Amtsangemessener Unterhalt für Beamten und Richter mit mehr als zwei Kindern
Gericht
BVerfG
Art der Entscheidung
Beschluss über Vorlage
Datum
24. 11. 1998
Aktenzeichen
2 BvL 26/91
Der Dienstherr ist aufgrund des Alimentationsprinzips (Art. 33 V GG) verpflichtet, dem Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten. Dies umfaßt auch die Pflicht, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen. Damit trägt der Dienstherr nicht zuletzt der Aufgabe des Berufsbeamtentums Rechnung, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu gewährleisten (Bestätigung von BVerfGE 44, 249 = FamRZ 1977, 619; BVerfGE 81, 363 = FamRZ 1990, 839).
Die Besoldung verheirateter Beamter mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern hat in den Jahren 1988 bis 1996 diesen Anforderungen nicht entsprochen. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist jedoch mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten (wie BVerfGE 81, 363 = FamRZ 1990, 839).
1. a) Art. 1 § 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 6 § 5 S. 1 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1987 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1987) v. 6. 8. 1987 (BGBl I 2062) i. V. mit Art. 14 § 3 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) v. 24. 2. 1997 (BGBl I 322),
b) Art. 1 § 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 10 § 4 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988) v. 20. 12. 1988 (BGBl I 2363) i. V. mit Art. 14 § 3 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) v. 24. 2. 1997 (BGBl I 322),
c) Art. 1 § 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 10 § 4 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988) v. 20. 12. 1988 (BGBl I 2363) in der ab dem 1. 1. 1990 geltenden Fassung,
d) Art. 1 § 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 10 § 5 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991 (Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1991) v. 21. 2. 1992 (BGBl I 266),
e) Art. 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 12 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992) v. 23. 3. 1993 (BGBl I 342),
f) Art. 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 5 § 3 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1993 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1993) v. 20. 12. 1993 (BGBl I 2139),
g) Art. 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 9 § 3 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1994 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1994) v. 24. 8. 1994 (BGBl I 2229) und
h) Art. 1 i. V. mit Anlage 2 sowie Art. 15 I des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1995 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1995) v. 18. 12. 1995 (BGBl I 1942)
waren mit Art. 33 V GG nicht vereinbar, soweit der Gesetzgeber es unterlassen hat,
- in den Jahren 1988 und 1989 bei Beamten der Besoldungsgruppe B 2 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1990 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 13 (ohne A 5 und A 10), B 2 sowie R 1 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1991 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 13 (ohne A 10) sowie R 1 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1992 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 14 (ohne A 10) sowie R 1 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1993 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 14 (ohne A 10) sowie R 1 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1994 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 15 (ohne A 10) sowie R 1 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1995 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 15 (ohne A 10) sowie R 1 und R 2 der Bundesbesoldungsordnung;
- im Jahr 1996 bei Beamten und Richtern der Besoldungsgruppen A 4 bis A 13 (ohne A 10) sowie R 2 der Bundesbesoldungsordnung
mit jeweils mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern kinderbezogene Gehaltsbestandteile in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festzusetzen.
2. Der Gesetzgeber hat die als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage bis zum 31. 12. 1999 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen.
Kommt der Gesetzgeber dem nicht nach, so gilt mit Wirkung v. 1. 1. 2000:
Besoldungsempfänger haben für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v. H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C. III. 3. errechnet.
Auszüge aus den Gründen:
A.
Gegenstand der Vorlagen ist die Vereinbarkeit von Vorschriften der Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze [BBVAnpG] 1987, 1988, 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995 mit dem GG, soweit sie die Alimentation von Beamten und Richtern mit mehr als zwei Kindern im Zeitraum von 1988 bis 1996 regeln.
Im Verfahren 2 BvL 10/96 ist zudem die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob § 2 I BBesG insofern mit dem GG vereinbar ist, als diese Vorschrift einer unmittelbar abschließenden Entscheidung der Gerichte über eine amtsangemessene Alimentation von Besoldungsempfängern mit mehr als zwei Kindern entgegensteht.
I.
Durch die BBVAnpG 1987, 1988, 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995 paßte der Gesetzgeber die Besoldungs- und Versorgungsbezüge der Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse an. Die Erhöhungen traten im Vergleich zu den Tarifabschlüssen für den Arbeitnehmerbereich des öffentlichen Dienstes teilweise mit zeitlichen Verzögerungen in Kraft. Dadurch sollte ein spürbarer besonderer Beitrag zum Ausgleich der Kostenbelastungen geleistet werden; die nach der Einigung Deutschlands durch den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Bundesländern entstanden waren (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 93, BT-Drucks. 12/5472, S. 21). Zudem sollte durch das zeitliche Hinausschieben der linearen Erhöhungen ein besonderer Beitrag zur Haushaltsentlastung erbracht werden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 94, BT-Drucks. 12/7706, S. 23). Der Ortszuschlag ab dem dritten Kind wurde über die allgemeinen Anpassungen hinaus nicht erhöht, obgleich das nach den Entscheidungen des BVerfG v. 30. 3. 1977 (BVerfGE 44, 249 = FamRZ 1977, 619) und v. 22. 3. 1990 (BVerfGE 81, 363 = FamRZ 1990, 839) geboten war. Dort hatte das BVerfG festgestellt, daß die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile vom dritten Kind an hinter den verfassungsrechtlichen Erfordernissen zurückgeblieben waren (vgl. BVerfGE 44, 249, 279 = FamRZ 1977, 619; BVerfGE 81, 363, 379 = FamRZ 1990, 839). Die Bundesregierung begründete ihre Entscheidung, die verfassungsgerichtlichen Vorgaben nicht umzusetzen, mit dem Zusammenhang von kinderbezogenen Besoldungsbestandteilen und der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs, dessen endgültige Ausgestaltung erst feststehen müsse (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 95; BT-Drucks. 13/2210, S. 22).
Erst mit dem Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) v. 24. 2. 1997 (BGBl I 322) zog der Bundesgesetzgeber für den Zeitraum vom 1. 1. 1977 bis 31. 12. 1989 Folgerungen aus dem Beschluß des BVerfG v. 22. 3. 1990. Kl. und Widerspruchsführer, die ihren Anspruch innerhalb des genannten Zeitraums geltend gemacht haben, ohne daß über diesen schon abschließend entschieden worden ist, erhalten für das dritte und jedes weitere im Ortszuschlag zu berücksichtigende Kind einen monatlichen Erhöhungsbetrag von 50 DM (Art. 14 § 3 Reformgesetz).
II.
