Bewusstes Domain-Grabbing bekannter Marken wegen Verhandlungsabsichten

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

09. 01. 1997


Aktenzeichen

4 HKO 14792/96


Tenor

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gem. § 91a ZPO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese waren der Beklagten aufzuerlegen, da im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen die Klägerin mit ihrem Klagebegehren unter Zugrundelegung des vorliegenden Sach- und Streitstandes voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre.

1. Im Hinblick auf die unbestrittenen Vorgänge betreffend die Internetadressen "..." und "..." hat die Kammer keine Zweifel daran, daß die Beklagte diese beiden Adressen und auch die hier verfahrensgegenständliche Adresse "..." ganz bewußt angemeldet hat, um eine Benutzung durch die Klägerin (bzw. ... und ...) zu verhindern, um so "einen Fuß in die Tür zu bekommen", um dann mit der Klägerin mit einem gewissen Nachdruck über eine von der Beklagten angestrebten Cooperation zwischen ihr und der Klägerin erfolgversprechend verhandeln zu können. Daß die Beklagte eine solche Cooperation versucht hat, hat sie selber im Schriftsatz v. 24.09.1996 (Bl. 32 d.A.) eingeräumt und ebenso erneut in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.1996.

Während es der Beklagten bei der Adresse "..." noch möglich war, mit einer "deutsch-slowenischen Freundschaft" ausweichend zu operieren, war dafür bei "..." und "..." kein Raum, weswegen die Beklagte dort die Adressen nach Entdeckung nach ihrem eigenen Vortrag auch sofort freigab.

Die Kammer ist weiter der Überzeugung, daß es diese "deutsch-slowenische Freundschaft", ernsthaft gewollt von einem Herrn ... und später von einer Familie ..., in Bled nicht gibt - die Adresse des Zeugen ... ist eigentümerlicherweise auch nicht in Bled -, sondern daß dies nur vor- bzw. nachgeschoben ist. Gäbe es nämlich tatsächlich eine ernst gemeinte "deutsch-slowenische Freundschaft", so wäre es nicht erklärbar, wieso die Beklagte im Rahmen von Cooperationsversuchen diese Adresse zu ihren Zwecken anbieten und zur Disposition stellen kann. Dies ist nur möglich, wenn es den angeblichen Inhaber dieser Adresse in Wahrheit gar nicht gibt. Was immer ein Zeuge ... zu diesem Thema ausgesagt hätte, hätte an dem vorstehenden, sich aus den objektiven Fakten ergebenden Ergebnis nichts ändern können.

Die Reservierung der Internetadresse "..." erfolgte von Seiten der Beklagten daher vorsätzlich zum Zwecke der Behinderung der Klägerin, dies ist sittenwidrig und damit wettbewerbswidrig gem. § 1 UWG. Entgegen der Ansicht der Beklagten erfolgte die Behinderung auch im Bereich identischer Waren, nämlich im Bereich des Angebots von Sportinformationen, wo die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag selber tätig ist.

Gem. § 1 UWG hätte die Klägerin daher erfolgreich von der Beklagten Unterlassung der Benutzung der Internetadresse "..." verlangen können, darüber hinaus auch Schadensersatz und diesen insbesondere in Form der Naturalrestitution gem. § 249 BGB durch Räumung der zu Blockadezwecken in Behinderungsabsicht besetzten Internetadresse.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der "Link" zur Klägerin aus Versehen ohne Wissen und Wollen der Beklagten erfolgt war oder nicht, auf das Ergebnis einer solchen Beweisaufnahme ist nicht abzustellen. Verwunderlich ist allerdings schon, daß auch zu den Adressen "..." und "..." ein solcher "Link" bestand, wobei die Beklagte sich insoweit nicht darauf beruft, daß dies ohne ihr Wissen und Wollen geschehen sei!

2. Selbst wenn es entgegen den obigen Ausführungen eine ernsthaft gewollte "deutsch-slowenische Freundschaft" gäbe, würde dies am Ergebnis nichts ändern.

Aufgrund der Tatsache, daß das Kürzel "..." gerichtsbekannt eine erhebliche Bekanntheit für die Klägerin hat, hingegen überhaupt keine Bekanntheit für die "deutsch-slowenische Freundschaft" - mangels irgendwelcher bisherigen Aktivitäten dieser Gesellschaft kann sie für diese auch überhaupt keine Bekanntheit haben -, wird ein Internetbenutzer dieses Kürzel nur dann wählen, wenn er an Sportinformationen der Klägerin interessiert ist und an diese über das Internet kommen will. Zu seinem Ärger wird dieser Benutzer dabei feststellen, daß er nicht das bekommt, was er aufgrund des Kürzels "..." erwarten durfte, sondern vielmehr eine "deutsch-slowenische Freundschaft", an die er "nicht im Traum gedacht hatte" und die er auch gar nie wollte.

Durch die Verwendung des die Klägerin kennzeichnenden Kürzels als Internetadresse lockt die Beklagte Personen, die dies erkennbar gar nicht wollen, zu der "deutsch-slowenischen Freundschaft", führt diese Personen also in die Irre. Gleichzeitig nutzt die Beklagte damit den bekannten guten Ruf des klägerischen Kürzels aus, wodurch ihr alle sportinteressierten Personen quasi "in den Schoß fallen".

Dadurch wird der gute Ruf der Klägerin auch noch nachteilig belastet, weil der Informationsinteressent, der auf seine Kosten die Adresse "..." anschreibt, verärgert über die Klägerin ist, weil sie dort unter dieser Adresse eben nicht zu erreichen ist.

Diese Irreführung der Verbraucher und Anlehnung an den guten Ruf der Klägerin, verbunden mit einer Rufschädigung, ist gem. § 1 UWG sittenwidrig und damit wettbewerbswidrig. Die Klägerin hätte daher auch bei dieser Konstellation die dargestellten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, wobei an dem für die Schadensersatzansprüche notwendigen Verschulden keine Zweifel bestehen. Die Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt, wenn sie das bekannte Kürzel "..." der Klägerin für ihren "Nobody-Verein" verwendete.

Rechtsgebiete

Internetrecht