Unbefugter Gebrauch einer Internet-Domain

Gericht

OLG Celle


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

08. 04. 2004


Aktenzeichen

13 U 213/03


Leitsatz des Gerichts

Registriert der Betreiber einer Web-Agentur für einen Kunden einen Domainnamen, der mit dem Namen eines Dritten übereinstimmt, so gebraucht der Anmelder diesen Namen unbefugt und löst eine Zuordnungsverwirrung aus. Dies gilt auch, wenn er alle Rechte an der Domain bereits auf seinen Kunden übertragen hat. Der Kunde hat in diesem Fall kein vorrangiges Recht an der registrierten Domain.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt

Die Parteien streiten um den Domainnamen „grundke.de“. Der Bekl., damals handelnd unter der Fa. H. GbR, ließ sich im April 1999 von der Fa. Grundke Optik GmbH beauftragen, die Internetdomain „grundke.de“ zu reservieren und eine Homepage für die Grundke Optik GmbH zu erstellen. Kurze Zeit später ließ der Bekl. die Domain unter seinem Firmennamen registrieren. In der Folgezeit erschien unter der Domain Werbung für die Grundke Optik GmbH. Bis auf einen nicht näher genannten Zeitraum im Sommer 2001, in welchem unter der Domain ein Internetauftritt des Bekl. zu sehen war, wird die Internetseite bis heute für Werbung der Grundke Optik GmbH genutzt.

Der Kl. machte im Juli 2001 ggü. der DENIC ein Recht an der Domain „grundke.de“ geltend und erwirkte einen sog. Dispute-Eintrag. Als der Kl. den Bekl. auf Freigabe der Domain in Anspruch nahm, berief sich dieser darauf, dass er die Domain schon im April 1999 für die Grundke Optik GmbH habe registrieren lassen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe er sämtliche Rechte an der Domain an die Grundke Optik GmbH abgetreten. Anschließend habe er die Domain nur noch für die Grundke Optik GmbH verwaltet. Der Kl. hat vorgetragen: Er beabsichtige, sich eine Existenz als Gestalter von Internetauftritten aufzubauen. Für seinen eigenen Firmenauftritt im Internet wolle er die Domain „grundke.de“ registrieren lassen. Die Verpflichtung des Bekl. zur Freigabe der Domain folge aus § 12 BGB. Der Bekl. bestreite das Recht des Kl. zum Gebrauch seines Namens. Dadurch, dass der Bekl. die Domain für sich registrieren lassen habe, habe er ein eigenes Recht an dem Namen für sich in Anspruch genommen. Ein solches Recht stehe ihm nicht zu.

Der Bekl. hat die Ansicht vertreten, eine Verletzung des Namensrechts des Kl. liege nicht vor. Auf Grund der Abtretung sämtlicher Rechte an der Domain an die Grundke GmbH sei diese Inhaber der Domain geworden. Es sei üblich und rechtlich möglich, dass sich Web-Agenturen für ihre Kunden bei der DENIC als Halter der Domain eintragen ließen und den Kunden die Rechte übertrügen. Das Namens- bzw. Kennzeichenrecht der Grundke Optik GmbH gehe dem Namensrecht des Kl. vor. Das LG hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Berufung ist begründet.

1. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kl. gem. § 12 BGB zu. Nach § 12 BGB kann der zum Gebrauch eines Namens Berechtigte, wenn sein Interesse dadurch verletzt wird, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Dem Kl., der mit Nachnamen „Grundke“ heißt, steht an diesem Namen ein Namensrecht gem. § 12 BGB zu.

b) Der Bekl. hat unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst und schutzwürdige Interessen des Kl. verletzt (Namensanmaßung i.S.d. § 12 BGB).

aa) Unbefugter Gebrauch: Der Bekl. gebraucht den Namen „Grundke“ unbefugt, indem er die Internetadresse „grundke.de“ für sich reservieren lassen hat.

(1) Der Bekl. gebraucht den Namen Grundke. Der Gebrauch liegt bereits in der Registrierung der Internetadresse (vgl. BGH CR 2003, 845 [= MMR 2003, 726 m. Anm. Hoffmann] - maxem.de). Nicht tragfähig ist der Standpunkt des Bekl., Inhaber der Domain sei die Grundke Optik GmbH, weil er ihr bereits im Jahr 1999 sämtliche Rechte an der Domain abgetreten habe. Zwar trifft es zu, dass gem. § 6 Abs. 2 der Registrierungsbedingungen der DENIC eine Domain übertragbar ist. Die Übertragung erfolgt aber nach der genannten Bestimmung, die der Bekl. durch seinen Registrierungsvertrag mit der DENIC als verbindlich anerkannt hat, dadurch, dass zunächst der bisherige Domaininhaber den Vertrag mit der DENIC kündigt, dann der Dritte einen Auftrag zur Registrierung erteilt und schließlich die DENIC die Domain von dem bisherigen auf den neuen Kunden überträgt. All dies ist hier nicht erfolgt. Der Bekl. ist deshalb nach wie vor Inhaber und Nutzer der Domain.

(2) Der Gebrauch des Namens Grundke durch den Bekl. erfolgt auch unbefugt. Ein unbefugter Namensgebrauch ist zu bejahen, wenn die Registrierung der Internetdomain für einen Nichtberechtigten erfolgt ist (BGH CR 2002, 525, 527 [= MMR 2002, 382 m. Anm. Hoeren] - shell.de; CR 2003, 845, 846 [= MMR 2003, 726 m. Anm. Hoffmann] - maxem.de). Eigene Rechte an dem Namen „grundke“ stehen dem Bekl. nicht zu.