1. Die Kl. der Ausgangsverfahren sind Beamte und Richter mit Dienstbezügen der Besoldungsgruppen A 4 bis A 15 (ohne A 10), B 2 sowie R 1 und R 2 BBesO. Sie sind verheiratet und haben mehr als zwei Kinder, für die sie Kindergeld und kinderbezogene Ortszuschläge erhalten haben. Die ihnen gewährte Besoldung halten sie im Hinblick auf die Kinderzahl für verfassungswidrig. Demgemäß beantragten sie bei ihrem jeweiligen Dienstherrn eine Erhöhung ihrer Bezüge. Nachdem die Anträge im Verwaltungsverfahren keinen Erfolg hatten, erhoben die Kl. der Ausgangsverfahren Klage zu den vorlegenden VerwGen.
Die Ausgangsverfahren betreffen die Besoldung in näher bestimmten Abschnitten des Zeitraums vom 1. 1. 1988 bis 31. 12. 1996.
2. Die vorlegenden Gerichte haben die bei ihnen anhängigen Klageverfahren gemäß Art. 100 I GG ausgesetzt und dem BVerfG zur Prüfung der Frage der Vereinbarkeit der bezeichneten Bestimmungen der BBVAnpG mit dem GG vorgelegt. Sie sind der Auffassung, die Begründetheit der Klagen hänge von der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen ab. Erwiesen sie sich als mit dem GG vereinbar, so müßten die Klagen abgewiesen werden. Im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit seien die Verfahren nach einer Entscheidung des BVerfG bis zu einer Regelung durch den Gesetzgeber weiter auszusetzen. Auch dies sei i. S. der Entscheidungserheblichkeit gemäß Art. 100 I GG eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit der gesetzlichen Bestimmungen.
Die vorlegenden Gerichte halten die genannten Bestimmungen der BBVAnpG für verfassungswidrig, soweit die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile für verheiratete Besoldungsempfänger mit mehr als zwei Kindern festgesetzt sind. Hierzu nehmen sie im wesentlichen auf die Entscheidungen des BVerfG v. 30. 3. 1977 (BVerfGE 44, 249 = FamRZ 1977, 619) und v. 22. 3. 1990 (BVerfGE 81, 363 = FamRZ 1990, 839) Bezug. Ein Vergleich der Differenzbeträge zwischen den Nettobezügen verheirateter Beamter derselben Besoldungsgruppe mit zwei und mit drei (und mehr) Kindern zeige, daß den Kl. der Ausgangsverfahren ein angemessener Unterhalt ihrer Kinder nicht möglich gewesen sei, ohne weiter auf die familienneutralen Bestandteile des Gehalts zurückzugreifen.
Im Verfahren 2 BvL 26/91 ist das vorlegende Gericht der Auffassung, daß der Kl. des Ausgangsverfahrens zwar zum Kreis der Anspruchsberechtigten des Art. 14 § 3 Reformgesetz gehöre, wonach für die Jahre 1988 und 1989 für das dritte und jedes weitere im Ortszuschlag zu berücksichtigende Kind ein monatlicher Erhöhungsbetrag von 50 DM zu gewähren ist. Gleichwohl bleibe es bei einer deutlichen und damit verfassungswidrigen Unterschreitung der maßgeblichen Bedarfssätze.
3. Im Verfahren 2 BvL 10/96 hat das VerwG ferner die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Vorschrift des § 2 I BBesG, wonach die Besoldung der Beamten durch Gesetz geregelt wird, verfassungswidrig sei. Dadurch sei es gehindert, von sich aus eine amtsangemessene Alimentation zuzusprechen. Dies widerspreche den Anforderungen aus der Rechtsschutzgarantie, dem Rechtsstaatsprinzip, dem Sozialstaatsprinzip, dem wechselseitig berechtigenden und verpflichtenden Dienst- und Treueverhältnis (Art. 33 IV GG) und Art. 6 I GG. Dabei sei zu berücksichtigen, daß entgegen der Auffassung des BVerfG hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums die Regelung des § 2 I BBesG nicht erforderten. Erforderlich sei effektiver Rechtsschutz gemäß Art. 19 IV GG. Die Streitfrage einer angemessenen Alimentation kinderreicher Beamter zeige jedoch, daß die bisherige Form des Rechtsschutzes gänzlich ineffektiv sei. Der Gesetzgeber habe trotz der Entscheidungen des BVerfG v. 30. 3. 1977 und v. 22. 3. 1990 die den Gegenstand der Vorlageverfahren bildende Frage nicht befriedigend beantwortet. Es sei daher geboten, den VerwGen zu erlauben, selbst eine höhere Besoldung zuzusprechen. Jedenfalls sei das BVerfG gemäß § 35 BVerfGG aufgerufen, dem Unterlassen des Gesetzgebers im Wege der Vollstreckung zu begegnen.
III.
Zu den Vorlagebeschlüssen haben die Bundesregierung durch das Bundesministerium des Innern und der 2. Revisionssenat des BVerwG Stellung genommen. Zudem haben sich im Verfahren 2 BvL 10/96 die Deutsche Post AG als Bekl. des Ausgangsverfahrens und in den Verfahren 2 BvL 26/91 sowie 5/96, 7/96, 8/96 und 9/96 die Kl. der Ausgangsverfahren geäußert. ...
B.
Die - zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen - Vorlagen sind zulässig, soweit sie die bezeichneten Bestimmungen der BBVAnpG betreffen (1). Die Vorlage 2 BvL 10/96 ist unzulässig, soweit sie die Vorschrift des § 2 I BBesG betrifft (2).
1. Die Vorlagebeschlüsse lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß die vorlegenden Gerichte im Falle der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschriften zu einem anderen Ergebnis kämen als im Falle ihrer Ungültigkeit. Dieses ist auch hinreichend begründet (vgl. BVerfGE 7, 171, 173; 37, 328, 333 f.; 65, 308, 316). Die Beschlüsse setzen sich eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinander und legen dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Maßstab die im Rubrum näher bezeichneten Bestimmungen der BBVAnpG nach Ansicht der vorlegenden Gerichte nicht vereinbar sind.
Das gilt auch für das Verfahren 2 BvL 10/96. Dort hat das vorlegende Gericht die Auffassung vertreten, daß den erstmals im Dezember 1994 und Januar 1995 rückwirkend für vergangene Haushaltsjahre erhobenen Besoldungsansprüchen eine mangelnde zeitnahe Geltendmachung (vgl. BVerfGE 81, 363, 385 = FamRZ 1990, 839) nicht entgegengehalten werden könne. Nach der Entscheidung des BVerfG v. 22. 3. 1990 hätten die Kl. der Ausgangsverfahren davon ausgehen dürfen, daß der Gesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Herstellung einer verfassungsmäßigen Besoldungsrechtslage ab dem Jahre 1990 nachkommen werde. Diese Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts ist nicht offensichtlich unhaltbar und daher für das BVerfG bindend (vgl. nur BVerfGE 93, 386, 395; std. Rspr.).
