag mit einem Kaufpreis von 640000 DM geschlossen hatte und dem Bekl. 18000 DM Provision gezahlt hatte, hat behauptet, der Bekl. habe seine Pflichten aus dem Maklervertrag verletzt, was bei ihm einen Schaden von 238473,22 DM herbeigeführt habe, wovon er einen Teilbetrag von 40000 DM geltend mache. Auf dem Grundstück wurde 1974 ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen gebaut. Das Haus wurde zur Zeit des Verkaufs mit Fahrzeugen nur über eine gepflasterte Zufahrt angefahren, die über das Grundstück von M verläuft. Zu der an einer anderen Grundstücksseite verlaufenden öffentlichen Straße führt vom Haus ein Fußweg. An dieser Seite befindet sich eine hohe, alte Hecke, die nur durch ein Gartentor für den Fußweg unterbrochen wird. Der Nachbar M hat die Zufahrt über sein Grundstück inzwischen unterbunden. Der Kl. ist der Auffassung, der Bekl. hätte ihm sagen müssen, dass es für die Zufahrt über das Grundstück M keine rechtliche Sicherung gebe. Auch handele es sich nicht, wie im Exposé angegeben, um ein Zweifamilienhaus.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
… Insbesondere ist der Makler zu eigenen Nachforschungen nur verpflichtet, wenn dies vereinbart war oder sich aus der Verkehrssitte ergibt. Ebenso obliegt ihm eine Erkundigungspflicht grundsätzlich nur aufgrund besonderer Vereinbarung (BGH, NJW 1982, 1147 = LM § 652 BGB Nr. 76 = WM 1982, 13). Eine Prüfungspflicht, insbesondere der Angaben zum Objekt, die er von der Gegenseite (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1524) oder seinem Auftraggeber (OLG Hamm, NJW-RR 1996, 1081) erhalten hat, trifft den Makler ebenfalls grundsätzlich nicht, außer bei entsprechender Ankündigung („geprüfte Objekte“) oder wenn er sich erhaltene Mittel zu eigen macht oder sich für deren Richtigkeit persönlich einsetzt (BGH, BB 1956, 733; OLH Hamm, NZM 1998, 241 = MDR 1998, 269). Für allgemeine Anpreisungen haftet er nicht. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich die Aufklärungspflicht des Maklers auf die dem Makler in ihrer Bedeutung für den Auftraggeber erkennbaren Umstände beschränkt; auch muss er nicht etwas mitteilen, von dem er den Verhältnissen nach annehmen darf, dass es dem Auftraggeber ohnehin bekannt ist oder doch von anderer Seite vermittelt wird (BGH, WM 1978, 1069; Staudinger/Reuter, BGB, §§ 652, 653 Rdnr. 185). Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich um einen Nachweis- oder Vermittlungsmakler gehandelt hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, NJW 1982, 1147) haftet der Makler auch nicht für die Richtigkeit von Auskünften, die er erkennbar von Dritten eingeholt hat, sondern lediglich für die Richtigkeit der Weitergabe. Für den vorliegenden Fall bleibt daher festzustellen, dass der Bekl. als Makler seine Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht schuldhaft verletzt hat.
a) Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob es sich um ein Zwei- oder ein Einfamilienhaus handelt. Auch wenn es sich trotz der Nutzung des Anwesens durch den Kl. als Zweifamilienhaus bei der rechtlichen Einordnung um ein Einfamilienhaus handeln würde, steht dem Kl. gegen den Bekl. bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zu. Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass in dem Kurzexposé des Bekl., in welchem das Objekt als Zweifamilienhaus mit großem Garten beschrieben wird, auf S. 1 unten ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche Daten von dem Eigentümer übermittelt wurden und eine Gewährleistung hierfür seitens des Maklers nicht übernommen werden kann.
Der Kl. war hiermit auch einverstanden. … Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Kl. und dessen Ehefrau auf Grund der Besichtigungen des streitgegenständlichen Anwesens sich selbst von der Qualität und Nutzbarkeit des Anwesens als Zweifamilienhaus einen eigenen Eindruck verschaffen konnten. Offenbar wird das Anwesen vom Kl. derzeit „de facto“ auch als Zweifamilienhaus genutzt (2 Wohnungen), wie der Bekl. in der Klageerwiderung unbestritten vorgetragen hat.
Die Verpflichtung zur eigenen Nachforschung ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht auf Grund der Verkehrssitte. Für den Kl. als Auftraggeber war auf Grund des empfangen Exposé deutlich ersichtlich, dass es sich bei den dort vorhandenen Angaben nicht um Daten handelt, welche auf grund von eigenen Nachforschungen des Bekl. wiedergegeben wurden. Vielmehr erfolgte der ausdrückliche Hinweis auf die Weitergabe von erhaltenen Informationen des Verkäufers.
b) Aber auch auf Grund der nicht mehr nutzbaren südlichen Zufahrt (gepflasterte Privatstraße) in Verbindung mit der lediglich von der Westseite her vorhandenen Erschließung über eine öffentliche Straße ergibt sich kein eigener Schadensersatzanspruch des Kl. aus positiver Vertragsverletzung.
aa) Die Kammer geht davon aus, dass der Kl. spätestens bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags am 23. 11. 1995 wusste, dass die südliche Zufahrt zu dem Kaufgegenstand, nämlich die gepflasterte Privatstraße, dem Grundstücksnachbarn M gehörte.
Dies ergibt sich bereits aus dem Vortrag in der Klageschrift auf S. 4 unten, wonach der Kl. selbst davon ausging, dass eine gemeinsame Nutzungsberechtigung gegeben sei, wenngleich das Straßenstück dem Nachbarn M gehörte. … Schließlich bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass bei einer Bepflasterung eines Weges durch Privatpersonen auch davon ausgegangen werden muss, dass es sich nicht um eine öffentliche Straße, sondern um eine Privatstraße handelt. Dies ergibt sich letztlich auch aus dem Gespräch mit der Verkäuferin, wonach es seit 23 Jahren keine Schwierigkeiten bezüglich der Zufahrt mit dem Nachbarn gegeben habe und diese Zufahrt weiter benutzt werden könne. Eine öffentliche Straße könnte von jedermann ohne besondere Berechtigung benutzt werden.
Es mag sein, dass der Kl. bei Abschluss des Kaufvertrags der Auffassung war, dass eine gemeinsame Nutzungsberechtigung mit dem Nachbarn bezüglich der südlichen Privatstraße, welche als gesichert gelten könne, vorhanden sei. Zu dieser Ansicht mag der Kl. wohl ebenfalls auf Grund der Versicherung der Verkäuferin gelangt sein. Es mag auch durchaus richtig sein, dass die Verkäuferin den Eindruck erweckt hat, dass die Privatstraße auch in Zukunft weiter benutzt werden könne. Jedenfalls hat der Bekl. als Makler nicht gegenüber dem Kl. geäußert, dass eine gesicherte Zufahrt bestehe. …
Dementsprechend hat der Zeuge M die Zufahrt des Kl. auch über mehrere Monate geduldet. Der Zeuge hat allerdings drastisch geschildert, dass alleiniger Anlass für die Sperrung der Zufahrt ständige Schwierigkeiten mit dem Kl. als Nachbar waren. Die Sperrung der Zufahrt durch den Nachbarn M ist nach dessen Aussage darauf zurückzuführen, dass diesem ständig bei der Nutzung seiner Grundstücke Schwierigkeiten bereitet wurden. Letztlich hat es sich der Kl. also selbst zuzuschreiben, dass die Benutzung der südlichen Zufahrt durch den Nachbarn M nicht mehr geduldet wird.
Gerade auf Grund des Umstands, dass der Kl. vor Abschluss des Kaufvertrags bereis wusste, dass es sich bei der südlichen Zufahrt um eine Privatstraße handelte, hätte er sich rechtzeitig informieren müssen, ob diese Zufahrt auch rechtlich in ausreichender Weise abgesichert war. Er hätte insoweit den Bekl. als Makler gesondert beauftragen müssen, dies bezüglich Erkundigungen einzuziehen, was er jedoch unterlassen hat. Gerade auf Grund des Umstands, dass eine gemeinsame Benutzung stattfand, welche bereits auch früher langjährig praktiziert wurde, hätte der Kl. hellhörig werden und entsprechende Erkundigungen selbst einziehen müssen. …
bb) Auch eine Hinweispflicht des Bekl. bezüglich der Tatsache, dass das Grundstück richtigerweise von der Westseite der öffentlichen geteerten Straße aus erschlossen sei, vermag die Kammer nicht zu bejahen. Wie der Bekl. richtig ausführt, musste dies dem Kl. spätestens nach Besichtigung des Anwesens ersichtlich sein. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass an der Westseite offenbar ein starker Heckenwuchs vorhanden war. Die Kammer geht bei zwei vorgenommenen Besichtigungen durch den Kl. davon aus, dass er trotz der Bewachsung sich ein Bild von dem an die Westseite angrenzenden Grundstück gemacht hat. … Es hätte daher einer besonderen Beauftragung des Bekl. als Makler hinsichtlich der Frage bedurft, ob eine ausreichende Zufahrt vorhanden war. Eine solche gesonderte Beauftragung zu einer Erkundigung des Maklers ist jedoch nicht erfolgt. Allein aus der Aufklärungs- und Beratungspflicht des Maklers ergibt sich eine solche Verpflichtung nicht, zumal die Kammer davon ausgeht, dass dem Kl. auf Grund der Besichtigung die spezielle Problematik der Zufahrt zum streitgegenständlichen Anwesen im Wesentlichen bekannt sein musste. Die Aufklärung beschränkt sich lediglich auf die dem Makler in ihrer Bedeutung für den Auftraggeber erkennbaren Umstände. Er muss auch nicht etwas mitteilen, von dem er den Verhältnissen nach annehmen darf, dass es dem Auftraggeber ohnehin bekannt ist oder doch von anderer Seite vermittelt wird. Dies ist hier der Fall.
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