Der Bekl. kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er von der Fa. Grundke Optik GmbH beauftragt gewesen sei, die Domain „grundke.de“ zu reservieren, um eine Homepage für die Grundke Optik GmbH einzurichten. Das LG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, die Nutzung des Namens Grundke durch den Bekl. erfolge mit Zustimmung durch die berechtigte Grundke GmbH. Ob diese Feststellung in der Berufungsinstanz zu Grunde zu legen ist oder ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), kann offen bleiben. Denn der Bekl. war auch dann nicht befugt, die Internetdomain „grundke.de“ im eigenen Namen registrieren zu lassen, wenn er mit Zustimmung der Bekl. [der Fa. Grundke GmbH, Anm. d. Red.] gehandelt hätte:

Der Namensträger kann einem anderen gestatten, seinen Namen zu benutzen. Als schuldrechtliche Abrede begründet eine solche Gestattung allerdings kein eigenes Namensrecht des Bekl. an dem Namen „Grundke“ (vgl. Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., § 12 Rdnr. 17). Zwar ist es anerkannt, dass sich derjenige, dem das Recht zur Benutzung eines Namens durch einen Berechtigten übertragen worden ist, ggü. Dritten ggf. auf die Priorität des ihm übertragenen Rechts berufen kann (Palandt/Heinrichs, a.a.O.; in Bezug auf eine Internetdomain vgl. OLG Dresden NJW-RR 2001, 829, 830 [= MMR 2001, 459 m. Anm. Welzel]; OLG Karlsruhe CR 1999, 783, 784 [= MMR 1999, 604]). Der Grundke Optik GmbH steht aber im Verhältnis zum Kl. keine Priorität im Hinblick auf die Domain „grundke.de“ zu. Die DENIC registriert die von ihren Kunden jeweils gewünschte Domain unter dem Top-Level „de.“ nach dem Prioritätsprinzip, d.h. wenn die Domain nicht bereits für einen Dritten registriert ist (§ 2 Abs. 1 der Registrierungsbedingungen). Der Kl. hat sich im Verhältnis zur Grundke Optik GmbH die Priorität dadurch gesichert, dass er sein Recht an der Domain bei der DENIC durch Veranlassung eines sog. Dispute-Eintrags geltend gemacht hat (§ 2 Abs. 3, § 6 Abs. 2 der Registrierungsbedingungen).

Es wäre auch nicht sach- und interessengerecht, die Registrierung eines fremden Namens als Domainnamen schon dann als einen - im Verhältnis zu allen Trägern des bürgerlichen Namens - berechtigten Namensgebrauch anzusehen, wenn der Benutzer des Namens die Zustimmung irgendeines Trägers des Namens erhalten hat. In erster Linie haben die Träger des Namens ein berechtigtes Interesse, mit dem eigenen Namen unter der am meisten verwendeten TLD „.de“ im Internet aufzutreten (vgl. BGH CR 2003, 845 [= MMR 2003, 726 m. Anm. Hoffmann] - maxem.de). Soweit Internetprovider oder Web-Agenturen für ihre Kunden einen Internetauftritt mit dem Namen der Kunden planen und durchführen wollen, können sie die Registrierung der Internetdomain im Namen und in Auftrag des jeweiligen Kunden beantragen. Ihr Interesse, selbst Inhaber der Domain mit dem Namen des Kunden zu werden, um den Kunden an sich zu binden, muss ggü. dem Interesse der Träger des bürgerlichen Namens zurücktreten. Außerdem stellt es eine einfache und praktikable Regelung dar, die Internetdomain beim Vorliegen mehr als einer Anmeldung regelmäßig nach der Priorität unter denjenigen zu verteilen, die eigene Rechte an dem Namen haben.

bb) Bereits die Registrierung der Domain „grundke.de“ führte zu einer Zuordnungsverwirrung. Eine Zuordnungsverwirrung tritt ein, wenn jemand unberechtigt einen fremden Namen verwendet und als Namensträger identifiziert wird. Nach der Rspr. des BGH, der der Senat folgt, ist das der Fall, wenn jemand den fremden Namen namensmäßig i.R.e. Internetadresse verwendet. Denn der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts (BGH CR 2003, 845 [= MMR 2003, 726 m. Anm. Hoffmann] - maxem.de). Betreiber des Internetauftritts ist der Bekl., der über den Inhalt der Website bestimmen kann. Hieran ändert es nichts, dass der Bekl. sich ggü. der Grundke Optik GmbH verpflichtete, die Domain und die Website für die Grundke Optik GmbH zu nutzen. Abgesehen davon, dass eine solche Nutzung zeitweise nicht erfolgte, reicht eine geringe Zuordnungsverwirrung aus, wenn dadurch das berechtigte Interesse des Namensträgers in besonderem Maße beeinträchtigt wird (BGH, a.a.O.). Das ist hier der Fall.

cc) Lässt ein Nichtberechtigter einen Namen als Domainnamen registrieren, werden die schutzwürdigen Interessen des Trägers des Namens massiv beeinträchtigt, weil die mit dem Namen gebildete Internetadresse mit der TLD „.de“ nur einmal vergeben werden kann. Der Träger des Namens braucht nicht zu dulden, dass er durch die Registrierung durch einen Nichtberechtigten von der Nutzung seines eigenen Namens ausgeschlossen wird (BGH CR 2003, 845 [= MMR 2003, 726 m. Anm. Hoffmann] - maxem.de; CR 2002, 525, 526 [= MMR 2002, 382 m. Anm. Hoeren] - shell.de). ...

Vorinstanzen

LG Hannover

Rechtsgebiete

Internetrecht; Namens- und Titelrecht