2. Das vorlegende Gericht hat seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 2 I BBesG nicht hinreichend begründet. Dabei kann dahinstehen, ob der Gesetzesvorbehalt für die Besoldung in § 2 I BBesG ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ist. Selbst wenn dies zutreffen sollte, wäre der Gesetzgeber jedenfalls nicht gehindert, auf der Grundlage des Art. 74a I GG einen solchen Gesetzesvorbehalt einfachgesetzlich zu regeln. Dies ist mit § 2 I BBesG geschehen. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung zeigt das vorlegende Gericht nicht auf. Soweit das Gericht beanstandet, daß der Gesetzgeber die Frage amtsangemessener Alimentation von Beamten mit mehr als zwei Kindern trotz der beiden grundlegenden Entscheidungen des BVerfG "nicht befriedigend gelöst" habe, ist es gerade der Prüfung durch das BVerfG vorbehalten, ob der Gesetzgeber ggf. Gründe hatte, die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile von Bezügeempfängern mit mehr als zwei Kindern nicht zu erhöhen, und ob diese Gründe verfassungsrechtlich tragfähig sind. Die Entscheidung des BVerfG hat der Gesetzgeber zu beachten; er darf eine mit der Verfassung unvereinbare Rechtslage nicht fortbestehen lassen. Sollte der Gesetzgeber die Entscheidung des BVerfG nicht umsetzen, so ist es grundsätzlich nicht Aufgabe der Fachgerichte, für eine solche Umsetzung zu sorgen. Eine Vollstreckung seiner Entscheidungen i. S. des § 35 BVerfGG ist dem BVerfG vorbehalten.
Soweit das vorlegende Gericht eine Unvereinbarkeit des § 2 I BBesG mit weiteren Verfassungsbestimmungen annimmt, bezeichnet es lediglich Artikel des GG, zeigt aber nicht auf, inwiefern diese verletzt sein könnten. Dies wird den Darlegungsanforderungen im Rahmen des Art. 100 I GG nicht gerecht (vgl. BVerfGE 86, 52, 57 = FamRZ 1992, 781; BVerfGE 88, 198, 201; 89, 329, 337).
C.
Die bezeichneten Vorschriften der BBVAnpGe i. V. mit der jeweiligen Anlage 2, die BBVAnpGe 1987 und 1988 auch i. V. mit Art. 14 § 3 des Reformgesetzes v. 24. 2. 1997, waren mit Art. 33 V GG nicht vereinbar, soweit der Gesetzgeber es unterlassen hat, die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile bei verheirateten Beamten und Richtern der im Entscheidungsausspruch im einzelnen bezeichneten Besoldungsgruppen mit mehr als zwei Kindern in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festzusetzen.
I.
Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern hat das BVerfG in seinen Beschlüssen v. 30. 3. 1977 (BVerfGE 44, 249 = FamRZ 1977, 619) und v. 22. 3. 1990 (BVerfGE 81, 363 = FamRZ 1990, 839) entwickelt. Hieran wird festgehalten.
1. a) Das Alimentationsprinzip gehört zu den hergebrachten und vom Gesetzgeber zu beachtenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums i. S. des Art. 33 V GG (vgl. nur BVerfGE 81, 363, 375 = FamRZ 1990, 839; std. Rspr.). Es gibt dem einzelnen Beamten ein grundrechtsähnliches Individualrecht gegenüber dem Staat (vgl. BVerfGE 8, 1, 17). Der Dienstherr ist danach verpflichtet, dem Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten. Dies umfaßt auch die Pflicht, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen. Damit trägt der Dienstherr nicht zuletzt der Aufgabe des Berufsbeamtentums Rechnung, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern (vgl. BVerfGE 11, 203, 216 f.; 39, 196, 201 = FamRZ 1975, 405 [LS.]; BVerfGE 44, 249, 265 = FamRZ 1977, 619).
b) Im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses für qualifizierte Kräfte und das Ansehen des Amtes in der Gesellschaft zu festigen, Ausbildungsstand, Beanspruchung und Verantwortung des Amtsinhabers zu berücksichtigen und dafür Sorge zu tragen, daß jeder Beamte außer den Grundbedürfnissen ein "Minimum an Lebenskomfort" befriedigen(vgl. BVerfGE 44, 249, 265 f. = FamRZ 1977, 619; BVerfGE 76, 256, 324; 81, 363, 376 = FamRZ 1990, 839) und seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie erfüllen kann. Aus der Sicherungsfunktion, welche die Alimentation für das Berufsbeamtentum hat, folgt daher, daß der Beamte nicht vor die Wahl gestellt werden darf, entweder ein "Minimum an Lebenskomfort" zu befriedigen oder, unter Verzicht darauf, eine Familie zu haben und diese entsprechend den damit übernommenen Verpflichtungen angemessen zu unterhalten. Bei der Beurteilung und Regelung dessen, was eine amtsangemessene Besoldung ausmacht, kann die Zahl der Kinder eines Beamten deshalb nicht ohne Bedeutung sein. Art. 33 V GG beläßt dem Gesetzgeber insoweit allerdings einen Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249, 267 = FamRZ 1977, 619; BVerfGE 81, 363, 376 f. = FamRZ 1990, 839).
c) Ob die Dienstbezüge des Beamten amtsangemessen sind, beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen. Daher steht es dem Gesetzgeber frei, das von der Verfassung vorgegebene Ziel durch eine entsprechende Bemessung der Bruttobezüge zu erreichen, die Beamten an einem allgemein gewährten Kindergeld teilhaben zu lassen, steuerrechtlich die durch den Kindesunterhalt verminderte Leistungsfähigkeit auszugleichen oder diese Möglichkeiten miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 81, 363, 375 f. = FamRZ 1990, 839).
2. Das BVerfG ist in seinen Entscheidungen v. 30. 3. 1977 und v. 22. 3. 1990 davon ausgegangen, daß die Einkommensverhältnisse der Beamtenfamilie mit einem oder zwei Kindern in allen Stufen der Besoldungsordnung zum damaligen Zeitpunkt im wesentlichen amtsangemessen waren, der bei größerer Kinderzahl entstehende Mehrbedarf hingegen durch zusätzliche Leistungen gedeckt werden muß (vgl. BVerfGE 81, 363, 377 f. = FamRZ 1990, 839).
Der Gesetzgeber überschreitet seinen Gestaltungsspielraum, wenn er dem Beamten zumutet, für den Unterhalt seines dritten und weiterer Kinder auf die familienneutralen Bestandteile seines Gehalts zurückzugreifen, um den Bedarf seiner Kinder zu decken. Die damit verbundene, mit wachsender Kinderzahl fortschreitende Auszehrung der familienneutralen Gehaltsbestandteile ist nicht hinnehmbar, weil so der Beamte mit mehreren Kindern den ihm zukommenden Lebenszuschnitt nicht oder nur zu Lasten seiner Familie erreichen kann (vgl. BVerfGE 81, 363, 378 = FamRZ 1990, 839).
3. Bei der Bemessung des zusätzlichen Bedarfs, der für das dritte und die weiteren Kinder des Beamten entsteht und vom Dienstherrn über die Alimentation der Zwei-Kinder-Familie hinaus zu decken ist, kann der Gesetzgeber von denjenigen Regelsätzen für den Kindesunterhalt ausgehen, die die Rechtsordnung zur Verfügung stellt. Allerdings sind diese Sätze auf die Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse hin ausgerichtet. Ihre ungleiche Aussagekraft für die Höhe des dem Beamten von seinem Dienstherrn geschuldeten amtsangemessenen Unterhalts hat der Gesetzgeber in Rechnung zu stellen. So sind etwa Bedarfssätze, die an dem äußersten Mindestbedarf eines Kindes ausgerichtet sind, also insbesondere die Sozialhilfesätze, staatliche Hilfen zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung.
Die Alimentation des Beamten und seiner Familie ist demgegenüber etwas qualitativ anderes. Diesen Unterschied muß die Bemessung der kinderbezogenen Bestandteile des Beamtengehalts deutlich werden lassen (BVerfGE 81, 363, 378 = FamRZ 1990, 839).
II.
Die hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Gewährung kinderbezogener Gehaltsbestandteile ist weder ein "Beamtenprivileg" noch handelt es sich dabei um "doppeltes Kindergeld" (1). Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitraum 1988 bis 1996 lassen nicht den Schluß zu, es sei eine Verschlechterung der allgemeinen Lebensverhältnisse eingetreten, die auf das dem Beamten zu gewährleistende "Minimum an Lebenskomfort" durchgegriffen hätte (2). Der als Vergleichsmaßstab herangezogene verheiratete Beamte mit zwei Kindern war auch im hier zur Überprüfung stehenden Zeitraum nicht überalimentiert (3). Aus der vom BVerfG nicht beanstandeten Absenkung der Eingangsbesoldung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 ergeben sich für die vorliegenden Verfahren keine Konsequenzen (4). Schließlich rechtfertigen die aufgrund der Deutschen Einheit und der europäischen Währungsunion veränderten Rahmenbedingungen keine "Sonderbelastung" der Beamten mit mehr als zwei Kindern (5).
1. Es wird den durch Art. 33 V GG gewährleisteten Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht gerecht, in der Zuwendung kinderbezogener Gehaltsbestandteile ein "Beamtenprivileg" oder ein "doppeltes Kindergeld" zu sehen. Das Beamtenverhältnis ist kein Dienstvertrag im herkömmlichen Sinne, insbesondere ist es kein entgeltliches Arbeitsverhältnis, aufgrund dessen eine nach Inhalt, Zeit und Umfang begrenzte Arbeitsleistung geschuldet wird und als Entgelt dafür ein Anspruch auf Entlohnung erwächst. Das Beamtenverhältnis begründet vielmehr für den Beamten und den Dienstherrn je selbständige Pflichten. Diese folgen unmittelbar aus dem Gesetz, sie werden nicht vertraglich vereinbart. Der Beamte hat die Pflicht, dem Dienstherrn seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Der Dienstherr ist verpflichtet, dem Beamten den amtsangemessenen Unterhalt für sich und seine Familie zu gewähren (vgl. BVerfGE 11, 203, 216 f.; 39, 196, 201 = FamRZ 1975, 405 [LS.]; BVerfGE 44, 249, 265 = FamRZ 1977, 619).
Die Berücksichtigung der Kinderzahl bei der Besoldung ist daher kein "Beamtenprivileg", sondern Inhalt der geschuldeten Alimentation.
2. Eine Neubestimmung des "Minimums an Lebenskomfort" ist nicht geboten.
a) In den Jahren 1978 bis 1996 sind die Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig stärker gestiegen als die Preise. Dies ergibt sich zunächst aus den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichproben 1978, 1983, 1988 und 1993 zu dem Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit und zum Haushaltsnettoeinkommen (vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen, Fachserie 15, jeweils Heft 4 - Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte -). Ein Vergleich mit dem Preisindex für die Lebenshaltung (vgl. Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 1997, S. 650) zeigt, daß sich Einkommensentwicklung und Preisentwicklung in den Erhebungsjahren bis zum Jahre 1988 im wesentlichen die Waage hielten, während i. J. 1993 die Einkommenssteigerung größer war als die Preissteigerung.
Bestätigt wird dies durch die Einkommens- und Preisentwicklung von 1978 bis 1996. Die entsprechenden Nachweisungen des Haushaltsnettoeinkommens durch das Statistische Bundesamt in den laufenden Wirtschaftsrechnungen lassen eine im wesentlichen stärkere Steigerung des Einkommens als der Preise erkennen (vgl. Statistische Jahrbücher 1978, S. 436 f.; 1983, S. 448 f.; 1988, S. 460 f.; 1991, S. 534 f.; 1996, S. 546 f.; 1997, S. 566 f.).
b) Auch ein Blick auf das Volkseinkommen je Einwohner (vgl. Statistische Jahrbücher 1993, S. 694; 1996, S. 655; 1997, S. 680), der die Veränderungen am Arbeitsmarkt einbezieht, weist nicht auf eine allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen hin. Es fällt auf, daß das Volkseinkommen je Einwohner trotz zunehmender Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland stetig angestiegen ist. Dies gilt sowohl für das frühere Bundesgebiet als auch für das wiedervereinigte Deutschland. Eine Ausnahme bildet insoweit nur das Jahr 1993, in dem eine gewisse Stagnation festzustellen ist. Der leichte Rückgang des Volkseinkommens je Einwohner (im früheren Bundesgebiet) ist jedoch bereits i. J. 1994 durch eine erhebliche Steigerung mehr als nur aufgefangen worden.
Das Volkseinkommen je Einwohner ist regelmäßig auch stärker angestiegen als die Preise. Von einer "Aufzehrung" durch die Preissteigerung kann daher nicht die Rede sein. Insoweit bilden lediglich die Jahre 1993 und 1994 eine Ausnahme. Eine nachhaltige Verschlechterung der gegebenen wirtschaftlichen Gesamtsituation läßt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Schon i. J. 1995 ist das Volkseinkommen je Einwohner wieder stärker gestiegen als die Preise.
Folgerichtig hat auch der Gesetzgeber nicht auf eine vermeintliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Gesamtsituation reagiert. Vielmehr wurden nach den Begründungen zu den BBVAnpGen auch in den Jahren 1993 und 1994 die Besoldungs- und Versorgungsbezüge erhöht, um diese an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen (vgl. die jeweilige Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 93, BT-Drucks. 12/5472, S. 21, und zum BBVAnpG 94, BT-Drucks. 12/7706, S. 23). Mithin läßt sich die statistisch ermittelte Steigerung der Einkommen nicht auf die Erhöhung der Beamtenbesoldung zurückführen.
c) Abgerundet wird dieses Bild durch die Ausgaben und Aufwendungen privater Haushalte für den privaten Verbrauch. Diese sind in den Einkommens- und Verbrauchsstichproben 1978, 1983, 1988 und 1993 des Statistischen Bundesamtes nachgewiesen (vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen, Fachserie 15, jeweils Heft 4 - Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte - und Heft 5 - Aufwendungen privater Haushalte für den privaten Verbrauch -). Den dortigen Nachweisungen können die vom BVerfG in seiner Entscheidung v. 30. 3. 1977 genannten Beispiele zur Erläuterung dessen, was im Hinblick auf den allgemeinen Lebensstandard und die allgemeinen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten zum "Minimum an Lebenskomfort" gehört (vgl. BVerfGE 44, 249, 265 f. = FamRZ 1977, 619), entnommen werden. Dabei zeigt sich, daß der prozentuale Anteil der Ausgaben für den jeweiligen Gegenstand, gemessen an den Gesamtausgaben und -aufwendungen, im wesentlichen auf gleichem Niveau geblieben ist.
d) Schließlich ändert auch die Lage am Arbeitsmarkt nichts an dem oben gewonnenen Befund. Zwar sind Beamte - soweit sie auf Lebenszeit ernannt sind - weitgehend vor Entlassung geschützt. Rückschlüsse auf das "Minimum an Lebenskomfort" sind jedoch schon deshalb nicht möglich, weil sich dieses nach den Bedürfnissen bestimmt, die der arbeitende Mensch befriedigen können soll (vgl. BVerfGE 44, 249, 265 = FamRZ 1977, 619).
3. Ist das "Minimum an Lebenskomfort" nach alledem nicht deshalb neu zu bestimmen, weil sich die allgemeinen Verhältnisse verschlechtert hätten, so kann im zu beurteilenden Zeitraum auch nicht von einer "Überalimentation" der bislang als Maßstab dienenden vierköpfigen Beamtenfamilie ausgegangen werden. Auch die Besoldung dieser Beamtengruppe wurde lediglich entsprechend den allgemeinen finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen erhöht (vgl. die jeweilige Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 93, BT-Drucks. 12/5472, S. 21, und zum BBVAnpG 94, BT-Drucks. 12/7706, S. 23).
4. Aus der vom BVerfG (Vorprüfungsausschuß) im Beschluß v. 15. 1. 1985 - 2 BvR 1148/84 - (NVwZ 1985, 333) nicht beanstandeten Absenkung der Eingangsbesoldung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 v. 22. 12. 1983 (BGBl I 1532) ergibt sich nichts anderes. Das BVerfG hat dort lediglich seine std. Rspr. wiederholt, nach der dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. nur BVerfGE 13, 356, 362; 56, 87, 95; 64, 367, 378 f.). Mit der hier in Rede stehenden Frage der amtsangemessenen Alimentation kinderreicher Beamter hatte sich das BVerfG in dem genannten Beschluß nicht zu befassen.
5. Die amtsangemessene Alimentation ist schließlich auch nicht wegen der Auswirkungen der Deutschen Einheit sowie des Vertrags von Maastricht auf die öffentlichen Haushalte neu zu bestimmen. Dabei wird die vom Staat zu bewältigende historische Ausnahmesituation nicht verkannt. Gemeinwohlbelange dieser Art darf der Gesetzgeber bei der Regelung der Besoldung im Rahmen seines ihm in diesem Bereich grundsätzlich zustehenden weiten Gestaltungsspielraums berücksichtigen. Allerdings hat er zu beachten, daß die vom Dienstherrn nach Maßgabe der Verfassung geschuldete Alimentation nicht eine dem Umfang nach beliebig variable Größe ist (vgl. BVerfGE 44, 249, 264 = FamRZ 1977, 619).
Nur kinderreichen Beamten einen "Sonderbeitrag" abzuverlangen, ist von Verfassungs wegen nicht zulässig. Eine amtsangemessene Alimentation läßt sich auch ohne Erhöhung der Gesamtausgaben für die Besoldung der Beamten erreichen.
III.
1. Der Gesetzgeber hat seinen ihm im Besoldungs- und Versorgungsrecht grundsätzlich zustehenden weiten Gestaltungsspielraum überschritten, wenn er es dem Beamten zumutet, für den Unterhalt seines dritten und jedes weiteren Kindes auf die familienneutralen Bestandteile des Gehalts zurückzugreifen, soweit es sich um die Deckung des Bedarfs handelt, wie er in den von der Rechtsordnung vorgesehenen Regelsätzen für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet wird. Die mit wachsender Kinderzahl verbundene fortschreitende Auszehrung der familienneutralen Gehaltsbestandteile ist nicht hinnehmbar, weil so der Beamte mit mehreren Kindern den ihm zukommenden Lebenszuschnitt nicht oder nur zu Lasten seiner Familie erreichen kann (vgl. BVerfGE 81, 363, 378 = FamRZ 1990, 839).
2. Die hierzu notwendigen Berechnungen beruhen auf den - vom Bundesministerium des Innern ermittelten - jeweiligen Nettoeinkommen (vgl. BVerfGE 81, 363, 376 = FamRZ 1990, 839). Es ist dabei von den jährlichen Bezügen ausgegangen. Dazu gehören das Grundgehalt (in der Endstufe), der Ortszuschlag, die Stellenzulage nach Nr. 27 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B, die jährliche Sonderzuwendung und das Urlaubsgeld sowie etwaige Einmalzahlungen. Die Nettobezüge ergeben sich nach Abzug der Lohnsteuer (nach Maßgabe der besonderen Lohnsteuertabellen), der Kirchensteuer (Kirchensteuersatz: 8 v. H.) und des Solidaritätszuschlags (soweit dieser im maßgeblichen Jahr erhoben wurde) und unter Hinzurechnung des Kindergeldes.
