Schmerzensgeld wegen sexuellem Missbrauch
Gericht
LG Düsseldorf
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
05. 03. 1998
Aktenzeichen
8 O 123/97
Eine Tochter, die von ihren Eltern sexuell missbraucht und vergewaltigt wird, hat Anspruch auf ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe (hier: insgesamt 50.000 DM).
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Bekl. sind die Eltern der am 8. 5. 1976 geborenen Kl. Die Bekl. wurden durch Urteil des LG v. 10. 1. 1996, der Bekl. zu 1 wegen der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger und des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung und mit Beischlaf zwischen Verwandten, die Bekl. zu 2 wegen der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger und des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen zu Freiheitsstrafen verurteilt. Das Gericht hat dazu einmal festgestellt, daß die Bekl. vor dem 8. 5. 1992 die damals 15 Jahre alte Kl. veranlaßten, von zwei polnischen Männern an sich sexuelle Handlungen vornehmen zu lassen, und daß die Bekl. hierfür von den Männern ein Entgelt erhielten. Es hat weiter festgestellt, daß die Bekl. zwischen Sommer 1992 und Sommer 1993 vor der damals noch nicht 18 Jahre alten Kl. den Geschlechtsverkehr durchführten, um sich sexuell zu erregen. Es hat schließlich festgestellt, daß der Bekl. zu 1 zwischen Ende April 1992 und Sommer 1992 die damals 16 Jahre alte Kl. zum Geschlechtsverkehr zwang.
Die Kl. verlangt von den Bekl. als Gesamtschuldnern ein Schmerzensgeld von mindestens 35.000 DM und von dem Bekl. zu 1 darüber hinaus ein Schmerzensgeld von mindestens 15.000 DM.
Auszüge aus den Gründen:
Die Klage ist begründet. Die Kl. hat gegen die Bekl. als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Schmerzensgeld i. H. von 35.000 DM nebst Zinsen und gegen den Bekl. zu 1 darüber hinaus einen weiteren Anspruch auf Schmerzensgeld i. H. von 15.000 DM nebst Zinsen.
Dabei kommt das Gericht zu denselben Feststellungen wie die Strafkammer in dem Urteil v. 10. 1. 1996. So ist davon auszugehen, daß die Bekl. vor dem 8. 5. 1992 die damals 15jährige Kl. dazu veranlaßt haben, von zwei polnischen Männern an sich sexuelle Handlungen vornehmen zu lassen, und daß die Bekl. hierfür von den Männern ein Entgelt erhielten. Es ist weiter davon auszugehen, daß die Bekl. zwischen Sommer 1992 und Sommer 1993 vor der damals noch nicht 18jährigen Kl. den Geschlechtsverkehr durchführten, um sich sexuell zu erregen. Und es ist schließlich davon auszugehen, daß der Bekl. zu 1 zwischen Ende April 1992 und Sommer 1992 die damals 16jährige Kl. zum Geschlechtsverkehr zwang.
Die Kl. hat sowohl vor der Zeugin H. als Kriminalbeamtin wie auch vor der Sachverständigen [SV] und in der Hauptverhandlung die entsprechenden Vorwürfe als Zeugin gegenüber den Bekl. erhoben. Diese Aussagen sind auch glaubwürdig. Es ist nicht einzusehen, daß die Kl. derartig schwere Vorwürfe mit den entsprechenden Folgen für das Strafverfahren gegen ihre Eltern erheben würde, wenn diese Vorwürfe nicht auch den Tatsachen entsprächen.
Die Glaubwürdigkeit der Kl. wird auch durch die Ausführungen der SV in dem Strafverfahren bestätigt. Die SV hat dazu im Ergebnis ausgeführt, daß die Originalität der Aussage, ihre inhaltliche Konstanz mit Lücken, Ergänzungen, Lügen in Randbereichen, die Aussageweise, die hohe Betroffenheit, die Motivlage und die Zeugenpersönlichkeit für die Glaubhaftigkeit der Aussagen sprächen.
Auch die Strafkammer hat sich diesen Ausführungen aufgrund des eigenen Eindrucks angeschlossen. Sie hat insbesondere ausgeführt, daß an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Kl. auch nichts deren Lüge ändere, der Zeuge P. habe sie nicht von der Weihnachtsfeier 1993 aus dem Hotel . . . abgeholt. Das Gericht hat insoweit im einzelnen ausgeführt, die Kl. habe insoweit viele denkbare Motive, vor Gericht nicht die Wahrheit zu sagen.
Da somit das Gericht von der Glaubhaftigkeit der Aussage der Kl. in dem Strafverfahren überzeugt ist, bestand auch keine Veranlassung, entsprechend dem Antrag der Bekl. die Kl. als Partei zu vernehmen (§ 445 II ZPO). Auch eine Vernehmung der Zeugen W. und K. war abzulehnen. Diese Zeugen können nicht ununterbrochen die Wohnung der Bekl. beobachtet haben, so daß sie auch nichts dazu aussagen können, ob die polnischen Männer die Bekl. besucht haben.
Nach diesen Feststellungen hat sich der Bekl. zu 1 gegenüber der Kl. der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger und des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung und mit Beischlaf zwischen Verwandten schuldig gemacht. Die Bekl. zu 2 hat sich der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger und des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig gemacht. Demgemäß hat die Kl. gegen die Bekl. einen Anspruch auf Schmerzensgeld (§§ 847 II, 823 II BGB, 173, 174, 177 und 180 StGB).
Bei Bemessung des Schmerzensgelds hat das Gericht die Intensität und das Ausmaß der Handlungen der Bekl. und das Ausmaß der Schädigungen für die Kl. berücksichtigt. Es hält dabei für die gemeinschaftlich begangene Tat ein Schmerzensgeld von 35.000 DM und für die vom Bekl. zu 1 allein begangene Tat ein solches von 15.000 DM für angemessen.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen