Streitwert bei Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen unerwünschte E-Mail-Werbung

Gericht

OLG Bremen


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

15. 03. 2004


Aktenzeichen

2 W 24/02


Leitsatz des Gerichts

Der Streitwert für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Übermittlung von unverlangter Werbung im E-Mail-Wege untersagt werden soll, beträgt regelmäßig mindestens 7.500 Euro, weil nicht allein auf die Kosten abzustellen ist, mit denen der Antragsteller die Übermittlung der Sendungen unterbinden könnte, sondern auf sein materielles und immaterielles Interesse, von derartigen Belästigungen verschont zu bleiben.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Antragsteller beantragen beim LG den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt werden sollte, künftig im Wege der E-Mail-Werbung unter einer E-Mail-Adresse sowie einer Domain, jeweils bestimmt bezeichnet, an die Antragsteller heranzutreten, es sei denn, diese hätten zugestimmt oder ihr Einverständnis sei zu vermuten. Den Streitwert bezifferten die Antragsteller mit 5.001 Euro. Entgegen dieser Wertangabe setzte das LG den Streitwert auf 1.000 Euro fest, weil die infolge der unerwünschten Werbung verursachte Belästigung und der möglicherweise erforderliche Blockadenaufwand mit vier Stunden zu je 250 Euro zu bemessen sei, und verwies den Rechtsstreit auf Antrag der Antragsteller an das AG Bremen.

Gegen den Streitwertbeschluss des LG haben die Antragsteller Beschwerde erhoben. Das LG hat ihr nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass derjenige, der E-Mail-Adressen mit den Benutzernamen(sbestandteilen) „info” oder „office” einrichte, im Eigeninteresse geeignete Vorkehrungen gegen Spam-E-Mails treffen müsse. Solche Vorkehrungen seien in Gestalt des Einsatzes von Anti-Spam-Software möglich und zumutbar.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Wert von 7.500 Euro bewegt sich durchaus im Rahmen des für diese Art der Belästigung festzusetzenden Streitwerts (vgl. KG v. 23.9.2002 – 5 W 106/02, NJW-RR 2003, 1505). Er bestimmt sich nach dem Interesse der Antragsteller, wie er in ihren Anträgen zum Ausdruck kommt. Dieses Interesse besteht im vorliegenden Fall darin, nicht durch unerwünschten Werbemüll belästigt und in der geregelten Arbeit behindert zu werden. Dieses Interesse ist für ein Rechtsanwaltsbüro, das seine E-Mail-Adresse u.a. für Kontakte mit alten und neuen Mandanten sowie zur Abwicklung von Hilfsgeschäften der Kanzlei unterhält, von erheblicher Bedeutung. Gerade bei geschäftlichen E-Mail-Adressen ist der Grad der Belästigung durch unerwünschte E-Mails von erheblicher Bedeutung. Der Aufruf und das Löschen der entsprechenden Nachrichten kostet Zeit und damit Personal- und Nutzungskosten des Internets; ggf. fallen auch Kosten für Papier und den Einsatz des Druckers an. Diese Kosten mögen im Einzelfall unerheblich sein. Angesichts der Flut unerwünschter Nachrichten, die an gewerbliche und private E-Mail-Adressen gerichtet sind, ist der Belästigungsfaktor jedoch erheblich.

Die Antragsteller können auch nicht darauf verwiesen werden, dass sie sich mit geeigneter Anti-Spam-Software gegen unerwünschte Werbe-Mails wehren könnten. Abgesehen davon, dass derartige Software nicht zuverlässig vor Spam schützt, weil sie unterlaufen werden kann, muss der Empfänger der unerwünschten Werbung seinen PC jeweils auf die Abwehr neuer Spam einstellen. Schließlich ist der Vergleich mit unerwünschter Werbepost unpassend, weil diese in den meisten Fällen auf den ersten Blick zu erkennen ist und ungeöffnet fortgeworfen werden kann, während unerwünschte E-Mail-Werbung fast immer gelesen werden muss, bevor sie vom PC entfernt werden kann.

Vorinstanzen

LG Bremen, 5 (8) T 69/04, 21.1.2004

Rechtsgebiete

Internetrecht

Normen

ZPO § 3