3. Ob der Gesetzgeber mit den zur Prüfung vorgelegten Besoldungsvorschriften eine ausreichende Alimentation von Beamten mit mehr als zwei Kindern sichergestellt hat, beurteilt sich auf der Basis des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs. Hierzu hat das BVerfG bereits ausgeführt, daß die Alimentation des Beamten demgegenüber etwas qualitativ anderes ist (vgl. BVerfGE 44, 249, 264 f. = FamRZ 1977, 619). Dieser Unterschied muß bei der Bemessung der kinderbezogenen Bestandteile des Beamtengehalts sichtbar werden. Ein um 15 v. H. über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag ("15 v. H.-Betrag") läßt den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem dem Beamten (und seiner Familie) geschuldeten Unterhalt derzeit hinreichend deutlich werden (vgl. BVerfGE 81, 363, 382 f. = FamRZ 1990, 839). Diese Berechnungsmethode führt nicht zu einer absoluten Bestimmung dessen, was die dem Beamten zu gewährende Alimentation ausmacht. Weisen die dem Beamten für sein drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge nicht einmal einen Abstand von 15 v. H. zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf auf, so hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten.
Vorliegend errechnet sich der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf zunächst durch Bildung eines Durchschnitts-Regelsatzes nach § 22 BSHG für das bisherige Bundesgebiet (vgl. hierzu den Bericht der Besoldungskommission Bund/Länder über besoldungsrechtliche Folgerungen aus der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen einkommensabhängigen Kürzung des Kindergeldes v. 30. 1. 1984, BLK-Bericht 1984, S. 9, sowie BVerfGE 82, 60, 94 = FamRZ 1990, 955; BVerfGE 91, 93, 112 = FamRZ 1994, 1313 [LSe]). Hinzuzurechnen ist ein durchschnittlicher Zuschlag von 20 v. H. zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt (vgl. NDV 1995, 1, 10, C. IV.; BVerwG, Urteil v. 20. 6. 1996 - 2 C 7.95 -; BLK-Bericht 1984, S. 9), ferner die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 m2 pro Kind (vgl. BVerfG, Beschluß v. 10. 11. 1998 - 2 BvL 42/93 -, Umdruck S. 26 f., 31 = FamRZ 1999, 291; Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien im Jahr 1996, BT-Drucks. 13/381, S. 4). Zugrunde gelegt ist insoweit die vom Statistischen Bundesamt in der sog. 1 %-Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993 ermittelte Durchschnittsmiete in den alten Bundesländern von 9,53 DM je m2 (vgl. Statistisches Bundesamt, Bautätigkeit und Wohnungen, 1 %-Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993, Fachserie 5, Heft 3, S. 35). Diese Durchschnittsmiete wurde anhand des Mietenindexes des Statistischen Bundesamtes (abgedruckt im Wohngeld- und Mietenbericht 1997; BT-Drucks. 13/10384, S. 21) zurückgerechnet und fortgeschrieben. Schließlich sind die Energiekosten für ein Kind mit 20 v. H. der Kaltmiete berücksichtigt (vgl. hierzu BT-Drucks. 13/381, S. 4).
4. Dem "15 v. H.-Betrag", der den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der Alimentation und der Deckung eines äußersten Mindestbedarfs derzeit deutlich werden läßt, wird der durchschnittliche Nettomehrbetrag gegenübergestellt, den der Beamte für sein drittes und jedes weitere Kind erhält. Dies entspricht der Vorgabe an den Gesetzgeber, nach der das Nettoeinkommen ausreichend sein muß, um den Beamten einschließlich seiner Familie amtsangemessen zu alimentieren. Die Heranziehung des durchschnittlichen Nettomehrbetrages trägt ferner dem Umstand Rechnung, daß wegen der bis zum Jahre 1995 geltenden einkommensabhängigen Kindergeldminderung ab dem zweiten Kind zum Teil - statt des zu erwartenden gleichmäßigen Verlaufs - Sprünge bei der Ermittlung des Nettomehrbetrages von Kind zu Kind auftraten. Dieser durch den Wegfall der einkommensabhängigen Kindergeldminderung entstehende höhere Mehrbetrag kann allerdings nicht als Nettomehrbetrag für das Kind angesehen werden, der zum Wegfall der Kindergeldminderung geführt hat. Insofern ist er auf das dritte, vierte, fünfte (usw.) Kind zu verteilen.
IV.
Diesen Maßstäben wurden die bezeichneten Regelungen nicht gerecht. Dies zeigen die folgenden Vergleichsberechnungen pro Monat.
Jahr Besol- Kind Netto- Durch- Gesamt- 15 v.H Abzug dungs- mehr- schnitt bedarf Betrag Sp. 5 - gruppe betrag (Sozial- Sp. 7 hilfe) 1 2 3 4 5 6 7 8 1988 B2 3 311,29 311,29 415,90 478,29 -167,00 4 307,34 309,32 415,90 478,29 -168,97 1989 B2 3 310,22 310,22 429,01 493,36 -183,14 4 313,82 312,02 429,01 493,36 -181,34 1990 A4 3 411,67 411,67 455,63 523,97 -112,30 A6 3 387,62 387,62 455,63 523,97 -136,35 A7 3 388,34 388,34 455,63 523,97 -135,63 A8 3 388,88 388,88 455,63 523,97 -135,09 A9 3 389,60 389,60 455,63 523,97 -134,37 A11 3 439,10 439,10 455,63 523,97 - 84,87 A12 3 437,66 437,66 455,63 523,97 - 86,31 4 412,48 425,07 455,63 523,97 - 98,90 A13 3 316,62 316,62 455,63 523,97 -207,35 B2 3 319,50 319,50 455,63 523,97 -204,47 4 319,51 319,51 455,63 523,97 -204,46 R1 3 317,52 317,45 455,63 523,97 -206,62 4 317,17 317,35 455,63 523,97 -206,62 5 604,86 413,18 455,63 523,97 -110,79 1991 A4 3 419,55 419,55 418,19 552,21 -132,66 A5 3 410,95 410,95 418,19 552,21 -141,26 4 430,77 420,86 418,19 552,21 -131,36 A6 3 393,75 393,75 418,19 552,21 -158,46 A7 4 396,55 396,55 418,19 552,21 -155,16 A8 3 397,11 397,11 418,19 552,21 -155,10 A9 3 395,61 395,61 418,19 552,21 -156,60 A11 3 357,58 457,85 418,19 552,21 - 94,36 A12 3 461,39 461,39 418,19 552,21 - 90,82 4 418,60 440,00 418,19 552,21 -112,21 A13 3 320,08 432,13 418,19 552,21 -158,46 R1 3 326,21 326,61 418,19 552,21 -225,60 4 323,25 324,93 418,19 552,21 -227,20 5 586,05 411,97 418,19 552,21 -140,24 1992 A4 3 445,06 445,06 513,19 590,17 -145,11 A5 3 438,88 438,88 513,19 590,17 -151,29 4 456,27 447,58 513,19 590,17 -142,59 A6 3 422,05 422,05 513,19 590,17 -186,12 A7 4 423,17 423,17 513,19 590,17 -167,00 A8 3 422,24 422,24 513,19 590,17 -167,93 A9 3 425,78 425,78 513,19 590,17 -164,39 A11 3 489,88 489,88 513,19 590,17 -100,29 A12 3 432,11 432,11 513,19 590,17 -158,06 4 511,37 471,74 513,19 590,17 -118,43 A13 3 353,74 353,74 513,19 590,17 -236,43 A14 3 355,98 355,98 513,19 590,17 -234,19 4 415,23 385,61 513,19 590,17 -204,56 5 634,67 468,63 513,19 590,17 -121,54 6 451,14 464,26 513,19 590,17 -125,91 7 453,00 462,00 513,19 590,17 -128,17 R1 3 460,54 460,54 513,19 590,17 -229,72 4 359,70 360,08 513,19 590,17 -230,09 5 439,14 386,43 513,19 590,17 -203,74 1993 A4 3 456,50 456,50 525,06 603,82 -147,32 A5 3 448,01 448,01 525,06 603,82 -155,81 4 469,80 458,90 525,06 603,82 -144,92 A6 3 424,33 424,33 525,06 603,82 -179,49 A7 4 425,41 425,41 525,06 603,82 -178,41 A8 3 426,49 426,49 525,06 603,82 -177,33 A9 3 427,92 427,92 525,06 603,82 -175,90 A11 3 495,07 495,07 525,06 603,82 -111,75 4 453,69 472,88 525,06 603,82 -130,94 A12 3 354,04 354,04 525,06 603,82 -149,78 4 593,33 473,69 525,06 603,82 -130,13 A13 3 356,39 356,39 525,06 603,82 -247,43 A14 3 358,55 358,55 525,06 603,82 -245,27 4 357,83 358,19 525,06 603,82 -245,63 5 697,47 471,28 525,06 603,82 -132,54 6 456,57 467,60 525,06 603,82 -136,22 7 456,02 465,29 525,06 603,82 -138,53 R1 3 365,93 365,93 525,06 603,82 -147,89 4 362,33 364,13 525,06 603,82 -139,69 5 361,43 363,23 525,06 603,82 -240,59 1994 A4 3 472,13 474,27 534,73 614,94 -140,67 A5 3 476,41 476,41 534,73 614,94 -138,53 4 476,41 476,41 534,73 614,94 -138,83 A6 3 450,56 450,56 534,73 614,94 -164,38 A7 4 491,47 451,47 534,73 614,94 -163,47 A8 3 428,99 428,99 534,73 614,94 -185,95 A9 3 449,52 449,52 534,73 614,94 -165,42 A11 3 373,48 373,48 534,73 614,94 -241,46 4 572,95 473,22 534,73 614,94 -141,72 A12 3 355,64 355,64 534,73 614,94 -259,30 4 534,92 445,28 534,73 614,94 -196,66 A13 3 357,99 357,99 534,73 614,94 -256,95 A14 3 360,14 360,14 534,73 614,94 -254,80 4 359,60 359,87 534,73 614,94 -255,07 5 519,06 412,93 534,73 614,94 -202,01 6 638,35 469,29 534,73 614,94 -145,65 7 457,79 466,99 534,73 614,94 -147,95 A15 3 363,92 363,92 534,73 614,94 -251,02 4 363,20 363,56 534,73 614,94 -251,38 5 362,48 363,20 534,73 614,94 -251,74 6 561,77 412,84 534,73 614,94 -202,10 7 701,40 470,55 534,73 614,94 -144,39 8 460,50 468,88 534,73 614,94 -146,06 R1 3 364,64 364,64 534,73 614,94 -250,30 4 363,93 364,28 534,73 614,94 -250,66 5 163,20 363,92 534,73 614,94 -251,02 1995 A4 3 466,11 466,11 544,02 625,62 -159,51 A5 3 458,39 458,39 544,02 625,62 -176,23 4 477,93 468,16 544,02 625,62 -157,46 A6 3 433,19 433,19 544,02 625,62 -192,43 A7 4 434,35 434,35 544,02 625,62 -191,27 A8 3 435,69 435,69 544,02 625,62 -189,93 A9 3 499,55 499,55 544,02 625,62 -126,07 A11 3 364,16 364,16 544,02 625,62 -261,46 4 600,70 482,43 544,02 625,62 -143,19 A12 3 363,39 363,39 544,02 625,62 -262,23 4 462,82 413,11 544,02 625,62 -212,51 A13 3 369,17 369,17 544,02 625,62 -156,45 A14 3 371,48 371,48 544,02 625,62 -254,14 4 367,82 369,65 544,02 625,62 -255,97 5 390,13 376,48 544,02 625,62 -249,14 6 726,67 464,03 544,02 625,62 -161,59 7 525,89 476,40 544,02 625,62 -149,22 A15 3 372,25 372,25 544,02 625,62 -253,37 4 371,48 371,87 544,02 625,62 -253,75 5 347,17 372,63 544,02 625,62 -252,99 6 410,14 382,01 544,02 625,62 -243,61 7 752,82 456,17 544,02 625,62 -169,45 8 588,98 478,31 544,02 625,62 -147,31 R1 3 456,50 456,50 544,02 625,62 -169,12 4 476,14 466,32 544,02 625,62 -159,30 5 477,76 470,13 544,02 625,62 -155,49 R2 3 456,50 465,50 544,02 625,62 -169,12 4 476,14 466,32 544,02 625,62 -159,30 5 477,76 47013 544,02 625,62 -155,49 1996 A4 3 459,53 459,53 525,11 634,93 -175,40 A5 3 453,78 453,78 525,11 634,93 -181,15 4 499,27 476,53 525,11 634,93 -158,40 A6 3 429,39 429,39 525,11 634,93 -205,54 A7 4 438,32 438,32 525,11 634,93 -196,61 A8 3 448,94 448,94 525,11 634,93 -185,99 A9 3 435,14 435,14 525,11 634,93 -199,79 A11 3 433,65 433,65 525,11 634,93 -201,28 A12 3 432,81 432,81 525,11 634,93 -202,12 4 482,44 457,63 525,11 634,93 -177,30 A13 3 431,90 431,90 525,11 634,93 -203,03 R2 3 427,30 427,30 525,11 634,93 -207,36 4 476,60 451,95 525,11 634,93 -182,98
Diese Vergleichsberechnungen zeigen, daß die Besoldung verheirateter Beamter mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern in den die Vorlageverfahren betreffenden Besoldungsgruppen in bezug auf das dritte und jedes weitere Kind den verfassungsgebotenen Mindestabstand von 15 v. H. zur Sozialhilfe nicht eingehalten hat. Es wurde nicht einmal der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf für ein Kind durch die bei steigender Kinderzahl gewährten Nettomehrbeträge ausgeglichen. Dies gilt in den Jahren 1988 und 1989 für die hier allein zu überprüfende Besoldungsgruppe B 2 auch unter Hinzurechnung von 50 DM je Kind im Monat (Art. 14 § 3 Reformgesetz).
Nach alledem hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten. Er ist mit den zur Prüfung vorgelegten Regelungen deutlich unterhalb der Grenze geblieben, welche die den Beamten der jeweiligen Besoldungsgruppen mit mehr als zwei Kindern geschuldete Alimentation nicht unterschreiten darf.
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den "Bericht der Besoldungskommission Bund/Länder über besoldungsrechtliche Folgerungen für eine verfassungskonforme kinderbezogene Besoldung aus dem Beschluß des BVerfG v. 22. 3. 1990 (2 BvL 1/86)" aus dem Jahre 1992 (BLK-Bericht 1992). Dort wird eine erhebliche Unteralimentierung über den gesamten Zeitraum 1. 2. 1981 bis 31. 12. 1989 und ab 1. 1. 1990 festgestellt (vgl. S. 24 des Berichts). Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum BBVAnpG 1995 (BT-Drucks. 13/2210, S. 22) wird ausgeführt, daß "die im Hinblick auf den Beschluß des BVerfG v. 22. 3. 1990 - 2 BvL 1/86 - zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit drei und mehr Kindern gebotene Erhöhung des Ortszuschlags ab dem dritten Kind (. . .) noch nicht umgesetzt werden" konnte.
V.
Angesichts des festgestellten Verstoßes gegen Art. 33 V GG kommt es nicht mehr darauf an, ob der Gesetzgeber auch gegen Art. 3 I GG verstoßen hat. Diese Frage kann, wie in den Entscheidungen v. 30. 3. 1977 und vom 22. 3. 1990, offenbleiben.
D.
Die bezeichneten Vorschriften über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen Art. 1 § 1 und Art. 1 BBVAnpG halten der verfassungsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Auch sie verstoßen gegen Art. 33 V GG.
I.
In seinem Beschluß v. 22. 3. 1990 (vgl. BVerfGE 81, 363, 383 ff. = FamRZ 1990, 839) hat das BVerfG festgestellt, der Gesetzgeber sei - nachdem die Entscheidung v. 30. 3. 1977 (BVerfGE 44, 249 = FamRZ 1977, 619) im Juli desselben Jahres bekannt geworden war - verpflichtet gewesen, die in jener Entscheidung als seit dem 1. 1. 1975 verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit Wirkung v. 1. 1. 1977 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Allerdings sei eine allgemeine rückwirkende Behebung dieses Verfassungsverstoßes nicht (mehr) geboten gewesen. Die rückwirkende Korrektur habe sich auf solche Beamte beschränken können, die ihren Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah, also während des laufenden Haushaltsjahres, gerichtlich oder durch Widerspruch geltend gemacht hätten (vgl. BVerfGE 81, 363, 385 = FamRZ 1990, 839). Das BVerfG hat dies aus den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses gefolgert (vgl. BVerfGE 81, 363, 384 ff. = FamRZ 1990, 839). Hieran wird festgehalten.
II.
Für die hier zu entscheidenen Verfahren folgt daraus:
1. Soweit Besoldungsansprüche der Jahre 1988 und 1989 in Rede stehen (Verfahren 2 BvL 26/91), war der Gesetzgeber aufgrund des Beschlusses des BVerfG v. 22. 3. 1990 (BVerfGE 81, 363 = FamRZ 1990, 839) gegenüber solchen Beamten, die ihre Ansprüche zeitnah geltend gemacht hatten, verpflichtet, eine der Verfassung entsprechende Besoldungsrechtslage herzustellen. Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen. Der mittlerweile in Art. 14 § 3 I des am 1. 7. 1997 in Kraft getretenen Reformgesetzes vorgesehene Erhöhungsbetrag von 50 DM je Kind und Monat ist hierzu nicht geeignet.
2. Für Besoldungsansprüche ab 1990 gilt: Der Gesetzgeber war - nachdem die Entscheidung des BVerfG v. 22. 3. 1990 im Juli 1990 bekannt geworden war - verpflichtet, die in dieser Entscheidung als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit Wirkung zum 1. 1. 1990 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Dies ist nicht geschehen.
3. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die in dieser Entscheidung als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist mit Blick auf die bereits im Beschluß v. 22. 3. 1990 näher erläuterten Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten. Eine rückwirkende Behebung ist jedoch - jeweils soweit der Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah gerichtlich geltend gemacht worden ist - sowohl hinsichtlich der Kl. der Ausgangsverfahren als auch solcher Kl., über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist, erforderlich. Eine später eintretende Rechtshängigkeit ist unschädlich, wenn die Klage wegen der für ein erforderliches Vorverfahren benötigten Zeit nicht rechtzeitig erhoben werden konnte.
E.
Die Entscheidungsformel zu 2 beruht auf § 35 BVerfGG. Die Maßnahme ist geboten, weil der Gesetzgeber trotz der ihm in den Entscheidungen des BVerfG v. 30. 3. 1977 und v. 22. 3. 1990 gegebenen Handlungsaufträge die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern bis zum Jahre 1996 (und möglicherweise auch danach) nicht in einer mit dem Grundsatz der Alimentation vereinbarenden Höhe festgesetzt hat. Erfüllt der Gesetzgeber seine durch diese Entscheidung erneut festgestellte Verpflichtung nicht bis zum 31. 12. 1999, so sind die Dienstherren verpflichtet, für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind familienbezogene Gehaltsbestandteile i. H. von 115 v. H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zu gewähren (vgl. oben C. III. 3.). Die Fachgerichte sind befugt, familienbezogene Gehaltsbestandteile nach diesem Maßstab zuzusprechen.
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